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Werbung mit "Umweltfreundlich produziert", LG Stuttgart, Urt. v. 14.09.2017, Az.: 2 U 2/17

Leitsätzliches

Die Werbeaussagen "umweltfreundlich produziert" und "geprüfte Qualität" können eine Irreführung darstellen.

 

LANDGERICHT STUTTGART

KAMMER FÜR HANDELSSACHEN

Urteil vom 14. September 2017

Aktenzeichen: 2 U 2/17

 

 

In dem Rechtsstreit

wegen Unterlassung und Abmahnkosten

hat das Oberlandesgericht Stuttgart - 2. Zivilsenat - durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht […], den Richter am Oberlandesgericht […] und den Richter am Oberlandesgericht […] aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 17.08.2017 für Recht erkannt:

I.    Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 29.12.2016, Az. 36 O 60/16 KfH, wie folgt abgeändert:

1.   Die Beklagten werden verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Produkte im Marktsegment Postkästen und Zeitungsrollen in den Verkehr zu bringen

a.    mit einer Formulierung: „Umweltfreundlich produziert“, wie aus Anlage FN 5 oder FN 6 ersichtlich geschehen;

b.    mit „geprüfter Qualität“ wie folgt abgebildet:


[Abbildung]


wie aus Anlage FN 7 ersichtlich geschehen;

2.   den Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtungen im Tenor zu 1. ein Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 Euro und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, angedroht.

3.   Die Beklagten werden jeweils verurteilt, der Klägerin außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 984,60 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22.08.2015 zu erstatten.

II.          Die Beklagten haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

III.          Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert wird auf 60.000 € festgesetzt.

 

Gründe:

I.

1.
Die Klägerin macht wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche gegen die Beklagten geltend und begehrt zudem jeweils vorgerichtliche Abmahnkosten in Höhe von 984,60 € (1,3 Geschäftsgebühr zzgl. Auslagenpauschale aus einem Streitwert von 20.000 €).

Die Klägerin ist Herstellerin und Importeurin u.a. von Briefkästen, die sie vor allem an große Handelsketten zumeist in Form von Aktionsware vertreibt. Der Jahresüberschuss 2012 hatte 5.873,09 € betragen, der Jahresüberschuss 2013 5.491,20 € (Jahresabschluss 2013, Anlage FN 21a, Anlagenband I). 2014 ergab sich ein Jahresfehlbetrag von 61.465,52 € (Jahresabschluss 2014, Anlage NI 18, Anlagenband XI). 2015 verkaufte die Klägerin bis Anfang September ca. 7.500 Briefkästen, was einem Umsatz von etwas über 450.000 € entsprach (Bescheinigung des Steuerberaters, Anlage FN 21b, Anlagenband I).

Die Streithelferin der Beklagten ist ein führendes Unternehmen auf dem Briefkastenmarkt. Die Beklagten sind selbständige Gesellschafter der […]-Gruppe. Die Beklagten Ziff. 1 und Ziff. 2 betreiben jeweils einen […]-Baumarkt.

Die Beklagten als Gesellschafter der […] mbH & Co.KG („[…]“) sind Franchisenehmer der […] GmbH & Co.KG, einer 100%-igen Tochter der […]. Die Gesellschafter können bei den gelisteten Lieferanten der […], zu denen auch die Streithelferin gehört, Waren bestellen und werden direkt von den Lieferanten beliefert. Sofern die Gesellschafter die Waren im Namen und auf Rechnung der […] bestellen, stellt der Lieferant die Lieferung der […] in Rechnung.

Im Rahmen eines Testkaufs bei einem […]-Gesellschafter in […] fiel der Klägerin auf, dass die von der Streithelferin vertriebenen Briefkästen/Zeitungsrollen als „Umweltfreundlich produziert“ beworben wurden und mit dem Prüfsiegel „Geprüfte Qualität“ versehen waren. Wegen dieser Werbung nahm die Klägerin die Streithelferin in einem einstweiligen Verfügungsverfahren vor dem LG Hagen auf Unterlassung in Anspruch. Nach der mündlichen Verhandlung vom 03.06.2015 beauftragte die Klägerin mit E-Mail vom 08.06.2015 ihren Prozessbevollmächtigten, gegen sämtliche Händler vorzugehen, die ebenfalls mit den oben genannten Verstößen auffallen (FN 8, Anlagenband I). Dies führte zu 71 Abmahnvorgängen gegenüber Online-Händlern. Mit Urteil vom 10.07.2015 erließ das LG Hagen die beantragte einstweilige Verfügung (Anlage FN 4, Anlagenband I). Die Streithelferin legte gegen dieses Urteil Berufung ein.

Mit Anwaltsschreiben vom 03.08.2015 mahnte die Klägerin die […] ab (Anlage FN 13, Anlagenband I). In dem Schreiben mahnte die Klägerin (mit der Bitte um Weiterleitung an alle Franchisenehmer) auch alle Betreiber von […]-Baumärkten ab und verlangte eine Unterwerfungserklärung bis 07.08.2015, 13 Uhr. Am 07.08.2015 bat die […] um Verlängerung der Frist um eine Woche (Anlage FN 14, Anlagenband I), woraufhin die Klägerin Fristverlängerung bis zum 12.08.2015 gewährte (Anlage FN 17, Anlagenband I). Mit Schreiben ihrer Anwälte vom 12.08.2015 schlug die […] im Hinblick auf die am selben Tag eingelegte Berufung der Streithelferin vor, den rechtskräftigen Ausgang des einstweiligen Verfügungsverfahrens abzuwarten (FN 15, Anlagenband I). Das Schreiben hat auszugsweise folgenden Wortlaut:

„Die Zwischenzeit haben wir genutzt, um uns mit dem Kollegen Dr. […] von den Rechtsanwälten […], den Vertretern der Lieferfirma […] KG, in Verbindung zu setzen, um mit ihm das weitere Prozedere zu erörtern.

Dafür haben Sie sicher Verständnis. Denn die von uns Vertretenen haben alles andere im Sinn, als sich mit Ihrer Partei in zeit- und kostenintensiven „Stellvertreterkriegen“ zu verlieren.

Die von uns Vertretenen haben die streitgegenständlichen Briefkästen und Zeitungsrollen mit den von Ihrer Partei zu Recht oder zu Unrecht inkriminierten Hinweisen geliefert bekommen. Den von uns Vertretenen oblag es nicht, en détail zu überprüfen, ob jene Hinweise dem Verdikt der Wettbewerbswidrigkeit unterfallen oder eben nicht.

Wir schlagen daher vor und raten dringendst an, um völlig unnötige Weiterungen im Verhältnis zwischen Ihrer Mandantin und den von uns Vertretenen zu vermeiden, dass Sie den rechtskräftigen Ausgang des einstweiligen Verfügungsverfahrens „[…]“ vs. „[…]“ vor dem Landgericht Hagen zu dem Aktenzeichen 23 O 25/15 abwarten. Herr Kollege Dr. […] teilte dem Unterzeichner am 10.08.2015 telefonisch mit, dass er „am heutigen Tage“ Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Hagen vom 10.07.2015 beim Oberlandesgericht Hamm eingelegt habe.

Im Übrigen wies Herr Kollege Dr. […] den Unterzeichner darauf hin, dass und warum er dezidiert der Auffassung sei, dass die „rege“ Abmahntätigkeit Ihrer Partei isoliert betrachtet und in Kombination mit der Anhängigmachung einer Vielzahl von einstweiligen Verfügungsanträgen auf dem Gebiet des Wettbewerbsrechts dem Verdikt der Rechtsmissbräuchlichkeit im Sinne des § 8 Abs. 4 UWG unterfalle.

Auch aus diesem Grunde scheint es uns ratsam, dass Ihre Partei sich zunächst einmal auf eine gerichtliche Auseinandersetzung mit dem „Urheber“ der streitgegenständlichen geschäftlichen Handlungen, also der […] KG, beschränkt, bevor neue Gerichtsverfahren gegen die von uns Vertretenen anhängig gemacht werden.“

Vorausgegangen war ein Vergleichsvorschlag der Streithelferin an die Klägerin vom 10.08.2015 (Anlage FN 16, Anlagenband I), der bei der Klägerin keine Zustimmung fand (Schreiben vom 13.08.2015, Anlage FN 22, Anlagenband I).

Im Zeitraum vom 12. bis 14.08.2015 mahnte die Klägerin insgesamt 203 […] Gesellschafter ab, u.a. die Beklagte Ziff. 1 am 12.08.2015 mit Fristsetzung auf den 17.08.2015 und die Beklagte Ziff. 2 am 13.08.2015 mit Fristsetzung auf den 18.08.2015 (Anlagen 18a und b, Anlagenband I).

Altbestände in den […] Baumärkten wurden Ende September 2015 umgestellt. Die Umstellung in anderen Baumärkten dauerte teilweise bis November 2015.

Mit E-Mail vom 07.10.2015 regte die Klägerin die Abgabe von Unterwerfungserklärungen und Übernahme der entstandenen Kosten zur Beendigung der Streitigkeiten bei Einräumung eines Kündigungsrechts für den Fall des Nichtobsiegens der Klägerin gegen die Streithelferin an. Die Beklagten traten diesem Vorschlag in ihrem Schreiben vom 08.10.2015 nicht näher.

