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Erster Showdown beim BGH zum Influencer-Marketing

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Verhandlungen beim BGH zum Influencer-Marketing

von Michael Terhaag und Christian Schwarz
Fachanwälte u.a. für gewerblichen Rechtsschutz

Das Influencer-Marketing hat jüngst nicht nur die Instanzgerichte, sondern sogar den Gesetzgeber "auf Trab" gehalten. Nun werden am 29. Juli 2021 die ersten Verfahren beim Bundesgerichtshof (BGH) in Karslruhe verhandelt. 

Diverse Oberlandesgerichte haben sich schon der Werbekennzeichnung in sozialen Netzwerken durch Influencer befasst. Es stellt sich regelmäßig die Frage, ob bestimmte Beitrag als Werbung gekennzeichnet werden müssen oder nicht. Auch die Form der Werbekennzeichnung, sofern man eine solche für erforderlich hält, ist nicht einheitlich geklärt.

Wir haben hierüber schön häufiger berichtet und auch schon in Fachmagazinen dazu publiziert. Zuletzt zu einer Entscheidung des hanseatischen Oberlandesgericht Hamburg (OLG Hamburg, Urteil vom 2. Juli 2020, Az. 15 U 142/19) haben die Rechtsanwälte Michael Terhaag und Christian Schwarz das Urteil mit einem Beitrag in der Fachzeitschrift „Kommunikation & Recht“ (<media 8547 _blank external-link-new-window "Opens external link in new window">K&R 2020, 634-636</media>) kommentiert und in der Zwischenzeit zur Thematik ein Rechtshandbuch verfasst, welches im Nomos Verlag erscheinen wird (s. Foto).

Nach unserer Kenntnis liegen aktuell sieben Fälle beim BGH. Am 29. Juli 2021 werden drei Verfahren davon an einem Tag verhandelt. Der unter anderem für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat genau über die oben angesprochen Frage zu entscheiden, ob InfluencerInnen verpflichtet sind, ihre Beiträge als Werbung zu kennzeichnen.

Kläger in allen Verfahren ist ein Verein, zu dessen satzungsgemäßen Aufgaben die Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder einschließlich der Verfolgung von Verstößen gegen das Wettbewerbsrecht gehört. Die Beklagten sind Influencerinnen, die auf der Social-Media-Plattform Instagram regelmäßig Bilder veröffentlichen. Bestandteil der Bilder sind von den Beklagten eingefügte sogenannte "Tap Tags".  Klickt man auf das hiermit versehene Bild eines Instagram-Beitrags, erscheinen die "Tap Tags", die die Firmen bzw. Marken der Hersteller von Produkten oder Unternehmen enthalten, die in der Regel auf dem jeweiligen Bild zu sehen sind. Durch einen Klick auf einen "Tap Tag" wird der Nutzer auf das Instagram-Profil des jeweiligen Unternehmens oder der Marke dann weitergeleitet.

Der klagende Verein sieht darin unzulässige Schleichwerbung und nimmt die Beklagten jeweils auf Unterlassung und Ersatz einer Abmahnkostenpauschale in Anspruch.

Die Einzelheiten der drei BGH-Verhandlungen zum Influencer-Marketing:

1. Fitness-Influencerin Luisa Huss (OLG Braunschweig)

Im ersten Fall (Az. I ZR 90/20) veröffentlichte die Beklagte auf Instagram insbesondere Bilder von Sportübungen sowie Fitness- und Ernährungstipps. Darüber hinaus unterhält sie eine gewerbliche Internetseite, auf der sie Fitnesskurse und Personaltrainings gegen Entgelt anbietet und einen Online-Shop betreibt. Wird das Profil der Beklagten bei Instagram aufgerufen, erscheint unter anderem ein Hinweis auf ihre (eigene ) Internetadresse und eine App, die ihren Profilnamen trägt. Die Vorinstanz des OLG Braunschweig findet sich hier.

Bezüglich eines der streitgegenständlichen Instagram-Beiträge hat die Beklagte eingeräumt, dass eine Kooperation mit dem verlinkten Unternehmen bestanden habe. In diesem Fall hieß es in dem das Bild begleitenden Text: "Heute konnte ich zumindest der lieben @[…] eine Freude bereiten und sie erhält unter anderem die ganze neue Raspberry Jam von […] (*Werbung: gibt's ab morgen neu im Shop)

Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Es hat angenommen, dem Kläger stehe ein Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Nr. 2, § 3 Abs. 1, § 5a Abs. 6 UWG und ein Anspruch auf Ersatz einer Abmahnkostenpauschale zu. Die beanstandeten Handlungen stellten geschäftliche Handlungen im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG zur Förderung des Absatzes der Drittunternehmen dar.

Dabei sei nicht allein entscheidend, ob die Beklagte Gegenleistungen von den Unternehmen erhalten habe, da eine Gesamtwürdigung der objektiven Begleitumstände vorzunehmen sei. Entgegen § 5a Abs. 6 UWG sei der kommerzielle Zweck der Drittwerbung nicht ausreichend kenntlich gemacht worden. Die fehlende Kenntlichmachung sei geeignet, den Verbraucher zu andernfalls nicht getroffenen geschäftlichen Entscheidungen zu veranlassen.

