Was wirklich ALLE Online-Händler berücksichtigen sollten
von Rechtsanwalt Dr. Thomas Engels, LL.M.
Über die am 11. Juni 2010 in Kraft tretenden Änderungen des Fernabsatzrechts hatten wir im Detail ja bereits an anderer Stelle berichtet. Kurz vor dem Inkrafttreten erscheint es jedoch zwingend notwendig, noch einmal auf die sich hieraus ergebenden Risiken hinzuweisen. Diese sind weitaus dramatischer als bei „herkömmlichen“ Gesetzesänderungen. Der Schuldige ist schnell ausgemacht. Die Massenabmahner bei eBay werden vermutlich schon die Messer wetzen, um in Bälde eine Vertragsstrafe nach der anderen einzufordern.
Die wichtigste Novellierung liegt nämlich nicht darin, dass die Musterbelehrung in den Rang eines Gesetzes gehoben wird und sich dadurch die Vorschriften verschieben. Dies macht eine bloße Änderung der Belehrung erforderlich, die sich jedoch in einer Umformulierung und Anpassung erschöpft. Dies ist schnell erledigt und sollte auch zwingend erfolgen – denn die Verwendung des alten Musters dürfte wohl ohne Weiteres als wettbewerbswidrig beurteilt werden.
Die eigentlichen Risiken tragen jedoch die eBay-Händler. Denn für sie ergeben sich weitreichende Änderungen. Erstmals dürfte es nun gesetzlich gestattet sein, über eine 14-tägige Widerrufsfrist zu belehren und regulär Wertersatz zu fordern – wie die Kollegen mit den normalen Online-Shops es seit jeher durften.
Aber all diejenigen, die bereits in der Vergangenheit Opfer einer Abmahnung wurden und eine Unterlassungserklärung abgegeben haben, sollten sich professionelle Hilfe zur Seite stellen. Denn die Gesetzesänderung bedeutet nicht, dass die alten Verpflichtungen einfach so verschwinden – ganz im Gegenteil, eine einmal abgegeben Unterlassungserklärung bleibt unabhängig von einer sich ändernden Rechtslage 30 Jahr gültig. Wer sich also verpflichtet hat, bei eBay nur über eine Frist von einem Monat zu belehren, bekommt ab dem 11. Juni 2010 ein Problem.
Wer einfach auf 14 Tage umstellt, wird bald eine erste Vertragsstrafenanforderung in der Post haben. Abzuwarten bleibt, ob ein Verstoß gegen eine Unterlassungserklärung auch in den Fällen eine neue Widerholungsgefahr auslöst, wenn sich die zugrundeliegenden Vorschriften entsprechend geändert haben. Das Risiko einer einstweiligen Verfügung ist eher als gering einzustufen. Aber eine Vertragsstrafe von etwa 5.100€ wiegt nicht minder schwer!
Daher sollte unter fachlicher Beratung geprüft werden, welchen Beschränkungen das eigene Handeln aufgrund der Erklärungen aus der Vergangenheit noch unterliegt. Zudem sollten alle Möglichkeiten ausgelotet werden, alte Unterlassungserklärungen zu beseitigen – etwa durch Kündigung aus wichtigem Grund, durch Prüfung ob eine auflösende Bedingung eingetreten ist oder durch Anpassung wegen Wegfalls der seinerzeitigen Geschäftsgrundlage.
All dies sollte mit anwaltlicher Beratung geschehen – denn es geht möglicherweise sehr schnell um sehr viel Geld. Gerne stehen wir Ihnen hier mit unserem Beraterteam zur Verfügung!