Mit Schriftsatz vom 21.10.2015 nahm die Streithelferin ihre Berufung gegen das Urteil des LG Hagen zurück und erkannte gegenüber der Klägerin die einstweilige Verfügung des LG Hagen als endgültig und nach Bestandskraft und Wirkung einem gleichlautenden Hauptsachetitel gleichstehende Regelung an (Anlage FN 63, Anlagenband I).

In einem Parallelverfahren vor dem LG Mosbach erklärte der Beklagtenvertreter in einer mündlichen Verhandlung am 09.12.2015, dass er zur Vermeidung der Einreichung weiterer Klagen gegen abgemahnte, aber noch nicht verklagte […]-Gesellschafter im Namen dieser auf die Erhebung der Einrede der Verjährung der von der Klägerin geltend gemachten Begehren auf Unterlassung und Erstattung vorprozessualer Abmahnkosten verzichte (Anlage B5 S. 4, 5, Anlagenband XI).

 

Die Klägerin behauptet:

Die Beklagten hätten die entsprechende Ware vertrieben. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten habe dies in dem Schreiben vom 12.08.2015 bereits eingeräumt. Ein Bestreiten mit Nichtwissen sei unzulässig, die Leitung der […], die Beklagten und der Prozessbevollmächtigte der Beklagten wüssten aufgrund der Auswertung der Warenwirtschaft schon seit der Abmahnung, ob ein Produkt vertrieben worden sei.

Die Gesellschafter der […] hätten aufgrund der außergerichtlichen Erklärung des Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 12.08.2015 wegen Erstbegehungsgefahr auch dann Veranlassung zur Abmahnung gegeben, wenn sie in einem der wenigen Einzelfälle keine Verkaufshandlungen vorgenommen hätten. Zudem werde die fortdauernde Erstbegehungsgefahr auch dadurch begründet, dass jeder […] Gesellschafter zu jeder Zeit auf jeden Artikel Zugriff habe und diesen ggf. auf Bestellung liefern könne.

Die Behauptung, dass die Briefkastenmodelle und Zeitungsrollen der Streithelferin umweltfreundlich produziert seien, sei irreführend. Es sei nicht ersichtlich, wie lackierte und verzinkte Briefkästen aus Metall umweltfreundlich produziert werden könnten. Es fehle die Klarstellung, woraus die Umweltfreundlichkeit folge. Der Ausdruck „lösungsmittelfrei“ sei keine nähere Bestimmung der vermeintlich umweltfreundlichen Produktion, zudem sei der Hinweis objektiv falsch, weil sowohl Teile des Produkts als auch die Verpackung mit dem Klebeetikett Lösungsmittel enthielten.

Das Prüfsiegel „Geprüfte Qualität“ erwecke den Eindruck, eine dritte, unabhängige Stelle wie beispielsweise die Stiftung Warentest oder der TÜV habe das Produkt geprüft.

 

Die Beklagten behaupten:

Die Beklagten erklären sich zu dem von der Klägerin behaupteten Vertrieb ausdrücklich nicht. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten trägt hierzu vor, dass er sich mit keinem der Geschäftsführer der Beklagten schriftlich oder fernmündlich darüber ins Benehmen gesetzt habe, ob bzw. inwieweit dieser die streitgegenständlichen Produkte vertrieben habe. Da von Seiten der Klägerin keine Testkäufe oder wenigstens Testbesuche erfolgt seien und die Klägerin die beanstandeten Verletzungshandlungen nicht substantiiert unter Beweisantritt vorgetragen habe, dürfe der Prozessbevollmächtigte die ins Blaue hinein behaupteten Verletzungshandlungen der Beklagten bestreiten.

Im Übrigen führen die Beklagten zum Vorliegen des Rechtsmissbrauchstatbestands im Wesentlichen Folgendes aus:

a) Eine kostenschonendere Möglichkeit wäre eine Beseitigungsklage der Klägerin gegen die Streithelferin gewesen. Auch eine Musterklage gegen die […] wäre ein sehr effektiver und vor allen Dingen kostengünstigerer Weg gewesen. Hätte die Klägerin ein entsprechendes Unterlassungsurteil gegen die […] erwirkt, hätte kein […] Gesellschafter mehr die streitgegenständlichen Artikel der Streithelferin im Namen und auf Rechnung der […] bei der Streithelferin bestellen können. Denkbar wäre auch gewesen, nur einen […] Gesellschafter auf Unterlassung in Anspruch zu nehmen. Schon ein für die Klägerin positives Urteil hätte nämlich die […] und ihre 100%-ige Tochter, die […] GmbH & Co.KG gebunden, denn sämtliche Märkte seien nicht nur Gesellschafter der […], sondern zugleich auch Franchisenehmer der […] GmbH & Co.KG.

b) Mit dem Abmahn- und Aufforderungsschreiben vom 03.08.2015 habe die Klägerin auch sämtliche Gesellschafter der […]-Gesellschaft abgemahnt und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert. Mit dem Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 12.08.2015 habe dieser die Abgabe der Unterlassungserklärungen abgelehnt. Die Klägerin hätte daher ohne weitere kostenpflichtige Abmahnung die […]-Gesellschafter auf Unterlassung gerichtlich in Anspruch nehmen können. Abmahnungen der einzelnen […]-Gesellschafter wären nicht mehr notwendig gewesen.

c) Die Klägerin sei nicht abgestuft vorgegangen. Das Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 12.08.2015 begründe keine Verweigerungshaltung, sondern sei im Deeskalationsinteresse erfolgt.

d) Das Unterlassungsinteresse der Klägerin tendiere de facto gegen Null, weil die Klägerin bei der […] seit Jahren nicht mehr gelistet sei und aus naheliegenden Gründen auch nie mehr gelistet werde. Die Klägerin interessiere es daher nicht, wie die Streithelferin Briefkästen und Zeitungsrollen im […]-Baumarkt kennzeichne.

 

Die Streithelferin der Beklagten trägt vor:

a) Die Abmahnungen seien aus den folgenden Gründen rechtsmissbräuchlich:

Der BGH sehe es als rechtsmissbräuchlich an, wenn ohne Not das Hauptsacheverfahren neben einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes durchgeführt werde. Diese Rechtsprechung sei auf das zeitgleiche Vorgehen der Klägerin im Verfügungsverfahren gegen die Streithelferin und dem sich hieran anschließenden Vorgehen gegen eine Vielzahl von Kunden der Streithelferin übertragbar.

Nach der Rechtsprechung des BGH überwögen sachfremde Ziele, wenn der Gegner mit hohen Prozesskosten belastet werde bzw. werden solle. Die Klägerin habe durch die Abmahnung der Online-Händler und die anschließende Abmahnung von ca. 200 […] Gesellschaften die Streithelferin mit hohen Prozesskosten belastet, ohne dass dies notwendig gewesen wäre. Der Klägerin hätten wesentlich kostengünstigere Alternativen zur Verfügung gestanden. Sie hätte die Streithelferin auffordern können, die streitbefangenen Briefkästen zurückzurufen bzw. die Werbung zu entfernen. Sie hätte aus dem Unterlassungstitel des LG Hagen vom 10.07.2015 gegen die Streithelferin vollstrecken können. Die Streithelferin wäre aufgrund dieses Titels verpflichtet gewesen, die bereits verkauften Waren zurückzurufen bzw. dafür Sorge zu tragen, dass diese vom Markt genommen werden oder die unzulässige Werbung überklebt werde.

Zwischen der Abmahntätigkeit und der gewerblichen Tätigkeit bestehe ein Missverhältnis. Die Abmahntätigkeit stehe in keinem vernünftigen wirtschaftlichen Verhältnis zur gewerblichen Tätigkeit der Klägerin.

Bei der Frage des Rechtsmissbrauchs sei das gesamte Abmahnverhalten der Klägerin auch außerhalb der streitbefangenen Werbeaussagen zu berücksichtigen. Ausgangspunkt der Abmahnwelle sei ein Markenstreit über eine vom Geschäftsführer der Klägerin im Jahr 2012 angemeldeten Marke „[…]“ gegen die Streithelferin gewesen. Weitere Verfahren gebe es wegen angeblich fehlender Herstelleradressen auf Kleineisenwaren. Insgesamt lägen mehr als 300 Abmahnungen vor und es seien mehr als 100 Gerichtsverfahren anhängig.

Der Rechtsmissbrauch ergebe sich auch daraus, dass die Prozessbevollmächtigten der Klägerin die behaupteten Wettbewerbsverstöße nach ihren eigenen Angaben selbst ermittelt hätten.

Die Abmahnungen und das gerichtliche Vorgehen seien ins Blaue hinein erfolgt. Die Klägerin behaupte zwar, ca. 100 Testbesuche/Testkäufe/Testanrufe vor der Abmahnung im August 2015 durchgeführt zu haben. Dies sei aber bislang nicht ansatzweise schlüssig dargelegt.

