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Keine Geldentschädigung für Bezeichnung als „kleines Luder vom Lerchenberg“

Keine Geldentschädigung für Bezeichnung als „kleines Luder vom Lerchenberg“

Von Rechtsanwalt Michael Terhaag
und Rechtsanwalt Christian Schwarz

Eine Fernsehmoderatorin musste schwere Kritik einstecken, die ein bekannter Publizist in einem Online-Portal veröffentlicht hatte. Die Äußerungen würden teilweise ihr Persönlichkeitsrecht verletzen – einen Anspruch auf Geldentschädigung entstünde dadurch jedoch nicht. Das entschied nun das Oberlandesgericht Düsseldorf (Urteil vom 13. August 2015, Az. I-16 U 121/14).

Der Fall

Geklagt hatte die Moderatorin einer Kultursendung im deutschen Fernsehen. Der Beklagte ist Journalist, Publizist und Buchautor. Mehrfach äußerte sich der Beklagte in der Vergangenheit kritisch und negativ über die Person der Klägerin und ihre Moderation. In der Sendung wurde häufiger über den Beklagten berichtet.

Nach einem Beitrag, der im Januar 2013 gesendet wurde, veröffentlichte der Beklagte einen Artikel unter der Überschrift „Das kleine Luder vom Lerchenberg“. Der Beitrag enthielt unter anderem die folgenden Passagen:

„M. neigt ihr Köpfchen zur Seite, damit der Verstand sich in einer Ecke konzentrieren kann“

sowie

„An dieser Moderation muss das kleine Luder vom Lerchenberg lange gefeilt haben (…).“

sowie

„Für so was wird die delirierende Hausfrau alle drei Wochen von London nach Mainz eingeflogen, wo sie (...) moderiert. Von allen kz-Moderatoren und Moderatorinnen ist sie die dummste und unfähigste (…). Der Besuch mit mir in einem Jerusalemer Cafe (war es das Atara?) Anfang der 90er Jahre muss wohl die absolute Climax ihres ansonsten an Höhepunkten armen Lebens gewesen sein.“

Die Moderatorin ließ den Beklagten sowie den Betreiber der Website, auf welcher der Artikel erschien, abmahnen und forderte sie zur Abgabe einer Unterlassungserklärung auf. Diese gaben die Erklärung nicht ab, woraufhin die Klägerin eine einstweilige Verfügung erwirkte. Der Beklagte gab daraufhin eine Abschlusserklärung ab.

Die Moderatorin forderte unter anderem eine Geldentschädigung für die getätigten Aussagen in Höhe von mindestens 10.000 Euro.

Die Entscheidung

Das OLG Düsseldorf lehnte die Zahlung einer Geldentschädigung ab. Zwar liege durch die Aussagen einer Persönlichkeitsrechtsverletzung der Moderatorin vor. Allerdings wiege diese nicht so schwer, dass eine Entschädigungszahlung gerechtfertigt sei, so die Richter.

Zu den einzelnen Äußerungen des Beklagten führte das Oberlandesgericht aus:

1. „Wie der Beklagte selber einräumt, ist die Bezeichnung „kleines Luder vom Lerchenberg“ nach den obigen Maßstäben vom verständigen Durchschnittspublikum jedenfalls dahingehend zu verstehen, dass es sich bei der Klägerin um eine durchtriebene Person handelt oder sie jedenfalls bei der vorangestellten Anmoderation, d.h. bei ihrer beruflichen Tätigkeit für die (...) Redaktion im Sendezentrum (...) in Mainz-Lerchenberg, durchtrieben agiert.“

Da man bei der Moderatorin eines öffentlich–rechtlichen Nachrichtenmagazins mit seriösem Anspruch eine sachliche, qualifizierte und abgewogene Persönlichkeit erwarte, ist die Bezeichnung der Klägerin als „kleines Luder“ eine moralische Abwertung ihrer Person, die massiv in den Achtungsanspruch der Klägerin eingreift.

2. Die Äußerung  „M. neigt ihr Köpfchen zur Seite, damit der Verstand sich in einer Ecke konzentrieren kann“ könne nur dahingehend verstanden werden, dass der Moderatorin eine geringe oder verminderte Verstandesleistung zugesprochen wird:

„Zutreffend hat das Landgericht darauf abgestellt, dass hiermit ein Bild vermittelt wird, wonach die Klägerin nur deshalb den Kopf zur Seite neigt, damit der Verstand – was physiologisch und anatomisch natürlich unsinnig ist – sich in einer Ecke konzentrieren - sammeln – kann, weil sie eben so wenig Verstand besitzt, dass dies erforderlich ist.“

3. Auch die Bezeichnung der Klägerin als „delirierende Hausfrau“ sei nicht nur für sich allein betrachtet, sondern gerade auch im Kontext der weiteren Äußerungen des Beklagten äußerst ehrenrührig und würdige die Klägerin in ihrem Geltungsanspruch als Person herab:

„So versteht der Durchschnittsleser den Begriff „delirierend“ im Zusammenhang mit einer Person durchaus als im Delirium sein, verwirrt bzw. irre reden und genauso ist er auch im gewählten Zusammenhang zu verstehen. Hiermit verdeutlicht der Beklagte dem Leser abermals, dass er die Klägerin für geistig nicht zurechnungsfähig und in ihrer Verstandesleistung eingeschränkt hält.“

4. Die Äußerung, bei der Klägerin handele es sich um „die dummste und unfähigste von allen kz-Moderatoren und Moderatorinnen“ sei ebenfalls eindeutig eine eigene ehrverletzende Äußerung des Beklagten.

Danach seien die vorbezeichneten Äußerungen unter Berücksichtigung ihres Gesamtzusammenhangs allesamt im Sinne einer Herabwürdigung der Klägerin zu verstehen und greifen in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klägerin ein.

„Sie beeinträchtigen sie in erheblichem Maß in ihrer Ehre und sozialen Anerkennung. Die Äußerungen sind geeignet, sich abträglich auf ihr Ansehen, insbesondere ihr Bild in der Öffentlichkeit auszuwirken.“

Hier müsse das Interesse des Beklagten auf freie Meinungsäußerung zurücktreten, da es sich um eine unzulässige Schmähkritik handele.

Dennoch stünde der Moderatorin kein Anspruch auf Geldentschädigung zu. Dies setze eine schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts. Eine solche könne man vorliegend jedoch nicht annehmen, so die OLG-Richter.

Das Fazit

Der Fall zeigt wieder einmal deutlich, dass nicht jeder Verletzung des Persönlichkeitsrechts letztlich zu einem Anspruch auf Geldentschädigung führt. Grundsätzlich wird ein besonders schwerer Eingriff für die Zahlung vorausgesetzt – einen solchen nahmen die Richter in diesem Fall nicht an.

Die Gewährung einer solchen Zahlung hänge jedoch nicht nur von der Schwere des Eingriffs ab, sondern es komme auf die gesamten Umstände des Einzelfalls an. Danach müsse auch beurteilt werden, ob es an einem anderweitigen Ausgleich für die Verletzungshandlung fehle, so die Richter des Oberlandesgerichts.

Bei der gebotenen Gesamtwürdigung sei ein erwirkter Unterlassungstitel zu berücksichtigen, weil dieser - und die damit zusammenhängenden Ordnungsmittelandrohungen - den Geldentschädigungsanspruch beeinflussen und im Zweifel sogar ausschließen könnten.

Das Urteil im Volltext können Sie an dieser Stelle lesen.