×

Rückruf vereinbaren

Ihre Nachricht an uns

Startseite
/
Urteile
/
Internetrecht
/
Domains in Treuhand - raule.de - OLG Celle, Urteil vom 08.12.05, Az.: 13 U 69/05

Leitsätzliches

Ein Treuhänder, der als Nichtnamensträger für einen Dritten, der Namensträger ist, eine Domain registriert hat, kann keine Rechte herleiten und ist somit unrechtmäßiger Inhaber der Domain.

 

 

OBERLANDESGERICHT CELLE

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

Aktenzeichen: 13 U 69/05

Entscheidung vom 8. Dezember 2005

In dem Rechtsstreit

...

gegen

...

hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht ... sowie der Richter am Oberlandesgericht .... und .... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 15. November 2005 für Recht erkannt:

 

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hannover vom 19. Januar 2005 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.

Der Beklagte betreibt ein „Atelier für Grafik, Design und Marketing Dienste“. Er ließ im März 1999 bei der D. e. G. die Domain „raule.de“ eintragen. Auf der Internetseite ist die Homepage der Frau Raule, einer Tänzerin, Choreografin und Tanztherapeutin in Berlin, zu sehen.

Der Kläger, Herr H R, erwirkte bei der D. e. G. im Oktober 2001 einen Dispute-Eintrag, wodurch nach Freigabe der Internetdomain „raule.de“ lediglich der Kläger, nicht aber ein Dritter, auch nicht Frau Raule, als Domaininhaber eingetragen werden kann.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, durch schriftliche Erklärung die Internet-Domain www.raule.de gegenüber der zuständigen Vergabestelle, der D. e. G. freizugeben.

Der Beklagte hat behauptet, dass er die Domain, nachdem sie registriert worden sei, Frau Raule geschenkt habe. Bestandteil des Geschenks sei auch die Gestaltung der Website gewesen. Er hat geltend gemacht, dem Kläger stehe der geltend gemachte Anspruch nicht zu. Jedenfalls sei ein etwaiger Anspruch verjährt, weil der Kläger seit dem Jahr 1999 Kenntnis von dem Internetauftritt „raule.de“ gehabt haben könne und gehabt habe.

Der Kläger hat erwidert: Er habe von der Registrierung der Domain „raule.de“ erst durch seinen Sohn im Oktober 2001 erfahren. Sein früheres Unternehmen R.. GmbH & Co. KG, eine Autovermietung, habe er bereits zum 1. Januar 1998 veräußert; Korrespondenz dieser Firma bezüglich der Domain „raule.de“ habe er nicht erkannt.

Das Landgericht hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Der geltend gemachte Anspruch stehe dem Kläger gemäß § 12 BGB zu. Er könne als zum Gebrauch des Namens Raule Berechtigter von dem Beklagten Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen, die darin liege, dass der Beklagte die Rechte des Klägers dadurch erheblich verletzt habe, dass er als „Nichtnamensinhaber“ und damit unbefugt den Namen gebrauche. Der Beklagte die Inhaber der Domain „raule.de“. Soweit er sich darauf berufe, diese der Frau Raule geschenkt zu haben, scheitere die Schenkung schon daran, dass eine Übertragung nur entsprechend den Regeln der D. e. G. erfolgen könne, was nicht geschehen sei. An der unbefugten Nutzung des Namens durch den Beklagten ändere auch nichts, dass Frau Raule mit der Einrichtung der Homepage unter „raule.de“ einverstanden gewesen sei, (OLG Celle, Urteil vom 8. April 2004 – 13 U 213/03). Da eine geringe Zuordnungsverwirrung ausreiche, wenn dadurch das berechtigte Interesse des Namensträgers in besonderem Maße beeinträchtigt sei, was hier der Fall sei, brauche der Träger des Namens nicht zu dulden, dass er durch die Registrierung durch einen Nichtberechtigten von der Nutzung seines eigenen Namens ausgeschlossen sei.

