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Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung bei Sportwettenuntersagung - VG Karlsruhe, Beschluss vom 21.07.06, Az.: 6 K 1260/06

Leitsätzliches

Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen eine Untersagungsverfügung eines Sportwettenanbieters ist wiederherzustellen. Die sofortige Vollziehung der Untersagungsverfügung ist als schwerwiegender Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit nach Artikel 49 EGV, die Niederlassungsfreiheit nach Artikel 43 EGV sowie das Grundrecht aus Artikel 12 Abs. 1 GG anzusehen.

VERWALTUNGSGERICHT KARLSRUHE

BESCHLUSS

Aktenzeichen: 6 K 1260/06 

Verkündet am 21. Juli 2006 

In dem Verwaltungsgerichtsverfahren

...

gegen

...

wegen Untersagung der Vermittlung von Sportwetten,
hier: Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO

hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe – 6. Kammer – durch ... am 21. Juli 2006

beschlossen:

 

Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die Verfügung der Antragsgegnerin vom 25.05.2005 wird wiederhergestellt bzw. angeordnet.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 7.500,00 € festgesetzt.

GRÜNDE

Der wie folgt sachdienlich (§§ 122, 88 VwGO) zu fassende Antrag des Antragstellers gem. § 80 Abs. 5 VwGO,

die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die mit der Entscheidung der Antragsgegnerin vom 25.05.2005 verfügte Untersagung der Vermittlung von Sportwetten und gegen die verfügte unverzügliche Einstellung der untersagten Tätigkeit wiederherzustellen sowie die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die mit derselben Entscheidung erfolgte Androhung eines Zwangsgeldes i. H. v. 5.000,00 € anzuordnen,

ist zulässig und begründet.

Mit ihrer Entscheidung vom 25.05.2005 reagierte die Antragsgegnerin auf der Grundlage der §§ 1 und 3 des Polizeigesetzes für Baden-Württemberg (PolG) auf eine Gewerbeanmeldung des Antragstellers vom 22.04.2005, mit der dieser u.a. die Aufnahme des Gewerbes „Vermittlung von Sportwette“ angezeigt hatte. Die Antragsgegnerin nimmt an, dass der Antragsteller Sportwetten mit festen Gewinnquoten anbietet und entgegennimmt, wobei die abgegebenen Wetten an europäische Veranstalter weitergeleitet würden. Der Antragsteller selbst führt insoweit an, er vermittle in seinen Geschäftsräumen über eine online-Standleitung Sportwetten an den österreichischen Wettanbieter            Die Antragsgegnerin begründete ihre polizeirechtliche Ordnungsverfügung damit, dass der Antragsteller sich mit der Vermittlung von Sportwetten nach § 284 StGB bzw. nach den §§ 284, 27 StGB strafbar mache, was ein Einschreiten zum Zwecke der Unterbindung einer Störung der öffentlichen Sicherheit rechtfertige. Angesichts eines solchen strafbaren Verhaltens sei auch die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Untersagung der Vermittlung von Sportwetten im öffentlichen Interesse nötig. Die §§ 284 ff. StGB dienten dem Schutz überragend wichtiger Gemeinschaftsgüter. Es könne nicht hingenommen werden, dass der Schutz dieser Rechtsgüter wegen der aufschiebenden Wirkung von Rechtsbefehlen unterlaufen werde.

Nach der Auffassung des Gerichts kann bereits die von der Antragsgegnerin abgegebene Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung nicht als tragfähig angesehen werden.

