Das ist alles nur geklaut? Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Doktorvater oder den Anwalt Ihres Vertrauens
Das Plagiat im (und nur im) Lichte des Urheberrechts
Ganz Deutschland diskutiert aktuell über Plagiatsvorwürfe gegen Verteidigungsminister (momentan gerade nicht Dr.) Freiherr Karl-Theodor zu Guttenberg. Dieser soll angeblich Teile seiner juristischen Doktorarbeit abgeschrieben haben, ohne dies zu kennzeichnen. Der Fall ist offensichtlich so medienträchtig, dass er Topthema in den Nachrichten – sei es nun in Print, Online oder im Fernsehen – erkoren wird. Manch einer wird sich wohl zu Recht fragen, ob die Welt zur Zeit keine ernsteren Probleme hat als eine ca. 475 Seiten lange Doktorarbeit.
Unabhängig davon, dass die Promotionsordnungen der deutschen Universitäten verlangen, dass eine derartige Arbeit eigenständig verfasst werden muss und Zitate anderer Autoren entsprechend gekennzeichnet werden müssen, soll das Thema in diesem Beitrag einmal – und selbstverständlich ohne Wertungen - einmal allgemein im Lichte des Urheberrechts aufgegriffen werden.
Was schützt das Urheberrecht?
Im Urheberrechtsgesetz (welches übrigens selbst als Gesetz keinen urheberrechtlichen Schutz genießt) heißt es: „Zu den geschützten Werken der Literatur, Wissenschaft (…) gehören insbesondere: Sprachwerke wie Schriftwerke (…).
Werke in diesem Sinne sind persönliche geistige Schöpfungen.“
Das Urheberrecht schützt per se eigenständige geistige Schöpfungen, wobei ein gewisses Maß an Kreativität gefordert wird. Dies nennt der Urheberrechtler die „kleine Münze“, das heißt, auch schon ganz geringe, kleine geistige „Ergüsse“ können dem urheberrechtlichen Schutz unterfallen. Im Grundsatz kann man sich an dem Maßstab „je umfangreicher, desto schutzfähiger“ orientieren.Gleichzeitig wird aus der genannten Vorschrift aber auch deutlich, dass man etwas Eigenes erschaffen muss.
Zitate und Quellennachweis
Das Urheberrecht gewährt jedoch auch das Recht, im Rahmen eigener Bearbeitungen Werke Dritter zu zitieren, beispielsweise im Rahmen einer wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit einem Thema wie einer Doktorarbeit. Denn selbstverständlich ist es nötig und auch im Rahmen wissenschaftlicher Arbeit gewünscht, auf den Erkenntnissen früherer Arbeiten aufzubauen. Dann muss man allerdings nach dem Urheberrechtsgesetz auch die Quelle angeben. Hier gilt also: Nicht mit fremden Feder schmücken!
Zitat oder Plagiat?
Wohl niemand, der sich im Rahmen eines kreativen Prozesses (ob dies auf den Verfasser zutrifft, mag der Leser selbst entscheiden :-) ) bemüht, einen Text (aber auch ein Foto, ein Musikstück, einen Film oder auch die Konstruktion eines Hauses) erschafft, sieht es gerne, wenn sich Dritte dies zu Eigen machen. Aus diesem Grund stellt das deutsche Rechtssystem Kreativen das Urheberrecht zur Seite. Das Kopieren von Texten bzw. Werken Dritter ohne entsprechenden Hinweis ist also keinesfalls ein Kavaliersdelikt! Hier kann also das erlaubte Zitat bei fehlenden Nachweisen schnell zum Plagiat werden.
Finger weg!
Verletzt jemand das Urheberrecht eines anderen, steht Letzterem in der Regel der – sehr wichtige – Anspruch auf Unterlassung der Urheberrechtsverletzung. Dies gilt auch dann, wenn man die im Urheberrecht verankerten Regeln zur Übernahme und Kennzeichnung von Zitaten nicht befolgt. Ein eigentlich erlaubtes Zitat wäre in einem solchen Fall unzulässig - da es ja gerade kein Zitat wäre - und damit untersagungsfähig.
Schadensersatz für´s Abschreiben
Plagiate können stets Schadensersatzansprüche nach sich ziehen. Was den Schaden für das unerlaubte Kopieren von Texten etc. angeht, so ist dieser grundsätzlich im Rahmen einer angemessenen sogenannten fiktiven Lizenzgebühr zu berechnen, wobei hier auch der Grad der Kreativität und der Umfang der Urheberrechtsverletzung eine große Rolle spielen.
Auch die fehlende Quellenangabe begründet in aller Regel Schadensersatz, wobei dieser natürlich in Geld bestehen kann, aber beispielsweise auch in Berichtigung bzw. Ergänzung einer fehlenden Quellenangabe.
Achtung, strafbar!?
Die Verletzung des Urheberrechts bzw. der sich hieraus ergebenden Rechte kann unter Umständen sogar strafbar sein. Dies hängt letztlich aber immer davon ab, was sich im Kopf des Rechtsverletzers abspielt, da wahrlich nicht jede Urheberrechtsverletzung auch strafbar ist, sondern hier vielmehr noch weitere Umstände hinzukommen müssen.
Fazit
Unser Verteidigungsminister dürfte bestimmt keine Probleme haben, einen etwaigen Schaden Dritter zu ersetzen bzw. zu beheben, sofern dies überhaupt eine Rolle spielen sollte, nur auf dem eigenen Schaden bliebe er wohl sicherlich sitzen. Falls sich herausstellen sollte, dass die Vorwürfe unberechtigt sind, so hätte „KT“ nach dem Urheberrecht allerdings nicht ohne Weiteres gleich einen Schadensersatz gegen all seine Kritiker etc., aber hierfür gibt es ja immer noch das Presserecht und weitere Vorschriften, die gegen Verleumdung, unwahre Tatsachenbehauptungen etc. schützen.
Aus Sicht des Unterzeichners lässt sich zumindest sagen, dass eine wissenschaftliche Arbeit von knapp 500 Seiten mit Sicherheit nicht mit drei, fünf oder auch fünfzehn fehlenden Zitaten steht oder fällt…
Wenn auch Sie mit derartigen Problemen konfrontiert werden, sprechen Sie uns gerne an. Dafür müssen Sie auch nicht unbedingt Dr. sein...
*Update*
Der Beitrag wurde verfasst als das Ausmaß der ganzen Angelegenheit noch gar nicht bekannt war. Inzwischen dreht sich die Sache ja nicht mehr nur um eine Handvoll Textstellen und wir alle kennen den weiteren Verlauf. Der Dr. ist weg, der gute Ruf hat Macken bekommen und zahlreiche Anfragen wegen Plagiats-Angst sind hinzugekommen. Wir werden die Sache weiter verfolgen...