Die Inhaberin der Marke „SAM“ mahnt zahlreiche Modelabel wegen angeblicher Markenrechtsverletzungen durch Modellbezeichnungen ab!
Von Rechtsanwalt Michael Terhaag, LL.M.
Die Inhaberin der Marke „SAM“, welche beim DPMA (Nr. 2004517) in der Klasse 25 für Bekleidungsstücke, Schuhwaren und Kopfbedeckungen eingetragen ist, mahnt zahlreich Modelabel aus Markenrecht ab, die in einzelnen Modellbezeichnungen ihrer Kollektionen den Wortbestandteil „SAM“ verwenden.
Entscheidungen nur aus Frankfurt
Begründet wird die Abmahnung mit einer Verwechslungsgefahr zwischen den Zeichen der Markeninhaberin und der Modelbezeichnung und verweist hierzu auf Entscheidungen sowohl des Landgerichts Frankfurt am Main als auch des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main. So führt beispielsweise das Landgericht Frankfurt am Main in einem Beschluss vom 26. Februar 2014 (Az.: 2-03 O 65/14) aus:
„In der angegriffenen Zeichenfolge „Pyjama Sam Velours“ (…) wird das Wort „Sam“ als eigenständiges Element wahrgenommen, dem Kennzeichnungsfunktion zukommt (…) und verletzt daher – mangels Zustimmung der Antragsstellerin – deren Markenrecht. Denn die voranstehende Angabe „Pyjama“ und die nachfolgende Angabe „Velours“ erkennt der angesprochene Verkehr als rein beschreibende Angaben der angebotenen Ware.“
In einer weiteren Entscheidung führt das Landgericht noch aus:
„Wie die Kammer aus eigener Kenntnis zu beurteilen vermag, ist es auf dem Bekleidungssektor, einschließlich des Vertriebs von Kinderbekleidung, zwar üblich, dass diese eine Modellbezeichnung tragen, die häufig aus einem männlichen oder weiblichen Vornamen besteht. Allerdings steht die Funktion der Kennzeichnung eines bestimmten Modells einer kennzeichnenden Zeichennutzung nicht entgegen (…). Entscheidend ist, dass die Verwendung eines bestimmten Vornamens, insbesondere wenn es sich um einen in Deutschland nicht gebräuchlichen, ausländischen oder internationalen Namen handelt, eine frei wählbare Phantasiebezeichnung – etwa für eine bestimmte Schnittführung – ist, die gerade keinen beschreibenden Charakter hat.
Im Streitfall wird die Bezeichnung „SAM“ in der Wortfolge „SAM XXX“ vom Verkehr als einziger unmittelbar kennzeichnender Bestandteil neben den rein beschreibenden Angaben „XXX“ und „XXX“ wahrgenommen.
(…) Die Buchstabenkombination „XXX“ wird als Herstellerangabe aufgefasst. Dies hindert es nicht, „Sam“ als Zweitmarke zur Kennzeichnung der konkreten Strickjacke zu verstehen.“
Das OLG Frankfurt am Main stellte dann in einem Beschluss vom 24. April 2013 (6 W 41/13) fest:
"Hinzu kommt, dass es sich bei "SAM" nicht um einen in Deutschland begräuchlichen Vornamen handelt (...). Jedenfalls aus der Sicht des deutschen Verbrauchers kommt diesem Namen damit durchaus ein gewisser Phantasiewert zu, der ebenfalls gegen eine Funktion als reines Bestellzeichen spricht. Vielmehr geht der Adressat der Werbung davon aus, dass der Hersteller mit diesen Modellbezeichnungen auch auf die Herkunft der Jacken aus seinem Unternehmen hinweisen will."
Die Vorgehensweise und Rechtsansichten der Markeninhaberin als auch des LG Frankfurts werfen einige interessante Fragen auf:
Keine Nutzung der Marke "SAM"
Die Markeninhaberin behauptet, die Marke „SAM“ werde intensiv für die eingetragenen Waren und Dienstleistungen, nämlich Bekleidungsstücke, genutzt und an Dritte lizensiert.
Eine intensive Benutzung der Marke sowie eine Lizensierung wird aber weder substantiiert vorgetragen noch nachgewiesen. Trotz intensiver Internetrecherche konnte eine solche Verwendung nicht verifiziert werden.
Weder betreibt die Markeninhaberin unter der Marke „SAM“ einen eigenen Online-Shop, noch bietet sie Bekleidung unter der Verwendung der Marke „SAM“ in sonstiger Weise an.