Die sofortige Vollziehung eines Verwaltungsakts kann von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat oder die über den Widerspruch zu entscheiden hat im öffentlichen Interesse oder m überwiegenden Interesse eines Beteiligten angeordnet werden. Die Anordnung ist schriftlich zu begründen (§80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 VwGO). Sie stellt einen Ausnahmefall zu der Grundnorm des § 80 Abs. 1 VwGO dar, wonach Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben. Ob ein besonderes Interesse im Sinne von § 80 Abs. 5 VwGO zu überprüfen (vgl. BVerfG, Beschluss v. 12.09.1995, NVwZ 1996, 58; VGH Bad.-Württ., Beschluss v. 13.03.1997, VBIBW 1997, 390, wonach die aufgrund summarischer Prüfung gewonnene gerichtliche Erkenntnis, dass ein ergangener Verwaltungsakt offensichtlich rechtmäßig ist, als solche noch kein derartiges Vollzugsinteresse begründet). Das besondere Interesse muss in der Regel über das allgemeine öffentliche Interesse an der Herstellung rechtmäßiger Zustände, wie es jedem Verwaltungsakt innewohnt, hinausgehen und die Vollziehung des Verwaltungsaktes schon von dem gesetzlichen Ende der aufschiebenden Wirkung (vgl. § 80b VwGO) erfordern.

Die Maßstäbe gelten auch für die gerichtliche Entscheidung im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO, denn dieses Verfahren ist in das gesetzliche Regel-Ausnahme-System nach §80 Abs. 1 und 2 VwGO eingebunden und ergänzt es. Gegenstand der diesbezüglichen Prüfung durch das Gericht ist dasjenige, was die Behörde in ihrer Begründung der Vollziehungsanordnung anführt. Das Gericht darf nicht etwa eigene Erwägungen anstellen oder weitere Tatsachen feststellen, die ein besonderes Vollzugsinteresse rechtfertigen könnten (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 14, Aufl. § 80 Rn. 88). Weist die Anordnung der sofortigen Vollziehung formelle oder materielle Fehler auf, so muss das Gericht schon aus diesem Grund ohne weitere Sachprüfung dem Antrag stattgeben. Solches ist etwa der Fall, wenn sich die für die Vollziehungsanordnung gegebene Begründung als nicht haltbar erweist. Nur die von der Behörde selbst in der schriftlichen Begründung nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO geltend gemachten Gründe zählen hierbei. Eine andere Auffassung würde das Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 VwGO ad absurdum führen. Wäre es dem Gericht möglich, eine ganz andere Begründung für eine Anordnung der sofortigen Vollziehung aus eigenem Ermessen „nachzuschieben“, bestünden hiergegen auch wegen des Grundsatzes der Gewaltenteilung bedenken. Diesem Grundsatz entspricht es vielmehr, der Verwaltung Gelegenheit zu geben, sich nach Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung im Rahmen ihrer Ermessenheit selbst schlüssig zu werden, ob sie die sofortige Vollziehung des erlassenen Verwaltungsakts aus anderen Gründen anordnen will (vgl. Kopp/Schenke, a.a.O., § 80 Rn.149 m.w.N. aus Literatur und Rechtsprechung zu de, insoweit kontroversen Streitstand).

Die von der Antragsgegnerin mit der Verfügung vom 25.05.2005 abgegebene Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung der verfügten Untersagung der Vermittlung von  Sportwetten stellt sich zwar in formeller Hinsicht zu beanstanden. Denn die Frage, ob der Antragsteller dadurch, dass er Sportwetten an einen österreichischen Wettanbieter vermittelt, Beihilfe zur Veranstaltung eines unerlaubten Glücksspieles leistet – gerade hierauf hebt die Antragsgegnerin maßgebend ab - , ist bislang nicht hinreichend geklärt. Muss indes bereits die Richtigkeit dieser Prämisse der Antragsgegnerin angezweifelt werden, ist sie nicht dazu geeignet, ein besonderes öffentliches Interesse an der ausnahmsweise sofortigen Durchsetzung der streitgegenständlichen Verbotsverfügung zu begründen.