Mit der vom OLG Braunschweig zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

2. Lifesyle-Influencerin Leonie Hanne (OLG Hamburg)

Im zweiten Verfahren (Az. I ZR 125/20) geht es um eine Beklagte die bei Instagram einen Account unterhält, der von ihr überwiegend kommerziell genutzt wird und von seinerzeit 1,7 Millionen Nutzern abonniert wurde. Der Account ist verifiziert und daher am Anfang des Profils mit einem blauen Haken versehen. Die Beklagte veröffentlicht regelmäßig Bilder von sich selbst mit kurzen Begleittexten zu den Themen Beauty, Mode, Lifestyle und Reisen.

Das Landgericht hatte die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht Hamburg die Klage abgewiesen. Es hat angenommen, dem Kläger stehe kein Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Nr. 2, § 3 Abs. 1, § 5a Abs. 6 UWG und kein Anspruch auf Ersatz einer Abmahnkostenpauschale zu.

Bei den streitgegenständlichen Instagram-Beiträgen und den darin enthaltenen Tap Tags handele es sich zwar um geschäftliche Handlungen im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG, da die Beklagte sowohl den Absatz von Waren oder Dienstleistungen der beworbenen Unternehmen als auch ihr eigenes Unternehmen fördere. Eine wettbewerbswidrige Handlung gemäß § 5a Abs. 6 UWG liege jedoch nicht vor, da sich der kommerzielle Zweck der geschäftlichen Handlung unmittelbar aus den Umständen ergebe.

Darüber hinaus sei das Nichtkenntlichmachen des kommerziellen Zwecks nicht dazu geeignet, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er anderenfalls nicht getroffen hätte. Eine Unlauterkeit nach § 3a UWG in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Nr. 1 TMG wegen einer fehlenden Erkennbarkeit von kommerzieller Kommunikation scheide aus, da gemäß § 2 Satz 1 Nr. 5 Buchst. b TMG eine kommerzielle Kommunikation nicht bei Angaben zu Waren und Dienstleistungen vorliege, die unabhängig und insbesondere ohne finanzielle Gegenleistung gemacht würden. Der Kläger habe nicht substantiiert vorgetragen, dass die Beklagte für die streitgegenständlichen "Tap Tags" eine Gegenleistung erhalten habe. Daher scheide ebenso eine Unlauterkeit nach Nr. 11 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG wegen als Information getarnter Werbung aus, denn auch insoweit sei ein vom Unternehmer finanzierter Einsatz Voraussetzung. Schließlich folge eine Unlauterkeit nicht aus § 3a UWG in Verbindung mit den Vorschriften des Rundfunkstaatsvertrags zur Erkennbarkeit von Werbung, denn auch § 2 Abs. 2 Nr. 7 RStV setze voraus, dass es sich um entgeltliche Werbung handle.

Mit der vom Oberlandesgericht Hamburg zugelassenen Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

3. "Blauer Plüschelefant" - Cathy Hummels (OLG München)

In der dritten Auseinandersetzung (Az.  I ZR 126/20) geht es um die Beklagte Cathy Hummels, die auf Instagram regelmäßig Bilder von sich selbst veröffentlicht, oftmals mit kurzen Begleittexten. Darin beschäftigt sie sich vor allem mit Themen wie Mode, ihrem Leben als Mutter eines Kleinkinds, Yoga oder Reisen. Diejenigen Instagram-Beiträge, für die die Beklagte nach eigenem Bekunden von den verlinkten Unternehmen bezahlt wird, kennzeichnet sie mit dem Hinweis „bezahlte Partnerschaft mit …“. Die streitgegenständlichen Beiträge enthielten keine entsprechende Kennzeichnung. In einem Fall postete die Beklagte die Abbildung eines Stofftier-Elefanten, ohne dessen Hersteller mithilfe eines "Tags" zu verlinken.

Das Landgericht (LG München, Urteil v. 29.04.2019 – 4 HK O 14312/18) hatte die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht München hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Dieses hat angenommen, dem Kläger stehe kein Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Nr. 2, § 3 Abs. 1, § 5a Abs. 6 UWG und kein Anspruch auf Ersatz einer Abmahnkostenpauschale zu. Dabei fehle es bereits an einer geschäftlichen Handlung der Beklagten im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG. Die Informationen zu den von ihr verwendeten Produkten, inklusive der angebrachten Tags und Links, gehörten zum "redaktionellen Teil" ihrer Beiträge. Selbst wenn man mit Blick darauf, dass die Beiträge der Förderung des eigenen Images zur Erlangung von Werbeverträgen dienten, vom Vorliegen einer geschäftlichen Handlung ausginge, wäre diese nicht gemäß § 5a Abs. 6 UWG unlauter, da sich dieser kommerzielle Zweck unmittelbar aus den Umständen ergäbe und es daher einer besonderen Kenntlichmachung nicht bedürfte.

Eine Unlauterkeit nach § 3a UWG in Verbindung mit Vorschriften des Rundfunkstaatsvertrags oder mit § 6 Abs. 1 Nr. 1 TMG scheide aus, weil hinsichtlich der streitgegenständlichen Beiträge kein Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung geflossen sei.

Mit der vom Oberlandesgericht München zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Klageanträge weiter.

 

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