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Zum Preisvergleich in Werbeanzeigen aus dem Energiesektor, LG Frankfurt a. M., Urt. v. 27.02.2009, Az.: 3-12 O 185/08

Leitsätzliches

1. Wer als Anbieter von leitungsgebundenem Gas gegenüber Verbrauchern unter Angabe von Preisen wirbt, hat die in § 3 PAngV genannten Angaben zu machen.
2. Wird der Verbraucher durch eine Werbung mit Preisangaben zu Vorstellungen über die Preiswürdigkeit einer Ware oder zu Preisvergleichen mit Konkurrenzerzeugnissen veranlasst, soll ihm durch die Angabe des tatsächlich geforderten Endpreises auch ein tauglicher Vergleichsmaßstab zur Verfügung stehen.

LANDGERICHT FRANKFURT AM MAIN

Im Namen des Volkes

Urteil

Entscheidung vom 27. Februar 2009

Az.: 3-12 O 185/08

 

 

In dem einstweiligen Verfügungsverfahren

[…]

- Antragstellerin -

(Verf.-Bev.)

gegen

[…]

- Antragsgegnerin -

(Verf.-Bev.]

hat das Landgericht Frankfurt am Main — 12. Kammer für Handelssachen - durch Vors. Richter am Landgericht aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 27.02.2009 für Recht erkannt:

Der Beschluss — einstweilige Verfügung — vom 23.12.2008 wird bestätigt

Die Antragsgegnerin hat die weiteren Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens zu tragen.

 

Die Antragsgegnerin ist eine seit Anfang des Jahres 2008 im Rhein-Main-Gebiet tätige Wettbewerberin auf dem Gebiet der […].

Im Rahmen der […] verfügt die Antragstellerin neben dem Grundversorgungstarif Medium über die Tarife […] und […].

Neukunden der Grundversorgung mit einem Verbrauch von mehr als 12.000 kWh/Jahr bietet die Antragstellerin den Wechsel in die Tarife […] und […] an.

Dies ist mit einem Kostenvorteil verbunden.

Die Antragsgegnerin veröffentlichte in der […] am 17.11.2008 eine Werbeanzeige, in der es u. a. hieß „Kunden sparen € 107/Jahr*". Im Sternchenauflösungstext gab es hierzu die Erläuterung „bei /1 000 kWh pro Jahr im Vergleich zur Grundversorgung Medium […] gültig ab dem 1.12.2008".

Wegen der Einzelheiten der Werbeanzeige wird auf die Anlage K 2 zur Antragsschrift Bezug genommen.

Auf Antrag der Antragstellerin wurde der Antragsgegnerin durch Beschluss — einstweilige Verfügung — vom 23.12.2008 bei Ordnungsmittelandrohung untersagt,

im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs

1.     unter Bezugnahme auf Verbrauchsmengen und Tarife der Antragstellerin mit einer bezifferten Angabe einer angeblichen jährlichen Kostenersparnis bei Bezug der […] von der Antragsgegnerin zu werben und/oder werben zu lassen, ohne die Angaben nach § 3 PAngV zu machen,

und/oder

2.     blickfangmäßig unter Bezugnahme auf die Antragstellerin mit einer bezifferten Angabe einer angeblichen jährlichen Kostenersparnis beiBezug der […] von der Antragsgegnerin zu werben und/oder werben zu lassen , wenn es sich bei dem in Bezug genommenen Tarif der Antragstellerin um den Grundtarif „Medium" handelt und es geschieht wie in Anlagen K 2 und K 4.

Die Antragsgegnerin hat gegen diesen Beschluss Widerspruch eingelegt. Die Antragstellerin verteidigt den angegriffenen Beschluss.

Die Antragsgegnerin werbe mit Preisangaben. Sie sei daher verpflichtet, die nach § 3 PAngV erforderlichen Mengen- und Preisangaben dem Verkehr mitzuteilen.