Nach der grundlegenden Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 06.11.2003 (Rechtssache C 243/01 Gambell, NJW 2004, 139) stellt eine nationale Regelung, die strafbewehrte Verbote der Entfaltung der Tätigkeit des Sammelns, der Annahme, der Bestellung und der Übertragung von Wetten, insbesondere über Sportereignisse, enthält, eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs nach den Artikeln 43 und 49 EG dar, wenn der betreffende Mitgliedsstaat keine Konzession oder Genehmigung erteilt. Vor dem Hintergrund des Grundrechtes auf Gewährung effektiven Rechtsschutz nach Art. 19 Abs. 4 GG hatte bereits das Bundesverfassungsgericht in seinen Beschlüssen vom 26.08.2004 (NVwZ 2005, 438) und vom 15.12.2004 (NVwZ 2005, 439) eine allzu oberflächliche Befassung mit den Interessen des Betreibers einer Wettannahmestelle für Sportwetten bemängelt. In seiner Entscheidung vom 27.04.2005 (NVwZ 2005, 1303) hat das Bundesverfassungsgericht weiter betont, dass ein besonderes öffentliches Interesse nach § 80 Abs. 2 Satz 1 VwGO zwar in der Regel bei der Untersagung strafbaren Verhaltens durch einen Verwaltungsakt gegeben ist, da an der Unterbindung der Begehung oder Fortsetzung von Straftaten ein erhebliches öffentliches Interesse bestehe. Dies setze indes voraus, dass die Strafbarkeit des in Rede stehenden Verhaltens im Rahmen der verfassungsrechtlich gebotenen Abwägung um vorläufigen Rechtsschutzverfahren in tatsächlicher wie in rechtlicher Hinsicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit angenommen werden könne. Je unsicherer eine Strafbarkeit prognostiziert werden könne, desto weniger sei allein der ‚Verweis darauf geeignet, das öffentliche Vollzugsinteresse zu begründen. Dies könne insbesondere dann der Fall sein, wenn die Anwendbarkeit der Strafnorm selbst, z.B. aus europarechtlichen Gründen, zweifelhaft sei. In einer solchen Situation bedürfe es nicht zuletzt wegen der materiell grundrechtsgewährleistenden Funktion effektiven Rechtsschutzes der Benennung über die Strafbarkeit hinausgehender konkreter Gefahren für das Allgemeinwohl. Angesichts der Entscheidung des Europäischen Gerichtshof in der Sache Gambell und ihrer Rezeption durch Rechtsprechung und Literatur könnten aber erhebliche Zweifel an der gemeinschaftlichen Vereinbarkeit des § 284 StGB nicht ohne Verstoß gegen das Willkürverbot ausgeschlossen werden. Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes betreffe nicht nur die europarechtliche Zulässigkeit mitgliedstaatlicher Glückspielmonopole, sondern stelle auch die Frage, ob deren Streitbewehrung am Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts scheitere. Der Europäische Gerichthof halte etwa im Rahmen der gemeinschaftsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsprüfung die Erforderlichkeit einer Strafsanktion u.a. auch dann für überprüfungsbedürftig, wenn der Leistungserbringer, an den vermittelt werde, im Mitgliedstaat der Niederlassung einer Kontroll- und Sanktionsregelung unterliege. Angesichts dessen könne aber ein besonderes Vollzugsinteresse im verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren nicht ausreichend begründet werden.

