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Beleidigungen des Chefs im öffentlichen Internet -hier bei Facebook- können schnell den Job kosten (ArbG Hagen, Urteil vom 16.05.2012, Az. 3 Ca 2597/11)

Beleidigungen des Chefs im öffentlichen Internet -hier bei Facebook- können schnell den Job kosten

 

Urteil des Arbeitsgerichts Hagen
vom 16.05.2012, Az. 3 Ca 2597/11

- von Rechtsanwalt und Fachanwalt für IT-Recht -
- Peter Kaumanns, LL.M. -

Ein 53-jähriger Arbeitnehmer, der seit über 30 Jahren für seinen Arbeitgeber arbeitete, erhielt seine Kündigung und klagte dagegen vor dem Arbeitsgericht. Nachdem die Richter in der ersten Instanz die fristlose Kündigung für unwirksam erklärten, die fristgerechte Alternative jedoch für wirksam, ging der Arbeitnehmer gegen das Urteil in der nächsten Instanz vor. Dort kam es zwar nicht zu einem Urteil, der Rechtsstreit wurde gleichwohl beendet. Die Parteien schlossen einen Vergleich, wonach der Arbeitnehmer ab Oktober 2012 seinen alten Arbeitsplatz wieder zurückerhält.

 

    

 

Rechtsanwalt Arbeitsrecht DüsseldorfWie kam es überhaupt zu der Kündigung?

Der Arbeitnehmer hatte sich auf seiner Facebook-Pinnwand mit einem Ex-Kollegen über die Firma unterhalten und dabei den Vorgesetzten stark beleidigt.

Der Arbeitnehmer schrieb unter anderem Folgendes:

"hi M1, mir geht’s gut, und dir hoffe ich auch. Habe mich über diesen scheiss G1 geärgert hat mir zwei abmahnungen gegeben innerhalb von drei monaten wegen rauigkeit. Diesen kleinen scheisshaufen mache ich kaputt, werde mich beschweren über diesen wixxer bin 32jahre hier dabei und so ein faules schwein der noch nie gearbeitet hat in seinem scheissleben gibt mir zwei abmahnungen, da hat er sich im falschen verguckt diese drecksau naja sag mal bis bald"

Entscheidend war, dass dies nicht per "Chat", also privat geschrieben wurde. Denn den Dialog auf der Pinnwand konnten sowohl die Freunde des Mitarbeiters als auch deren Freunde einsehen. Hinzu kam, dass von den 70 Freunden des beleidigenden Mitarbeiters ca. die Hälfte ebenfalls Arbeitnehmer des Betriebs waren, sodass die Beleidigungen dadurch innerhalb des Betriebes publik gemacht wurden.

Eine Personalsachbearbeiterin erhielt davon Kenntnis und informierte die Firmenleitung. Kurz darauf erhielt der Mitarbeiter seine fristlose Kündigung ohne Abmahnung. Hilfsweise kündigte der Arbeitgeber jedoch auch fristgemäß.

Grobe Beleidigungen stellen an sich einen sogenannten "wichtigen Grund" für eine fristlose Kündigung dar.

Schließlich bedeute dies einen erheblichen Vertrauensbruch, durch den es der anderen Seite nicht mehr zumutbar sei, am Vertrag festzuhalten. Die Richter am Arbeitsgericht betonten zudem, dass der Arbeitgeber nicht nur aufs Gröbste beleidigt, sondern der unmittelbare Vorgesetzte auch noch bedroht wurde. ("Diesen kleinen scheisshaufen mache ich kaputt.") Eine Ausnahme gibt es nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nur, wenn die Äußerungen nicht öffentlich, sondern in einem vertraulichen Austausch getätigt wurden. Hier setzte das Gericht die Postings jedoch einem schwarzen Brett in dem Unternehmen gleich, da 36 Mitarbeiter die Einträge mitlesen konnten.

Warum reichte es dann hier dennoch nicht für eine fristlose Kündigung?

Selbst wenn ein wichtiger Grund vorliegt, folgt noch eine Interessenabwägung, in der folgende Punkte berücksichtigt werden: Lebensalter des Arbeitnehmer, Dauer der Betriebszugehörigkeit, Unterhaltspflichten und wirtschaftliche Lage des Unternehmen. Das Gericht sah hier unter Berücksichtigung dieser Punkte trotz der schwersten Verfehlungen des Arbeitnehmers eine fristlose Kündigung ohne Abmahnung nicht als angemessen an.

Im Ergebnis änderte das für den Arbeitnehmer jedoch nicht viel, denn nach dem erstinstanzlichen Urteil verlor er seinen Job gleichwohl, da die Richter die fristgemäße Kündigung (ebenfalls ohne vorherige Abmahnung) für wirksam erklärten. Da der Kläger seinen Arbeitgeber hier gröblich beleidigt hat und dies in einer betriebs-öffentlichen Art und Weise getan hat, sei offensichtlich gewesen, dass ein solches Verhalten nicht vom Arbeitgeber geduldet werden konnte. Die Verbalattacken seien kaum steigerungsfähig gewesen. Zudem habe der Arbeitnehmer denRechtsanwalt Arbeitsrecht Düsseldorf Vorgesetzten bedroht, falsche Tatsachen behauptet (angeblich zwei Abmahnungen von ihm erhalten) und sich darüber hinaus noch über einen Kunden des Arbeitgebers missfällig geäußert.

Dies rechtfertige nach Einhaltung der arbeitsrechtlichen Kündigungsvorschriften eine ordentliche Kündigung.

An dieser Einschätzung des Gerichts änderte auch nicht, dass der Arbeitnehmer pauschal vortrug, er kenne sich mit sozialen Netzwerken gar nicht richtig aus und wollte die Äußerungen eigentlich über den privaten Chat abgeben. Das Gericht stellte fest, dass der Arbeitnehmer bereits seit Jahren bei Facebook angemeldet war.

 

 

 

Nächste Instanz - der Arbeitnehmer hat seinen Job zurück!

Vor dem Landesarbeitsgericht in Hamm schlossen die Parteien einen Vergleich, wonach der Kläger ab Oktober seine alte Stelle zurückerhielt.

Fazit

Welche richterlichen Hinweise der nächsten Instanz die Parteien, insbesondere den Arbeitgeber, dazu gebracht haben, einen solchen Vergleich zu schließen, bleibt ungeklärt. Festzuhalten bleibt aber, dass Facebook in seinen öffentlichen Bereichen sowie andere vergleichbare Internetdienste derart ungeeignete Medien sind, um solche Beleidigungen von sich zu geben. Wem sein Arbeitsplatz lieb ist, sollte solche Äußerungen unterlassen. Schließlich kann einem in der nächsten Instanz nicht immer so ein "Glück" über den Weg laufen.

Allgemeingültige Aussagen, ab wann man seinen Job wegen solcher Äußerungen verliert, sind zudem schwer zu machen. Es sind immer Einzelfälle, die zu begutachten sind. Grundsätzlich kann man jedenfalls feststellen, dass öffentlich geäußerte schwerste Beleidigungen in der Regel zu einer wirksamen Kündigung führen. Bei dieser LAG Entscheidung dürfte es sich daher um eine Ausnahme handeln.

Haben Sie weitere Fragen, sprechen Sie uns gerne an.

Das Urteil des Arbeitsgerichts Hagen im Volltext finden Sie übrigens hier.