Mit der Berufung verfolgt der Beklagte den Klageabweisungsantrag weiter. Er wiederholt den Einwand der Verjährung und vertieft seinen Vortrag, dass die Entscheidung des OLG Celle, auf die das Landgericht  sich stütze, rechtlich angreifbar sei und im Übrigen einen anderen Sachverhalt betreffe. Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

II.

Die Berufung ist unbegründet.

Das Landgericht hat dem Kläger den geltend gemachten Anspruch zu Recht nach § 12 BGB zuerkannt.

a) Dem Kläger, der mit Nachnamen R. heoßt, steht an diesem Namen ein Namensrecht gemäß ³ 12 BGB zu.

b) Der Beklagte hat unbefugt den gleichen Namen gebraucht und dadurch eine Zuordnungsverwirrung ausgelöst und schutzwürdige Interessen des Klägers verletzt (Namensanmaßung i. S. des § 12 BGB).

aa) Unbefugter Gebrauch

Der Beklagte gebraucht den Namen R.... Der Gebrauch liegt bereits in der Registrierung der Internetadresse.

Der Gebrauch des Namens durch den Beklagten erfolgt unbefugt. Ein unbefugter Namensgebrauch ist zu bejahen, wenn die Registrierung der Internetdomain für einen Nichtberechtigten erfolgt. Dies war im Zeitpunkt der Registrierung zweifellos der Fall, weil dem Beklagten keine eigenen Rechte an dem Namen „R...“ zustehen.

Der Beklagte kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass er nach der Registrierung die Domain seiner Freundin Raule geschenkt habe, und dass diese die Domain für ihre Homepage benutze. Zwar ist davon auszugehen, dass Frau ... dem Kläger durch schlüssiges Verhalten die Benutzung ihres Vornamens für die Registrierung der Internetdomain nachträglich gestattet hat. Dies kann aber aus den in dem Urteil des Senats vom 8. April 2004 (13 U 213/03; Aktenzeichen des Revisionsverfahrens: I ZR 59/04) genannten Gründen nicht dazu führen, dass dem Beklagten im Verhältnis zum Kläger eine Priorität im Hinblick auf die Domain „raule.de“ zusteht. Der Senat hält an der Auffassung trotz der geäußerten Kritik fest. Insbesondere kann der Beklagte sich nicht auf die analoge Anwendung des Rechtsgedankens des § 986 Abs. 1 BGB stützen. Frau ... hat keine Rechtsposition besessen, aus welcher der Beklagte eine bessere Berechtigung als der Kläger herleiten könnte. Dazu hätte sie die Domain im eigenen Namen bei der Denic e. G. registrieren lassen müssen.

Entgegen der vom Beklagten vertretenen Ansicht ist eine Abweichung von der im Urteil vom 8. April 2004 vertretenen Auffassung auch nicht aus einer Interessenabwägung geboten. Internetbenutzer, die für einen Dritten einen Internetauftritt realisieren wollen, müssen dazu nicht selbst Inhaber der Domain werden. Sie haben die Möglichkeit, die Domain bei der Denic. e. G. im Namen und im Auftrag des jeweiligen Dritten zu beantragen. Dies gilt für Internetprovider und Web-Agenturen ebenso wie für nichtgewerbliche Internetbenutzer. Eine Anmeldung der Internetdomain im Namen und im Auftrag der Frau ... wäre dem Beklagten auch schon im Jahr 1999 möglich gewesen.

bb) Bereits die Registrierung der Domain „raule.de“ führte zu einer Zuordnungsverwirrung (vgl. Urteil vom 4. April 2004 – 13 U 213/03). Auf den Inhalt der bei Eingabe des Domain-Namens sich öffnenden Internetseite käme es nur dann an, wenn der Kläger nicht beabsichtigte, die Domain selbst zu nutzen (vgl. BGH, Urteil vom 19.02.2004 – I ZR 82/01 – kurt-biedenkopf.de). Das ist aber nicht der Fall.

