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Neues vom Filesharing: Haften Minderjährige nun immer selbst für Rechtsverletzungen?

Neues vom Filesharing: Haften Kinder nun immer selbst für Rechtsverletzungen?

Oder haften Eltern auch oder allein für Ihre Kinder? 

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem aktuellen Beschluss zu einem Prozesskostenhilfegesuch interessante Andeutungen gemacht, was die Haftung Minderjähriger für das Anbieten urheberrechtlich geschützter Werke im Internet (sog. Filesharing) angeht.

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Im konkreten Fall war ein Minderjähriger Inhaber einer Internetseite, auf welcher diverse Musikstücke zum Download angeboten wurden. Die Seite wurde von mehreren Personen betrieben, wobei der Minderjährige insbesondere dafür zuständig war, die Domain zu halten.

Daraufhin wurde er von den Rechteinhabern eines Titels abgemahnt und zur Abgabe einer Unterlassungserklärung aufgefordert. Zudem sollte er den Rechteinhabern den durch das illegale Anbieten des Musiktitels entstandenen Schaden ersetzen.

Der minderjährige Internetseiteninhaber nahm jedoch nur die Webseite vom Netz, den weiteren Aufforderungen der Rechteinhaber zur Abgabe der Unterlassungserklärung und Zahlung von Schadensersatz aufgrund der Urheberrechtsverletzung kam er nicht nach.

LG Düsseldorf: Unterlassung ja, Schadensersatz nein

Daraufhin wurde der Minderjährige von den Rechteinhabern zunächst vor dem Landgericht Düsseldorf auf Unterlassung und Schadensersatz verklagt. Das Landgericht verurteilte den minderjährigen Betreiber der Internetseite auf Unterlassung seines Verhaltens. Die Klage der Rechteinhaber auf Zahlung von Schadensersatz wurde jedoch abgewiesen.

Nach Ansicht das Landgerichts Düsseldorf kam Schadensersatz wegen des Anbietens des Titels zum Download nicht in Betracht, da der Minderjährige lediglich Inhaber der Seite gewesen sei, ansonsten aber keinen Tatbeitrag für die von den Rechteinhabern gerügte Rechtsverletzung geleistet habe. Die von den Rechteinhabern geforderte Zahlung von anwaltlichen Abmahnkosten als weitere Schadensersatzposition wurde mit der Begründung abgewiesen, die Abmahnung sei nicht den Erziehungsberechtigten des Minderjährigen zugestellt worden.

OLG Düsseldorf: Auch Schadensersatz muss geleistet werdenUrheberrecht, Medienrecht, Internetrecht, Onlinerecht, Rechtsanwalt, Düsseldorf, Anwalt

Nach der Entscheidung des Landgerichts gingen sowohl der zum Tatzeitpunkt Minderjährige als auch die Rechteinhaber in Berufung vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf.

Der Betreiber der Internetseite führte insbesondere an, er hafte nicht für etwaige Rechtsverstöße, da er zum einen zum Zeitpunkt der Abmahnung minderjährig gewesen sein, zum anderen aber auch keinerlei Prüfungspflichten verletzt habe. Die Rechteinhaber begehrten indes neben der in der ersten Instanz erfolgreichen Verurteilung auf Unterlassung auch weiterhin die Zahlung von Schadensersatz.

Das Oberlandesgericht Düsseldorf bestätigte in seiner Entscheidung (abrufbar hier) die Auffassung des Landgerichts dahingehend, den Inhaber der Internetseite auf Unterlassung zu verurteilen, da dieser als Inhaber der Seite gewusst haben müsse, was dort für Inhalte bereitgestellt wurden. Dieses Verhalten sei ausschlaggebend, nicht die Tatsache, dass der Inhaber der Seite diese vertraglich gesichert habe. Insofern sei hier lediglich die deliktische Urheberrechtsverletzung entscheidungserheblich. Demzufolge wurde der ehemalige Inhaber der Seite auch zusätzlich vom Oberlandesgericht Düsseldorf zur Zahlung von Schadensersatz verurteilt, und das waren immerhin mehr als 9.000 Euro.

Das letzte Wort beim Bundesgerichtshof - fast

Da das Oberlandesgericht Düsseldorf die Revision, also die 3. Instanz zum Bundesgerichtshof nicht zugelassen hatte, beabsichtigte der Seitenbetreiber, sich hiergegen zur Wehr zu setzen, um eine endgültige Klärung der Angelegenheit durch den Bundesgerichtshof herbeizuführen. Hierfür beantragte er beim Bundesgerichtshof Prozesskostenhilfe, was dieser jedoch ablehnte.

Der Bundesgerichtshof, welcher in dieser Verfahrensart nicht über sämtliche Fragen der Entscheidungen der ersten beiden Instanzen zu entscheiden hatte, führte jedoch in seinem Beschluss (abrufbar hier) aus, dass ein Minderjähriger für das Anbieten urheberrechtlich geschützter Werke verantwortlich sei und auch die rechtlichen Konsequenzen zu tragen habe. Die Haftung eines Minderjährigen für deliktisches Verhalten wie einer Urheberrechtsverletzung sei nicht zu beanstanden.
Aus diesem und weiteren Gründen wurde folglich das Prozesskostenhilfegesuch abgewiesen und es kam letztlich zu keiner abschließenden Entscheidung des BGH.

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Wichtig ist hier zunächst zu beachten, dass der Seiten-Betreiber zwar im Laufe der Prozesszeit volljährig war, jedoch bei der Entscheidung der Gerichte nur der Tatzeitpunkt relevant ist.

Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung sehr deutlich angemerkt, dass Urheberrechtsverletzungen, wie sie täglich durch das sog. Filesharing, also die Nutzung von Tauschbörsen im Internet stattfinden, rechtlich dem Deliktsrecht zuzuordnen sind, wo völliger Minderjährigenschutz nicht greift. Denn deliktsfähig ist bereits eine Person, die nach zivilrechtlichen Vorschriften für einen von ihr vorsätzlich oder fahrlässig begangenen Schaden aufkommen muss. Die Deliktsfähigkeit eines Minderjährigen hinsichtlich einer Urheberrechtsverletzung ist also bereits denkbar, wenn der Minderjährige mindestens sieben Jahre alt ist. Natürlich spielen hier auch andere Faktoren, wie etwa die geistige Reife, die Einsichtsfähigkeit oder das Unrechtsbewusstsein eine Rolle.

Die Entscheidung des BGH hat jedoch gezeigt, dass eine Haftung Minderjähriger für Urheberrechtsverstöße durch Filesharing schon weit vor Erreichen der Volljährigkeit gegeben sein kann. Daneben kann zusätzlich eine Haftung der Eltern bestehen, wenn diese ihr Kind zum Beispiel nicht ausreichend belehrt haben, dass keine Tauschbörsen genutzt werden dürfen oder die Kinder – etwa bei berechtigten Zweifeln – nicht kontrolliert haben.

Der weit verbreitete Glaube, dass Eltern für ihre minderjährigen Kinder stets haften, gilt jedenfalls nicht, was aus der Entscheidung der Bundesgerichtshofes noch einmal deutlich wird.

Siehe auch die aktuelle Entscheidung des BGH von Anfang 2014 zum Fall BearShare, nach der Eltern nicht grundsätzlich für Ihre volljährigen Kinder haften und erst bei konkreten Anhaltspunkten diese belehren und/oder überwachen müssen.