Updated: Goldbärchen streiten mit Katzenpfötchen um Yoghurt-Gums
Oder: Warum Sie Ihre Marke nutzen und verteidigen sollten
von Rechtsanwältin Ute Rossenhövel
Eine Marke ist eingetragen, Widerspruchsfrist abgelaufen - und damit für immer "sicher"? Nein, denn sie kann immer noch mit einem Löschungsverfahren angegriffen werden. Diese Verfahrensart hat spätestens mit der Marke "Webspace" breitere Bekanntheit erlangt. Ähnlich wie im Fall Webspace versucht nun HARIBO, die für das Unternehmen Katjes Fassin eingetragene Marke "YOGHURTGUMS" löschen zu lassen.
Warum das vielleicht gelingen könnte, und welche Schlüsse Sie als Markeninhaber daraus ziehen sollten, lässt sich am Besten anhand des Beispiels des Zeichens "Webspace" erläutern.
Am Anfang steht bei jeder Marke die Idee und Namensfindung. Es gibt allerdings einige Begriffe, wie etwa "Webspace", die besonders eingängig und einleuchtend sind, weil sie den Gegenstand fast, aber nicht ganz beschreiben. Bei "Webspace" ist es die einleuchtende Beziehung von "Web Space" zu "Platz im Web" zu "Speicherplatz mit Netzverbindung". Die Eintragungsfähigkeit eines solchen Zeichens ergibt sich daraus, dass eben gerade mehrere Gedankenschritte notwendig sind, um die Verbindung zu erkennen - mögen diese Gedankenschritte auch noch so schnell im Kopf ablaufen. Außerdem ist "Space" wird "Space" an sich im Deutschen mit "Weltall" übersetzt, so dass sich auch noch eine gewisse Mehrdeutigkeit ergibt. Das DPMA hat daher auch genau zwei Wortmarken "Webspace" eingetragen, die erste im Jahr 1997, die zweite 1999.
Nun ist eine solche fast beschreibende Marke besonders gefährdet, von Dritten ebenfalls genutzt zu werden. Wer die Marke während des Anmeldeverfahrens oder gar vor der Anmeldung in der Öffentlichkeit bekannt macht, läuft Gefahr, seine Produktbezeichnung gegenüber Dritten nicht verteidigen zu können. Denn Rechte an einer Produktbezeichnung erhält man normalerweise erst mit der Eintragung einer Marke.
Je häufiger das Zeichen für Produkte gleicher Art von Dritten genutzt wird, desto eher setzt es sich als Gattungsbegriff an sich durch. Wortschöpfungen wie "Plastik" zum Beispiel werden so zu einer beschreibenden Angabe, die ohne weitere Zusätze nicht mehr kennzeichnungskräftig ist. Eine Gattungsbezeichnung kann jedoch in Bezug auf das damit beschriebende Produkt für niemanden geschützt werden. Eine solche Marke kann mit einer Löschungsklage angegriffen werden.
Eine intensive und frühzeitige Verteidigung der Marke beugt solcher Gefahr vor. Das genau unterscheidet eine beschreibend gewordene Marke von einer besonders bekannten Marke. Wer erinnert sich noch an die Zeiten in den 80´er Jahren, in denen man nicht um ein Papiertaschentuch, sondern um ein "Tempo" bat? Oder statt eines Küchenkrep-Papiers ein "Zewa" fordert? Trotzdem sind diese Zeichen keine Gattungsbegriffe geworden, wie etwa "Plastik" für Kunststoffe.
Es braucht aber nicht notwendig eine intensive Nutzung durch Dritte, um die Marke angreifbar zu machen. Ebenso kann eine Löschungsklage erfolgreich sein, wenn der Markeninhaber das Zeichen aber tatsächlich nicht nutzt und die Urkunde sozusagen "auf Vorrat" in der Schublade liegen hat. Sinn der Löschungsklage kann dann die Absicht des Angreifers sein, eine eigene Marke eintragen zu lassen, die mit der angeblich beschreibenden Marke verwechslungsfähig ist.
Genau diese Strategie verfolgt HARIBO im Moment. Ausgangspunkt des Streits zwischen den Unternehmen ist nämlich eigentlich eine Markeneintragung von "Pocket Joghurt" für HARIBO. Vor dem DPMA ist Katjes Fassin die Angreifende, sie hat Widerspruch gegen die Eintragung von "Pocket Joghurt" eingelegt. Im Gegenzug greift nun HARIBO Katjes Fassin vor den Zivilgerichten an mit dem Ziel, mit der Löschung der Marke dem Widerspruch den Boden zu entziehen.
Vor dem Landgericht Düsseldorf unterlag HARIBO. Ihre Argumentation stützte sich im Wesentlichen auf die von der Eintragung "YOGHURTGUMS" unterschiedliche Nutzung in Form von "Yoghurt-Gums". Damit sei nicht die eingetragene Marke genutzt, sondern eine eigene, abweichende Form. Diese Form stelle aber nur eine beschreibende Warenangabe dar, die zum einen den Geschmack des Produkts, zum anderen ihre Substanz wiedergibt. Die Richter des Landgerichts folgten dieser Argumentation nicht. Allerdings kommt es im Markenrecht meist auf kleine bis kleinste Unterschiede an. Gerade bei der Frage, ob das verwendete Zeichen identisch ist mit der eingetragenen Marke, scheiden sich oft die Geister. Wie das Oberlandesgericht Düsseldorf entscheiden wird, ist deshalb durchaus offen.
* Update *: Am 25. November weist das OLG Düsseldorf in 2. Instanz die Berufung von Haribo zurück. "Yoghurt-Gums" sei in seiner konkreten Form ein weder in deutscher noch englischer Sprache gebräuchlicher Begriff, daher komme es auf die für sich jeweils beschreibenden Bestandteile der Zusammensetzung nicht an. Das Zeichen insgesamt sei jedenfalls so nicht beschreibend und werde vom Verkehr als Produktbezeichnung erkannt.
Tipps für Sie als Markeninhaber:
- Nutzen Sie eine ideale Bezeichnung für ein Produkt am Besten erst, wenn Sie eine Marke eingetragen haben, oder erkundigen Sie sich nach eventuellen anderen Möglichkeiten, das Zeichen für Sie (schneller) zu schützen.
- Ist Ihre Marke eingetragen, verfolgen Sie die Bewegungen am Markt: Eine Markenüberwachung ist dazu geeignet.
- Finden Sie einen Konkurrenten, der Ihr Zeichen nutzt, sollten Sie prüfen , ob Sie ihre Marke nicht schon aus strategischen Gründen verteidigen müssen.
- Gerade bei Wort-/Bildmarken sind vermeintlich kleinere Abweichung in der konkreten Nutzung manchmal beachtlich. Prüfen Sie regelmäßig, ob Ihr aktuell genutztes Zeichen noch mit der Eintragung übereinstimmt, und ob eventuelle Abweichungen im Hinblick auf die neueste Markenrechtsprechung erheblich sind.