Mit seinem Urteil vom 28.03.2005 (NJW 2006, 1261 = EuGRZ 2006, 189; s. dazu Kment, NVwZ 2006, 617) hat das Bundesverfassungsgericht zwischenzeitlich dahingehend erkannt, dass ein staatliches Monopol für Sportwetten mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG nur dann vereinbar ist, wenn es konsequent am Ziel der Bekämpfung von Suchtgefahren ausgerichtet ist. Das Bundesverfassungsgericht sieht sich dabei in Einklang mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes, nach welcher die Unterbindung der Vermittlung von Sportwetten in anderen Mitgliedstaaten mit dem Gemeinschaftsrecht nur vereinbar sei, wenn ein Staatsmonopol wirklich dem Ziel diene, die Gelegenheiten zum Spiel vermindern, und die Finanzierung sozialer Aktivitäten mit Hilfe einer Abgabe auf die Einnahmen aus genehmigten Spielen nur eine nützliche Nebenfolge, nicht aber der eigentliche Grund der betriebenen restriktiven Politik sei (Urt. V. 28.03.2006 a.a.O., Rn. 144). Das Bundesverfassungsgericht stellt das im Bundesland Bayern – wie in Baden-Württemberg – errichtete staatliche Wettmonopol in seiner gegenwärtigen gesetzlichen und tatsächlichen Ausgestaltung als einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Berufsfreiheit dar ( Rn. 119; anders noch: VGH Bad.-Württ., Beschlüsse v. 12.01.2005 VBIBW 2005, 181 und DOV 2005, 387). Die Vorschrift des § 284 Abs. 1 StGB beseitige das festgestellte verwaltungsrechtliche Defizit nicht. Denn diese Regelung enthalte keine inhaltlichen Vorgaben für die Ausgestaltung des Wettangebots (Rn. 129). Der Ausschluss der gewerblichen Veranstaltung von Wetten durch private Wettunternehmen sowie von nicht in Bayern veranstalteten Wetten sie mit dem Grundgesetz unvereinbar, weil das bestehende Wettmonopol in einer Art und Weise ausgestattet sei, die eine effektive Suchtbekämpfung, die den Ausschluss privater Veranstalter rechtfertigen könnte, nicht sicherstelle. Ein verfassungsgemäßer Zustand könne sowohl durch eine konsequente Ausgestaltung des Wettmonopols erreicht werden, die sicherstelle, dass es wirklich der Suchtbekämpfung diene, als auch durch eine gesetzlich normierte und kontrollierte Zulassung gewerblicher Veranstaltungen durch private Wettunternehmen (Rn. 148). Insoweit bestehe eine Regelungspflicht des Gesetzgebers. Wolle er an einem staatlichen Wettmonopol festhalten, müsse er dieses konsequent am Ziel der Bekämpfung der Wettsucht und der Begrenzung der Wettleidenschaft ausrichten (Rn. 149). Hierzu gehören etwa inhaltliche Kriterien wie Art und Zuschnitt der Sportwetten sowie Vorgaben zur Beschränkung ihrer Vermarktung (Rn. 150). Die Werbung für das Wettangebot habe sich zur Vermeidung eines Aufforderungscharakters bei Wahrung des Ziels, legale Wettmöglichkeiten anzubieten, auf eine Information und Aufklärung über die Möglichkeit zum Wetten zu beschränken (Rn. 151). Die Einzelausgestaltung sie an dem Ziel der Suchtbekämpfung und dem damit verbundenen Spielerschutz auszurichten, auch etwa durch Vorkehrungen wie der Möglichkeit der Selbstsperre. Geboten seien auch Maßnahmen zur Abwehr von Suchtgefahren, die über das bloße Bereithalten von Informationsmaterial hinausgingen (Rn. 152). Die Vertriebswege seien so auszuwählen und einzurichten, dass Möglichkeiten zur Realisierung des Spieler- und Jugendschutzes genutzt würden. Insbesondere eine Verknüpfung von Wettmöglichkeiten mit Fernsehüberwachungen von Sportereignissen würde dem Ziel der Suchtbekämpfung zuwiderlaufen und die mit dem Wetten verbundenen Risiken verstärken (Rn. 153). Schließlich habe der Gesetzgeber die Einhaltung dieser Anforderungen durch geeignete Kontrollinstanzen sicherzustellen, die eine ausreichende Distanz zu den fiskalischen Interessen des Staates aufweisen (Rn. 154). Eine Neuregelung komme grundsätzlich sowohl durch den Bundes- wie den Landesgesetzgeber in Betracht (Rn. 155). Für eine Neuregelung sei eine Frist bis zum 31.12.2007 angemessen (Rn. 156). Während der Übergangszeit bleibe zwar die bisherige Rechtslage anwendbar, es müsse jedoch unverzüglich ein Mindestmaß an Konsistenz zwischen dem Ziel der Begrenzung der Wettleidenschaft und der Bekämpfung der Wettsucht einerseits und der tatsächlichen Ausübung des Monopols andererseits sichergestellt werden (Rn. 157). In der Übergangszeit sei zwar das gewerbliche Veranstalten von Wetten durch private Wettunternehmen und die Vermittlung von Wetten weiterhin verboten und könne ordnungsrechtlich unterbunden werden (Rn. 158), dieses jedoch unter der Prämisse, dass bereits in der Übergangszeit damit begonnen werden müsse, das bestehende Wettmonopol konsequent an einer Bekämpfung der Wettsucht und einer Begrenzung der Wettleidenschaft auszurichten. So dürfe der Staat die Übergangszeit nicht zu einer expansiven Vermarktung von Wetten nutzen, weshalb bis zu einer Neuregelung etwa die Erweiterung des Angebots staatlicher Wettveranstaltungen sowie eine Werbung, die über sachliche Informationen zur Art und Weise der Wettmöglichkeiten hinausgehend erzielt zum Wetten auffordere, untersagt sei. Ferner habe die staatliche Lotterieverwaltung umgehend aktiv über die Gefahren des Wettens aufzuklären (Rn. 160). Ob in der Übergangszeit eine Strafbarkeit nach § 284 StGB gegeben sei, unterliege der Entscheidung der Strafgerichte (Rn. 159).

