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BGH: Wenn ein Portal eine Bewertung ändert, haftet es für den Inhalt

Von Rechtsanwalt Michael Terhaag
und Rechtsanwalt Christian Schwarz

Der Bundesgerichtshof hat ein weitere, wegweisende Entscheidung in Sachen Bewertungsportalen gesprochen (Urteil vom 4. April 2017, Az. VI ZR 123/16). Die Richter entschieden, dass sich ein Portal, welches eigenmächtig eine Bewertung ändere oder kürze, diesen Beitrag zu eigen mache und deshalb für den Inhalt als Störer haften müsse.

Der Fall

Geklagt hatte eine Klinik für HNO- und Laser-Chirurgie gegen ein Bewertungsportal, auf dem Patienten Klinikbewertungen veröffentlichen können. Auf dem Portal erschien der Beitrag eines Patienten, der in der Klinik der Klägerin an der Nasenscheidewand operiert worden war. 36 Stunden nach der Operation und nach Verlegung in ein anderes Krankenhaus trat bei ihm eine Sepsis auf.

Auf dem Portal der Beklagten veröffentlichte er im Anschluss einen Erfahrungsbericht. Darin behauptete er, es sei "bei" einem Standardeingriff zu einer septischen Komplikation gekommen. Das Klinikpersonal sei mit der lebensbedrohlichen Notfallsituation überfordert gewesen, was beinahe zu seinem Tod geführt habe.

Die Klinik forderte das Portal zur Löschung des Beitrags auf. Dieses kam der Aufforderung jedoch nicht nach, sondern nahm ohne Rücksprache mit dem Patienten Änderungen an dem Text durch die Einfügung eines Zusatzes und die Streichung eines Satzteils vor. Die Klinik forderte das Portal zur Unterlassung auf.

Das Landgericht Frankfurt (Urteil vom 24. September 2015, Az. 2-03 O 64/15) hat der Unterlassungsklage stattgegeben. Die Berufung des Beklagten bei dem Oberlandesgericht Frankfurt (Urteil vom 3. März 2016, Az. 16 U 214/15) blieb ohne Erfolg. 

Die Entscheidung des BGH

Der Bundesgerichtshof gab der Klinik recht. Das beklagte Portal habe sich die angegriffenen Äußerungen zu eigen gemacht, so dass er als unmittelbarer Störer haftet. Es habe die Äußerungen des Patienten auf die Rüge der Klinik inhaltlich überprüft und auf sie Einfluss genommen, indem es selbständig – insbesondere ohne Rücksprache mit dem Patienten – entschieden hat, welche Äußerungen es abändert oder entfernt und welche es beibehält. Das Portal habe also die inhaltliche Verantwortung für die angegriffenen Äußerungen übernommen.

Da es sich bei den Äußerungen um unwahre Tatsachenbehauptungen und um Meinungsäußerungen auf unwahrer Tatsachengrundlage und mit unwahrem Tatsachenkern handele, habe das Recht des Portals auf Meinungsfreiheit hinter dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Klinik zurückzutreten. 

Unser Fazit

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist richtig. Grundsätzlich haften Bewertungsportale zunächst nichts für fremde Äußerungen. Werden sie jedoch über eine rechtswidrige Äußerungen, etwa durch den Bewerteten selbst, in Kenntnis gesetzt, muss das Portal handeln. Unternimmt es nichts, haftet es grundsätzlich selbst für Bewertungen.

Im vorliegenden Fall hat das Portal gehandelt und die Bewertung geprüft. Anschließend nahmen die Betreiber jedoch eigenständig – und ohne Rücksprache mit dem ursprünglichen Verfasser – Änderungen vor. Dadurch ist eine völlig andere Bewertung entstanden, als die vom ursprünglichen Verfasser veröffentlichte. Das Portal hat sich also faktisch selbst zum „Autor“ gemacht. Da ist es nur konsequent, es für die Inhalte haften zu lassen.

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