Die Prozessbevollmächtigten der Klägerin hätten diese von den Kosten der Rechtsverfolgung in den […] Sachen freigestellt. Zwar hätten dies die Klägerin und ihre Prozessbevollmächtigten bestritten. Beide hätten aber bestätigt, dass die Kanzlei […] seit August 2015 in sämtlichen […]-Verfahren weder die Abmahnkosten noch die Rechtsanwaltskosten in den 35 geführten Klageverfahren in Rechnung gestellt habe.

b) Die Streithelferin habe den Markt bereits ab Juni 2015 kontinuierlich bereinigt für alle ihre über 3.500 betroffenen Kunden. Sie habe ca. 118.000 Briefkästen/Zeitungsrollen auf Lager gehabt, die von der Umstellaktion betroffen gewesen seien. Die gesamte Umstellaktion nur bei der Streithelferin und nicht bei deren Kunden habe ca. 4.000 Arbeitsstunden benötigt und von Mitte Mai 2015 (Vorbereitungsmaßnahmen wie Neuentwurf von Aufklebern) bis Ende August 2015 gedauert. Ihre Kunden habe die Streithelferin ab Ende Juni 2015 bis Ende November 2015 „bereinigt“, d.h. die Hinweise überklebt bzw. die betroffene Ware ausgetauscht. Abgemahnte Kunden, die sich an die Streithelferin gewandt hätten, seien ab dem 29.06.2015 gebeten worden, die angegriffenen Siegel „geprüfte Qualität“ und „umweltfreundlich produziert“ nicht mehr zu verwenden.

c) Die Klage sei unbegründet.

Die Werbeaussage „geprüfte Qualität“ sei wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden. Es werde gerade nicht der Eindruck erweckt, es handele sich um ein Siegel einer unabhängigen Prüfinstitution wie der Stiftung Warentest oder des TÜV. Vielmehr enthalte das Logo auch den Hinweis „[…] Markenprodukt“. Der maßgebliche aufgeklärte Verbraucher erkenne also unmittelbar, dass das Logo von der Streithelferin stamme und dass diese ihre eigenen Markenprodukte geprüft habe. In dieser Erwartung werde er auch nicht enttäuscht, da bei der Streithelferin kontinuierlich eine Qualitätskontrolle der Entwicklung, der Herstellung und des Verkaufs stattfinde und die Streithelferin für die Herstellung der Briefkästen und Zeitungsrollen nach ISO 9001 zertifiziert sei. Selbst wenn man - insoweit unzutreffend - von einer verbleibenden Irreführungsgefahr ausginge, fehle dieser jedenfalls die erforderliche wettbewerbliche Relevanz.

Auch die übrigen mit der Abmahnung beanstandeten Handlungen seien nicht wettbewerbswidrig.

 

2.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.

Die Klage gegen die Beklagten sei abzuweisen, weil dem Vortrag der Klägerin nicht entnommen werden könne, dass die Beklagten Postkästen und Zeitungsrollen mit den als irreführend beanstandeten Formulierungen in ihren Baumärkten zum Kauf angeboten hätten.

Übliches und geeignetes Mittel zum Nachweis eines solchen Erstverstoßes bzw. einer solchen Verletzungshandlung sei ein Testkauf oder wenigstens ein Testanruf. Ob es derartige Testkäufe oder -anrufe bei den Beklagten gegeben habe, habe die Klägerin nicht sagen können. Solange die Klägerin ihren Vortrag zu den angeblichen Erstverstößen nicht näher konkretisiere, könnten sich die Beklagten und ihre Streithelferin auf einfaches Bestreiten beschränken. Eine sekundäre Darlegungslast treffe die Beklagten nicht.

Die Formulierung im Anwaltsschreiben vom 12.08.2015, wonach die […]-Gesellschafter die streitgegenständlichen Briefkästen und Zeitungsrollen geliefert bekommen hätten, beweise in ihrer Pauschalität keine konkrete Verletzungshandlung  und genüge als Nachweis der Verstöße nicht. Auf die Formulierung könne auch keine Erstbegehungsgefahr gestützt werden, weil die Formulierung offensichtlich der Rechtsverteidigung diene und der beanstandete Vertrieb von Briefkästen und Zeitungsrollen nicht als rechtmäßig verteidigt worden sei.

 

3.
Die Klägerin verfolgt ihre erstinstanzlichen Klageanträge vollumfänglich weiter. Zur Begründung führt sie aus:

a) Die Verletzungshandlungen seien prozessual nicht wirksam bestritten.

Die Klägerin habe mehrfach zu den Feststellungen der Verletzungshandlungen vorgetragen. Sie habe frühzeitig erklärt, wie die Abklärung vor den Abmahnungen erfolgt sei und dass ergänzende Sichtungen der Märkte relativ kurz nach Abmahnung nochmals erfolgt seien.

Die Beklagten hätten ausdrücklich keine Aussage dazu getroffen, ob sie die streitgegenständlichen Waren angeboten oder vertrieben hätten. Ihr Bestreiten sei prozessual nicht hinreichend substantiiert und daher unbeachtlich.

Zudem habe die […] am 12.08.2015 den Vertrieb für die Beklagten zugestanden.

Im Übrigen habe die Klägerin vorgetragen, dass die Beklagten bei der Streithelferin seit jeher als Vertriebspartner des Komplettsortiments beworben worden seien, und aktuelle Bilder aus den Märkten vorgelegt, die zeigten, dass die Beklagten überarbeitete Ware weiter in ihren Ausstellungen gehabt hätten. Angesichts dessen widerspräche es jeder Logik, wenn diese Ware zum Zeitpunkt der Abmahnung nicht bei den Beklagten vorrätig gewesen wäre.

Die Äußerungen des klägerischen Prozessbevollmächtigten im Termin seien missverständlich bzw. missverstanden protokolliert. Das Protokoll sei schlichtweg falsch bezogen auf die angebliche Äußerung des Klägervertreters, dass nicht alle Märkte besucht oder angerufen worden seien. Hierzu sei auf den gestellten Berichtigungsantrag zu verweisen. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin RA […] habe im Interesse, Fehler zu vermeiden, selbst sichergestellt, dass alle Abzumahnenden gegengeprüft worden seien. Er habe hierzu in der Liste abgehakt oder gestrichen, welche Gesellschafterinnen schon besucht worden seien und sodann die Gesellschafter nach und nach abtelefoniert, die noch offen gewesen seien. Dass diese Liste nicht mehr existiere, bedeute nicht, dass die Anrufe nicht vollständig erfolgt seien. Selbst wenn der im Termin anwesende Klägervertreter RA […] hierzu nichts habe sagen können, hätte das Landgericht dem angebotenen Zeugenbeweis durch RA […] nachgehen müssen.

b) Zudem bestehe eine Erstbegehungsgefahr. Denn jeder Baustoffhändler habe Zugriff auf die inkriminierte Ware und könne diese liefern. Das System der […] sei noch immer nicht abschließend bereinigt, so dass von einer fortbestehenden Erstbegehungsgefahr auszugehen sei.

 

4.

Die Klägerin/Berufungsklägerin beantragt,

das Urteil des LG Stuttgart 36 O 60/16 KfH abzuändern und zu erkennen:

1.    Die Beklagten zu 1) und 2) werden verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Produkte im Marktsegment Postkästen und Zeitungsrollen in den Verkehr zu bringen

a.    mit einer Formulierung: „Umweltfreundlich produziert“, wie aus Anlage FN 5 oder FN 6 ersichtlich geschehen;

b.    mit „geprüfter Qualität“ wie folgt abgebildet: [es folgt die Abbildung] wie aus Anlage FN 7 ersichtlich geschehen;

2.    Den Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtungen im Antrag zu 1) ein Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 Euro und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, angedroht.

3.    Die Beklagten werden jeweils verurteilt, der Klägerin außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 984,60 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22.08.2015 zu erstatten.

 

Die Beklagte/Berufungsbeklagte und deren Streithelferin beantragen:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 29.12.2016 zum Aktenzeichen 36 O 60/16 wird zurückgewiesen.

 

5.
Die Beklagte verteidigt das landgerichtliche Urteil mit den bereits vorgetragenen Argumenten zum Rechtsmissbrauch der Klägerin.

Die Streithelferin führt ergänzend aus:

a) Die Klage sei wegen Rechtsmissbrauchs unzulässig. Soweit der Senat in zwei parallelen Rechtsstreiten (Az. 2 U 24/16 und Az. 2 U 57/16) einen Rechtsmissbrauch verneint habe, sei zu beachten, dass sich der vorliegend zur Entscheidung anstehende Sachverhalt von dem in den genannten Rechtsstreiten unterscheide:

-       Finanzielle Situation der Klägerin in 2015

Die finanzielle Situation der Klägerin habe sich verschlechtert. Für das Jahr 2015 werde ein Fehlbetrag von 322.856,51 € ausgewiesen, der in Höhe von 125.637,60 € nicht einmal durch Eigenkapital gedeckt sei (Anlage NI 29, Bl. 1067). Die Klägerin habe sich daher bereits zum Zeitpunkt der Abmahnungen in erheblichen finanziellen Problemen befunden und sei bilanziell überschuldet gewesen. Es widerspreche jedweder kaufmännischen Vernunft, dass ein derart überschuldetes Unternehmen zeitgleich 200 Abmahnungen aussprechen lasse, mit denen allein Anwaltskosten auf Seiten des Klägers in Höhe von 200.000 € verbunden seien zusätzlich zu den bekannten, mit der Abmahnung eingegangenen Kostenrisiken.