Die Bewerbung einer jährlichen Preisersparnis von € 107,-- mit der Bezugnahme auf einen Jahresverbrauch von 22.000 kWh bei Wahl ihres — derAntragstellerin […] - sei irreführend. Dieser Tarif werde nur von Kunden der Grundversorgung genutzt, die sich bei einem Verbrauch von mehr als 12.000 k /Jahr nicht für den Tarif […] oder[…] entschieden. Bei Einsatz von Erdgas zu Heizzwecken werde die jährliche Verbrauchsmenge von 12.000 kWh/Jahr regelmäßig überschritten. 97 % ihrer Erdgaskunden mit einem Jahresverbrauch von mehr als 12.000 kWh/Jahr wechselten in einen der von ihr angebotenen Sondertarife. Die Antragsgegnerin habe damit für ihren Vergleich einen Tarif herangezogen, der in der Praxis keine Relevanz habe. Das sei irreführend.

Die Antragstellerin beantragt,

den Beschluss — einstweilige Verfügung - vom 23.12.2008 zu bestätigen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Beschluss vom 23.12.2008 aufzuheben und den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügüng zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerin führt aus, sie werbe nicht mit Preisbestandteilen oder Einzelpreisen, sondern nenne lediglich eine Preisersparnis gegenüber einem Tarif der Antragstellerin. Das führe nicht zur Anwendbarkeit des § 3 PAngV.

Der Preisvergleich sei nicht irreführend. Die miteinander in Beziehung gesetzten Tarife seien insgesamt funktionsidentisch. Die Irreführung trete nicht dadurch ein, dass der in Bezug genommene Tarif des Mitbewerbers nur von einem geringen Teil der Verbraucher gewählt werde. Hätte sie — die Antragsgegnerin — auf alle Sondertarife der Antragstellerin hingewiesen, wäre dadurch eine Irreführung bewirkt worden.

Wegen aller weiteren Einzelheiten des sonstigen Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze sowie auf die zu den Akten gereichten Anlagen und Glaubhaftmachungsmittel Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung ist zulässig und begründet.
Der Beschluss — einstweilige Verfügung vom 23.12.2008 ist daher zu bestätigen.

Dies gilt zunächst für das Unterlassungsgebot 2. Mit dem Preisvergleich verstößt die Antragsgegnerin gegen die §§ 3, 6 Abs. 2 Nr. 2 UWG.

Der Vergleich ist grundsätzlich auch dann objektiv, wenn der Werbende nur eines oder mehrere, aber nicht alle in Betracht kommenden Produkte eines Mitbewerbers in den Vergleich einbezieht. Dass der Werbende gerade die Produkte für den Vergleich auswählt, bei denen eine für ihn günstige Preisdifferenz besteht; verletzt nicht das Objektivitätserfordernis. Irreführend ist allerdings ein Vergleich, wenn von mehreren Produkten des Mitbewerbers nur das teurere herangezogen und diesem in der Praxis keine Relevanz zukommt.

Der Grundversorgungsvertrag Medium der Antragstellerin betrifft Kunden, die nach § 2 Abs. 2 GasGVV automatisch Kunde der Antragstellerin werden. Bei einem jährlichen Verbrauch oberhalb von 12.000 kWh/a, der in aller Regel übertroffen wird, werden dem Kunden die günstigeren Tarife[…] und […]       angeboten (und auch […]). 97 % der Erdgas Kunden der Antragstellerin entscheiden sich für einen solchen Sondervertrag (eidesstattliche Versicherung […] Leiter Vertriebsstrategie und Produktmanagement, vom 19.12.2008).

Dadurch, dass die Antragsgegnerin im Rahmen des Preisvergleichs mithin auf den teureren, in der Praxis aber nicht relevanten Grundversorgungstarif „Medium" der Antragstellerin abstellt, gerät der Vergleich in eine „Schieflage", genügt nicht mehr dem Objektivitätserfordernis des § 6 Abs. 2 Nr. 2 UWG und ist zudem irreführend nach § 5 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 UWG.

Das Urteil des Landgerichts Cottbus Bl. 70 liegt anders. Beanstandet wurde, dass die dortige Antragsgegnerin im Preisvergleich ihren Tarif nur mit dem Grundversorgungstarif der dortigen Antragstellerin verglich, nicht aber zugleich auf den Sondertarif hinwies. Dabei ging das LG Cottbus davon aus, dass auf den Grundversorgungstarif 48 % der Kunden entfielen und 52 % auf den Sondertarif. Mithin war Gleichgewichtigkeit der Tarife gegeben und die dortige Antragsgegnerin konnte sich im Rahmen des Preisvergleichs einen Tarif […].