c) Die Verjährungseinrede des Beklagten greift nicht durch.

aa) Selbst wenn der Kläger die behauptete Kenntnis schon im Jahr 1999 gehabt hätte, wäre der Anspruch aus dem Namensrecht verjährte nach damaliger Rechtslage in 30 Jahren (§ 195 BGB a. F.; Palandt/Heinrichs, 57. Aufl., § 12 Rdnr. 35). Nach neuem Schuldrecht verjährt der Anspruch in drei Jahren (§195 BGB). Diese Frist ist nach Art. 229 § 6 Abs. 4 EGBGB vom 1. Januar 2002 an zu berechnen, so dass die Verjährung durch Einreichung der Klage am 12. Juli 2004 rechtzeitig gehemmt worden ist (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB).

bb) Der Beklagte hat im Übrigen die Behauptung des Klägers, dass er erst am 4. Oktober 2001 durch seinen Sohn auf die vom Beklagten Registrierung der Domain durch einen Dritten aufmerksam gemacht worden sei, nicht widerlegt.

Der Beklagte trägt nur Indizien vor, die nicht ausreichen, um den Schluss auf eine Kenntnis des Klägers zu ziehen. Soweit der Kläger in erster Instanz Schriftverkehr aus dem Jahr 2000 zwischen dem Beklagten und der im Auftrag der R... GmbH & Co. KG handelnden New M. Group GmbH vorgelegt hat, hat der Kläger vorgetragen, dass er R.... GmbH & Co. KG zum 1. Januar 1988 verkauft habe und seitdem in keiner Funktion mehr in dem Unternehmen tätig gewesen sei. Dieses hat der Beklagte, der sich durch Einsicht in das Handelsregister nähere Kenntnis hätte verschaffen können, nicht substantiiert bestritten. Dem Beklagten ist auch nicht dahin zu folgen, es sei davon auszugehen, dass der Kläger über den Schriftverkehr zwischen der New M. Group GmbH & Co. KG und dem Beklagten von vorneherein informiert gewesen sei. Der Kläger hat insoweit unwiderlegt vorgetragen, dass er die fraglichen Briefe erst im Laufe der vorgerichtlichen Auseinandersetzung von dem Beklagten selbst erhalten habe. Der Beklagte weist außerdem darauf hin, dass der Kläger in der Werbung für das von ihm betriebene Immobilienunternehmen auf Sonderkonditionen bei der Firma CC R... Autovermietung (R... GmbH & Co. KG) hinweise. Auch damit hat der Beklagte keinen Erfolg.

Dieser Umstand besagt nichts darüber, welche Kenntnisse der Kläger über interne Vorgänge der R... GmbH & Co. KG hat bzw. im Jahr 2000 hatte. Als weiteres Indiz für eine Kenntnis der Domain-Anmeldung “raule.de“ trägt der Beklagte vor, dass der Kläger bereits im Mai 2001 eine Internetseite unter der Domain „R...-Immobilien.de“ betrieben habe; es widerspreche jeder Lebenserfahrung, anzunehmen, dass der Kläger sich bei der Anmeldung dieser Domain nicht gleichzeitig nach der Domain „raule.de“ erkundigt hätte. Dem kann nicht gefolgt werden. Es ist zwar möglich, dass der Kläger bereits damals an der Domain „raule.de“ interessiert war und danach fragte. Ebenso gut kann es aber sein, dass ihm von vorneherein in erster Linie an der Domain „R...-Immobilien.de“ gelegen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist zuzulassen, weil die Rechtssache  grundsätzliche Bedeutung im Hinblick auf die klärungsbedürftige Rechtsfrage hat, ob die Registrierung des Domainnamens als berechtigter Namensgebrauch anzusehen ist, wenn der Benutzer des fremden Namens die Zustimmung eines Trägers des Namens erhalten hat.

Unterschriften