-       Möglichkeit der Vollstreckung

Der Klägerin hätte mit der Einleitung des Ordnungsmittelverfahrens gegen die Streithelferin ein effektiverer, kostengünstigerer Weg offen gestanden. Das Argument, dass ein Ordnungsmittelverfahren den Markt nicht schneller bereinigt hätte, trage nicht, weil auf die Perspektive zum Zeitpunkt der Aussprache der Abmahnungen abzustellen sei, als noch nichts dafür ersichtlich gewesen sei, dass ein Ordnungsmittelverfahren weniger Erfolgsaussichten bieten würde. Auch Stand heute sei nichts dafür ersichtlich, dass ein Ordnungsmittelverfahren zu einer langsameren Marktbereinigung geführt hätte.

-       anlassloses Ausbringen neuer Klagen

Die Klägerin habe in den OLG-Bezirken, in denen sie für sie günstige oberlandesgerichtliche Entscheidungen vorweisen könne (München, Stuttgart, Celle und Koblenz), anlasslos neue Klagen eingereicht, obwohl der Markt mittlerweile unstreitig bereinigt worden sei. Die Produktion bei der Streithelferin sei bereits seit Mitte 2015 umgestellt, die Waren bei den Kunden seien bis Ende 2015 ausgetauscht  bzw. die angegriffenen Werbeaussagen überklebt worden. Die neuen Klagen zeigten, dass das Unterlassungsinteresse jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt nur vorgeschoben sei. Hinzu komme, dass aufgrund des erklärten Einredeverzichts eine zeitliche Not zur Anspruchsdurchsetzung nicht bestanden habe, zumal eine Klärung durch eine Entscheidung des BGH über die Nichtzulassungsbeschwerden zu erwarten sei und der Klägerin mit Schreiben vom 22.12.2016 Unterlassungs- und Verpflichtungserklärungen bzgl. sämtlicher […]-Gesellschaften mit Sitz in den OLG-Bezirken München, Düsseldorf, Stuttgart, Celle und Koblenz angekündigt worden seien.

b) Darüber hinaus sei die Klage auch wegen eines Stillhalteabkommens unbegründet, denn der Verjährungsverzicht vor dem LG Mosbach sei nur zur Vermeidung der Einreichung weiterer Klagen erklärt worden. Dieses darin liegende Angebot habe die Klägerin angenommen, wie aus dem nachfolgenden Schreiben (Anlage FN 270a, Anlagenband I) ersichtlich werde, das von einer gefundenen Absprache darüber, wie mit den noch nicht verklagten, aber abgemahnten […]-Gesellschaftern umzugehen sei, spreche. Das Stillhalteabkommen gelte nicht nur bis zu irgendeiner rechtskräftigen Entscheidung in einem Parallelverfahren, wie es die Klägerin meine, sondern bis zum Abschluss aller Parallelverfahren, solange nicht der BGH zu der Frage des Wettbewerbsverstoßes und des Rechtsmissbrauchs zugunsten der Klägerin entschieden habe. Nur diese Auslegung sei überzeugend, weil die divergierenden, nicht rechtsmittelfähigen Entscheidungen der Oberlandesgerichte keine Grundlage für die Behandlung der noch offenen Fälle liefern könnten.

 

6.
Die weiteren, nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangenen Schriftsätze der Klägerin vom 23.08.2017, 29.08.2017, 30.08.2017 und 07.09.2017 hat der Senat zur Kenntnis genommen. Soweit die Schriftsätze neuen Tatsachenvortrag enthielten, blieb dieser gem. § 296a ZPO unberücksichtigt. Die in den neuen Schriftsätzen enthaltenen Rechtsausführungen gaben keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen (§ 156 ZPO).

 

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin ist begründet.

1.
Auf den Rechtsstreit findet das UWG in seiner seit dem 10.12.2015 geltenden Fassung Anwendung, weil der Unterlassungsanspruch in die Zukunft gerichtet ist. Der Unterlassungsanspruch ist aber - soweit er auf Wiederholungsgefahr gestützt wird - nur begründet, wenn er auch nach der Rechtslage zum Zeitpunkt der die Wiederholungsgefahr begründenden Handlung bestand. Für die in Betracht kommenden Ansprüche aus §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1, 3 Abs. 1, 5 UWG haben sich inhaltlich keine Änderungen ergeben.

 

2.
Die Klage ist zulässig. Weder die Abmahnung noch die anschließende Klage sind missbräuchlich im Sinne des § 8 Abs. 4 UWG.

a) Ein Missbrauch liegt vor, wenn der Anspruchsberechtigte mit der Geltendmachung des Anspruchs überwiegend sachfremde, für sich gesehen nicht schutzwürdige Interessen und Ziele verfolgt und diese als die eigentliche Triebfeder und das beherrschende Motiv der Verfahrenseinleitung erscheinen. Ein Fehlen oder vollständiges Zurücktreten legitimer wettbewerbsrechtlicher Ziele ist nicht erforderlich. Ausreichend ist, dass die sachfremden Ziele überwiegen (Köhler/Feddersen in Köhler/Bornkamm, UWG, 35. Aufl. 2017, § 8 Rn. 4.10).

Das Vorliegen eines Missbrauchs ist jeweils im Einzelfall unter Berücksichtigung der gesamten Umstände zu beurteilen. Maßgebend sind die Motive und Zwecke der Geltendmachung des Anspruchs, die sich aber in der Regel nur aus äußeren Umständen erschließen lassen (Köhler/Feddersen, aaO., Rn. 4.11).

b) Die von Beklagtenseite angeführten Umstände sind weder einzeln noch in ihrer Gesamtheit geeignet, einen Missbrauch der Klägerin im Sinne des § 8 Abs. 4 UWG nachzuweisen. Dies gilt auch bzgl. der von der Streithelferin angeführten, neuen Gesichtspunkte. Im Einzelnen:

aa) Dass die Klägerin 203 […]-Gesellschafter auf einmal abgemahnt hat, belegt einen Missbrauch nicht, denn eine umfangreiche Abmahntätigkeit ist für sich genommen noch kein Indiz für ein Gebührenerzielungsinteresse (Köhler/Feddersen, aaO., Rn. 4.12; OLG Koblenz, Urteil vom 22.02.2017, 9 U 654/16, Anlage FN 371a, Bl. 1429, 1437).

Soweit die Beklagte einwendet, dass das mit der Abmahnung verfolgte Anliegen der Klägerin durch den Zeitablauf (Kenntnis seit April/Mai 2015) und der damit fehlenden Möglichkeit, im Wege der einstweiligen Verfügung vorzugehen, ohnehin nicht mehr durchsetzbar gewesen sei, überzeugt das weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht. Denn eine Abmahnung mit nachfolgendem gerichtlichen Verfahren kann auch ohne schnelle gerichtliche Entscheidung eine disziplinierende Wirkung haben, was sich im Übrigen auch daran zeigt, dass die […] Baumärkte die streitgegenständliche Ware im Wesentlichen Ende September 2015 umgezeichnet bzw. entfernt hatten, andere Baumärkte aber erst im November 2015. Im Übrigen wäre das Argument der Beklagten aber auch nicht zulässig, denn es liefe darauf hinaus, Abmahnungen deshalb für missbräuchlich zu halten, weil sich der Abgemahnte aller Voraussicht nach nicht rechtskonform verhalten wird.

bb) Eine einfachere und billigere, aber ebenso effiziente Möglichkeit, eine Bereinigung der Märkte zu erreichen, stand der Klägerin nicht zur Verfügung.

(i) Ein Vorgehen gegen die Streithelferin wäre bereits deshalb nicht genügend gewesen, weil die Streithelferin selbst vorträgt, dass allein der Aufwand, die bei ihr im Lager befindlichen Artikel zu überarbeiten, 4.000 Arbeitsstunden benötigt habe. Der Vortrag der Streithelferin belegt, dass sie gar nicht in der Lage gewesen wäre, zeitnah einen Verkauf der beanstandeten Briefkästen und Zeitungsrollen zu verhindern, unabhängig davon, dass das damalige Verhalten der Streithelferin eine solche Kooperationsbereitschaft auch nicht nahelegt (OLG Koblenz, Urteil vom 22.02.2017, 9 U 654/16, Anlage FN 371a, Bl. 1429, 1439; OLG München, Urteil vom 27.10.2016, 29 U 1152/16, Anlage FN 313, S. 21).

Die Klägerin war auch nicht gehalten, vorrangig den gegen die Streithelferin erstrittenen Titel in der Zwangsvollstreckung durchzusetzen. Ein solches Vorgehen wäre keine einfachere und gleichermaßen effektive Alternative für die Erzielung einer Marktbereinigung gewesen. Die gegenteilige Argumentation (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 28.04.2017 [Anlage NI 45 im Verfahren 2 U 37/17, Bl. 527]; OLG Köln, Urteil vom 10.02.2017 [Anlage NI 44 im Verfahren 2 U 37/17, Bl. 503]) überzeugt nicht. Bei einem Vorgehen nach § 890 ZPO hätte die Klägerin der Streithelferin nachweisen müssen, dass diese schuldhaft gegen ihre Pflicht zur Marktbereinigung verstoßen hätte. Ein solcher Nachweis ist bereits deshalb mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden, weil die Streithelferin darauf angewiesen gewesen wäre, dass die […]-Baumärkte der Rückrufaktion gefolgt wären, denn erzwingen konnte die Streithelferin dies nicht. Die Reaktion von […] im Schreiben vom 12.08.2015 zeigt aber, dass die Bereitschaft, den Markt von sich aus zu bereinigen, gerade nicht vorhanden war, sondern dass vielmehr die Vorstellung bestand, die vorhandene Ware noch in Ruhe abverkaufen zu können.

