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Effektiver Verbraucherschutz oder Tod einer Branche? - Das Gesetz zur Bekämpfung unerlaubter Telefonwerbung

Effektiver Verbraucherschutz oder Tod einer Branche? - Das Gesetz zur Bekämpfung unerlaubter Telefonwerbung

von Rechtsanwalt Dr. Thomas Engels, LL.M., Fachanwalt für IT-Recht

Am 15. Mai 2009 wurde es beschlossen, in den kommenden Tagen wird es dann auch in Kraft treten – das „Gesetz zur Bekämpfung unerlaubter Telefonwerbung und zur Verbesserung des Verbraucherschutzes bei besonderen Vertriebsformen“. Mit tiefgreifenden Änderungen im Bürgerlichen Gesetzbuch, dem Wettbewerbsrecht und sogar dem Telekommunikationsrecht soll hier ein möglichst umfassender Schutz der Verbraucher erreicht werden. Die Änderungen wirken sich auf Vertragsverhältnisse aus, fügen neue Bußgeldtatbestände ein und regeln die technischen Voraussetzungen der Call-Center Branche.

Widerrufsrechte

Zunächst erfahren die Regelungen zum Fernabsatz eine tiefgreifende Änderung. So soll ein Widerrufsrecht eines Verbrauchers nicht mehr dann erlöschen, wenn dieser die Erbringung der Dienstleistung selbst veranlasst hat, oder wenn der Unternehmer mit seiner Zustimmung mit der Ausführung begonnen hat, sondern erst dann, wenn der Vertrag auf ausdrücklichen Wunsch des Verbrauchers vollständig erfüllt ist. Unabsehbar ist, welche Konsequenzen sich hieraus für Dauerschuldverhältnisse ergeben – es fällt schwer, diese unter den neuen gesetzlichen Tatbestand zu subsumieren.

Die Fälle, in denen vorher ein Widerrufsrecht des Verbrauchers ausgeschlossen war, werden ebenfalls angepasst. Beim Vertrieb von Zeitschriften und bei Lotterieleistungen besteht ein Widerrufsrecht nunmehr dann, wenn die Verträge hierzu telefonisch abgeschlossen wurden. Damit entfernt sich der Gesetzgeber recht weit von der ursprünglichen Vorstellung, dass Widerrufsrecht sei dazu da, all diejenigen Verträge zu erfassen, bei der dem Kunden ansonsten eine Möglichkeit zur genaueren Prüfung in einem Ladengeschäft möglich gewesen wäre. Die neuen Alternativen begründen für diesen Bereich ein zwingend einzuräumendes Widerrufsrecht. Eine Widerrufsbelehrung in Textform vor Vertragsschluss ist in all diesen Fällen von vornherein nicht möglich, so dass hier das Widerrufsrehct darüber hinaus sogar einen Monat beträgt.

Lediglich für den Bereich der unmittelbar per Telefon in einem Mal zu erbringenden Leistungen besteht kein Widerrufsrecht – dies hätte andernfalls dazu geführt, dass sogar ein Widerrufsrecht hinsichtlich der über die Telefonrechnung abgewickelten Gebühren bei Mehrwert- oder Call-by-Call Diensten bestanden hätte.
Im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb fallen die Änderungen ungleich schärfer aus. So wird die Alternative des § 7 Abs.2 UWG, der bei Verbrauchern bislang offen gelassen hatte, ob hier eine konkludente Werbung in Telefonwerbung ausreicht, dadurch verschärft, dass dessen „vorherige ausdrückliche Einwilligung“ gefordert wird. Dass eine Einwilligung immer eine vorherige ist – im Gegensatz zur Genehmigung – lässt der Gesetzgeber hier außen vor – der Verbraucherschutz verlangt hier offenbar doppelt formulierte Untersagungsvorschriften.

Einwilligungen

Über die Einhaltung dieses Gesetzes wacht nunmehr die Bundesnetzagentur mit dem nachgeschalteten Rechtsweg des VG Köln, OVG Münster und dem BVerwG. Verstöße hiergegen können mit Geldbußen von bis zu 50.000 € geahndet werden. Die Überwachung der Lauterkeit des Wettbewerbs wird damit auf eine Behörde übertragen, die sachferner nicht sein könnte – originäre Aufgabe der Bundesnetzagentur ist eine kartellrechtliche, nämlich die so genannte sektorspezifische Regulierung.

Auch steht zu befürchten, dass die Verwaltungsgerichte mit einer Vielzahl von Verfahren überhäuft werden, die ebenfalls nicht mit ihrer ursprünglichen Aufgabe korrespondieren. Die rein zivilrechtlichen Fragen, wann eine rechtswirksame Einwilligung in Telefonwerbung vorliegt – an dieser Stelle sei auf die umfangreiche Rechtsprechung des BGH zu diesem Bereich erinnert – wird wohl zukünftig verwaltungsrechtlich geprägt werden. Es werden weniger die Wettbewerbs- und Verbraucherzentralen sein, die diese Belange vor Gericht vorbringen werden. Federführend wird hier wohl jetzt die Bundesnetzagentur tätig.

Rufnummernunterdrückung

Schließlich spart das Gesetz auch technische Änderungen nicht aus. Nach dem neu gefassten § 102 TKG ist es Anrufern nunmehr untersagt, bei werbenden Anrufen gegenüber Verbrauchern ihre Rufnummer zu unterdrücken. Die wohlüberlegte Möglichkeit, dass Unternehmen die Rufnummer ihres Auftraggebers  einblenden können, wurde im Gesetzgebungsverfahren kommentarlos fallengelassen. Für eine Vielzahl von Verbindungsnetzbetreibern, die Infrastruktur wie Anrufautomaten aber auch für Call-Center, die für eine Vielzahl von Unternehmen tätig werden dürfte der Aufwand steigen – die Einrichtung eines eigenen Beschwerdemanagements dürfte damit unumgänglich werden. Auch müssen sowohl Verbraucher als auch Netzbetreiber dann bei einer Beschwerde mutmaßen, für welchen Unternehmer denn jetzt der Anruf getätigt wurde. Eine auch für den Verbraucher wünschenswerte Transparenz ergibt sich hieraus nicht.

Durch die Neuregelung wird eine Vielzahl von Problemen geschaffen, die die Gerichte in Zukunft beschäftigen werden. Von neuen Abmahnwellen wegen Widerrufsbelehrungen hin bis zu einer völlig neuen Konstellation im Hinblick auf die Verwaltungsgerichte wird auf alle Beteiligten eine Menge Arbeit zukommen.

Sollten Sie zu diesen Bereichn Fragen haben -  beraten wir Sie gerne!

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