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spickmich siegt auch vor dem BGH und macht im Hauptsacheverfahren das 3:0 - Grundsatzurteil für Bewertungsportale

spickmich macht vor dem BGH das 3:0 - Lehrer werden sich daran gewöhnen müssen

<link>Rechtsanwalt Michael Terhaag, LL.M

Wir hatten über das Verfahren bereits mehrfach berichtet und der Autor durfte in eingen TV-Beiträgen u.a. des ZDF-Morgenmagazins, bei Volle Kanne aber auch im Westdeutschen Rundfunk die Ausseinandersetzung kommentieren.

Jetzt hat der BGH gesprochen. Zählt man die diversen Instanzen des Kölner Verfügungsverfahrens mit, steht es sogar 5:0 für spickmich. Kurz: Die Lehrer werden sich an diese Form der mäßigen Kritik gewöhnen müssen. So ist die Entscheidung nicht wirklich überraschend, im Ergebnis aber zu begrüßen.

Hier noch einmal worum es konkret ging und was der Bundesgerichtshof zu seinem Urteil vom 23. Juni 2009 – VI ZR 196/08 - heute dazu zu verlautbaren hatte:

Die Parteien streiten seit jahren über die Zulässigkeit der Bewertung der Leistungen der Klägerin als Lehrerin mit Namensnennung durch Schüler auf der Website spickmich.de, die von den Beklagten gestaltet und verwaltet wird.

Zugang zu dem Portal haben nur registrierte Nutzer. Die Registrierung erfolgt nach Eingabe des Namens der Schule, des Schulortes, eines Benutzernamens und einer E-mail-Adresse. An die E-mail-Adresse wird ein Passwort versandt, das den Zugang zu dem Portal eröffnet. Die mit den Schulnoten 1 bis 6 abzugebenden Bewertungen sind an vorgegebene Kriterien gebunden wie etwa "cool und witzig", "beliebt", "motiviert", "menschlich", "gelassen" und "guter Unterricht". Die Bewertung zum Thema "sexy" ist seit längerem nicht mehr streitgegenständlich, da das Portal im Laufe der Ausseinandersetzung hierauf rasch und wohl auch völlig zurecht verzichtet hatte.

Ein eigener Textbeitrag des Bewertenden ist nicht (mehr) möglich. Aus dem Durchschnitt der anonym abgegebenen Bewertungen wird eine Gesamtnote errechnet.

Die Nutzer können außerdem auf einer Zitatseite angebliche Zitate der bewerteten Lehrer einstellen. Die Klägerin, deren Name und Funktion auch der Homepage der Schule, an der sie unterrichtet, entnommen werden kann, erhielt für das Unterrichtsfach Deutsch eine Gesamtbewertung von 4,3. Ihr zugeschriebene Zitate wurden bisher nicht eingestellt. Mit der Klage verfolgt die Klägerin einen Anspruch auf Löschung bzw. Unterlassung der Veröffentlichung ihres Namens, des Namens der Schule, der unterrichteten Fächer im Zusammenhang mit einer Gesamt- und Einzelbewertung und der Zitat- und Zeugnisseite auf der Homepage www.spickmich.de. Sie blieb in den Vorinstanzen erfolglos.

Der u. a. für den Schutz des Persönlichkeitsrechts und Ansprüche aus dem Bundesdatenschutzgesetz zuständige VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat die dagegen von der Klägerin eingelegte Revision zurückgewiesen.

Unter den Umständen des Streitfalls hat der BGH die Erhebung, Speicherung und Übermittlung der Daten trotz der fehlenden Einwilligung der Klägerin für zulässig gehalten. Zwar umfasst der Begriff der personenbezogenen Daten nicht nur klassische Daten wie etwa den Namen oder den Geburtsort, sondern auch Meinungsäußerungen und Beurteilungen, die sich auf einen bestimmten oder bestimmbaren Betroffenen beziehen. Für die Erhebung, Speicherung und Übermittlung solcher Daten in automatisierten Verfahren gelten grundsätzlich die Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes. Die Erhebung und Speicherung von Daten zur Übermittlung an Dritte ist auch ohne Einwilligung des Betroffenen nach § 29 BDSG u.a. dann zulässig, wenn ein Grund zu der Annahme eines schutzwürdigen Interesses an dem Ausschluss der Datenerhebung und –speicherung nicht gegeben ist. Ein entgegenstehendes Interesse der Klägerin hat der BGH nach Abwägung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung einerseits und des Rechts auf freien Meinungsaustausch andererseits für nicht gegeben erachtet. Die Bewertungen stellen Meinungsäußerungen dar, die die berufliche Tätigkeit der Klägerin betreffen, bei der der Einzelne grundsätzlich nicht den gleichen Schutz wie in der Privatsphäre genießt. Konkrete Beeinträchtigungen hat die Klägerin nicht geltend gemacht. Die Äußerungen sind weder schmähend noch der Form nach beleidigend. Dass die Bewertungen anonym abgegeben werden, macht sie nicht unzulässig, weil das Recht auf Meinungsfreiheit nicht an die Zuordnung der Äußerung an ein bestimmtes Individuum gebunden ist. Die Meinungsfreiheit umfasst grundsätzlich das Recht, das Verbreitungsmedium frei zu bestimmen.

Auch die Zulässigkeit der Übermittlung der Daten an den Nutzer kann nur aufgrund einer Gesamtabwägung zwischen dem Persönlichkeitsschutz des Betroffenen und dem Recht auf Kommunikationsfreiheit im jeweiligen Einzelfall beurteilt werden. Im Streitfall ist im Hinblick auf die geringe Aussagekraft und Eingriffsqualität der Daten und die Zugangsbeschränkungen zum Portal die Datenübermittlung nicht von vornherein unzulässig. Besondere Umstände, die der Übermittlung im konkreten Fall entgegenstehen könnten, hat die Klägerin nicht vorgetragen.

Ob und welche Signalwirkung wirklich für alle Bewertungsportale im Internet von der Entscheidung ausgeht wird man erst nach vorliegen der Urteilgründe beurteilen können. Nachgdem diese nun vorliegen, gehen wir durchaus von einer solchen Wirkung aus. Alle Aspekte sind aber natürlich auf jedes andere Portal nicht übertragbar.

 Wir halten Sie informiert und stehen für Rückfragen gern zur Verfügung.