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BGH konkretisiert strenge Vorgaben an die Durchführung von Werbeanrufen per double opt-in

"BGH konkretisiert strenge Vorgaben an die Durchführung von Werbeanrufen per double opt-in"

von Rechtsanwalt Dr. Philip Lüghausen

Der zugrundeliegende Fall

Eine Krankenkasse hatte sich im Jahr 2003 gegenüber der Verbraucherzentrale verpflichtet, es zu unterlassen, Verbraucher ohne deren Einverständnis zu Werbezwecken anzurufen. Ferner hatte sie sich verpflichtet, für jeden Verstoß eine Vertragsstrafe von 5.000 € zu zahlen. Ende 2008 erhielten dann aber wieder einige Verbraucher erneut Werbeanrufe. Diese gingen von einem Call-Center aus, das von Krankenkasse beauftragt worden war. Die Verbraucherzentrale hat die AOK Plus daraufhin auf Zahlung von 10.000 € Vertragsstrafe in Anspruch genommen. 
Hiergegen wehrte sich die Krankenkasse mit der Behauptung, sie habe die Einwilligung der Angerufenen im sog. Double opt-in-Verfahren zuvor erhalten. Die angerufenen hätten nämlich an Online-Gewinnspielen teilgenommen, dort ihre Telefonnummer angegeben und durch Markieren eines Feldes ihr Einverständnis u.a. mit Telefonwerbung erklärt. Eine daraufhin den Verbrauchern zugesandte Mail mit dem Hinweis auf die Einschreibung für das Gewinnspiel wäre von den betreffenden Personen angenommen und durch Klick auf einen darin enthaltenen Link ihre Einwilligung in die Verwendung ihrer Daten bestätigt worden.
Die Klage der Verbraucherzentrale war in den ersten beiden Instanzen vor dem Land- und dem Oberlandesgericht erfolgreich.

Das sagt der BGH

Auch der Bundesgerichtshof hat der Verbraucherzentrale Recht gegeben und die Revision zurückgewiesen. Zwar gehe das deutsche Recht über die Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken der Europäischen Union hinaus wenn in Deutschland unaufgeforderte Werbeanrufe immer als unzumutbare Belästigung und damit als unlauter einstuft werden. Allerdings ist der deutschen Gesetzgeber nach der Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation berechtigt, Telefonwerbung gegenüber Verbrauchern generell von deren vorherigem ausdrücklichen Einverständnis abhängig zu machen (sog. "opt-in") und hat eben von dieser Befugnis Gebrauch gemacht.
Die Krankenkasse konnte im hiesigen Fall aber keinen sicheren Nachweis darüber erbringen, dass die beiden Anrufer tatsächlich ihr Einverständnis über den opt-in gegeben hatten. Dafür wären zumindest Mails vorzulegen gewesen, die das ausdrückliche Einverständnis mit Werbeanrufen enthielten. Die Speicherung solcher Mails wäre dem Werbenden ohne weiteres möglich und zumutbar.
Allerdings sind nach der weiteren Begründung des BGH Werbeanrufe in Zukunft stets in einer rechtlichen Grauzone beheimatet. Denn nach Ansicht der Bundesrichter reicht das herkömmliche „double opt-in“ gerade nicht aus, um sicherzustellen, dass der Angerufene tatsächlich mit dem Erhalt von Werbeanrufen einverstanden ist. Zwar könne bei Vorlage der Check-Mail angenommen werden, dass der Teilnahmeantrag für das Online-Gewinnspiel – und die damit verknüpfte Einwilligung – tatsächlich von der angegebenen E-Mail-Adresse stammt. Damit sei aber noch nicht sichergestellt, dass es sich bei der angegebenen Telefonnummer tatsächlich um den Anschluss des Absenders der Bestätigungs-E-Mail handelt. Es wären ebenso gut Gründe für die versehentliche oder vorsätzliche Eintragung einer falschen Telefonnummer gegeben. Das Gesetz verlange aber zwingend, dass der konkret angerufene Teilnehmer vor dem Werbeanruf ausdrücklich sein Einverständnis erklärt hat.

Fazit

Insgesamt lässt sich damit festhalten, dass die Werbeanrufe auf Basis des einfachen double opt-in ohne ausdrückliche Einwilligung der Verbraucher rechtswidrig sein dürfte. Der BGH setzt ganz konkrete Anforderungen an die Durchführung des double opt-in. Die Entscheidung hat weitreichende Konsequenzen für die deutsche Wirtschaft. Einem jedem Unternehmen ist daher anzuraten, die Durchführung von Werbeanrufen und die zugrundeliegenden Einwilligungsverfahren unbedingt rechtlich überprüfen zu lassen. Die Kosten für eine solche Prüfung amortisieren sich in den meisten Fällen schon mit der ersten ersparten Abmahnung durch Wettbewerber oder die Wettbewerbs- und Verbraucherverbände.