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Rechtsirrtümer im Supermarkt - was darf ich und was nicht?

Kleines 1x1 Verbraucherrecht offline - Was darf ich im Supermarkt?

von Rechtsanwalt Michael Terhaag, LL.M. - Fachanwalt für gewerblichen Rechtschutz

Anlässlich einer aktuellen Interviewanfrage der Drehscheibe Deutschland im ZDF haben wir uns mal mit häufigen Rechtsirrtümern rund um den täglichen Einkauf im Supermarkt beschäftigt. Hierum ging es im Wesentlichen (Videoausschnitt folgt bei terhaag.de):

Rechtsirrtümer sind verbreitet wie Aberglauben. Zu vielen Alltagssituationen finden sich verbreitete Ansichten darüber, was jemand darf und was nicht.

Besonders häfig finden sich derartige Fälle im Supermarkt. Wir haben Ihnen deshalb an dieser Stelle eine Übersicht erstellt, was hinter diesen Ansichten rechtlich steckt und wie Sie damit am besten umgehen.

1. Darf ich im Supermarkt Lebensmittel probieren?

Probieren von Waren ist deshalb problematisch, weil dies eine Sachbeschädigung darstellen kann, wenn dies nicht ausdrücklich erlaubt ist. Häufig stellen Supermärkte auch gesondert Proben aus, die dann ohne weiteres konsumiert werden dürfen - übrigens auch in unbegrenzter Menge, wenn niemand das besonder verbietet. Wenn also ein Teller Kekse bereit gestellt wird, darf der Kunde diesen auch komplett leer essen. 

2. Muss ich Ware ersetzen, wenn sie mir herunter fällt?

Der Klassiker im Supermarkt: Jemand nimmt eine Flasche Ketchup in die Hand um die Verpackung zu lesen, die ihm herunter fällt. Ob diese Flasche ersetzt werden muss, hängt nun von den Umständen ab. Schadensersatz muss nur leisten, wem dies fahrlässig oder sogar vorsätzlich passiert. Wer die Flasche absichtlich herunter wirft, muss sie ersetzen, da dies eine Sachbeschädigung ist. Häufiger kommt dies aber aus Unachtsamkeit vor, was allgemein ebenso zum Ersatz verpflichtet.

Dies gilt jedoch auch wieder nicht ausnahmslos: Häufig fallen Gegenstände im Supermarkt auch deshalb herunter, weil sie nicht ausreichend gesichert waren und locker herum standen. In solchen Fällen kann auch eine kleine Unachtsamkeit des Besuchers schnell dazu führen, dass er die Ware umstößt. Dann ist er jedoch nicht zum Ersatz verpflichtet. Schuld ist in diesen Fällen nämlich der Supermarktbetreiber.

3. Darf ich Ware öffnen oder bin ich dann zum Kauf verpflichtet?

Jeder Besucher eines Supermarktes darf die Ware untersuchen, bevor er sich entscheidet, ob er sie auch kaufen will. Er muss schließlich auch die Gelegenheit haben, zu überprüfen, ob die Ware einwandfrei ist. Dabei gilt jedoch ebenso, dass die Ware nicht beschädigt werden darf. Bei Lebensmitteln ist die Sache jedoch etwas schwieriger: Diese kann oder darf oft nicht mehr unverpackt verkauft werden. In diesem Fall ist das Öffnen auch eine Sachbeschädigung, die zum Schadensersatz verpflichtet. Häufig führt dies jedoch dahin, dass der Kunde die geöffnete Ware kauft. Das ist allerdings nicht Pflicht - ebenso ist auch ein Schild mit der Beschriftung "Öffnen der Ware verpflichtet zum Kauf" ohne Wirkung. Ein Kaufvertrag kommt nämlich immer erst dann zustande, wenn jemand die Ware an der Kasse auf das band legt.

4. Muss der Supermarkt beschädigte Pfandflaschen zurücknehmen?

Es scheint eine beliebte Ausrede zu sein, Pfandflaschen oder Pfanddosen deshalb nicht anzunehmen, weil sie beschädigt sind. Allerdings darf die Annahme nur dann verweigert werden, wenn das Pfandetikett beschädigt ist. Das bedeutet sogar bei Automaten, dass der Kunde verlangen kann, dass der Supermarktbetreiber die Flaschen manuell abrechnet. Grund dafür mag wohl sein, dass die Flaschen schließlich auf jeden Fall zerstört und recyclet werden. Anders ist dies bei Mehrwegflaschen: Da diese direkt wiederverwertet werden, kann auch verlangt werden, dass sie weiterhin unbeschädigt zurück gegeben werden.

5. Ist ein Supermarkt an Sonderangebote gebunden?

Nicht direkt! Kaufverträge kommen im Supermarkt nämlich erst dann zustande, wenn der Kunde die Ware auf das Fließband legt. Erst dann ist der Supermarkt auch an den Vertrag gebunden und kann auf einen bestimmten Preis festgelegt werden. Schreibt er aber niedrige Preise aus und verlangt dann doch einen höheren Preis, kann dies trotzdem unangenehme Folgen für ihn haben: Er verstößt nämlich gegen wettbewerbsrechtliche Regeln. Allerdings können nur seine Konkurrenten ihn darauf festhalten - für Verbraucher hat dies keine unmittelbaren rechtlichen Konsequenzen.

6. Darf ich die im Supermarkt angebotenen Zeitungen dort auch lesen, ohne sie zu kaufen?

Ja selbstverständlich! Niemand ist zu einem Kauf verpflichtet, nur weil er einen Supermarkt betritt. Eine Zeitung zu lesen fällt ebenso noch unter das Ausprobieren - auch wenn Kunden nur zum Zeitung lesen den Laden besuchen. Allerdings: Wenn die Zeitung beim lesen beschädigt wird, muss dieser Schaden ersetzt werden, was häufig dazu führt, dass der Kunde die Zeitung doch kauft.

7. Dürfen meine Taschen durchsucht werden?

Eins der interessantesten Missverständnisse überhaupt: Der Ladendetektiv oder das Kassenpersonal fordert den Kunden auf, seine Tasche zu öffnen, damit er sie durchsuchen kann. Das stellt aber einen schweren Eingriff in die Privatsphäre und das allgemeine Persönlichkeitsrecht dar.
Deshalb darf der Mitarbeiter das grundsätzlich nicht, höchstens die Polizei könnte hierzu berechtigt sein, wenn sie zu Hilfe geholt wird. Auch die Polizei muss dann aber erst einmal einen begründeten Verdacht haben, dass der Kunde tatsächlich etwas gestohlen hat. Das muss der Ladendetektiv nachweisen. Eine solche Erlaubnis zur Taschenkontrolle ist auch nicht durch Aushang im Geschäft, also per AGB durchzusetzen. 
Anders ist das allerdings, wenn der Ladendetektiv oder anderes Personal selbst gesehen hat oder sogar per Videoaufnahme gesichert hat, wie gestohlen wurde.

Situationen wie die oben kommen häufig vor und führen zu unnötigen Missverständnissen...Einen Videoausschnitt gibt es wie gesagt hier.

Michael Terhaag | Christian Schwarz

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