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ICANN führt individuelle neue Top Level Domains ein

ICANN macht es möglich - Die eigene Top-Level-Domain kommt 2009

von Rechtsanwalt Dr. Volker Herrmann

Die Domains haben sich zu einem wertvollen Wirtschafsgut entwickelt und für die Landmarken des Internets werden in einem immer knapper werdenden Domainmarkt hohe Preise bezahlt. Besonders begehrt sind dabei Domains mit den populären und verbreiteten Domainendungen wie z.B. „.de“, „.com“ oder „.eu“, den so genannten Top-Level-Domains. Zwar hat jedes Land seine eigene Top-Level-Domain und es existieren auch zahlreiche sonstige generische Top-Level-Domains wie „.com“ oder „.net“. Jedoch ist die überwiegende Anzahl an Domainendungen wenig anerkannt und Webseiten mit exotischen Domains wie „.hu“ oder „lu“ haben praktisch keine Chance auf dem Markt.

Da zugleich die meisten Domainnamen für die populären „.de“ und „.com“ Domains bereits vergeben sind, wurde in den letzten Jahren der Ruf zur Einführung weiterer Domainendungen immer lauter. Tatsächlich wurden in den letzten Jahren auch immer wieder neue Domainendungen eingeführt, wobei – mit Ausnahme der Einführung von „.eu“ – die neuen Top-Level-Domains zumeist keinen besonderen Einklang im Markt fanden.

Es zeichnet sich vielmehr immer deutlicher ab, dass eine hohe Nachfrage nach einer individuellen eigenen Domainendung besteht. Viele große Firmen, Institutionen, Organisationen, Provider, Registrare, aber auch Städte, Gemeinden und regionale Gruppierungen würden gerne über eine „eigene“ Top-Level-Domain verfügen, um hierdurch beispielsweise den Marktauftritt zu stärken.

Bislang war es nicht möglich, über eine eigene Domainendung zu verfügen. Dies erklärt, warum es bislang keine Top-Level-Domains wie „.bmw“, „.vw“ „.faz“, „.strato“, „.berlin“, „.paris“ oder z.B. „.nrw“ gibt. Dabei liegt es eigentlich nahe, dass große Firmen und Organisationen, aber auch Städte und Länder eine eigene Top-Level-Domain erhalten können, da es sich bei den Domains im Internet-Zeitalter um vielleicht das wichtigste Identifikations- und Marketingmittel handelt.

Die Einführung der neuen Top-Level-Domains ist nicht zu verwechseln mit der jüngst bekannt gewordenen Entscheidung des OLG Frankfurt, wonach der Automobilkonzern VW einen Anspruch gegenüber der DENIC auf Registrierung der Domain „vw.de“ hat. Die neue Entwicklung geht vielmehr einen deutlichen Schritt darüber hinaus und würde dem vorgenannten Automobilkonzern beispielsweise zur Einrichtung einer eigenen Domainendung „.vw“ berechtigen. Solche Firmen könnten also schnell und direkt im Internet aufgefunden werden ohne den Umweg über eine (oder eine Vielzahl) bestehender Länder-Domains.

Die für die Verwaltung des Internets zuständige Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) hat entschieden, dass die neuen Top-Level-Domains ab 2009 eingeführt werden. Diese als historisch bezeichnete Entscheidung eröffnet vielen Firmen, Institutionen und sonstigen Organisationen das Tor zu einer eigenen Domain, ohne sich in das System der bestehenden Top-Level-Domains einordnen zu müssen. 

Für die Einführung der individuellen Domainänderungen wird derzeit an einem Antrags- und Bewerbungssystem gearbeitet. Dies bedeutet, dass seitens der ICANN Richtlinien für das Bewerbungsverfahren aufgestellt werden, nach welchen man sich wahrscheinlich ab dem 1. oder 2. Quartal 2009 um eine eigene Domainendung bewerben kann. Es ist zu erwarten, dass die Bewerbungsrichtlinien sowohl technische Voraussetzungen definieren werden als auch Anforderungen an den Bewerber an sich enthalten werden. So wird Bewerber nachweisen müssen, dass er technisch dazu in der Lage ist, eine Top-Level-Domain zu betreiben, also beispielsweise über eine ausreichende Anzahl an DNS-Servern verfügen kann.