Im Übrigen hat die Streithelferin in einem Schriftsatz vom 03.08.2015 an das LG Hagen selbst ausgeführt, dass es kurios sei, dass die Klägerin nicht gegen die großen Baumarktketten vorgehe (Anlage FN 12, Anlagenband I). Angesichts dieses Schreibens lässt sich kaum ernsthaft vertreten, dass die Klägerin sich deshalb rechtsmissbräuchlich verhalten habe, weil sie auch gegen […] vorgegangen ist.

(ii) Ein Vorgehen gegen die Zentralgesellschaft […] hat die Klägerin mit ihrem Schreiben vom 03.08.2015 erfolglos versucht. Die Reaktion der […] im Schreiben vom 12.08.2015 hat gezeigt, dass die Klägerin mit einem Vorgehen gegen […] keine Änderung des Verhaltens der einzelnen […] Gesellschafter erreichen konnte. Mit dem Antwortschreiben vom 12.08.2015 wurde dem Anliegen der Klägerin in keiner Weise Rechnung getragen. Das Schreiben ist im Ton zwar freundlich, in der Sache aber schroff gehalten, denn das Schreiben enthält lediglich den Vorschlag, den Ausgang (zumindest) des einstweiligen Verfügungsverfahrens abzuwarten. Da dies mindestens noch ein halbes Jahr in Anspruch genommen hätte - die Streithelferin hatte gerade erst Berufung eingelegt -, hätten die […]-Baumärkte in dieser Zeit einfach weiterverkaufen können. Irgendein Entgegenkommen in diesem Punkt ist dem Schreiben nicht zu entnehmen (OLG München, Urteil vom 27.10.2016, 29 U 1152/16, Anlage FN 313, S. 18). Damit wurde gerade dem Hauptanliegen der Klägerin in keiner Weise Rechnung getragen. Es ist nachvollziehbar, dass der Prozessbevollmächtigte der Klägerin dieses Schreiben als Affront empfunden hat (so auch OLG Koblenz, Urteil vom 22.02.2017, 9 U 654/16, Anlage FN 371a, Bl. 1429, 1438).

(iii) Ob ein Vorgehen gegen die […] GmbH & Co.KG, die Franchisegeberin der […]-Gesellschafter, genügt hätte, weil über diese die Fakturierung und Rechnungsstellung läuft und die einzelnen Gesellschafter bei einem obsiegenden Urteil gegen die Dachgesellschaft keine streitbefangene Ware mehr bei der Streithelferin hätten beziehen können, kann dahinstehen. Denn dies würde nur dann ein Argument für ein missbräuchliches Verhalten der Klägerin sein, wenn die Klägerin um diese Möglichkeit gewusst hätte, wenn sie also zum Zeitpunkt der Abmahnungen Einblick in die innere Struktur der […]-Baumärkte gehabt hätte. Eine solche Kenntnis zum damaligen Zeitpunkt ist von der Klägerin bestritten und von Beklagtenseite weder substantiiert dargelegt noch unter Beweis gestellt.

cc) Gegen einen Missbrauch spricht zudem, dass die Klägerin abgestuft vorgegangen ist. Die hiergegen von Beklagtenseite vorgebrachten Einwände greifen nicht durch.

Der gesamte Abmahnkomplex mit allen 203 ausgesprochenen Abmahnungen resultiert im vorliegenden Fall aus einem Verstoß der Streithelferin als Herstellerin der streitgegenständlichen Produkte. Diese wurde von der Klägerin zunächst allein in Anspruch genommen. Erst nachdem die Streithelferin das Urteil nicht akzeptiert hatte und Berufung eingelegt hatte, sind in einem nächsten Schritt die Zentrale der […]-Baumärkte und wiederum erst nach deren ablehnendem Schreiben (s.o.) die […]-Baumärkte im Einzelnen abgemahnt worden. Die Weiterungen erscheinen sachbedingt und nicht außerhalb jeglicher vernünftiger Erwägungen. Zudem ging die Klägerin erst ca. 3 Wochen nach Verkündung des Urteils gegen die Streithelferin auch gegen […] vor.

Auch der zeitliche Ablauf spricht nicht gegen ein abgestuftes Vorgehen. Zwar wurden die Abmahnungen der einzelnen […]-Baumärkte ab dem 12.08.2015 ausgesprochen, obwohl die Frist für die […] erst an diesem Tag ablief. Weder das zwischenzeitlich erfolgte Schreiben der Streithelferin vom 10.08.2015 noch die Tatsache, dass die Streithelferin Berufung gegen das Urteil des LG Hagen eingelegt hat, lassen es gerechtfertigt erscheinen, vor Fristablauf mit den Abmahnungen zu beginnen. Das Schreiben des Beklagtenvertreters datiert aber vom 12.08.2015 und ist auch an diesem Tag dem Klägervertreter übersandt worden. Damit können die Abmahnungen ohne weiteres erst nach dem Eingang dieses Schreibens versandt worden sein (OLG München, Urteil vom 27.10.2016, 29 U 1152/16, Anlage FN 313, S. 20).

Die Fristsetzung selbst ist - entgegen der vom OLG Zweibrücken (Hinweisbeschluss vom 04.10.2016, 4 U 61/16, Anlage NI 15, S. 3 f) und OLG Karlsruhe (Urteil vom 07.12.2016, 6 U 47/16, [Anlage B10 im Verfahren 2 U 37/17, S. 22]) vertretenen Ansicht - kein Beleg für einen Rechtsmissbrauch. Die Klägerin hat das Schreiben vom 03.08.2015 nicht nur per Post, sondern auch per Fax und per E-Mail versandt. Die […]-Zentrale hätte die E-Mail der Klägerin mit der Musterunterwerfungserklärung daher bereits am 03.08.2015 an ihre Gesellschafter weiterleiten können. Zudem hat die Klägerin die zunächst nur bis 07.08.2015 gesetzte Frist bis 12.08.2015 verlängert und um telefonische Rücksprache gebeten, falls noch weiterer Fristbedarf bestehen sollte. Damit hat die Klägerin insgesamt eine Frist von 9 Tagen gewährt, was dem Regelfall entspricht (vgl. Bornkamm, aaO., § 12 Rn. 1.21 - 1 Woche bis 10 Tage). Angesichts dieser Umstände und der von der Klägerin signalisierten Gesprächsbereitschaft ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin nicht ernsthaft an einer außergerichtlichen Lösung interessiert gewesen wäre (vgl. OLG München, Urteil vom 27.10.2016, Anlage FN 313, S. 19).

Etwaige Vorbereitungen der Abmahnungen noch während der laufenden Fristen wären kein Beleg für ein missbräuchliches Verhalten, weshalb es auf den Streit der Parteien hierüber nicht ankommt (a.A. OLG Zweibrücken, Hinweisbeschluss vom 04.10.2016, 4 U 61/16, Anlage NI 15, S. 4 f.). Aufwendig dürfte vor allem die Absendung der Abmahnschreiben gewesen sein, nicht deren Vorbereitung, denn der Text der Abmahnschreiben ist im Wesentlichen identisch, so dass letztendlich nur ein Abmahnschreiben zu entwerfen war. Die für die Abmahnung erforderlichen Adressen waren bereits vorhanden, da sie dem Anschreiben an die […] vom 03.08.2015 beigefügt gewesen waren.

dd) Ein Missbrauch ergibt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines Gebührenerzielungsinteresse der Klägerin. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Geltendmachung der Ansprüche vorwiegend dazu gedient hat, gegen die […]-Gesellschafter einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen.

Von einem solchen Interesse wäre auszugehen, wenn der Anspruchsberechtigte kein nennenswertes wirtschaftliches oder wettbewerbspolitisches Interesse an der Rechtsverfolgung haben kann. Maßgebend ist dabei die Sichtweise eines wirtschaftlich denkenden Unternehmers. Ein Missbrauch ist dann anzunehmen, wenn die Abmahntätigkeit sich verselbständigt, d.h. in keinem vernünftigen Verhältnis zur gewerblichen Tätigkeit des Abmahnenden steht und bei objektiver Betrachtung an der Verfolgung bestimmter Wettbewerbsverstöße kein nennenswertes wirtschaftliches Interesse außer dem Gebührenerzielungsinteresse bestehen kann (Köhler/Feddersen, aaO., § 8 Rn. 4.12 f.).

(i) Der Klägerin kann bereits ein nennenswertes wirtschaftliches Interesse nicht abgesprochen werden, da der Umsatz mit Briefkästen immerhin etwa ein Drittel bzw. ein Viertel ihres Gesamtumsatzes ausmachte. Dass die Klägerin seit mehreren Jahren bei der Beklagten bzw. bei sonstigen […]-Baumärkten nicht mehr gelistet ist, steht dem wirtschaftlichen Interesse der Klägerin nicht entgegen, weil Verbraucher nicht nur bei […]-Baumärkten kaufen und sich eine irreführende Kennzeichnung daher auch auf den Umsatz anderer Mitbewerber/Baumärkte auswirkt.

