BGH bestätigt: Günther Jauch erhält 20.000 € Schadensersatz für Clickbait
von Rechtsanwalt Michael Terhaag, LL.M.
In diesen Zeiten besonders wichtig:
BGH bestätigt Rechtsprechung aus Köln zur Grenze der bewusste Falschmeldung, man könnte auch sagen "Fakenews" und deren Unzulässigkeit - das Urteil vom 21. Januar 2021, Az: I ZR 120/19 finden Sie auch bei uns im VOLLTEXT.
Aber warum ging es genau?
Eine Zeitschrift hatte bereits 2015 innerhalb eines Facebook und auch Twitter Postings völlig grundlos das Bild eines, genauer genommen sogar mehrerer, Prominenten mit der Frage nach einer möglichen Krebserkrankung in Verbindung gebracht.
So erfolgte ein Link zu einem Bericht über die Krebserkrankung des Moderators Roger Willemsen, der diese zuvor öffentlich gemacht hatte. Letztgenanntes war für den User allerdings erst ersichtlich, nachdem er den Link anklickte.
Ein solches Verhalten wird gemeinhin als "Clickbait" - englisch für "Klick Köder" bezeichnet. Neben dem Link postete die Zeitschrift zusätzlich Fotos von anderen prominenten Moderatoren.
Unter den Bildern von Willemsen, Stefan Raab, Joko Winterscheidt und Günther Jauch stand: "+++ GERADE VERMELDET +++ Einer dieser TV-Moderatoren muss sich wegen KREBSERKRANKUNG zurückziehen. Wir wünschen, dass es ihm bald wieder gut geht".
Nach heftiger Kritik wurde der Beitrag zwar gelöscht und man entschudligte sich, das reicht aber nicht.
Bereits die Vorinstanz entschied, dass das die Zeitschrift (TV Movie) dem Fernsehmoderator Günther Jauch für die ohne Einwilligung erfolgte (ge)werbliche Verwendung seines Fotos 20.000 Euro Schadensersatz zu zahlen hat (Urt. v. 28.05.2019, Az. 15 U 160/18), die hiergegen eingelegte Revision wurde nunmehr am 21. Januar 2021 druch den Bundesgerichtshof in Karlsruhe zurückgewiesen und die Entscheidung dadurch rechtskrtäftig.
Hierbei hält der BGH unter anderem fest, dass:
a)
Die Nutzung des Bildnisses einer prominenten Person im Internet als "Clickbait" ("Klickköder") ohne redaktionellen Bezug zu dieser in den vermögensrechtlichen Zuweisungsgehalt ihres Rechts am eigenen Bild ein eingreift und
b)
eine prominente Person nicht hinnehmen muss, dass ihr Bildnis von der Presse unentgeltlich zur Werbung für redaktionelle Beiträge eingesetzt wird, die sie nicht betreffen.
Ergebnis
Danach steht nunmehr endgültig fest, dass Clickbaiting allgemeines Persönlichkeitsrecht des/der Betroffenen verletzt und nicht nur Unterlassungs- sondern im Einzelfall auch nicht unerhebliche Schadensatzansprüche auslösen kann.
Herr Jauch, der ja bekannt ist dafür ist, sich auch Medien nicht alles gefallen zu lassen und öffentlich erklärt hatte, für Werbung für Dritte nicht mehr zur Verfügung zu stehen, also nunmehr ungerechtfertigter Bereicherung (§§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2, 818 Abs. 2 BGB) eine fiktive Lizenzgebühr dafür verlangen, dass die Fernsehzeitschrift ihren Beitrag ohne sein Einverständnis mit ihm bebildert hat. Das ganz abgesehen davon, dass er für so eine Berichterstattung sicher nie sein Eiverständnis gegeben hätte.
Das oben erläuterte sogenannte Clickbaiting, d.h. der Versuch, etwa mit reißerischen Überschriften oder Promi-Fotos Leser anzulocken, einen eigenen Artikel anzuklicken, greift in das Recht am eigenen Bild ein, so der Senat. Das gilt erst Recht, wenn der so beworbene Artikel mit Günther Jauch gar nichts zu tun hat.
Nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG dürfen Bilder auch ohne die Einwilligung des Abgebildeten verbreitet werden, wenn sie aus dem Bereich der Zeitgeschichte stammen. Hier muss jeweils zwischen dem Persönlichkeitsschutz und dem Informationsinteresse abgewogen werden. In einem wie dem vorliegenden Fall entschied der Senat richtungsweisend, dass es Prominente nicht hinnehmen müssen, wenn die Presse unentgeltlich Bilder von ihnen zur Werbung für redaktionelle Beiträge eingesetzt, die sie gar nicht betreffen. Zwar generieren die Medien mit Klicks auch Werbeeinnnahmen, um ihre journalistische Arbeit zu finanzieren. Dies rechtfertige es aber nicht, das Bildnis einer prominenten Person für eine Berichterstattung zu nutzen, die keinen inhaltlichen Bezug zu dieser aufweise.
Die durch das OLG Köln festgesetzte fiktive Lizenzgebühr, in Höhe von 20.000 Euro beanstandete der BGH nicht. Von einer "ganz überragenden Markt- und Werbewert und die außergewöhnlich hohe Beliebtheit des Klägers" kann man wohl ausgehen und diese sind angemessen berücksichtigt worden. Eine richtige Entscheidung insgesamt.
Ausnahmsweise ein persönlicher Zusatz des Verfassers:
Roger Wilhelmsen, der in der Zwischenzeit leider verstorben ist, durfte ich - und das sei hier gestattet kurz zu erwähnen- zweimal im Rahmen der Sendung "Volle Kanne" im ZDF persönlich, in Düsseldorf und live kennenlernen.
Ein wirklich toller Mensch. Er fragte, was ich so mache und was genau mein Thema sei, war sehr interessiert und konnte sich glaubhaft an unser erstes Gespräch beim zweiten Mal noch erinnern. Ich bin sehr froh, Ihn getroffen und gesprochen zu haben.
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