Um einer Flut von Anträgen zu begegnen ist zudem zu erwarten, dass die ICANN auch eine Art Antragsgebühr verlangen wird. Ersten Andeutungen der ICANN zur Folge wird diese im fünfstelligen US-Dollar-Bereich liegen, wobei abzuwarten bleibt, ob nicht bestimmte Antragsteller wie zum Beispiel öffentliche oder gemeinnützige Organisationen möglicherweise geringere Gebühren bezahlen müssen.

Fest steht zum jetzigen Zeitpunkt auch bereits, dass nach Prüfung der technischen Voraussetzungen eine Art Einspruchsphase vor Zulassung der neuen Domainendung durchgeführt werden wird, in welcher Bedenken und Einsprüche gegen die Einführung der beantragten Domainendung geprüft werden. Nach dem bisherigen Planungstand werden dabei insbesondere vier mögliche Kriterien geprüft:

- Verwechslungsfähigkeit gegenüber bestehenden Top-Level-Domains
- Verletzung prioritärer Namens-, Kennzeichen- und Markenrechte Dritter
- Verstöße gegen die öffentliche Ordnung
- so genannte Community Objections

Insbesondere die möglichen Einspruchskriterien sind noch nicht genau definiert und könnten für juristischen Zündstoff sorgen. Zu erwarten ist, dass um besonders begehrte Domainendungen heftig gestritten wird. Dies fängt bei der Frage an, welche Firmen und Institutionen antragsberechtigt sind und nach welchen Vorschriften die neuen Domainendungen zugelassen werden, also beispielsweise ob die Zeichenanzahl für die neuen Domains beschränkt sein wird. Zudem sind – wie im Domainrecht häufig der Fall – Namens- und Kennzeichenkollisionen zu erwarten, wenn gleichnamige Firmen und Organisationen einen Antrag bei der ICANN stellen.

Kann also beispielsweise die Deutsche Bahn die mögliche neue Domain „.bahn“ für sich beanspruchen oder sind hier die Rechte der österreichischen und schweizer Bahngesellschaften zu beachten? Auch bei den begehrten Abkürzungen, die sich besonders als Domainendung eignen, ist Streit zu erwarten. Kann also beispielsweise die Fluggesellschaft British Airways später einmal mit der eigenen Domainendung „.ba“ auftreten, oder könnte die Bundesanstalt für Arbeit (BA) einen entsprechenden Antrag stellen? Letztgenannter Fall ist allerdings mehr theoretischer Natur, da die Domain „.ba“ bereits seit langem für Bosnien-Herzegowina reserviert ist. Dies könnte zu weiteren rechtlichen Problemen führen, da British Airways gegenüber solchen Fluggesellschaften benachteiligt wäre, deren im Flugverkehr übliche aus zwei Ziffern bestehende Abkürzung noch als neue Domain verfügbar wäre. 

Auch die im Domainrecht häufig vorkommenden Streitigkeiten um prioritäre Markenrechte sind zu erwarten. Aus der bisherigen Geschichte des Internets lässt sich aber festhalten, dass auch für die neuen Domainendungen der Grundsatz „First come first served“ (fast) immer gelten wird.

Die ICANN hat angekündigt, dass Anträge ab 2009 entgegengenommen werden. Wir werden an dieser Stelle weiter über diese hochinteressante Entwicklung auf dem Domain-Markt berichten und stehen Ihnen für Fragen im Zusammenhang mit den neuen Domainendungen gerne zur Verfügung.

Gerne begleiten wir Sie auch auf dem Weg zu Ihrer eigenen Top-Level-Domain und unterstützen Sie im Antragsverfahren gegenüber der ICANN. Auch in wettbewerbs- oder markenrechtlichen Fragen rundum die neuen Domainendungen stehen wir Ihnen mit Rat und Tat gerne zur Verfügung.