Zu den Rechtsfolgen bei Ebay Auktionsabbruch - BGH hat heute entschieden

von Rechtsanwalt Michael Terhaag,
Fachanwalt für Gewerblichen Rechtschutz und IT
Es ist mittlerweile über 10 Jahre her, dass der Verfasser hier mit "Ich bin bei Ebay, holt mich hier raus!" einen kleinen Leitfaden zu Lust und Frust mit dem deutschen Internet-Auktionshaus geschrieben hat.
Zahlreiche Teile zum Thema folgten, siehe etwa auch Teil 2, Teil 3, 4, 5, 6, 7, 8, Teil 9 oder Teil 10 - irgendwann haben wir aufgehört zu zählen...
Bundesgerichtshof verhandelt zu Auktionsabbrüchen
Jetzt bekommt das virtuelle Auktionshaus (endlich) einmal wieder einen Platz im Rampenlicht, denn heute hat der BGH zum Thema Schadensersatz bei unbefugtem Auktionsabbruch entschieden.
Der Fall
Der Beklagte bot seinen Gebrauchtwagen bei eBay zum Kauf an und setzte ein Mindestgebot von 1 € fest. Der Kläger bot kurz nach dem Beginn der eBay-Auktion 1 € für den Pkw und setzte dabei eine Preisobergrenze von 555,55 €.
Nur einige Stunden später brach der Beklagte die eBay-Auktion ab. Per E-Mail teilte er dem Kläger, der mit seinem Anfangsgebot Höchstbietender war, mit, er habe außerhalb der Auktion einen Käufer gefunden, der bereit sei, 4.200 € zu zahlen.
Der Kläger begehrt Schadensersatz wegen Nichterfüllung des nach seiner Ansicht wirksam zu einem Kaufpreis von 1 € geschlossenen Kaufvertrags und macht geltend, der Pkw habe einen Wert von 5.250 €.
Das Landgericht Mühlhausen hat mit seinem Urteil vom 9. April 2013 (Az.: 3 O 527/12) der auf Schadensersatz in Höhe der Differenz von 5.249 € gerichteten Klage dem Grunde nach stattgegeben.
Die Berufung des Beklagten vor dem Thüringer Oberlandesgericht war am 15. Januar 2014 (Az.: 7 U 399/13) erfolglos geblieben.
Bisherige Einschätzung der Instanzen
Zur Begründung hat das Berufungsgericht unter anderem ausgeführt, zwischen den Parteien sei ein wirksamer Kaufvertrag zustande gekommen. Der Start der Auktion stelle ein Angebot im Sinne dar, das der Kläger durch sein Gebot angenommen habe.
Der Vertrag sei insbesondere nicht gemäß wegen eines Missverhältnisses zwischen dem Kaufpreis und dem Wert des Fahrzeugs nichtig.
Hierbei sei es gerade typisch für eBay-Versteigerungen, dass beide Seiten die Chance hätten, ein „Schnäppchen“ zu machen.
Es sei daher auch nicht rechtsmissbräuchlich, wenn der Käufer von einer Kaufmöglichkeit Gebrauch mache, die ihm der Verkäufer selbst eröffne. Der Verkäufer könne sich durch ein Mindestgebot schützen. Versäume er dies, sei das kein Grund, dem Kaufvertrag die Wirksamkeit zu versagen.
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgte der Beklagte seinen Antrag auf Abweisung der Klage weiter.
Es bleibt bei den über 5000,- € Schadensersatz
Der BGH bestätigte nun die Vorinstanzen. Die Revision hatte also keinen Erfolg.
Der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass der Kaufvertrag nicht wegen Sittenwidrigkeit nichtig ist. Bei einer Internetauktion rechtfertigt ein grobes Missverhältnis zwischen dem Maximalgebot des Käufers und dem Wert des Versteigerungsobjekts nicht ohne Weiteres den Schluss auf eine verwerfliche Gesinnung des Bieters im Sinne von § 138 Abs. 1 BGB. Es macht gerade den Reiz einer Internetauktion aus, den Auktionsgegenstand zu einem "Schnäppchenpreis" zu erwerben, während umgekehrt der Veräußerer die Chance wahrnimmt, einen für ihn vorteilhaften Preis im Wege des Überbietens zu erzielen. Besondere Umstände, aus denen auf eine verwerfliche Gesinnung des Klägers geschlossen werden könnte, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt.
Auch die Wertung des Berufungsgerichts, dass der Beklagte dem Kläger nicht den Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegen halten könne, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Dass das Auto letztlich zu einem Preis von 1 € verkauft worden ist, beruht auf den freien Entscheidungen des Beklagten, der das Risiko eines für ihn ungünstigen Auktionsverlaufs durch die Wahl eines niedrigen Startpreises ohne Festsetzung eines Mindestgebots eingegangen ist und durch den nicht gerechtfertigten Abbruch der Auktion die Ursache dafür gesetzt hat, dass sich das Risiko verwirklicht.
Die Entscheidung mag hart sein für den Betroffenen, überraschend ist sie ganz sicher nicht.
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Quelle: PM des BGH vom 12.11.2014
Unter terhaag.de gibt es einen Videoausschnitt zum Interview des Verfassers bei Volle Kanne im ZDF.