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Kein Anspruch auf Nennung der Daten des erfolgreichen Job-Mitbewerbers zwecks Feststellung einer Diskriminierung (EuGH-Urt. v. 19.04.2012 in der Rechtssache C 415/10) (Kopie 1)

Kein Anspruch auf Nennung der Daten des Job-Mitbewerbers zwecks Feststellung einer Diskriminierung

EuGH-Urteil in der Rechtssache C 415/10

- von Rechtsanwalt und Fachanwalt für IT-Recht -
- Peter Kaumanns, LL.M. -

 

Die Richter in Luxemburg hatten folgende Frage zu beantworten:

Hat eine Bewerberin einen Anspruch auf Herausgabe der Bewerbungsunterlagen des Mitbewerbers, der den Job vermeintlich bekommen hat, um damit prüfen zu können, ob sie besser qualifiziert war?

Anwalt Düsseldorf Arbeitsrecht KlageDer Fall

Eine russische Ingenieurin Jahrgangs '61 hatte sich bereits zweimal vergeblich bei einem Softwarekonzern beworben. Sie wurde weder zu Vorstellungsgesprächen eingeladen noch erhielt sie detaillierte Auskünfte darüber, warum sie abgelehnt wurde. Sie ging daher von einer Diskriminierung aus und forderte nun von dem Unternehmen neben Schadensersatz auch Auskunft über den eingestellten Mitbewerber sowie Herausgabe dessen Unterlagen.

 Zunächst - Warum entscheiden EU-Richter über deutsches Arbeitsrecht?

Es ging in diesem Fall an sich zwar um einen deutschen Rechtsstreit. Die streitentscheidenden Normen waren allerdings solche des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG), welches auf einer EU-Richtlinie basiert. Für deren Auslegung sind allein die EuGH-Richter zuständig, sodass derartige Vorlagefragen dann regelmäßig nach Luxemburg abgegeben werden.

Warum gibt es den begehrten Anspruch nicht?

Die zweite Kammer des EuGH hat zunächst festgestellt, dass es einen derartigen Auskunftsanspruch im EU-Recht nicht gibt. Weiter haben die Richter jedoch entschieden, dass ein Bewerber unter bestimmten Umständen doch die Möglichkeit hat, gegen den Arbeitgeber vorzugehen. Letztendlich geht es dabei  "nur" um eine Beweislastfrage, die allerdings das Kräfteverhältnis entscheidend verändern kann.

Zunächst ist der Bewerber in der Pflicht, eine Diskriminierung nachzuweisen. Kann er aber schlüssig Gründe oder Indizien für eine Diskriminierung vortragen, kommt es zur Umkehr der Beweislast.

Sodann muss der Arbeitgeber beweisen, dass der abgelehnte Bewerber nicht benachteiligt wurde. Er muss dann gegebenenfalls Teile des Bewerbungsverfahrens offenlegen, insbesondere, wen er eingeladen hat. Der Arbeitgeber muss dann weiter sachliche Gründe für die Einstellung des Mtbewerbers vortragen. Eine pauschale Angabe, der nun eingestellte Bewerber sei besser geeignet gewesen, reicht hier dann allerdings nicht mehr aus, um sich zu rechtfertigen. Die vollständige Informationsverweigerung eines Arbeitgebers kann nach Ansicht der Luxemburger Richter in diesem Punkt ein Indiz für eine Ungleichbehandlung sein.

Fazit

Der unterlegene Bewerber muss erstmal einiges tun, um die Beweislast umzukehren. Dies dürfte angesichts des Informationsdefizits des Außenstehenden schwierig sein. Gelingt ihm dies jedoch, muss das Auwahlverfahren teilweise offengelegt werden, um sich für die getroffene Entscheidung zu rechtfertigen.
Will ein Arbeitgeber dies vermeiden, sollte er einem erfolglosen Bewerber zumindest einige Informationen mit an die Hand geben, damit es nicht zu der vom EuGH angesprochenen Indizwirkung aufgrund Informationsverweigerung kommt.

Haben Sie weitere Fragen, stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. Sprechen Sie uns einfach an.

Das Urteil des EuGH im Volltext finden Sie übrigens hier.