Verwendung von ausländischen Vornamen ist branchenüblich
Der Name Sam ist so, anders als die Auffassung der Markeninhaberin und des LG Frankfurts mehr als üblich, insbesondere als Abkürzung für den deutschen Jungennamen Samuel in der männlichen Form oder Samantha in der weiblichen Form, dass er von der Markeninhaberin nicht monopolisierend vereinnahmt werden kann. Dies gilt insbesondere dann, wenn, wie in der Modebranche üblich, einzelne Bekleidungsstücke in einer Reihe mit Vornamen bezeichnet werden, ohne dass dies eine markenmäßige Benutzung darstellt. So werden vielfach männliche als auch weibliche Vornamen – auch ausländischen Ursprungs – in der Modebranche von namhaften Labels verwendet, z.B.:
G-Starr „James Check Trench”
KHUJO „Gregor II“
ENCORE „Rasmus HW 14“
GIPSY „Marlon 4“
Keine Verwechslungsgefahr
Es besteht auch im Übrigen keine Verwechslungsgefahr zwischen der Marke „SAM“ und einer Modellbezeichnung, die neben dem Wortbestandteil „SAM“ auch aus weiteren Bestandteilen, insbesondere aus der Marke des jeweiligen Modellabels besteht.
Zur Frage der Verwechslungsgefahr führt beispielsweise das Bundespatentgericht aus:
„Die Frage der Verwechslungsgefahr ist nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der zueinander in Wechselbeziehung stehenden Faktoren der Ähnlichkeit der Marken der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren- oder Dienstleistungen wurden der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke zu beurteilen, soweit insbesondere ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Marken durch ein höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren- oder Dienstleistungen oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann.
„Bei dieser umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist auf dem durch die Zeichen hervorgerufenen Gesamteindruck abzustellen, wobei insbesondere die unterscheidungskräftigen oder dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind.
Die Zeichenähnlichkeit ist anhand des Gesamteindrucks nach Schriftbild, Klang und Sinngehalt zu beurteilen, wobei insbesondere die sie unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind. Abzustellen ist dabei auf die Wahrnehmung des angesprochenen Durchschnittsverbrauchers, der eine Marke regelmäßig in ihrer Gesamtheit erfasst und nicht auf die verschiedenen Einzelheiten achtet.“ (vgl.: BPatG, Beschluss vom 16. April 2014 - 29 W (pat) 574/13)“
Während das zu Gunsten der Markeninhaberin eingetragene Zeichen „SAM“ aus einem dreibuchstabigen Wort besteht, bestehen die angegriffenen Produktbezeichnungen regelmäßig aus weitaus mehr Wortbestandteilen, wobei der Wortbestandteil „Sam“ hierbei jedes Mal eindeutig in den Hintergrund rückt.
Mit dem Wortbestandteil „Sam Cardigan“ beispielsweise soll nicht auf das Unternehmen des jeweiligen Modelabel hingewiesen werden, sondern dient allein der Produktbezeichnung. Wie dies in den zahlreichen, oben angeführten Beispielen ebenfalls geschieht. Es findet also bereits keine markenmäßige Verwendung des Zeichens „SAM“ statt.
Fehlende Bekanntheit der Marke "SAM"
Zum einen fehlt es der Marke „SAM“ an jedweder Bekanntheit im Markt. Entgegen der Behauptung wird die Marke „SAM“ nicht umfassend für Bekleidungsstücke im Markt verwendet oder lizensiert. Geschäftslokale existieren nach diesseitiger Kenntnis nicht.
Eine Marke, die kaum verwendet wird, kann demzufolge keinerlei Bekanntheit erlangen. Aber selbst wenn die Marke „SAM“ von der Markeninhaberin oder einem berechtigten Dritten verwendet werden sollte, hat sich die Marke bislang keinen nennenswerten Bekanntheitsgrad erarbeitet.
Nicht nur, dass die Marke „SAM“ in Alleinstellung aus unserer Sicht keinerlei Bekanntheit aufweist und bereits aus diesem Grund eine Verwechslungsgefahr ausscheidet sieht der Verbraucher in den zahlreich angegriffenen Produktbezeichnungen keine markenmäßige Verwendung des Zeichens „SAM“.
Wir halten die Abmahnungen aus der Marke „SAM“ sowie die ergangenen Entscheidungen aus Frankfurt aus den oben genannten Gründen für mehr als kritikwürdig. Allerdings sollte man sich angesichts der klaren Linie, die das Landgericht Frankfurt am Main in dieser Angelegenheit zu verfolgen scheint, nicht dem Faktischen verstellen und die Entscheidungspraxis aus Frankfurt bei seinen Überlegungen berücksichtigen
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