"Du riechst so gut" - EuGH spricht Machtwort - Änderung der Rechtsprechung zum Verkauf von Parfümtestern absehbar
von Michael Terhaag, LL.M.
Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz
Die Parfümindustrie ist ein riesen Markt und bekanntlich gibt es überall wo es viel Geld zu verdienen gibt, auch häufiger schon mal juristischen Ärger.
Bereits häufig Auseinandersetzungen
So hat es in der Vergangenheit schon zahlreiche Ausseinandersetzungen marken- und wettbewerbsrechtlicher Natur gegeben, die Parfümmarken oder -flakons zum Gegenstand hatten.
Gerade im Zusammenhang mit dem Vertrieb von Duftwässer, die eigentlich zu Testzwecken vom allgemeinen Publikum in den Ladenlokalen der Abnehmer des Markeninhabers verbraucht werden sollten, über eBay hatte der Bundesgerichtshof bereits vergleichsweise eindeutig Stellung bezogen, vgl. BGH, 15.02.2007, Az.: I ZR 63/04.
Das höchste deutsche Zivilgericht entschied, dass ein Markeninhaber den Verkauf der Test-Parfüms durch den Zwischenhändler nicht unterbinden kann, selbst wenn er die Tester ohne Übertragung des Eigentums und als unverkäufliche Muster gekennzeichnet an den Zwischenhändler übersendet.
Als wesentliches Argument wurde einmal mehr die So genannte "Erschöpfung" der Markenrechte angeführt, nach derer sich der Markeninhaber mit Übersendung der Parfümtester an den Zwischenhändler nicht mehr auf die Markenrechte berufen dürfe.
Das Zauberwort heisst Erschöpfung
Erschöpfung in diesem Sinne bedeutet, dass der Inhaber einer Marke nicht das Recht hat, einem Dritten zu untersagen, die Marke für Waren zu benutzen, die unter dieser Marke von ihm oder mit seiner Zustimmung im Inland, in einem der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum in den Verkehr gebracht worden sind.
Es leuchtet eigentlich ein das z.B. die Automarke "Audi" seinen Kunden nicht verbieten darf, die zuvor hier erworbenen Fahrzeuge auf dem Zweitmarkt als solche der marke Audi zu kennzeichenen.
Wichtig für für das Vorliegen einer „Erschöpfung“ der Markenrechte ist, dass die Waren ordnungsgemäß zuvor in den Verkehr gebracht wurden. Das ist bei dem oben gewählten Beispiel des zuvor bereits einmal verkauften Autos sicher der Fall. Ob ein solches Inverkehrbringen im Rechtssinne aber auch bei den Parfümtester durch die Übersendung der als unverkäufliche Muster gekennzeichneten Fläschchen an Zwischenhändler vorliegt, war bis zur Entscheidung des BGH sehr strittig.
Dazu führte der BGH seinerzeit aus, dass ein Inverkehrbringen in einem solchen Fall bereits vorläge, da der Markeninhaber dem Zwischenhändler die Test-Parfüms mit der Befugnis überlässt, diese vollständig zu verbrauchen und an Verbraucher weiterzugeben. Dahinein interpretierte der Senat eine stillschweigende Zustimmung des Markeninhabers zu dem Inverkehrbringen des Parfümtesters durch den Zwischenhändler.
Frischer Wind aus Luxemburg
In diese Rechtsfrage dürfte jetzt wieder frischen Wind kommen. So wertete der Europäische Gerichtshof in seiner aktuellen Entscheidung vom 3. 6. 2010 - C-127/09 die Frage des Inverkehrbringens eines Parfümtesters völlig anders.
Nach Einschätzung der eurpäischen Richter kann Erschöpfung der durch die Marke verliehenen Rechte nur dann eintreten, wenn der Markeninhaber einem Inverkehrbringen der Erzeugnisse, für die die Erschöpfung geltend gemacht wird, in der Europäischen Gemeinschaft bzw. im Europäischen Wirtschaftsraum ausdrücklich oder konkludent zugestimmt hat.
Eine stillschweigende oder gar ausdrückliche Zustimmung des Markeninhabers zu dem Inverkehrbringen der Parfümtester durch den Zwischenhändler sei also in einem solchen Fall nicht ersichtlich.
Dies folge aus der Tatsache, dass die „Parfümtester“ an vertraglich an den Markeninhaber gebundene Zwischenhändler ohne Übertragung des Eigentums und mit dem ausdrücklichen Verbot des Verkaufs überlassen werden. Gleichzeitig war vertraglich ein jederzeitiger Rückruf der Ware durch den Markeninhaber möglich und die Aufmachung der Ware unterscheide sich maßgeblich von der Aufmachung der den genannten Zwischenhändlern üblicherweise vom Markeninhaber zur Verfügung gestellten zu verkaufenden Parfümflakons.
Unter diesen Umständen ist nach Einschätzung des EuGH eine Übersendung des Markeninhabers von Parfümflakons mit der Aufschrift „Demonstration“ und „Unverkäuflich“ nicht als konkludente Zustimmung zum Inverkehrbringen solcher Test-Parfüms zu sehen. Aus unserer Sicht nachvollziehbar.
Die Entscheidung des EuGH zur Erschöpfung der Markenrechte im Fall des Verkaufs von Parfümtestern deckt sich mit seinen bisherigen, ähnlich gelagerten Entscheidungen „Diesel“ (15.10.2009 - C-324/08) sowie dem Parallelverfahren „Zino Davidoff und Levi Strauss“ (20. 11. 2001 - C-414/99 bis C-416/99).
Dort entschied der EuGH bereits, dass die Zustimmung des Markeninhabers auf eine Weise geäußert werden müsse, die einen Willen zum Verzicht auf dieses Recht mit Bestimmtheit erkennen lasse.
Für einen Ausblick braucht man wohl keine besonders gute Nase
Nun ist damit zu rechnen, dass die nationalen Gerichte der Linie des EuGH folgen und höhere Anforderungen an eine Erschöpfung der Markenrechte aufgrund einer stillschweigenden Zustimmung des Markeninhabers stellen werden.