Das Bundesverfassungsgericht ist hiernach nicht von der in seiner Entscheidung vom 27.04.2005 angeführten Auffassung abgerückt, wonach ein auf eine Strafbarkeit gestütztes besonderes öffentliches Interesse voraussetze, dass die Strafbarkeit des in Rede stehenden Verhaltens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit angenommen werden könne. Es hat insbesondere keine Ausführungen zum Inhalt und der Reichweite des § 284 StGB gemacht. Diese Frage hat es vielmehr offen gelassen und es ist seiner früheren Rechtsprechung gefolgt, in der es gerade im Rahmen eines Verfahren über den vorläufigen Rechtsschutz bei privater Wettvermittlung ausgeführt hatte, dass eine Strafbarkeit nach § 284 StGB umso unsicherer prognostiziert werden könne, je mehr die Anwendbarkeit der Norm selbst zweifelhaft sei (vgl. VG Wiesbaden, Beschl. v. 22.06.2006 – 5 G 809/06 -, OLG Stuttgart, Urt. V. 26.06.2006 – 1 Ss 296/05 -, Landgericht Ellwangen, Urt. V. 12.04.2005, 3 Ns 42 Js 5187/03 <juris>, das explizit von einer Unanwendbarkeit des Straftatbestands des § 284 StGB ausgeht).

Der Umstand, dass das Bundesverfassungsgericht für eine Übergangszeit die Anwendung bisherigen – als verfassungswidrig erkannten – Landesrechts für zulässig erachtet und damit den Ordnungsbehörden erlaubt hat, das gewerbliche Veranstalten und Vermitteln von Sportwetten nach Landesrecht als verboten anzusehen und ordnungsrechtlich zu unterbinden, bedeutet nicht, dass nunmehr auch die Anordnung des Sofortvollzugs unter Berufung auf die nicht zweifelsfreie bundesrechtliche Strafnorm des § 284 ‚StGB gerechtfertigt wäre. Die fortbestehenden Zweifel an der Erfüllung des Straftatbestandes des § 284 StGB gründen dich insbesondere auf dessen Verwaltungsakzessorietät. So gehört das Nichtvorliegen einer „behördlichen Erlaubnis“ zu den Merkmalen des objektiven Tatbestands dieser Strafnorm. Wenn aber eine verwaltungsrechtliche Vorfrage bestimmenden Einfluss auf die Frage der Strafbarkeit eines Verhaltens hat, kann es bei der Anwendung des Straftatbestandes nicht unberücksichtigt bleiben, wenn die einschlägige verwaltungsrechtliche Grundlage für mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärt worden ist. Daran ändert es im Ergebnis nichts, wen diese Rechtslage für eine Übergangszeit weiterhin bestehen bleibt. Denn die bloße vorübergehende Meidung eines rechtlichen Vakuums unter bewusster Inkaufnahme eines verfassungswidrigen Zustands im Wege einer Fortgeltungsanordnung des Bundesverfassungsgerichts dürfte jedenfalls keine ausreichende Grundlage für eine strafrechtliche Verurteilung darstellen. Eine Bestrafung nach § 284 StGB kann daher grundsätzlich erst dann wieder in Betracht kommen, wenn der Bundes- oder Landesgesetzgeber seinen Auftrag erfüllt und das Recht der Sportwetten auf eine verfassungskonforme Grundlage gestellt hat (vgl. auch Widmaier, Rechtsgutachten vom 05.05.2006 zu den strafrechtlichen Konsequenzen aus dem Urteil) des Bundesverfassungsgerichts vom 28.03.2004, GewArch 2004, 153; VG Köln, B. v. 14.07.2006 – 1L 827/06).

