Zur Haftung von Sedo für im Parkingprogramm potentiell vorliegende Markenverstöße Dritter
von Rechtsanwalt Michael Terhaag, LL.M.
Landgericht Düsseldorf entscheidet durch die 2a. Zivilkammer erstmalig zur Haftung von Sedo für sein Parkingprogramm.
Das bekannte Kölner Unternehmen Sedo mit Niederlassungen in Großbritannien und den USA betreibt die aktuell größte Domainbörse weltweit. Hauptgeschäft ist der Handel mit bereits registrierten Domains.
Dabei führt Sedo Käufer und Verkäufer auf ihrer Handelsplattform zusammen und vermittelt bei eventuellen Kaufgeschäften. Als weiteres Geschäftsfeld hat sich das so genannte Domain-Parking entwickelt.
Bei diesem, auch Sedo-Parking genannten, Bereich ermöglicht das Unternehmen Kunden, von ihnen nicht genutzte Domains auf der Plattform einer Domainbörse zu parken, dort zum Verkauf anzubieten und insbesondere zugleich bis zum erfolgreichen Verkauf Gewinn mit der ungenutzten Domain durch die Platzierung von Werbung, sogenannte „sponsored links“, zu erzielen, vgl. hierzu zum Beispiel www.pachtvertrag.de.
Da aber bei den über neun Millionen geparkten Domains nicht ausschließlich Begriffe des allgemeinen Sprachgebrauchs eingestellt und verwendet werden, stehen sich von Zeit zu Zeit naturgemäß auch schon einmal widerstreitende Interessen, namentlich des Domaininhabers und zum Beispiel eines möglichen Markeninhaber gegenüber.
Hierbei stellt sich dann schnell die Frage nach der Verantwortlichkeit des Seitenbetreibers Sedo. So hatte in einer gerade veröffentlichten Entscheidung eine Markenkammer des Landgerichts Düsseldorf darüber zu entscheiden, ob die Domainbörse Sedo für Markenverletzungen durch bei ihr geparkten Domains (mit-)verantwortlich ist.
Nachdem eine Markeninhaberin von der Verwendung einer mit der für sie geschützten Kennzeichnung aus Ihrer Sicht verwechslungsfähigen Domain durch Sedoparking erfuhr, stellte sie zudem fest, dass die geparkte Domain durch die eingeblendeten Googleanzeigen unter anderem auch mit Angeboten von Wettbewerbern verlinkt war. Hierauf lies die Markeninhaberin die Domainbörse abmahnen und forderte neben der Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung zusätzlich Auskunft und Schadensersatz.
Die geforderte Abgabe einer Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung lehnte Sedo jedoch mit der Begründung ab, dass es durch das Vorgehen der Markeninhaberin erstmals Kenntnis von eventuellen Markenrechtsverstößen erlangt habe. Die streitbefangene Domain wurde unverzüglich von der Internetplattform genommen und auf eine Sperrliste (so genannte „blacklist“) gesetzt, so dass die Domain auch in Zukunft nicht mehr neu eingestellt werden kann. Aus Sicht von Sedo hatte man damit alles Erforderliche getan.
Mit entsprechender Begründung der vertretenen Rechtsauffassung forderte das -sich zu Unrecht angegriffen gefühlte- Unternehmen den Markeninhaber durch unsere Kanzlei auf, von den geltend gemachten Ansprüchen, Abstand zu nehmen. Das lehnte man dort ab.
Um die Sache, insbesondere die im Raum stehende Abgabe einer Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung, nicht in der Welt stehen zu lassen, leitete Sedo selbst ein entsprechendes Verfahren zur endgültigen Klärung des strittigen Sachverhaltes in Form einer so genannten negativen Feststellungsklage ein.
Hierbei hatte das Gericht insbesondere die Frage zu klären, ob der Klägerin ein potentieller Markenverstoß zugerechnet werden kann. Im Ergebnis verneinte das Gericht eine Verantwortlichkeit Sedos und gab deren Klage vollumfänglich statt.
Ein Unterlassungsanspruch aus dem Markenrecht bestand zum Zeitpunkt der Abmahnung deshalb nicht, weil Sedo selbst die Domain nicht nutzte. Inhaber war unstreitig jemand anderes, dem Sedo lediglich eine Plattform zur Verfügung stellte, auf welcher der jeweilige Domaininhaber die Domain zum Verkauf anbieten oder mit Adword-Anzeigen versehen konnte.
Sedo ist nach Einschätzung der Kammer aber auch nicht Gehilfe einer markenrechtlichen Verletzungshandlung gewesen. Eine diesbezügliche Haftung setzt neben einer objektiven Beihilfehandlung einen zumindest bedingten Vorsatz in Bezug auf die Haupttat voraus. Positive Kenntnis hatte Sedo unstreitig nicht. Eine Prüfungspflicht von Sedo verneinte das Gericht, wobei es interessanterweise auf die behauptete Anzahl der derzeit geparkten Domains im Einzelnen gar nicht ankomme.
Anders als bei den Entscheidungen Internetversteigerung II (BGH, Urteil vom 19.04.2007, Az. I ZR 35/04) und auch der Entscheidung zu jugendgefährdenden Medien bei ebay (BGH, Urteil vom 12.07.2007, Az. I ZR 18/04) sei im vorliegenden Fall der Einsatz einer Filtersoftware, die von der Klägerin bestimmte Begrifflichkeiten ausfiltert, wenn überhaupt nur technisch erheblich aufwendiger möglich, um Rechtsverstöße der vorliegenden Art zu verhindern.
Der Einsatz eines Filters müsste so weit gehen, dass über die Anfrage bei dem Deutschen Patent- und Markenamt, ob eine Domain einen markenrechtlich geschützten Inhalt besitzt, auch zu prüfen ist, für welches Warenverzeichnis dies gilt und welche Links aus diesem Grund eine markenrechtlich bedenkliche Verbindung bedeuten könnten.
Eine solche Prüfungspflicht war dem Landgericht zu weitgehend. Die Richterinnen lehnten diese als unzumutbar ab, da sie nicht unerhebliche Rechtskenntnisse im Markenrecht voraussetze und rein technisch nicht zu erbringen sei, ohne einen Markenrechtsexperten zusätzlich damit zu beschäftigen.
Auch eine Störerhaftung sei im vorliegenden Fall nicht gegeben. Als Störer haftet, wer zu einem Rechtsverstoß beigetragen hat, obwohl er die Möglichkeit hatte, diesen zu verhindern. Eine Störerhandlung liegt jedoch nicht bereits in der Zurverfügungstellung einer Plattform für Domainverkäufe. Da Sedo nach Kenntniserlangung des markenrechtlichen Verstoßes durch das Abmahnschreiben der Beklagten unverzüglich und angemessen reagierte, verneinte das Gericht eine Störerhaftung.
Die Beklate berühmte sich also nach Einschätzung der Kammer zu unrecht nicht nur Ihres Unterlassungsanspruches, sondern auch des geltend gemachten Schadensersatzanspruches, sodas der negativen Feststellungsklage stattzugeben war.
Das Urteil setzt unserer Auffassung nach Maßstäbe für die Bewertung der Zumutbarkeit Internetanbietern aufzuerlegender Prüfungspflichten im Zusammenhang mit Markenverstößen Dritter. Reagiert ein solcher Anbieter auf die erste Kenntniserlangung angemessen, hat er das seinerseits erforderliche getan und sieht sich weder Schadensersatz, noch Unterlassungs und-oder Auskunftsansprüchen ausgesetzt.