Die Beate-Uhse-Entscheidung des BGH - Markenrechtsverletzung durch Adword mit bekannter Marke?
Zum Urteil des BGH vom 20. Februar 2013; Az.: I ZR 172/11
von Rechtsanwalt und Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht Dr. Volker Herrmann
Anfang diesen Jahres entschied der BGH über einen spannenden weiteren Fall im Bereich markenrechtverletzender Adword-Anzeigen. Darin ging es um Ansprüche wegen der Marke Beate Uhse - dieses nunmehr treffenderweise als Beate-Uhse-Entscheidung benannte Urteil liegt uns mittlerweile im Volltext vor.
Wir haben die Entwicklung zur markenrechtlichen Haftung bei Adword-Anzeigen in den letzten Jahren genau verfolgt. Zuletzt haben wir hier eine Übersicht über die wesentlichen Entwicklungen beschrieben. Maßgeblich für diesen Bereich ist auch die Entscheidungspraxis des BGH zu fremden Kennzeichen in Metatags, die wir in unserer Kanzlei teilweise entscheidend begleitet haben. Entsprechend hoch war nun auch unser Interesse, diese neue Entscheidung zu untersuchen und darzustellen.
Key to your... - Erotikversandhäuser streiten sich um Schlüsselwörter
Der zugrundeliegende Sachverhalt ist typisch für die Konstellation. Zwei Unternehmen streiten sich um die Nutzung von markenrechtlich geschützten Begriffen im Rahmen von Adwords-Anzeigen. In diesem Fall klagte der große Erotikversand Beate Uhse gegen die Betreiber des Online-Versandhauses für Erotikartikel eis.de. Anlass hierfür war, dass diese die Bezeichnung Beate Uhse als Schlüsselword bei dem Google-Dienst Adwords hinterlegt hatten. Mit diesem Dienst ist es möglich, dass Google die eigene Werbung in einem angetrennten Bereich neben den Suchergebnissen anzeigt, wenn jemand das Schlüsselwort als Suchbegriff in der Google-Suche eingibt. Wird also der Begriff Beate Uhse gesucht, erschien in diesem gesonderten Bereich eine Anzeige von eis.de, über die man auch auf den Internetauftritt der Beklagten gelangen konnte.
Hiergegen klagte die Markeninhaberin nun mit dem Ziel, diese Nutzung des Begriffs zu unterbinden - zunächst mit Erfolg vor dem Landgericht. Die Berufungsinstanz sah die Sache jedoch anders und wies die Klage ab. Dieses sah nämlich in der Benutzung der Markenworte "Beate Uhse" als bei Adword hinterlegtes Schlüsselwort keine markenmäßige Benutzung. Durch die Anzeige werde nämlich nicht die Werbefunktion oder die herkunftshinweisende Funktion der klägerischen Marke verletzt. Schließlich enthalte die Anzeige der Beklagten keinen Hinweis auf die Marke der Klägerin, sondern wies durch den Link ausschließlich auf das Unternehmen der Beklagten hin. Da sich diese Anzeige auch in einer von der Trefferliste abgegrenzten Spalte befinde, habe auch kein Hinweis aufgenommen werden müssen, dass zwischen den Parteien keine wirtschaftliche Verbindung bestehe.
Aus diesem Grund stritt man vor dem Bundesgerichtshof nun im Rahmen der Revision weiter. Dieser entschied teilweise zugunsten der Klägerin, hob also das Urteil des Berufungsgerichts auf und verwies die Sache an dieses zur neuen Entscheidung zurück.
Keine Benutzung der Marke
Der BGH entschied nun, dass das Berufungsgericht zurecht eine Markenbenutzung in diesem Fall abgelehnt habe. Hierfür sei nämlich im Rahmen der zugrunde zu legenden Gemeinschaftsmarkenverdordnung erforderlich, dass die Benutzung eine der Markenfunktionen beeinträchtigen kann. Zur Erläuterung: typische Funktionen einer Marke sind die Herkunftsfunktion, Werbefunktion oder auch Investitionsfunktion. Eine Beeinträchtigung einer dieser Funktionen habe nach Ansicht des BGH das Berufungsgericht zurecht ausgeschlossen.
Hierbei bezieht sich der BGH zunächst auf die Rechtsprechung des EuGH zur Herkunftsfunktion. Dieser hatte nämlich bereits entschieden, dass es auf die Gestaltung der Anzeige ankomme. Dabei ist vor allem das Auge des Betrachters maßgeblich: Kann dieser nicht oder nur unschwer erkennen, ob die in der Anzeige beworbenen Waren oder Dienstleistungen vom Inhaber der Marke selbst oder von einem mit ihm verbundenen Unternehmen stammen oder aber von einem Dritten? Eine derartige wirtschaftliche Verbindung müsse also von vorneherein ausgeschlossen sein. Der EuGH gab dazu bereits vor, dass wohl dann eine derartige Benutzung ausscheidet, wenn der Werbeblock deutlich abgesetzt erscheint und keinerlei Hinwei auf den Markeninhaber erscheint. Diesbezüglich war auch das Berufungsgericht richtigerweise von diesen Grundsätzen ausgegangen und hat sie nach Ansicht des BGH korrekt angewendet.