[…] fehlt es an der Gleichgewichtigkeit zwischen dem Grundversorgungstarif der Antragstellerin und ihrer Sondertarife.

Das Unterlassungsgebot 1 ist nach den § 3, 4 Nr. 11 UWG, 3 PAngV zu bestätigen.

Wer als Anbieter von leitungsgebundenem Gas gegenüber Letztverbrauchern unter Angabe von Preisen wirbt, hat die in § 3 Satz 1 PAngV genannten Angaben zu machen.

Man kann die formale Betrachtungsweise wählen. Es gibt Endpreise, die in Einzelpreise zerlegt werden. Bei Nennung von Einzelpreisen muss der Endpreis angegeben werden. Die Angabe der Preisersparnis in Bezug auf den Tarif eines Mitbewerbers wäre bei förmlicher Betrachtung keine Einzelpreisangabe.

Es fragt sich, ob „Werbung unter Angabe von Preisen" nach dem Sinn und Zweck der Preisangabenverordnung weiter zu fassen ist. Durch den Hinweis auf den Grundversorgungstarif Medium der Antragstellerin mit einem Verbrauch von 22.000 kWh pro Jahr und der Angabe einer Ersparnis von € 107,--/Jahr bei Zugrundelegung des eigenen Tarifs setzt die Antragsgegnerin ihren Preis als Argument in der Werbung ein (Gloy/Loschelder, Handbuch des Wettbewerbsrechts, 3. Auflage, § 59 Rn. 7). Nach Völker (Preisangabenrecht, 2. Auflage, Rn, 35) soll eine Angabe von Preisen vorliegen, wenn sie geeignet ist, beim Publikum konkrete Vorstellungen über den Preis oder zumindest über das Preisniveau der beworbenen Ware hervorzurufen. Durch die Angaben nach § 3 PAngV soll verhindert werden, dass der Verbraucher seine Preisvorstellungen anhand untereinander nicht vergleichbarer Preise bilden muss. Wird der Verbraucher durch Werbung mit Preisangaben zu Vorstellungen über die Preiswürdigkeit einer Ware oder zu Preisvergleichen mit Konkurrenzerzeugnissen veranlasst, soll ihm durch die Angabe des tatsächlich geforderten Endpreises auch ein tauglicher Vergleichsmaßstab zur Verfügung stehen. Sinn und Zweck der Preisangabenverordnung ist es deshalb, unter Beachtung der Grundsätze von Preiswahrheit und Preisklarheit Preisvergleiche zu gestatten und es dem Verbraucher zu ermöglichen, sich schnell und zuverlässig über das auf dem Markt befindliche Warenangebot näher zu informieren (BGH GRUR 1983, 658 — Hersteller-Preisempfehlung in Kfz-Händlerwerbung -). Diese Grundsätze sind auf § 3 PreisangabenV übertragbar.

Die Antragsgegnerin fordert zum Vergleichen auf („Vergleichen & Sparen"), nimmt Bezug auf einen konkreten Tarif der Antragstellerin, legt eine bestimmte Verbrauchsabnahmemenge zu Grunde und nennt in Bezug auf ihren Tarif die Preisersparnis von € 107,--. Das ist für die Annahme einer Werbung mit Preisangaben nach dem Sinn und Zweck der Preisangabenverordnung ausreichend.

Gegenstand des Urteils des BGH GRUR 1983, 661 — Sie Sparen 4 000,- DM - war die Werbung eines Kfz-Händlers mit „Sie sparen 4 000,- gemessen an der unverbindlichen Preisempfehlung Inland". Der BGH sagte, bei einer solchen Werbung handele es sich lediglich um die zahlenmäßige Konkretisierung der allgemeinen Werbebehauptung, preisgünstig zu sein, die für sich allein noch nicht die Verpflichtung der Angabe des Endpreises auslöse. Es handele sich um die Angabe einer Preisersparnis, die keine Information über Preise enthalte und keinen Preisvergleich erlaube. Der Streitfall liegt anders. Es geht um Preisvergleiche, die der Verbraucher vornehmen soll.

Mithin ist auch das Unterlassungsgebot 1 zu Recht ergangen.

Da die Antragsgegnerin unterliegt, hat sie die weiteren Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens zu tragen.