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(Hotel-)Bewertungsportale trifft keine Vorab-Prüfungspflicht von Bewertungen

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Rechtsanwalt Michael Terhaag, LL. M.

Fachanwalt für IT-Recht
Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz

Zur Haftung eines Hotelbewertungsportals für unwahre Tatsachenbehauptungen eines Nutzers

von Rechtsanwalt Michael Terhaag

Neues von der Bewertungsfront! Das ist immer noch eines der Themen im Internet. Bewertungsforen - sie können Segen und Fluch zugleich sein. Zu diesem Thema und zur Bedeutung von Bewertungsportalen haben daher auch wir schon sehr viel berichtet. Vergleiche zum Beispiel den ZDF Beitrag "Hotelbewertungen im Internet" oder ""Negative Bewertung erhalten - wie rette ich den Ruf meiner Arztpraxis?" oder auch den RTL Auftritt "Gefälschte Kundenbewertungen im Netz".

Jetzt hat der Bundesgerichtshof in diesem Zusammenhang wieder eine richtungsweisende und in diesem Fall für die Portalbetreiber erfreuliche Entscheidung getroffen, bei der es sich aber lohnt genauer hinzusehen:

Der erste Zivilsenat hat am 19. März 2015 entschieden, dass die Betreiberin eines Hotelbewertungsportals nicht wegen eines Verstoßes gegen das Wettbewerbsrecht auf Unterlassung unwahrer Tatsachenbehauptungen eines Nutzers auf ihrem Portal haftet.

Die Klägerin ist Inhaberin eines Hotels. Sie verlangte von der Beklagten, die im Internet ein Online-Reisebüro sowie ein damit verknüpftes Hotelbewertungsportal betreibt, Unterlassung einer unwahren, von der Klägerin als geschäftsschädigend eingestuften Tatsachenbehauptung. Unter der Überschrift "Für 37,50 € pro Nacht und Kopf im DZ gabs Bettwanzen" erschien im Hotelbewertungsportal der Beklagten eine Bewertung des Hotels der Klägerin. 

Nutzer können im Portal der Beklagten Hotels auf einer Skala wie gewohnt zwischen eins (sehr schlecht) und sechs (sehr gut) bewerten. Hieraus berechnet die Beklagte bestimmte Durchschnittswerte und eine Weiterempfehlungsrate. Bevor die Beklagte Nutzerbewertungen in ihr Portal aufnimmt, durchlaufen diese eine Wortfiltersoftware, die u.a. Beleidigungen, Schmähkritik und Eigenbewertungen von Hotelinhabern auffinden soll. Unauffällige Bewertungen werden automatisch veröffentlicht. Ausgefilterte Bewertungen werden von Mitarbeitern der Beklagten geprüft und dann u.U. manuell freigegeben. 

Die Klägerin mahnte die Beklagte ab, die daraufhin die beanstandete Bewertung von ihrem Portal entfernte, jedoch die von der Klägerin verlangte strafbewehrte Unterwerfungserklärung nicht abgab.

Zu Recht, wie die beiden Vorinstanzen festgestellt haben. Nun hat auch der BGH die Revision gegen das Berufungsurteil aus unserer Sicht in diesem konkreten Fall richtigerweise zurückgewiesen.

Die beanstandete Nutzerbewertung ist keine eigene "Behauptung" der Beklagten, weil sie sich diese weder durch die Prüfung der Bewertungen noch durch deren statistische Auswertung inhaltlich zu Eigen gemacht hat. Die Beklagte hat die Behauptung auch nicht "verbreitet". Die Haftung eines Diensteanbieters im Sinne des Telemediengesetzes ist teilweise stark eingeschränkt. Dieser haftet nämlich nur dann für die unwahren Tatsachenbehauptungen des Dritten, wenn er spezifische Prüfungspflichten verletzt hat, deren Intensität sich nach den Umständen des Einzelfalls richtet. 

Das bedeutet insbesondere, dass die Zumutbarkeit der Prüfungspflichten und die Erkennbarkeit der Rechtsverletzung im richtigen Verhältnis stehen müssen. Hierbei darf einem Diensteanbieter keine Prüfungspflicht auferlegt werden, die sein Geschäftsmodell wirtschaftlich gefährdet oder seine Tätigkeit unverhältnismäßig erschwert.

Hotelbewertungen

Die Beklagte hatte hier danach keine spezifische Prüfungspflicht verletzt. Eine inhaltliche Vorabprüfung der Nutzerbewertungen ist ihr nicht zumutbar. Eine Haftung auf Unterlassung besteht in einem solchen Fall erst, wenn der Betreiber eines Internetportals Kenntnis von einer klaren Rechtsverletzung erlangt und sie gleichwohl nicht beseitigt.

Dieser Pflicht hat die Beklagte genügt und deshalb auch keine wettbewerblichen Verkehrspflichten verletzt - das insofern angemessene Verhalten wird als notice-and-takedown bezeichnet. Im Streitfall bestanden nach einschätzung des Senats auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte ein hochgradig gefährliches Geschäftsmodell betreibt, das besondere Prüfungspflichten auslöst.

Eine erfreulich praxisnahe Entscheidung. Betreiber tun jedenfalls gut daran, Ihre Bewertungsforen und Kommentarfunktionen auf Internetseite von Beginn an gut zu durchdenken und einen genauen Abwehrplan und Krisenmanagement bereit zu halten.

Der hiesige Fall zeigt wie es geht, wir haben leider in der Praxis aber immer wieder die Erfahrung gemachte, dass sich Bewertungsportalbetreiber durch Fehler völlig unnötig bzw. unbeabsichtigt in den Wind stellen. Auf der anderen Seite zeigt die Entscheidung einmal mehr, dass man sich als ungerecht Bewerteter nicht alles gefallen lassen muss, auch wenn man nicht -wie hier- über das eigentliche Ziel hinausschießen sollte.