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Die Corona-Krise hält die Welt in Atem

Die Corona-Krise hält die Welt in Atem

von Rechtsanwalt Michael Terhaag
Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz
Fachanwalt für IT-Recht

Wir in der Kanzlei halten für Sie die Stellung – teilweise auch aus dem Homeoffice.  

Auch wenn wir uns als spezialisierte Kanzlei für gewerbliche Schutzrechte und Medienrecht verstehen, treten aktuell viele Mandanten mit rechtlichen Fragen zum Covid-19-Virus an uns heran, die wir hier einmal grob zusammenfassen möchten.

Ausgangssperre und Kontaktverbot

Einige Bundesländer haben bereits erste Maßnahmen eingeleitet - heute, am 23. März 2020 - sollen zahlreiche weitere Regelungen hinzukommen, die eine Verbreitung des Virus wohl nicht verhindern können, eine solche aber deutlich verlangsamen sollen.

Zum Beispiel in Bayern bestünde eine Ausgangssperre, liest man häufig. Von einer Sperre kann aber wohl kaum die Rede sein. Ausgangsbeschränkung trifft es sich besser, denn mit einem "trifftigen Grund" ist das Verlassen von Häusern und Wohnungen auch hier erlaubt. Übrigens weder eine Ausgangsbeschränkung noch die Ausgangssperre ist in den einschlägigen Normen des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz - IfSG) namentlich erwähnt. Gerade weil man viele fragliche Ausführungen zu diesem Thema im Internet findet, sollten wir uns genau an den Wortlaut der richtigen Rechtsnormen halten.

Nach § 28 IfSG 

trifft die zuständige Behörde die notwendigen Schutzmaßnahmen […] soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist.

Nach § 32 IfSG werden Regierungen der einzelnen Bundesländer ermächtigt

durch Rechtsverordnungen entsprechende Gebote und Verbote zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten zu erlassen. Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf andere Stellen übertragen.

So heißt es dort zudem:

„Die Grundrechte der Freiheit der Person (Artikel 2 Abs. 2 Satz 2 Grundgesetz), der Freizügigkeit (Artikel 11 Abs. 1 Grundgesetz), der Versammlungsfreiheit (Artikel 8 Grundgesetz), der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 Abs. 1 Grundgesetz) und des Brief- und Postgeheimnisses (Artikel 10 Grundgesetz) können insoweit eingeschränkt werden.“

Im Grunde sind, nach unserem Verständnis, alle angedachten und schon eingeleiteten Maßnahmen erhebliche Einschränkungen der Freiheitsrechte aller Bürger. Vor diesem Hintergrund ist die Verhältnismäßigkeit genau zu prüfen, das heißt die Maßnahme muss geeignet, erforderlich und angemessen sein, einen legitimen Zweck zu erreichen. Soviel erst einmal zur Theorie.

Was bedeutet das in der Praxis?

Während eine Quarantäne nur Einzelne, zum Beispiel Erkrankte oder deren Kontaktpersonen, betrifft, gilt eine Ausgangssperre für alle Bürger. Dies auch völlig unabhängig von einer Erkrankung, einem Kontakt- oder Verdachtsfall.

Am 22. März 2020 haben sich die Bundesländer in einer Telefonkonferenz nunmehr auf ein einheitliches Kontaktverbot geeinigt. Die dazu nötigen Rechtsverordnungen sollen sehr rasch erlassen werden und können sich in Details  – weil Infektionsschutz ja Ländersache ist – durchaus noch unterscheiden.

Hier eine erste Übersicht der wichtigsten neuen Regelungen:

  • Die Bürger werden angehalten, die Kontakte zu anderen Menschen außerhalb der Angehörigen des eigenen Hausstands auf ein absolut nötiges Minimum zu reduzieren.

  • In der Öffentlichkeit ist, wenn möglich, zu anderen als den Angehörigen des eigenen Hausstands, ein Mindestabstand von mindestens 1,5 Metern, besser noch zwei Metern einzuhalten.

  • Der Aufenthalt im öffentlichen Raum ist nur alleine, mit einer weiteren nicht im Haushalt lebenden Person oder im Kreis der Angehörigen des eigenen Hausstands gestattet - die sogenannte Zwei-Personen-Regel.

  • Wichtig: Der Weg zur Arbeit, zur Notbetreuung, Einkäufe, Arztbesuche, Teilnahme an Sitzungen, erforderlichen Terminen und Prüfungen, Hilfe für andere oder individueller Sport und Bewegung an der frischen Luft sowie andere notwendige Tätigkeiten bleiben weiter möglich.

  • Restaurants und Kneipen werden geschlossen. Davon ausgenommen ist die Lieferung und Abholung mitnahmefähiger Speisen für den Verzehr zu Hause. Der Betrieb von Lieferdiensten bleibt also möglich.

