Die Privatfahnder auf Facebook - zulässige Ermittlungsmethoden oder Selbstjustiz?
von Rechtsanwalt Michael Terhaag, LL.M. - Fachanwalt für gewerblichen Rechtschutz
Immer wieder sieht man Fahndungsaufrufe von Facebook-Nutzern, mit denen diese versuchen, Verbrechen aufzuklären. Oftmals werden dabei Ausschnitte aus Videoaufnahmen von den Tätern veröffentlicht, manchmal aber auch Fahndungsaufrufe.
Problematisch ist dies jedoch, weil dies in Rechte der Dargestellten eingreift. Aus diesem Grund hier einmal eine kleine Übersicht:
Allgemeines Persönlichkeitsrecht
Rechtliche Grundlage bei derartigen Veröffentlichungen ist das allgemeine Persönlichkeitsrecht. Dieses schützt jeden einzelnen und ist in seinem Schutzbereich in bestimmte Sphären aufgeteilt. So gibt es zum einen bereits die Intimsphäre, die die innere Gedanken- und Gefühlswelt beschreibt. In diesem Bereich hat jeder einen unantastbaren Kernbereich der persönlichen Freiheitsentfaltung. In der Privatsphäre hingegen besteht zwar auch eine Abschottung gegenüber der Außenwelt, jedoch kann unter gewissen Umständen eingegriffen werden. Die Voraussetzungen sind hier jedoch besonders eng. Schließlich gibt es die Sozialsphäre, in der eine Person also öffentlich auftritt. Diese beschreibt ihr berufliches, soziales und politisches Auftreten gegenüber der Allgemeinheit. Eingriffe in diesen Bereich sind ebenso nur erlaubt, wenn die Interessen des Eingreifenden die des Betroffenen überwiegen.
Grundsätzlich gilt, dass Eingriffe in das allgemeine Persönlichkeitsrecht nur dann rechtmäßig sind, wenn in einer Interessenabwägung die Rechte des Eingreifenden überwiegen. An dieser Stelle knüpft hier die Diskussion über die privaten Fahndungsaufrufe an. Kann jeder Einzelne, der Opfer eines Verbrechens geworden ist, das "Gesetz in die Hand nehmen" und einen Fahndungsaufruf tätigen? Wenn er hierbei ein Bild des vermeintlichen Täters veröffentlicht, so greift dies zunächst einmal in das Recht am eigenen Bild ein.
"Wanted" - nur durch den Staat
Eine Rechtfertigung derartiger Eingriffe ergibt sich im Kunsturhebergesetz für Zwecke der Rechtspflege und der öffentlichen Sicherheit. In diesem Fall dürfen Behörden und nur diese das Bildnis einer Person veröffentlichen. Ebensolche Befugnisse haben die Strafverfolgungsbehörden aufgrund der Strafprozessordnung.
Hieraus folgt grundsätzlich, dass der Staat allein die Befugnis hat, nach Verbrechern zu fahnden. Damit soll auch verhindert werden, dass sich Betroffene zur Selbstjustiz entschließen. Unter Umständen kann dies anders gesehen werden, wenn jemand einen Aufruf der Polizei weiterverbreitet.
Für denjenigen, der eigenmächtig das Bild veröffentlicht, können sich wiederum empfindliche Folgen ergeben. Grundsätzlich hat nämlich jeder aufgrund der sogenannten Unschuldsvermutung auch ein Recht darauf, in der Öffentlichkeit nicht als Täter vorverurteilt zu werden. Dies ist ein weiterer Grund, weshalb eine Veröffentlichung nur durch die Behörden erfolgen darf. Werden diese Vorschriften verletzt, so kann der Abgebildete gegen den Einsteller des privaten Fahndungsaufrufs Unterlassungsansprüche geltend machen, die in besonderen Einlfällen sogar durch eine einstweilige Verfügung durchsetzbar sind. Hiermit verbunden können auch die Kosten eines eingeschalteten Anwalts beansprucht werden. Private Fahndungsaufrufe sind deshalb hochriskant.
Also, die Aufrufe sind sicher in den allermeisten Fällen gut gemeint, schießen aber häufig über das Ziel hinaus und birgen ein ordentliches Haftungsrisiko.