(ii) Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Abmahntätigkeit in keinem vernünftigen Verhältnis mehr zur gewerblichen Tätigkeit der Klägerin stand.

Im Ausgangspunkt richtig ist, dass das Prozesskostenrisiko angesichts der Größe der Klägerin enorm hoch ist, die angefallenen und zu erwartenden Kosten lassen sich ohne Schwierigkeiten auf mindestens die Hälfte des Jahresumsatzes der Klägerin hochrechnen.

Das Prozesskostenrisiko darf aber nicht isoliert betrachtet werden. Zusätzlich zu berücksichtigen sind hierbei in jedem Fall die Erfolgsaussichten, denn ein wirtschaftlich denkender Unternehmer wird bei der Frage, welches Risiko er eingehen kann, neben den möglichen (negativen) Folgen immer auch die Erfolgsaussichten berücksichtigen (OLG Koblenz, Urteil vom 22.02.2017, 9 U 654/16, Anlage FN 371a, Bl. 1429, 1440).

Die Erfolgsaussichten konnte die Klägerin nach dem Urteil des LG Hagen zu Recht als hoch einstufen. Problematisch war allein noch der Missbrauchseinwand und die Frage, ob die Baumärkte die streitgegenständlichen Briefkästen und Zeitungsrollen überhaupt vertrieben haben. Letzteres ist durch die von der Klägerin vorgetragenen Kontrollen und vor allem durch das Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 12.08.2015, in dem der Vertrieb der streitgegenständlichen Briefkästen und Zeitungsrollen nicht in Abrede gestellt wurde, als relativ gering anzusehen. Ersteres, nämlich den Missbrauchseinwand an dieser Stelle zu berücksichtigen, wäre ein unzulässiger Zirkelschluss. Ein Rechtsmissbrauch kann sich nicht daraus ergeben, dass der Handelnde sein Verhalten als rechtsmissbräuchlich ansehen müsste (so auch OLG Frankfurt, Hinweisverfügung vom 21.02.2017, Anlage FN 370a, Bl. 1412, 1415).

(iii) Ein missbräuchliches Gebührenerzielungsinteresse wird auch nicht dadurch belegt, dass die Klägerin nach dem Schreiben an die […] vom 03.08.2015 noch sämtliche […]-Gesellschafter einzeln abgemahnt hat. Der diesbezügliche Einwand der Beklagten, dass mit dem Schreiben vom 03.08.2015 bereits alle […]-Gesellschafter abgemahnt gewesen seien, ist nicht richtig (so aber OLG Zweibrücken, Hinweisbeschluss vom 04.10.2016, 4 U 61/16, Anlage NI 15, S. 5; OLG Düsseldorf, Urteil vom 28.04.2017, I-15 U 51/16 [Anlage NI 45 im Verfahren 2 U 37/17, Bl. 527, 551]; OLG Köln, Urteil vom 10.02.2017, 6 U 22/16 [Anlage NI 44 im Verfahren 2 U 37/17, Bl. 503, 519]). Dass das Schreiben nicht so zu verstehen war, ergibt sich bereits daraus, dass in dem Schreiben um Weiterleitung an die einzelnen Gesellschafter gebeten wurde, die Klägerin aber keinerlei Einfluss auf die Weiterleitung hatte und auch nicht wissen konnte, ob eine Weiterleitung erfolgt ist. Selbst wenn der Beklagtenvertreter zum damaligen Zeitpunkt bevollmächtigt gewesen wäre, namens der einzelnen Gesellschafter den geltend gemachten Anspruch zurückzuweisen, so hat er dies jedenfalls nicht im Namen der einzelnen Gesellschafter getan. Dass angesichts dessen der Klägervertreter aus Gründen anwaltlicher Vorsicht im Hinblick auf § 93 ZPO gehalten war, den prozessual sichersten Weg zu gehen und vor einer Klageerhebung die einzelnen Gesellschafter abzumahnen, ist eindeutig.

ee) Ein Missbrauch folgt auch nicht aus dem Verhalten des Klägervertreters.

Allerdings ist es ein Indiz für einen Missbrauch, wenn der beauftragte Anwalt das Abmahngeschäft „in eigener Regie“ betreibt, insbesondere selbst Wettbewerbsverstöße erst ermittelt oder den Auftraggeber vom Kostenrisiko ganz oder teilweise freistellt (Köhler/Feddersen, aaO., § 8 Rn. 4.12b).

Hiervon ist im vorliegenden Fall aber nicht auszugehen. Dass der Klägervertreter die Abmahnungen der […]-Gesellschafter nicht in eigener Regie betrieben hat, zeigt nicht nur die Auftrags-E-Mail der Klägerin vom 08.06.2015 sondern auch die Tatsache, dass der Geschäftsführer der Klägerin in einigen der zahlreichen Gerichtsverfahren zwischen der Klägerin und den einzelnen […]-Baumärkten selbst an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat. Die vom Klägervertreter ausgesprochenen Abmahnungen wurden von der Klägerin auch jeweils ernsthaft verfolgt, gerichtliche Verfahren haben sich jedenfalls in der überwiegenden Zahl der Fälle angeschlossen.

Die Beklagte hat auch nicht nachgewiesen, dass der Klägervertreter die Klägerin vom Kostenrisiko ganz oder teilweise freigestellt hat. Die Klägerin trägt hierzu vor, dass sie die Abmahnkosten in Bezug auf […] zwar noch nicht bezahlt habe, dass der Klägervertreter sie aber von der Kostenpflicht nicht freigestellt habe. Dies genügt, denn der Klägervertreter ist nicht verpflichtet, von der Klägerin Vorschüsse zu verlangen. Belastbare Indizien für eine Freistellung der Klägerin durch den Klägervertreter hat die Beklagtenseite nicht vorgelegt. Im Übrigen hat die Klägerin auch einen Vorschuss von 35.000 € bezahlt (vgl. OLG Frankfurt, Hinweisverfügung vom 21.02.2017, Anlage FN 370a, Bl. 1412, 1414).

Kein Indiz für eine Missbräuchlichkeit liegt in dem Umstand, dass der Klägervertreter auch selbst ermittelt hat (OLG München, Urteil vom 27.10.2016, 29 U 1152/16, Anlage FN 313, S. 20), denn der von der Streithelferin angesprochene E-Mail-Verkehr zwischen der Klägerin und ihrem Prozessbevollmächtigten vom 05./08.06.2015 zeigt, dass sich die Abmahntätigkeit des Prozessbevollmächtigten der Klägerin gerade nicht verselbständigt hat, sondern jeweils auf Absprachen mit der Klägerin beruhte, wobei diesen Absprachen sachliche Motive (fortdauernde Verweigerungshaltung der Streithelferin, später Verkündungstermin vor dem LG Hagen) zugrunde lagen. Den Ermittlungen des Klägervertreters lagen mithin - Gegenteiliges ist jedenfalls nicht belegt - konkrete Aufträge der Klägerin zugrunde.

ff) Auch in Bezug auf die Erhebung der streitgegenständlichen Klage ist kein Rechtsmissbrauch der Klägerin erkennbar.

Dass die Klägerin anlasslos neue Klagen eingereicht hätte, lässt sich in Bezug auf das vorliegende Verfahren schwerlich sagen. Nachdem der Senat am 01.09.2016 in den Parallelverfahren 2 U 24/16 und 2 U 57/16 zugunsten der Klägerin entschieden hatte, forderte der Klägervertreter die Beklagte mit Schreiben vom 05.09.2016 auf, hinsichtlich der im OLG-Bezirk Stuttgart noch vakanten Gesellschafter eine strafbewehrte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung abzugeben und die entstandenen Abmahnkosten auszugleichen (Anlage FN 270a, Anlagenband I). Dies wurde von der Beklagten verweigert mit der Begründung, die Parteien hätten vor dem LG Mosbach vereinbart, dass entsprechende Erklärungen und Zahlungen erst dann erfolgen, wenn sämtliche Verfahren rechtskräftig vom BGH entscheiden worden seien.

Eine solche Vereinbarung bzw. ein „pactum de non petendo“ haben die Parteien vor dem LG Mosbach ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung (Anlage FN 118, Anlagenband I) nicht getroffen. Das Protokoll enthält die einseitige Erklärung des Beklagtenvertreters, dass er „zur Vermeidung der Einreichung weiterer Klagen gegen abgemahnte, aber noch nicht verklagte […]-Gesellschafter im Namen dieser auf die Erhebung der Einrede der Verjährung …“ verzichte. Im Anschluss daran hat zwar der Klägervertreter erklärt, dass die Klägerin rechtsverbindlich auf das Einreichen weiterer Klagen gegen bis dato nicht verklagte […]-Gesellschafter verzichten werde, wenn diese zustimmen würden, dass der Ausgang der Anspruchsverfolgung davon abhängig gemacht werde, ob die laufenden Verfahren rechtskräftig zugunsten der Klägerin abgeschlossen würden. Dass die […]-Gesellschafter dieser Bedingung zugestimmt hätten, ist aber weder vorgetragen noch ersichtlich. Zudem würde damit entgegen der vom Beklagtenvertreter in seinem ablehnenden Schreiben vom September 2016 geäußerten Ansicht gerade nicht auf eine rechtskräftige Entscheidung des BGH abgestellt, die rechtskräftige Entscheidung des OLG Stuttgart hätte nach der vom Klägervertreter gewählten Formulierung vielmehr genügt.

