Unlauterer Wettbewerb neu geregelt - Neue Vorschriften für das UWG
von Rechtsanwalt Dr. Volker Herrmann
Es war eine der ersten Amtshandlungen des neuen Bundespräsidenten Horst Köhler. Die Reform des UWG wurde gerade noch rechtzeitig Anfang Juli ausgefertigt und konnte zum 8. Juli 2004 in Kraft treten. Nach dem Wegfall des Rabattgesetzes und der Zugabeverordnung erfährt das Wettbewerbsrecht damit erneut so manche Änderung, die wir hier kurz beleuchten wollen.
Hier die wichtigsten Neuerungen:
1. Neue Generalklausel
Früher orientierten sich die Gerichte bei der Frage, wann man unlauter handelt, an der Generalklausel in § 1 UWG. Diese Vorschrift ist jetzt neu gefasst worden und als neue Mutter des UWG gilt jetzt § 3 UWG: „Unlautere Wettbewerbshandlungen, die geeignet sind, den Wettbewerber zum Nachteil der Mitbewerber, der Verbraucher oder der sonstigen Marktteilnehmer nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen, sind unzulässig.“
2. Die neuen Regelbeispielen
Völlig neu ist aber, dass das UWG jetzt ein Paket an Beispielen bereit hält, das unlautere Verhaltensweisen aufführt. Beispielhaft wird aufgeführt, dass es etwa unlauter ist, die Kennzeichen, Waren und Dienstleistungen eines Konkurrenten herabzusetzen oder zu verunglimpfen. Ebenfalls unzulässig ist es, Waren oder Dienstleistungen anzubieten, die eine Nachahmung von Waren und Dienstleistungen eines Konkurrenten sind. Das Gesetz orientiert sich hierbei an den in der Praxis schon bestehenden Fallgruppen, so dass vieles weiterhin als unlauter eingestuft werden wird.
3. Vom Räumungsverkauf zum Sommerschlussverkauf
Einzelne in der Vergangenheit verbotene Praktiken werden aber in Zukunft zulässig sein. So galt zuvor, dass Sonderveranstaltungen nur sehr eingeschränkt zulässig waren (Jubiläumsverkauf, Winter- und Sommerschlussverkauf). Diese Einschränkung wurde aufgehoben und derartige Veranstaltungen sind nunmehr grundsätzlich zulässig. Schlussverkäufe werden also bald nicht mehr nur zu den altbekannten Terminen stattfinden können, sondern sind das ganze Jahr erlaubt.
Weitaus liberaler dürfte es in Zukunft auch rund um die berühmten Räumungsverkäufe zugehen. Die entsprechende Vorschrift hat ebenfalls das Zeitliche gesegnet und oftmals wird der Händler einfach eine Sonderveranstaltung ansetzten. Aber Vorsicht: wird über den Grund der Sonderaktion getäuscht oder diese Möglichkeit mehrfach hintereinander missbräuchlich genutzt, liegt auch weiterhin ein Rechtsverstoß vor.
4. Spamming
Es gibt auch Neues zum lästigen Problem des Spamming, also der Überflutung durch unerwünschte Faxe, E-Mails und SMS. Hier gilt, dass eine Einwilligung vorliegen muß, bevor die Werbe-Lawine rollt. Diese opt-in-Lösung galt so schon zuvor. Neu ist aber eine modifizierte fiktive opt-in-Lösung bei einer schon bestehenden Kundenbeziehung. Hat der Kunde beispielsweise bei einem früheren Kauf seine E-Mail Adresse herausgegeben und hat er auf entsprechende Nachfrage Werbung mit E-Mails nicht untersagt, so kann der Unternehmer diesem Kunden grundsätzlich Werbe-E-Mails zukommen lassen. Der Teufel steckt hier im Detail: der Werbende wird die Einzelheiten dieser Vorschrift beachten und im Streitfall auch tatsächlich darlegen müssen, dass eine solche Form der Einwilligung durch den Kunden vorlag. Dies gilt ganz besonderes für den Vertragsabschluss über das Internet.
5. Mondpreise
Neues gibt es auch zu den so genannten Mondpreisen. Darunter versteht man eine besonderes trickreiche Form der Preisgestaltung: zunächst wird für kurze Zeit ein besonders hoher Preis angesetzt, nur um diesen dann mit viel Brimborium schnell wieder herunterzusetzen. Diese Art der Preisgestaltung soll jetzt unzulässig sein, wobei noch ungeklärt ist, welche Zeit- und Preisspannen die Gerichte konkret als unzulässig betrachten werden.
6. Können Gewinne abgeschöpft werden?
Ein geradezu revolutionäres Regelungsinstrument gibt das neue UWG den Verbraucher- und Wettbewerbsverbänden sowie den Industrie- und Handelskammern an die Hand. Handelt ein Wettbewerber vorsätzlich unlauter und wird damit zu Lasten einer Vielzahl von Personen ein Gewinn erzielt, so können diese Organisationen dessen Gewinn einklagen. Wer beispielsweise massenhaft unberechtigte Rechnungen in der betrügerischen Absicht verschickt, dass viele gutgläubige Mitbürger schon brav zahlen werden, so lohnte es sich früher kaum für den Einzelnen, dagegen vor Gericht zu ziehen. Viele Betroffene scheuten das Kostenrisiko.
In solchen Fällen greift jetzt das Schwert des Gewinnabschöpfungsanspruchs. Die Schärfe dieses Schwerts wird sich erst beweisen müssen. Es ist noch nicht absehbar, wie häufig die klagebefugten Verbände und Kammern von diesem neuen Instrument Gebrauch machen werden, zumal die Erlöse der Staatskasse zuzuführen sind. Einem außergerichtlichen Vergleich steht diese Zuflussvorschrift aber wohl nicht entgegen und es wird wohl zukünftig mit noch härteren Bandagen gekämpft werden.
Mit diesem neuen Gewinnabschöpfungsanspruch betritt das UWG juristisches Neuland. Ein zwar im Ansatz interessanter Vergleich mit den amerikanischen Punitive Damages, also dem oftmals millionenschweren Strafschadensersatz, wird aber wohl nicht angenommen werden können. Im Gegensatz zu den USA geht es hier um konkrete Schadenspositionen, die der Höhe nach vor Gericht dargelegt werden müssen. Eine deutliche Erweiterung des Spektrums der rechtlich möglichen Sanktionen nach einem Wettbewerbsverstoß bedeutet der neuen Gewinnabschöpfungsanspruch aber in jedem Fall.
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