Schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung und Geldentschädigung wegen wiederholter und ungefragter sexualisierter Nachrichten
Anfang Juni 2024 entschied das Landgericht Stralsund durch ein sogenanntes Teilversäumnisurteil über eine Klage wegen ungefragter sexualisierter Nachrichten und Bilder, Az.: 4 O 19/24. Der Beklagte wurde verurteilt, der Klägerin eine Geldentschädigung von insgesamt 4.000 € zuzüglich der vorgerichtlichen Abmahnkosten zu zahlen.
Die Klägerin wurde durch Auftritte in TV Formaten einem breiteren Publikum bekannt. Auf ihrem Instagram-Account folgten ihr zum Zeitpunkt der Entscheidung mehr als eine halbe Million Follower.
Ein Versäumnisurteil wird erlassen, wenn der Beklagte sich entweder auf einen Teil einer Klage nicht verteidigt, oder - wie hier - überhaupt nicht auf die Klage reagiert, das Gericht jedoch einen Teil der Forderung der Klägerin nicht für schlüssig oder angemessen hält.Das Gericht stellt in seiner Entscheidung fest, dass die ungefragte Übersendung von sexualisierten Nachrichten und Bildern das Persönlichkeitsrecht der Klägerin verletzt.
Bei den Textnachrichten genüge der zivilrechtliche Unterlassungstitel
Wegen der in der Entscheidung zitierten Textnachrichten („Fick mich bby“, „Press dein arsch an mein Schwanz“ und „Zwischen deinen titten Spritzen“) hielt das Gericht im Ergebnis eine Geldentschädigung nicht für erforderlich.
Hierbei handele es sich zwar um sexualisierte Beleidigungen, indem der Beklagte durch das Übersenden der Nachrichten impliziert, dass solche bei der Klägerin willkommen seien bzw. sich diese bieten lassen müsse - gleichzeitig objektiviert der Beklagte die Klägerin und degradiert sie zum Objekt seiner sexuellen Begierde. Das verletzt sie besonders schwer in ihrer Intimsphäre und ihrem sexuellen Selbstbestimmungsrecht. Beid der vorzunehmenden Abwägung berücksichtigte das Gericht jedoch dass diese Beleidigung ohne Breitenwirkung in der Öffentlichkeit erfolgte. Zwar ist der Schutz der Persönlichkeit unabhängig davon, wie viele Personen an der Kommunikation teilnehmen und der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist insoweit auch im Zweipersonenverhältnis rechtswidrig. Dennoch sah das Gericht in diesem konkreten Einzelfall ein Bedürfnis für eine Geldentschädigung als nicht gegeben, da die Klägerin für das Versenden der Textnachrichten hinreichende Genugtuung bereits durch den rechtskräftigen Unterlassungstitel erfahre. Eine darüber hinausgehende Genugtuung oder Präventionswirkung ist aufgrund der Strafbewehrung bei Wiederholung von einem Ordnungsgeld bis zu 250.000 € ersatzweise Ordnungshaft aus sicht des Gericht nicht zusätzlich nicht erforderlich.
Entschädigung für Bilder und Videos
Für die fünf Bilder des entblößten Penis und das Video, das der Beklagte übersandte, hingegen wurde eine Entschädigung von insgesamt 4.000 € festgelegt. Das Gericht berücksichtigte die Schwere der Persönlichkeitsrechtsverletzung und die Intensität und Wiederholung der Handlungen, die eine finanzielle Genugtuung notwendig machten. Für die sogenannten "Dickpics" sprach das Gericht eine Entschädigung von 1.000 € zu und für das Video, welches aus einer Collage von Bildnissen der Klägerin, eigenen Penisfotos und einem Masturbationsvideo bestand einen Entschädigungsbetrag von 3.000 €.
Fazit
Das Urteil zeigt die Bedeutung des Schutzes des Persönlichkeitsrechts vor ungefragten und sexualisierten Übergriffen, auch in privaten Kommunikationskanälen. Die Entscheidung betont die Notwendigkeit einer finanziellen Entschädigung bei schwerwiegenden Verletzungen der Intimsphäre und sexuellen Selbstbestimmung. Nach diesseitiger Betrachtung ist es allerdings insgesamt als ausgesprochen milde zu bewerten. Die Bewertung der Textbeleidigungen als schwerwiegender Persönlichkleitseingriff ist richtig, die Beurteilung das ein Unterlassungstitel ausreiche etwas überraschend, aber vertretbar. Der Verfasser hätte für das wiederholte Zusenden von sogenannten Dickpics unter Umständen, für das streitgegenständliche Video aber in jedem Fall, eine höhere Entschädigung zugesprochen.