Das Argument der Streithelferin, dass die neue Klage zu einem Zeitpunkt eingereicht worden sei, als der Markt längst bereinigt gewesen sei, belegt keinen Missbrauch, weil es der Beklagten frei gestanden hätte, auf das Aufforderungsschreiben der Klägerin eine strafbewehrte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung abzugeben und damit die Wiederholungsgefahr auszuräumen. Wenn die Beklagte eine solche Erklärung verweigert, zeigt sie damit, dass nach wie vor Wiederholungsgefahr besteht (vgl. Bornkamm, aaO., § 8 Rn. 1.44 mwN). Allein der Umstand, dass die Streithelferin die Produktion umgestellt und eine Abschlusserklärung abgegeben hat und in den Verkaufsstellen sämtliche streitgegenständlichen Werbeaussagen überklebt wurden - was zwischen den Parteien streitig ist -, genügt gerade nicht, um die Wiederholungsgefahr entfallen zu lassen. Ist die Wiederholungsgefahr aber nicht entfallen, dann kann die Erhebung einer Klage nicht wegen Wegfalls der Wiederholungsgefahr missbräuchlich sein.

gg) Auch die sonstigen, von Beklagtenseite ins Feld geführten Umstände belegen ein missbräuchliches Vorgehen der Klägerin nicht:

(i) Die von beiden Seiten ausführlich thematisierten Strafanzeigen der Klägerin gegen den Prozessbevollmächtigten der Beklagten sind für den vorliegenden Rechtsstreit ohne Belang, da sie weder ein Indiz für noch gegen ein rechtsmissbräuchliches Verhalten sind (OLG München, Urteil vom 27.10.2016, 29 U 1152/16, Anlage FN 313, S. 20).

(ii) Vorgelegte Urteile über Rechtsmissbrauch bei anderen Produkten belegen lediglich, dass der Streit zwischen der Klägerin und der Streithelferin völlig aus dem Ruder gelaufen ist und im Verhältnis zwischen diesen beiden den Klagen andere Motive zugrunde liegen mögen als die Lauterkeit des Wettbewerbs. Das ist aber nicht ohne weiteres übertragbar auf das Verhältnis zu den […]-Baumärkten. Hier ist vor allem entscheidend, wie das Verhalten der Parteien unmittelbar vor den Abmahnungen ab dem 12.08.2015 bzw. zum Zeitpunkt der jeweiligen Klagerhebung zu bewerten ist. Für diese Bewertung geben die Streitigkeiten zwischen der Klägerin und der Streithelferin nichts her.

(iii) Ein Missbrauch liegt auch nicht deshalb vor, weil die Klägerin „ins Blaue hinein“ abgemahnt hätte, ohne sich zuvor zu vergewissern, ob der Abgemahnte auch die streitgegenständlichen Briefkästen und Zeitungsrollen führt. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Klägerin eine solche Prüfung vorgenommen hat. Der Streit der Parteien hierüber spielt keine Rolle, weil zum Zeitpunkt der Abmahnungen das Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 12.08.2015 vorgelegen hat, in dem der Beklagtenvertreter ausführte: „Die von uns Vertretenen haben die streitgegenständlichen Briefkästen und Zeitungsrollen mit den von Ihrer Partei zu Recht oder zu Unrecht inkriminierten Hinweisen geliefert bekommen.“ Angesichts dieses Schreibens, das zwanglos als Bestätigung der vorgeworfenen Verstöße verstanden werden kann, kann von einer Abmahnung „ins Blaue hinein“ nicht mehr gesprochen werden (OLG Koblenz, Urteil vom 22.02.2017, 9 U 654/16, Anlage FN 371a, Bl. 1429, 1441; OLG München, Urteil vom 27.10.2016, 29 U 1152/16, Anlage FN 313, S. 20).

 

3.
Die Parteien stehen in einem Wettbewerbsverhältnis. In dem vorliegenden Rechtsstreit steht außer Streit, dass die Klägerin Briefkästen vertreibt. Das Landgericht hat dies im unstreitigen Tatbestand seines Urteils festgestellt.

 

4.
Eine unlautere Handlung im Sinne des § 5 Abs. 1 UWG n.F. liegt in Bezug auf die streitgegenständlichen Angaben („umweltfreundlich produziert“, „umweltfreundlich produziert - lösungsmittelfrei“ und „geprüfte Qualität“) vor.

a) Dies ist im Verhältnis der Klägerin zur Streithelferin durch das Urteil des LG Hagen vom 10.07.2015 und der Anerkennung der einstweiligen Verfügung durch die Streithelferin als endgültig und einem Hauptsachetitel gleichstehend geklärt. Die Streithelferin ist hierdurch aber nicht gehindert, im vorliegenden Verfahren für die Beklagte anderes vorzutragen.

b) Gem. § 5 Abs. 1 Satz 1 UWG n.F. handelt unlauter, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstige Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Irreführend ist eine geschäftliche Handlung nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG, wenn sie unwahre Angaben enthält oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über die wesentlichen Merkmale der Ware wie beispielsweise dem Verfahren der Herstellung oder den Ergebnissen oder wesentlichen Bestandteilen von Tests der Waren.

Die streitgegenständlichen Aussagen enthalten solch unwahre, irreführende Angaben.

aa) Die Aussage „umweltfreundlich produziert“ lässt in ihrer Allgemeinheit offen, in Bezug auf welchen konkreten Aspekt des Produktionsprozesses eine Umweltfreundlichkeit vorliegen soll. Sie erfüllt damit nicht die Erfordernisse, die der BGH für die Zulässigkeit der Werbung mit Umweltschutzbegriffen aufgestellt hat.

Mit der Bezeichnung „umweltfreundlich" werden zwar Eigenschaften der Waren angesprochen, jedoch ohne weitere Aufklärung zunächst noch ohne nähere Vorstellung des Verkehrs darüber, wann bei Vorliegen welcher konkreter Eigenschaften das nur allgemein so beworbene Erzeugnis „umweltfreundlich" ist. Zwar gibt es eine absolute „Umweltfreundlichkeit" nicht, wie übrigens auch den angesprochenen Verkehrskreisen bekannt ist. Bezieht sich die Beklagte in ihrer blickfangmäßigen Werbung aber für die von ihr vertriebenen Erzeugnisse auf deren Umweltfreundlichkeit, also auf einen in seinen Grundlagen noch unaufgeklärten und mit widersprüchlichen Erwartungen, Vorstellungen und Emotionen belegten Begriff, ist sie zu einer entsprechenden Aufklärung verpflichtet. Andernfalls führt sie über die ihren Waren vom Verkehr beigelegten Eigenschaften irre. Sie muss daher bereits in der Blickfangwerbung über die in Frage stehenden Eigenschaften eindeutig aufklären (BGHZ 105, 277, 281 – Umweltengel).

Diese Grundsätze gelten auch heute noch (Bornkamm/Feddersen, aaO., § 5 Rn. 2.191), das veränderte Verbraucherleitbild hat hieran nichts geändert.

Die isolierte Bezeichnung des Produkts „umweltfreundlich produziert“ ist daher irreführend, denn die Werbeaussage lässt offen, in Bezug auf welchen konkreten Aspekt des Produktionsprozesses eine Umweltfreundlichkeit vorliegen soll (OLG Koblenz, Urteil vom 22.02.2017, 9 U 654/16, Anlage FN 371a, Bl. 1429, 1443; OLG München, Urteil vom 27.10.2016, 29 U 1152/16, Anlage FN 313, S. 22). Der Produktionsprozess ist aber so vielschichtig, dass es dieser Angabe bedurft hätte. Aus der Angabe ergibt sich keineswegs, dass sich die Aussage allein darauf beziehen soll, dass die Briefkästen im „lösungsmittelfreien Pulverlackverfahren“ beschichtet worden sind. Der Umstand, dass die Briefkästen nicht aus Asien importiert wurden, hat mit der Produktion ohnehin nichts zu tun und kann die Werbeangabe daher nicht rechtfertigen.

bb) An der Irreführung ändert auch der Zusatz „lösungsmittelfrei“ („umweltfreundlich produziert - lösungsmittelfrei“) in der Anlage FN 6 nichts. Der Wortlaut in der Anlage FN 6 lautet wie folgt:

„F... S... - die Zeitungsrolle im Edelstahl-Look
Spezialverzinkt und im Edelstahl-Look beschichtet
Umweltfreundlich produziert - lösungsmittelfrei“

Das LG Hagen hat hierzu in seinem Urteil ausgeführt, dass sich der Nachsatz zwar als konkrete Ergänzung der Umweltfreundlichkeit verstehe. Allerdings sei er allumfassend, soweit es die fehlende Verwendung von Lösungsmitteln angehe. Dies könne das Produkt aber tatsächlich nicht gewährleisten, da sich der Zusatz bereits nach dem eigenen Vortrag der damaligen Verfügungsbeklagten, d.h. der jetzigen Streithelferin, auf die Verwendung von Lösungsmitteln bei der Lackierung beschränke. Lösungsmittel seien aber auch erforderlich bei der Verzinkung der Produkte. Da die Verfügungsbeklagte/Streithelferin aber uneingeschränkt Lösungsmittelfreiheit vorgebe, die tatsächlich nicht gewährleistet sei, sei die Angabe selbst bei Verwendung des einschränkenden Zusatzes irreführend. Auch die textliche Anordnung gewährleiste nicht, dass sich der Hinweis mit Zusatz oder der allgemein gehaltene Hinweis „umweltfreundlich“ allein auf die Lackierung beziehe, da er sich nach dem oben zitierten Text auch ohne weiteres auf den Punkt „spezialverzinkt“ beziehen könne.