  • Dienstleistungsbetriebe im Bereich der Körperpflege wie Friseure, Kosmetikstudios, Massagepraxen, Tattoo-Studios und ähnliche Betriebe werden geschlossen, weil in diesem Bereich eine körperliche Nähe unabdingbar ist. Medizinisch notwendige Behandlungen bleiben weiter möglich.

  • Diese Maßnahmen sollen eine Geltungsdauer von mindestens zwei Wochen haben.

Insbesondere die Kontaktsperre und die Zwei-Personen-Regel soll von den Ordnungsbehörden und der Polizei kontrolliert und bei Verstößen auch so bestraft werden.

Man kann die Kontaktsperre also als milderes Mittel zur Ausgangssperre verstehen – Nichtsdestotrotz werden die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger gravierend eingeschränkt, betroffen ist u.a. die Allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG), die Freizügigkeit (Art. 11 Abs. 1 GG), die Versammlungsfreiheit (Art. 8 Abs. 1 GG), die Religionsfreiheit (Art. 4 Abs. 1, 2) und die Fortbewegungsfreiheit (Art. 2 Abs. 2 S. 1).

Grundrechte dürfen nur auf der Grundlage von Gesetzen beschränkt werden, die ganz genau die Bedingungen für die einschränkenden Maßnahmen bestimmen. Zudem muss das Gesetz einige Grundrechte, in die eingegriffen wird, explizit benennen. Letztgenanntes ist in § 28 Abs. 1 S. 4 IfSG, aber auch § 32 IfSG ausdrücklich der Fall. Inwieweit das Gesetz allerdings die genauen Bedingungen bestimmt darf zumindest kritisch hinterfragt werden.

Sicher auch ein Grund, warum man zunächst von einer flächendeckenden Ausgangssperre abgesehen hat und es zunächst mit der Kontaktsperre versucht. Eine rasche Änderung des Infektionsschutz tut jedenfalls Not.

Drohen wirklich Strafen, wenn man sich nicht an die Kontaktsperre hält? 

Freiheitsstrafe und ein Ordnungsgeld bis zu 25.000 Euro werden vielfach zitiert. Die bis 25.000 Euro stammt aus der Regelung § 73 zu Bußgeldvorschriften, wobei es dort genau genommen heißt, dass ein vorsätzlich oder fahrlässig begangener Verstoß gegen eine vollziehbaren Anordnung von Schutzmaßnahmen, auch in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 32 Satz 1, zuwiderhandelt

"mit einer Geldbuße bis zu zweitausendfünfhundert Euro"

geahndet werden kann. Nur in einigen anderen Fällen ist eine Geldbuße bis zu 25.000 Euro möglich. Die Aussage, dass ein Verstoß gegen die Kontaktsperre mit Ordnungsgeldern bis zu 25.000 Euro geahndet werden kann, ist aus unserer Sicht daher falsch!

Tatsächlich regelt aber § 75 Abs. 1 Nr. 1 IfSG das grundsätzlich mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft wird, wer einer vollziehbaren Anordnung nach § 28 Abs. 1 Satz 2 IfSG, § 30 Abs. 1 IfSG oder § 31 IfSG, jeweils auch in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 32 Satz 1 IfSG, zuwiderhandelt.

Insofern kann ein Verstoß gegen die aufgrund von Rechtsverordnungen noch genauer zu konkretisierenden Schutzmaßnahmen hart bestraft und/oder teuer werden. Dies ist aber alles eine Frage des Einzelfalls und kann so pauschal nicht beantwortet werden. Es kommt dabei auch auf den konkreten Verstoß und unter Umständen auch die Einkommensituation des Verletzers an.

Einmal mehr gilt: „Unwissenheit schützt vor Strafe nicht!“ Ordnungsgelder nach § 73 IfSG sind möglich bei Fahrlässigkeit und bei einer lediglich fahrlässigen Begehung der Verstöße nach § 75 IfSG können diese mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr bestraft werden.

Wer kontrolliert Ausgangsbeschränkungen und Kontaktsperren und darf ich denn nicht mehr zur Arbeit fahren?

Polizei und auch das Ordnungsamt sind für die Kontrollen zuständig. NRW-Ministerpräsident Armin Laschet hat am 22. März 2020 noch einmal deutlich gesagt: „Die Kontaktsperre gilt nicht für die Arbeitswelt“. Die neuen Regelungen beinhalten jedoch eine Schließung von Restaurants oder Dienstleistungsbetrieben im Bereich der Körperpflege – dort gelten die Regelungen also schon.

