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Sportwetten und Recht - Jetzt schlagen die Verwaltungsgerichte zu

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Rechtsanwalt Michael Terhaag, LL. M.

Fachanwalt für IT-Recht
Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz

Sportwetten und Recht - Jetzt schlagen die Verwaltungsgerichte zu

 - Herbe Schlappe für private Vermittler in NRW-
Beitrag 13 unserer jahrelangen Serie zum Glücksspiel- und Sportwettenrecht 

von Rechtsanwalt Michael Terhaag


Es tut sich mal wieder etwas an der Glücks- und Sportwettrechtfront. Unlängst Ende Mai hatte das Verwaltungsgericht Minden noch in einer aus unserer Sicht völlig nachvollziehbaren Entscheidung im einstweiligen Rechtschutz die vorläufige Schießung einer Wettannahmestelle untersagt.

Hierbei ging es um die Vermittlung der Wetten an ein in sonstigen EU-Gebiet zugelassenes Wettunternehmen. Die erkennenden Richter kamen zu dem Ergebnis das jede andere Beurteilung zumindest nach summarischer Prüfung gegen europäisches Recht verstoßen würde.

Nach der Entscheidung schöpften zumindest unsere Freunde mit österreichischer, englischer oder aber zum Beispiel auch tschechischer Lizenz wieder Hoffnung.

 
Ende letzter Woche entschied das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig dann in einem etwas anders gelagerten Fall, dass die glücklichen Inhaber einer der aus der ehemaligen DDR stammenden Wettlizenzen diese nicht in den alten Bundesländern, zumindest nicht in Bayern, anbieten und bewerben dürfen.
Der Verfasser war anlässlich zu dieser Entscheidung Gast beim Morgenmagazin "Volle Kanne" im ZDF.

Auf die Spiele des SV Werder Bremen und den Münchner Löwen in der kommenden Saison mit ihrem Haupt-/Trikotsponsor "betandwin" darf man vor dem Hintergrund dieser Entscheidung aus Leipzig sehr gespannt sein.

Unmittelbar anschließend wird soeben bekannt, dass nunmehr das das Oberwaltungsgericht in Münster eine für Nordrhein-Westfalen erst einmal abschießende Regelung zum Thema Vermittlung von Sportwetten getroffen hat.

So hat der 4. Senat des Oberverwaltungsgerichts mit Beschluss vom 28. Juni 2006 - Az.: 4 B 961/06 -  in einem von etwa 200 Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entschieden, dass die Vermittlung von Sportwetten an private Wettveranstalter mit sofortiger Wirkung untersagt werden darf.

Zur Begründung führen die Richter aus, dass das staatliche Monopol für Sportwetten in Nordrhein-Westfalen derzeit zwar nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen entspreche, die sich aus dem Grundrecht der Berufsfreiheit ergäben. Das habe das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 28. März 2006 hinsichtlich der Rechtslage in Bayern festgestellt und dies sei auf NRW übertragbar. Da das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil aber zugelassen habe, dass bei Beachtung bestimmter Maßgaben durch die staatlichen Wettveranstalter die private Veranstaltung von Sportwetten und die Vermittlung solcher Wetten weiterhin ordnungsbehördlich unterbunden werden könne, kam das Gericht hier zu dieser Entscheidung.

Diese Möglichkeit besteht nach Ansicht des Oberverwaltungsgerichts auch in Nordrhein-Westfalen, nachdem das Innenministerium NRW der Firma Westlotto in Münster als staatlicher Veranstalterin von Sportwetten eine Vielzahl von Maßnahmen aufgegeben habe, die eine Beschränkung des Wettangebots, der Werbung für Sportwetten sowie der Vertriebswege und auch Maßnahmen der Spielsuchtprävention zum Gegenstand haben. Die Firma Westlotto habe mit der Umsetzung der Maßnahmen bereits begonnen. Eine sehr fragwürdige Einschätzung, die uns in vielen Punkten bislang entgangen ist. Wie so der Beginn von Maßnahmen die Aufrechterhaltung des Monopols bereits rechtfertigt, verschließt sich unserem Verständnis.

Der Untersagung und Vermittlung von Sportwetten an private Wettveranstalter im europäischen Ausland stehe nach Einschätzung des OVG Münster derzeit auch nicht die im EG-Vertrag gewährleistete Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit entgegen. Die gegenwärtige Rechtslage in Nordrhein-Westfalen widerspreche diesen Vorschriften des Gemeinschaftsrechts zwar in der gleichen Weise wie dem Grundrecht der Berufsfreiheit. Gleichwohl seien die Vorschriften, die das staatliche Sportwettenmonopol in Nordrhein-Westfalen begründeten, vorübergehend weiter anwendbar, bis der Gesetzgeber eine europarechtskonforme Regelung für den Sportwettensektor erlassen habe.
Dieser Bestandteil des Beschlusses ist unserer Einschätzung nach eine Sensation, überträgt er doch die fragwürdige Vorgehensweise des BVerfG und greift einer Entscheidung des EuGH gleich vor!

Nach Einschätzung des Münsteraner Richter berge ein freier Zugang zu diesem Markt für private Sportwettenveranstalter unter den Gesichtspunkten der Spielsucht, des Verbraucherschutzes sowie der typischen Begleit- und Folgekriminalität von Glücksspielen erhebliche Gefahren für wichtige Allgemeininteressen.
Unserer Einschätzung nach besteht ein freier Zugang bei den im Gemeinschaftsgebiet genehmigten Wettanbietern aber ja gerade nicht, was das Gericht verkennt.

Zur Abwehr dieser Gefahren sei es aber nach Einschätzung des Gerichts nötig, die bestehenden Rechtsvorschriften zunächst vorübergehend weiter anzuwenden. Hinsichtlich der von den privaten Sportwettenvermittlern und -anbietern getroffenen Investitionsentscheidungen sei zu berücksichtigen, dass sie vor dem Hintergrund einer für alle erkennbar unklaren Rechtslage getroffen und deshalb von vornherein mit dem Risiko behaftet gewesen seien, sich nur vorübergehend oder gar nicht amortisieren zu können. Mit einer entsprechenden Unsicherheit seien von Anfang an auch die bei Wettveranstaltern und -vermittlern geschaffenen Arbeitsplätze belastet gewesen.

Nachdem diesem Beschluss des OVG NRW, geht es in den weiteren bei ihm anhängigen wir sind gespannt ob es Beschwerdeverfahren der Sportwettenvermittler, nicht mehr davon aus, dass die Behörden vor einer Vollziehung der Untersagungsverfügungen eine Entscheidung über die jeweilige Beschwerde abwarten. Das Gericht hat in seiner Entscheidung die Angst der Kommunen vor späteren Schadensersatzforderungen sicher etwas beschwichtigt, was bei einer anders lautenden Entscheidung des EuGH verheerende Folgen haben könnte.

So oder so, der Gesetzgeber ist gefragt, diesem Treiben vor deutschen Gerichten ein Ende zu bereiten und für Rechtssicherheit zu sorgen! Bei Beratungsbedarf sprechen Sie uns gern an.
Wir halten Sie in jedem Fall informiert.