Unabhängig von der erörterten Frage, ob in dem Fall, in dem sich für die Vollziehungsanordnung gegebene Begründung nicht als haltbar erweist, das Verwaltungsgericht im Rahmen der von ihm zu treffenden – summarischen.- Eilentscheidungen verpflichtet ist, von sich aus alle Gründe zu ermitteln, die eine Aufrechterhaltung der Vollziehbarkeit rechtfertigen könnten, lassen sich derartige Gründe anhand der dem Gericht vorliegenden Behördenakten und anhand der Stellungnahme der Antragsgegnerin aber auch nicht erkennen. So kann etwa insbesondere nicht zuverlässig festgestellt werden, dass im Bundesland Baden-Württemberg bereits sie vom Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 28.03.2006 geforderten rechtlichen und tatsächlichen Maßnahmen ergriffen worden sind, um ein  mit Verfassungs- und Europarecht zu vereinbarendes staatliches Monopol für Sportwetten zu begründen (vgl. hierzu etwa VG Stuttgart, Beschl. 17.07.2006 – 4K 2657/06 , vgl. zur Situation im Bundesland Nordrhein-Westfalen zuletzt VG Köln, B. v. 14.07.2006 – 1 L 927/06).

Das Gericht ist nach allem gehalten, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die Nrn. 1 und 2 der Verfügung der Antragsgegnerin vom 25.05.2006 wiederherzustellen. In der Folge hiervon kann auch die Vollziehung der unselbständigen Zwangsmittelanordnung keinen Bestand haben. Insoweit ist die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers anzuordnen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwert ergibt sich aus den §§ 63 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. den Vorschlägen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 1327; dort II. 54.2.1).

RECHTSMITTELBELEHRUNG

Gegen diesen Beschluss kann innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung beim Verwaltungsgericht Karlsruhe, Postfach 11 14 51, 76064 Karlsruhe, oder Nördliche Hildapromenade 1, 76133 Karlsruhe Beschwerde eingelegt werden. Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg eingeht.

Innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses ist die Beschwerde zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Beschwerde erfolgt ist, beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Schubertstraße 11, 68185 Mannheim, oder Postfach 10 32 64, 68032 Mannheim, einzureichen. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die Gründe darlege, aus denen die Entscheidung abzuändern ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Der Verwaltungsgerichtshof prüft nur die dargelegten Gründe.

Vor dem Verwaltungsgerichtshof muss sich jeder Beteiligte, soweit er einen Antrag stellt, durch einen Rechtsanwalt oder Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulnahmengesetzes mit Befähigung zum ‚Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für die Einlegung des Beschwerde beim Verwaltungsgericht.

Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit der Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen.

In Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten des Sozialhilferechts sind vor dem Verwaltungsgerichtshof als Prozessbevollmächtigte auch Mitglieder und Angestellte von Verbänden im Sinne des § 14 Abs. 3 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes und von Gewerkschaften zugelassen, sofern sie kraft Satzung oder Vollmacht zur Prozessvertretung befugt sind.

In Abgabenangelegenheiten sind vor dem Verwaltungsgerichtshof als Prozessbevollmächtigte auch Steuerberater und Wirtschaftsprüfer zugelassen.

In Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse aus einem gegenwärtigen oder früheren Beamten-, Richter-, Wehrpflicht-, Wehrdienst- oder Zivildienstverhältnis betreffen und Streitigkeiten, die sich auf die Entstehung eines solchen Verhältnisses beziehen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen einschließlich Prüfungsangelegenheiten, sind vor dem Verwaltungsgerichtshof als Prozessbevollmächtigte auch Mitglieder und Angestellte von Gewerkschaften zugelassen, sofern sie kraft Satzung oder Vollmacht zur Vertretung befugt sind.

Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1 und 3 GKG verwiesen.

Unterschrift