Aber ansonsten ist mit den entsprechenden Abstandsregeln nicht nur der Weg zur Arbeit, sondern auch die Berufsausübung möglich. Zum Beispiel auch in Rechtsanwaltskanzleien, wobei naturgemäß persönliche Besprechungen - wie sonst auch - zu großen Teilen per (Video-)Telefonie oder E-Mail erfolgen.

Fußball, Konzerte und sonstige Veranstaltungen

Nur noch ein kurzer "Abstecher" zu Veranstaltungen, die entweder abgesagt, verboten oder freiwillig nicht angeboten oder nicht besucht werden. Hier stellt sich immer die Frage, ob solche Events bezahlt werden müssen oder nicht. Die Bewertung gilt aus unserer Sicht auch für Fitnessstudioverträge oder nicht zur Verfügung gestellte oder genutzte Kita-Plätze.

Maßgeblich kommt es darauf an, ob die Veranstaltung abgesagt wurde und wenn ja, von wem und warum. Für den Fall, dass eine offizielle Veranstaltung stattfindet, ich aber etwa aus Sorge um den Virus dieser lieber fern bleibe, bin ich grundsätzlich auf die Kulanz des Veranstalters angewiesen und habe keinen Anspruch darauf, mein Geld zurück zu bekommen oder von meiner Zahlungspflicht befreit zu werden. In allen anderen Fällen muss man schauen, warum abgesagt wurde. Häufig wird hier von der sogenannten „höherer Gewalt“ gesprochen.

Das ist nach diesseitiger Rechtsauffassung in vielen Fällen aber nicht richtig. Nur wenn tatsächlich eine Rechtsverordnung gemäß §§ 28, 32 IfSG ergeht, die eine Veranstaltung verbietet, liegt aus meiner Sicht die so genannte Unmöglichkeit vor, die den Veranstalter und damit auch den Teilnehmer von seiner Leistungspflicht - also Konzertveranstaltung, Bundesligaspiel aber auch Fitnesskurs und Kinderbetreuung - befreit. Das bedeutet aber auch, dass der vermeintliche Besucher oder Teilnehmer dann auch keinen Eintritt mehr bezahlen muss.

Ebenso heißt dies, dass, wenn Veranstaltungen wegen behördlicher Untersagung - wie etwa dem Kontaktverbot - ausfallen, eine Rückerstattungspflicht bereits gezahlter Eintrittspreise oder Teilnahmegebühren erfolgen muss. Dies wird teilweise von Veranstaltern unter Hinweis auf ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) und einer dortigen Regelung zur „höheren Gewalt“ verweigert, was nach diesseitiger Betrachtung allerdings zumindest gegenüber Verbrauchern als unangemessene Benachteiligung gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam ist. Die Rechtsprechung hat zu Haftungsschlüssen gegenüber Verbrauchern mehrfach entschieden, dass diese nur sehr eingeschränkt und per se nicht generell möglich sind. Das eine Pandemie namentlich in AGB als Unterfall der höheren Gewalt benannt wird, darf als sehr unwahrscheinlich angesehen werden.

Bei abgesagten Veranstaltungen und Events gibt es also ganz grundsätzlich Geld zurück bzw. muss nicht mehr bezahlt werden. Das gilt sogar, wenn ein Ausweichtermin angeboten wird, an dem der Betroffenen unter Umständen, aus welchen Gründen auch immer, verhindert ist. 

Diese Grundsätze lassen sich im Übrigen aus unserer Sicht weitestgehend auch auf Reisen übertragen.

Gerichtliche Entscheidungen

Rechtsprechung zum Corona-Virus ist natürlich bislang noch kaum ergangen.

Lediglich das Verwaltungsgericht Stuttgart (Az. 16 K 1466/20) hat am Samstag, den 14. März 2020, einen Eilantrag eines Geschäftsbetreibers wegen des Verbots des Late-Night-Shoppings am gleichen Tag in einem Einkaufszentrum abgelehnt. Dort heisst es in dem Eilbeschluss in dem namentlich auf die oben erläuterte Vorschrift der Schutzmaßnahmen nach § 28 IfSG Bezug genommen wird:

"Das Verbot eines Late-Night-Shoppings stellt eine notwendige Schutzmaßnahme dar, um die rasche Ausbreitung des Covid-19-Virus zu verhindern.

Aufgrund der bestehenden hohen Infektionsgefahr und der Vielzahl der zu erwartenden Besucher aus einem großen Einzugsgebiet ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich eine infizierte Person unter den Besuchern befinden könnte, sehr groß, sodass bei einer solchen Veranstaltung von einer hohen Ansteckungsgefahr auszugehen ist.

Late-Night-Shopping als besonderes, zeitlich begrenztes Event mit seiner großen Anziehungskraft für einen großen Kundenkreis unterscheidet sich insoweit vom klassischen Einzelhandel, für den bislang keine Einschränkungen vorgesehen sind."

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