Bekannte Marke - Berufungsgericht hat nicht hinreichend geprüft
Die weitere Frage war jedoch, ob die von Beate Uhse geltend gemachten Ansprüche ausgeschlossen sein könnten, weil es sich um eine bekannte Marke handeln könnte.
Diesbezüglich entschied der BGH, die Vorinstanz habe nicht berücksichtigt, dass die Klägerin zur Bekanntheit ihrer Marke vorgetragen habe. Diese argumentierte nämlich, dass Beate Uhse einen sehr hohen Bekanntheitswert genießt und in Deutschland die bekannteste Marke auf dem Gebiet des Vertriebs von Erotikprodukten sei.
Ansatzpunkt des BGH ist hier wieder die Rechtsprechung des EuGH. Dieser hatte nämlich entschieden, dass jedenfalls bei Gemeinschaftsmarken eine Markenverletzung durch identische Verwendung einer bekannten Marke für identische Waren oder Dienstleistungen in Betracht kommt, wenn diese Gemeinschaftsmarke bekannt ist und die Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der Gemeischaftsmarke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt. Bekannte Marken werden danach auch häufiger als Suchbegriffe eingegeben - die Nutzer würden dabei auch auf die Links des Werbenden klicken. Wenn also jemand die Marke als Suchwort auswählt, könne dies auch geeignet sein, die Unterscheidungskraft und Wertschätzung dieser Marke auszunutzen.
Das Problem: grundsätzlich kommt hierbei ebenso eine Benutzung in Betracht, wenn der Werbende die Sogwirkung der bekannten Marke ausnutzt. In diesem Fall würde nämlich von der Anziehungskraft der Marke und dem von ihr ausgehenden Ruf und ihrem Ansehen profitiert. Dies ermögliche ohne jede finanzielle Gegenleistung und ohne dafür eigene Anstrengungen machen zu müssen, die wirtschaftlichen Anstrengungen des Markeninhabers zur Schaffung und Aufrechterhaltung des Images dieser Marke auszunutzen - der EuGH sieht dies als eine unlautere Ausnutzung an. In dieser Stelle hätte aber die Vorinstanz ansetzen müssen und eigene Feststellungen machen müssen - sonst könne nämlich nicht ausgeschlossen werden, dass eine Markenverletzung vorliegt.
Ewiges Thema Adwords
Der Fall ist nicht nur deshalb interessant, weil es nunmehr auch ein großer Erotikversand zum Titelgeber für eine BGH-Entscheidung geschafft hat. Der BGH beschäftigt sich hier - anders als scheinbar die Vorinstanz - ausgiebig mit den aktuellsten rechtlichen Entwicklungen zum Thema Markenrecht und Adword-Anzeigen. Dementsprechend lässt sich auch die Rückverweisung an das Berufungsgericht verstehen. Dieses hatte scheinbar eine wichtige Voraussetzung für die markenrechtliche Unbedenklichkeit bei derartiger Verwendung von Schlüsselwörtern übersehen. Nun liegt es an diesem zu prüfen, ob Beate Uhse auch tatsächlich eine deartig bekannte Marke ist.
Diese Entscheidung zeigt aber auch, wie viel Bewegung in dem Gebiet noch ist. Dies mag einerseits sicher daran liegen, dass Werbung immer auch etwas damit zu tun hat, neues auszuprobieren und den potentiellen Kunden auf immer neuen Wegen auf sich aufmerksam zu machen. Hierbei besteht häufig ein Risiko für den Werbenden, dass er entweder markenrechtliche oder auch wettbewerbsrechtliche Vorschriften verletzt. Andererseits weist dieses Urteil aber auch wieder auf, wie weit Markenrecht und europarechtliche Vorgaben und die dazugehörige Rechtsprechung des EuGH miteinander verwoben sind.
Es bleibt also spannend, wie sich dieser Fall und auch weiterhin die Rechtsprechung entwickeln wird. Wir werden Sie an dieser Stelle stetig auf dem Laufenden halten. Sollten Sie hierzu eine Beratung wünschen, steht Ihnen unser spezialisiertes Team um den Verfasser, Herrn Rechtsanwalt Dr. Volker Herrmann, herrmann@aufrecht.de jederzeit gerne zur Verfügung.