Verwechslungsgefahr bei zusammengesetzter Wortmarke
von Rechtsanwalt und Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz sowie Urheber- und Medienrecht Dr. Volker Herrmann
Bei dem Holzmichel soll es sich um eine waldschratähnliche Figur handeln, die in verschiedenen Fassungen eines alten Volksliedes erwähnt wird. Durch das Lied „Lebt denn dr alte Holzmichel noch?“ wurde der Name Holzmichel 2004 wieder aufgewärmt und erfreut sich seitdem bei Markenanmeldungen einer gewissen Beliebtheit. Einen interessanten markenrechtlichen Fall zu Michel ./. Holzmichel hatte nunmehr das Gericht der Europäischen Union (EUG) zu entscheiden (Urteil v. 1. Oktober 2014 – T-263/13).
Michel gegen Holzmichel
Der Fall ist auch deshalb besonders interessant, weil es sich um die typische Konstellation einer zusammengesetzten Marke handelt. Es existiert also eine ältere bereits vorhandene Marke, welcher bei einer Neuanmeldung ein Zusatz hinzugefügt wird. Häufig besteht in solchen Konstellationen Streit darüber, ob die neue zusammengesetzte Marke mit der älteren verwechselungsfähig ist. Im Fall des EUG, das übrigens nicht mit dem EuGH zu verwechseln ist, existierte eine ältere Marke „Michel“, welche in den Klassen 32 und 33 für alle Arten von alkoholfreien und alkoholischen Getränken geschützt ist.
Im Jahre 2010 wurde sodann die neue Marke „holzmichel“ angemeldet, und zwar für nahezu übereinstimmende Waren in den Klassen 32 und 33. Der EUG hielt die beiden Zeichen zwar für durchaus unterschiedlich, da dem „Michel“ aus der älteren Marke ein „Holz“ vorangestellt worden war. Allerdings hielten die Luxemburger-Richter trotz des „Holz“ eine mittlere Ähnlichkeit in klanglicher Hinsicht für gegeben.
Zudem seien in der deutschen Sprache Kombinationen aus einem Vornamen und einem zusätzlichen Wort nichts ungewöhnlich. Der EUG beschäftigte sich dabei intensiv mit der deutschen Sprache und verwies auf Namenskombinationen wie Prozesshansel, Liederjan, Meckerliese, Zappelphilipp sowie Prahlhans. Es sei also in der deutschen Sprache durchaus üblich, das Vornamen mit einem Hinweis auf einen Beruf oder eine Tätigkeit kombiniert werden und zitierte dabei sogar den aus Heidi berühmten Ziegenpeter. Bei „holzmichel“ geht der EUG daher davon aus, dass sich diese Bezeichnung in erster Linie auf eine Person namens Michel bezieht, die in irgendeiner Weise mit Holz in Verbindung gebracht werden kann. Auf dieser begrifflichen Ebene sei also eine gewisse begriffliche Ähnlichkeit der gegenüberstehenden Zeichen festzustellen.
Im Gesamteindruck hielten die Luxemburger-Richter daher die beiden Marken für verwechselungsfähig, da in der neueren Marke nicht „Holz“ dominiere, sondern der Bestandteil „Michel“. Aufgrund der einhergehenden Verwechselungsgefahr gab der EUG dem Widerspruch der älteren Marke „Michel“ gegen die neuere Markenanmeldung „holzmichel“ für die nahezu identischen angemeldeten Klassen 32 und 33 statt.
Vorsicht mit zusammengesetzen Begriffen bei Neuanmeldungen
Bei zusammengesetzten Marken ist daher Vorsicht geboten, insbesondere dann, wenn diese sich auf dieselben oder ähnliche Klassen beziehen wie eine vorbestehende Marke, die den prägenden Wortbestandteil bereits enthält. Wie häufig bei solchen markenrechtlichen Konstellationen verbieten sich pauschale Betrachtungen und ein im Markenrecht erfahrener Rechtsanwalt (z.B. Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz) sollte konsultiert werden.
Übrigens entschied jüngst das Bundespatentgericht (Urteil v. 12. August 2014 – 26 W (pat) 51/13) einen weiteren Markenstreit rund um den Holzmichel Dort war seitens einer älteren Marke „Holzmichel“, die für Fleischwaren eingetragen war, Widerspruch gegen eine neue Marke „Holzmichel“ erhoben worden. Die neuere Marke war u. a. für Konfitüre und Kompott, Fisch, Eier und Michprodukte eingetragen. Das Bundespatentgericht sah eine Verwechselungsgefahr aufgrund der Identität der angemeldeten Zeichen als gegeben an, allerdings nur bezüglich der Eintragung für Fisch. Die weiteren angemeldeten Marken hielt das Bundespatentgericht aber für hinreichend weit von der für die ältere Marke eingetragenen Ware Fleisch an. Mit Ausnahme von Fisch konnte die neuere Marke also Eintragung finden.
Auch dieses Beispiel des Bundespatentgerichts zeigt, dass es bei der Betrachtung der Verwechselungsgefahr gerade auch auf eine genaue Analyse der konkret sich gegenüber stehenden Waren und Dienstleistungen ankommt und sich hier ebenfalls pauschale Aussagen verbieten.
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