Der Senat sieht keinen Anlass, von dieser nachvollziehbaren und überzeugenden Begründung des LG Hagen abzuweichen, zumal sich die Berufungserwiderung der Streithelferin mit dieser Begründung nicht auseinandersetzt und die Beklagte diesen Punkt ohnehin nicht selbst thematisiert.

cc) Zur Aussage „geprüfte Qualität“ hat bereits das OLG Düsseldorf in Urteilen vom 17.05.2016 ausgeführt, dass diese Aussage geeignet sei, bei einem erheblichen Teil des angesprochenen Verkehrs die Vorstellung zu wecken, die Qualitätsprüfung sei von dritter Seite vorgenommen worden, was unstreitig nicht der Fall sei (OLG Düsseldorf, Urteile vom 17.05.2016, I-20 U 161/15 und I-20 U 150/15, Anlage FN 209a/b, Anlagenband VIII). Was die Qualitätsprüfung im Haus der Herstellerin, d.h. der Streithelferin, anbelange, handele es sich aus der Sicht des angesprochenen Verkehrs um eine Selbstverständlichkeit. Kein Verbraucher, der ein Produkt in der vorliegenden Preisklasse (46,15 €) erwerbe, gehe davon aus, dass dieses Produkt beim Hersteller keiner Qualitätskontrolle unterworfen sei. Die Werbung mit einer Selbstverständlichkeit sei jedoch dann im Sinne von § 5 UWG irreführend und damit unlauter, wenn die Standardeigenschaft des werbenden Unternehmens oder des angebotenen Produkts als etwas Besonderes herausgestellt werde und es sich nicht um eine Information handele, an der die Marktgegenseite ein besonderes Interesse habe (Bornkamm/Feddersen, aaO., § 5 Rn. 1.114). Dass ein Unternehmen intern eine Qualitätsprüfung der von ihm hergestellten Produkte durchführe, sei Standard. Eine Information, an der der Verkehr ein besonderes Interesse habe, enthalte das angegriffene Zeichen nicht.

Diese Ausführungen sind auch vorliegend gültig (so auch OLG Frankfurt, Hinweisverfügung vom 21.02.2017, Anlage FN 370a, Bl. 1412; OLG Koblenz, Urteil vom 22.02.2017, 9 U 654/16, Anlage FN 371a, Bl. 1429, 1443f). Die Streithelferin will ihre interne Qualitätsprüfung als Rechtfertigung für die Aussage „geprüfte Qualität“ heranziehen. Eine interne Qualitätsprüfung ist aber eine Selbstverständlichkeit und genügt entsprechend den obigen Ausführungen gerade nicht, um die Werbeaussage zu rechtfertigen. Die von der Streithelferin weiter ins Feld geführte, externe Zertifizierung nach ISO 9001 betrifft das Qualitätsmanagementsystem einer Organisation und hat mit der suggerierten Qualitätsprüfung des einzelnen Produkts ohnehin nichts zu tun (OLG München, Urteil vom 27.10.2016, 29 U 1152/16, Anlage FN 313, S. 23).

c) Die Beklagten haben Waren mit den genannten irreführenden Aussagen vertrieben.

Der Einwand der Beklagten, der Klägervortrag zum Vertrieb der streitgegenständlichen Waren sei nicht schlüssig, geht fehl. Auf die von Beklagtenseite thematisierte Frage, ob die Klägerin im streitgegenständlichen Fall vor der Abmahnung einen Testkauf, einen Testbesuch oder ähnliches durchgeführt hat, kommt es nicht an. Die Klägerin behauptet, dass die Beklagten Waren mit den streitgegenständlichen Formulierungen vertrieben hätten. Dies genügt für die Schlüssigkeit des Vorbringens. Eine darlegungspflichtige Partei ist nicht verpflichtet, den streitigen Lebensvorgang in allen Einzelheiten darzustellen, etwa wann, wo und mit wem eine bestimmte Vereinbarung getroffen wurde. Für die Schlüssigkeit der Klage genügt vielmehr die Wiedergabe der tatsächlichen Umstände, aus denen sich die gesetzlichen Voraussetzungen der begehrte Rechtsfolge ergeben (Zöller/Greger, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 138 Rn. 7).

Auch der Einwand, bei der Behauptung der Klägerin handele es sich um eine unzulässige Behauptung ins Blaue hinein, greift nicht.

Zwar missbraucht eine Partei ihr Recht, Behauptungen aufzustellen, wenn sie keine tatsächlichen Anhaltspunkte für ihre Vermutungen hat (Nachweise auch zur Gegenansicht bei Fritsche in Münchener Kommentar zur ZPO, 5. Aufl. 2016, § 138 Rn. 8, Fn. 24-28, 30). Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall aber nicht gegeben. Bereits der Umstand, dass die streitgegenständlichen Artikel zum Basissortiment der […]-Baumärkte gehören und von diesen jederzeit geordert werden können, ist ein greifbarer Anhaltspunkt und macht den Vortrag der Klägerin plausibel. Dies gilt umso mehr, als der Beklagtenvertreter in seinem Schreiben vom 12.08.2015 selbst formuliert, dass die von ihm Vertretenen - d. h. auch die Beklagten - die streitgegenständlichen Briefkästen und Zeitungsrollen mit den inkriminierten Hinweisen geliefert bekommen hätten, und weiter darauf hinweist, dass es den Vertretenen nicht oblegen habe, im Detail zu überprüfen, ob Hinweise auf den Briefkästen und Zeitungsrollen der Wettbewerbswidrigkeit unterfallen. Bei dieser Formulierung ist die Annahme der Klägerin, die Beklagten hätten die streitgegenständliche Ware vertrieben, nicht nur nachvollziehbar, sondern naheliegend. Von einer Behauptung ins Blaue hinein kann daher keine Rede sein.

Den Vortrag der Klägerin haben die Beklagten nicht wirksam bestritten. Mit Nichtwissen haben die Beklagten ausdrücklich nicht bestritten. Ein Bestreiten mit Nichtwissen wäre auch unzulässig, denn die Beklagten könnten anhand ihrer Buchhaltung ohne weiteres feststellen, ob sie die streitgegenständliche Ware in ihrem Sortiment hatten. Erforderlich wäre daher ein substantiiertes Bestreiten, d.h. die eindeutige Aussage, dass die beklagten Märkte keine Waren mit den streitgegenständlichen Werbeangaben vertrieben hätten. Diese Aussage hat der Beklagtenvertreter ausdrücklich nicht getroffen.

Mangels Bestreiten gilt die Behauptung der Klägerin als zugestanden (§ 138 Abs. 3 ZPO).

 

5.
Die Berechtigung des Antrags Ziff. 2 - Androhung von Ordnungsgeld bzw. Ordnungshaft - ergibt sich aus § 890 Abs. 2 ZPO.

 

6.
Die Abmahnkosten stehen der Klägerin gem. § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG zu, da die Abmahnung nach den obigen Ausführungen berechtigt war. Die Abmahnkosten sind aus dem berechtigten Streitwert von 20.000 € unter Zugrundelegung einer 1,3-Geschäftsgebühr zzgl. Post- und Telekommunikationspauschale richtig berechnet.

Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz sind wie beantragt ab dem 22.08.2015 zuzusprechen (§§ 286 Abs. 2 Nr. 1, 288 Abs. 1 BGB). In den Abmahnschreiben wurde zwar eine Frist zur Zahlung der Abmahnkosten bis zum 24.08.2015 gesetzt. Allerdings befanden sich die Beklagten bereits ab dem 17.08.2015 in Verzug, weil das Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten von diesem Tag hinsichtlich sämtlicher geltend gemachter Ansprüche, d.h. auch hinsichtlich der Abmahnkosten, eine ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung darstellt.

 

III.

1.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

2.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

3.
Die Revision ist nicht zuzulassen.

Die abweichenden Entscheidungen einiger Oberlandesgerichte sind kein ausreichender Grund für die Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Revisionsgerichts nur, wenn der Beurteilung unterschiedliche Rechtssätze zugrunde liegen, nicht aber, wenn der gleiche Sachverhalt von zwei Gerichten lediglich unterschiedlich beurteilt wird (Reichold in Thomas/Putzo, ZPO, 37. Aufl. 2016, § 543 Rn. 4b). Die Diskrepanz zu anderen Oberlandesgerichten besteht allein in der Bewertung, ob das Verhalten der Klägerin rechtsmissbräuchlich ist. Dabei gehen alle Oberlandesgerichte von denselben Obersätzen aus, lediglich die Subsumtion fällt unterschiedlich aus.

Von grundsätzlicher Bedeutung i.S.d. § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO ist ebenfalls nicht auszugehen. Der Rechtsstreit hat nur für die Parteien, nicht aber für die Allgemeinheit eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung.