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Wettbewerbswidrigkeit von Produktempfehlungsmails - OLG Nürnberg, Urteil vom 25.10.05, Az.: 3 U 1048/05

Leitsätzliches

Das Bereitstellen der Funktion "Produktempfehlung" ist wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden. Ein wettbewerbswidriges Verhalten liegt aber dann vor, wenn der Empfehlungsmail Werbung beigefügt ist, die der Absender selbst nicht verfasst hat.

OBERLANDESGERICHT NÜRNBERG

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL


Aktenzeichen: 3 U 1048/05

Entscheidung vom 25. Oktober 2005

In Sachen

...

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Nürnberg aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 11.10.2005 durch ... für Recht erkannt:

 

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 21.04.2005 (Az 1 HKO 10587/04) abgeändert:

1. Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs auf Empfehlung eines Dritten und aufgrund der von diesem in der Internetseite der Beklagten eingetragenen Empfängerangaben eine persönliche Nachricht des Dritten mit einer Produktempfehlung und Werbung der Beklagten über ihren Server an Internet-Nutzer ohne deren vorherige Einwilligung per E-Mail zu versenden, wenn dies wie folgt geschieht:

...

2. Der Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen Ziffer 1 Nr.1. ein Ordnungsgeld bis 250.000 € oder eine am Vorstand zu vollziehenden Ordnungshaft bis zu 6 Monaten sowie Ordnungshaft auch für den Fall, dass das Ordnungsgeld nicht beigetrieben werden kann, angedroht.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 189,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 22.09.2004 zu zahlen.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die gegen sie gerichtete Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 10.200 € abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision zum Bundesgerichtshof wird zugelassen.

G r ü n d e:

A.

Die Beklagte betreibt ein weithin bekanntes Versandhandelsunternehmen mit Sitz in F. Ihren Warenkatalog präsentiert sie auch im Internet. Die Klägerin ist ein Verbraucherschutzverband nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG. Die Klägerin beanstandet folgende Verfahrensweise der Beklagten bei der Präsentation von Waren im Internet:

Die Beklagte hält auf der Internetseite, auf der sie ein bestimmtes Produkt präsentiert, u.a. ein Menü mit folgenden 5 Unterpunkten vor:

Möchten Sie.....
- das Produkt ausdrucken
- das Produkt weiterempfehlen
- das Produkt in den Merkzettel legen
- ihren Merkzettel öffnen
- auch auf Raten kaufen

Wird der Unterpunkt „das Produkt weiterempfehlen" angeklickt, öffnet sich folgende Seite:

„Seite weiterempfehlen

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...

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...“.

Klickt der Interessent (= im Folgenden „Dritter") auf „abschicken", dann erhält diejenige Person, deren E-Mail-Adresse der Dritte eingetragen hat (= im Folgenden „Empfänger"), die aus dem Tenor ersichtliche E-Mail, die der von der Klägerin vorgelegten Anlage K 1 in einer vom Gericht selbst anonymisierten Form entspricht: Es sind sämtliche Namen der Parteien, des Empfängers sowie des Dritten durch neutrale Einträge in Kursivschrift ersetzt worden.

Die Klägerin ist der Ansicht, mit dieser Vorgehensweise verstoße die Beklagte gegen § 7 Abs. 2 Nr.3 UWG. Denn der Empfänger erhalte eine E-Mail nicht nur mit einem Empfehlungstipp, vielmehr seien damit Produktinformationen der Beklagten verbunden, wie es sich aus Blatt 3 der Anlage K 1 ergebe (= entspricht der Anlage zum Urteilstenor ohne Anonymisierung). Der Empfänger habe für das Zusenden der E-Mail keine Einwilligung erteilt. Die Beklagte bediene sich in wettbewerbsrechtlich unzulässiger Weise Umgehungsmöglichkeiten in Form getarnter persönlicher Empfehlungen. Dies habe die gleiche Wirkung, wie wenn die Beklagte selbst ihre Produkte gegenüber dem Empfänger bewerbe. Die Beklagte sei so auch in der Lage, Spamfilter, die speziell für gewerbliche Absender vorgeschaltet seien, zu umgehen, da die Beklagte nicht als Absender in Erscheinung trete. Im Übrigen verstoße die Beklagte auch gegen § 7 Nr.1 und 2 TDG.

Die Beklagte ist der Ansicht, die auf Initiative des Absenders versandte E-Mail enthalte als Absenderkennung „@q....de", umginge so also keinen Spamfilter. Ihre Vorgehensweise sei keine Direktwerbung. Unter Berücksichtigung der RL 2002/58/EG sei § 7 UWG nämlich so auszulegen, dass damit nur Direktwerbung erfasst werden sollte.

In 1. Instanz hat die Klägerin einen Unterlassungsantrag gestellt, welcher auszugsweise lautet wie folgt:

Die Beklagte wird verurteilt, unter Androhung eines Ordnungsgeldes ... es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs auf Empfehlung eines Dritten aufgrund dessen in der Internet-Seite der Beklagten eingetragenen Empfängerangaben von diesem eine persönliche Nachricht mit einer Produktempfehlung zugunsten der Beklagten über den Server der Beklagten an Internet-Nutzer ohne deren vorherige Einwilligung zu versenden.

Wegen der genauen Antragstellung beider Parteien sowie deren tatsächlichen und rechtlichen Ausführungen wird auf den Tatbestand des Ersturteils Bezug genommen.

Das Erstgericht ist im Wesentlichen der Argumentation der Beklagten gefolgt, dass hier keine Direktwerbung vorliege. Nicht die Beklagte versende die beanstandete E-Mail direkt, sondern sie eröffne dem Besucher ihrer Homepage die Möglichkeit, eine E-Mail an einen Dritten zu versenden. Selbst wenn man das Vorgehen der Beklagten als kommerzielle Kommunikation qualifiziere, liege dennoch kein Verstoß gegen § 7 Nr.1 u. 2 TDG vor, da die Beklagte als Auftraggeber klar identifizierbar sei. Auch sei die E-Mail als kommerzielle Kommunikation erkennbar.

Die Klägerin hat gegen dieses Urteil Berufung eingelegt mit folgender Begründung: Das Erstgericht habe bei seiner Argumentation übersehen, dass die Beklagte nicht nur eine Produktempfehlung, sondern auch noch weitere Werbung versende. Die Beklagte umgehe so das in § 7 UWG ausdrücklich aufgestellte Erfordernis der Einwilligung für den Empfang einer E-Mail mit werbenden Inhalt. Aus der fehlenden Einwilligung folge zwingend die vom Gesetz genannte „unzumutbare Belästigung". Die Beklagte umgehe dieses Verbot durch die Vorschaltung eines Absenders, der eine rein persönliche Empfehlung weitergeben wolle. Mit ihrem in der Berufungsinstanz neu formulierten Antrag solle in aller Deutlichkeit die E-Mail mit ihrem gesamten Inhalt, also die Kopplung der reinen Produktempfehlung mit weiterer Werbung so wie aus der Anlage 1 ersichtlich beanstandet werden. Dies sei keine unzulässige Klageänderung, sondern schon immer Inhalt ihrer Klage gewesen.

Die Klägerin stellt nun folgende Anträge:

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 21.04.2005 (Az 1 HKO 10587/04) abgeändert.

II. Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs auf Empfehlung eines Dritten und aufgrund der von diesem in der Internetseite der Beklagten eingetragenen Empfängerangaben eine persönliche Nachricht des Dritten mit einer Produktempfehlung und Werbung der Beklagten über ihren Server an Internet-Nutzer ohne deren vorherige Einwilligung per E-Mail zu versenden, wenn dies entsprechend der Anlage K 1 geschieht.

III. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin einen Aufwendungsersatz in Höhe von 189,00 € mit Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB gemäß §§ 288 Abs.1, 247 BGB seit 22.09.2004 zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt Zurückweisung der Berufung der Beklagten mit folgender Begründung:

Bereits der in der Berufungsbegründung gestellte Antrag, der noch nicht den Zusatz „wenn dies entsprechend der Anlage K1" geschieht, enthalten habe, sei unzulässig gewesen. Das Gleiche gelte nun für den in der Berufungsverhandlung noch weiter ergänzten Antrag.

Dass die Klägerin nun zusätzlich darauf abstelle, dass zusammen mit der Produktempfehlung weitere Werbung der Beklagten in der jeweiligen E-Mail enthalten sei, sei als verspätet zurückzuweisen.

Entscheidend sei nach wie vor, dass § 7 UWG bei richtlinienkonformer Auslegung nur die Direktwerbung erfasse, hier sei jedoch ein Dritter dazwischen geschaltet. Selbst wenn in der von diesem initiierten E-Mail Werbung enthalten sei, führe dies noch nicht zu einer unzumutbaren Belästigung in der Form, die § 7 UWG erfassen wollte. Verhindert werden solle, dass einem Marktteilnehmer ohne seine Einwilligung eine Vielzahl von Werbe-E-Mails geschickt werden. In der ersten Instanz sei klargestellt worden, dass die Beklagte die ihr bekannt gewordenen E-Mail-Adressen der Dritten sofort löschen und keinesfalls später für eine massenweise Werbeaktion gebrauchen werde. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Eine Beweisaufnahme hat nicht stattgefunden.

B.

I.

Die Berufung ist zulässig.

Sie wäre nur dann bedingt durch den neu formulierten Unterlassungsantrag teilweise unzulässig, wenn die Klägerin mit ihrem in der Berufungsbegründung, bzw. dem in der mündlichen Verhandlung nun gestellten Antrag ihren in 1. Instanz gestellten und verbeschiedenen Antrag überhaupt nicht mehr weiterverfolgt hätte. Entgegen der Ansicht der Beklagten hat die Klägerin jedoch keinen neuen Streitgegenstand eingeführt. Vielmehr ist der nun gestellte Antrag ebenso wie der in der Berufungsbegründung aufgeführte als klarstellende Präzisierung des ursprünglich gestellten Antrags zu verstehen. Auch wenn der in 1. Instanz gestellte Unterlassungsantrag nur die Wendung „persönliche Nachricht mit einer Produktempfehlung" enthalten hat und zunächst in der Berufung nur durch die Wörter „mit einer Produktempfehlung und Werbung", und dann durch die Wörter „wenn dies entsprechend der Anlage K1 geschieht", ergänzt worden ist, führt dies dennoch nicht zu einer Änderung des Streitgegenstandes. Wie sich insbesondere in der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz gezeigt hat, bedarf der Begriff „Produktempfehlung" einer Präzisierung. Eigentlicher Grund dafür ist eine allein von der Beklagten, aber nicht der Klägerin hervorgerufene Begriffsverwirrung durch den Gebrauch dieses Begriffes. Wie aus der oben unter A wiedergegebenen Menüauswahl auf der Internetseite der Beklagten ersichtlich ist, bezeichnet sie selbst die vom Dritten anzuklickende „Produktempfehlung" als das, was als E-Mail beim Empfänger ankommt. Dass darin mehr enthalten ist als nur die persönlichen Grüße sowie die Empfehlung eines vom Dritten speziell ausgewählten Produkts, ist klar ersichtlich. Wenn die Klägerin folglich eine solche E-Mail (hier als Anlage K 1 ) vorlegt, diese als „Produktempfehlung" bezeichnet und mit dieser Bezeichnung auch zum Gegenstand ihres Klageantrags macht, hält sie sich an die von der Beklagten gewählte Terminologie. Dass die Klägerin mit ihrem Klagenantrag gerade die Verbindung einer Empfehlung eines speziell ausgewählten Produktes samt persönlichen Grüßen einerseits mit weitergehender Werbung andererseits in ihrem Unterlassungsantrag beanstanden wollte, ergibt sich bereits aus Blatt 4 der Klageschrift, wo es heißt:

„Wenn der Besucher der Homepage der Beklagten von dieser Möglichkeit Gebrauch macht, erhält der Empfänger eine E-Mail des Freundes mit einem Empfehlungstipp, und zwar verbunden mit den Produktinformationen der Beklagten".

Dort wird auch in einer für die Beklagte erkennbaren Weise klargestellt, dass die in der Berufungsverhandlung ausdrücklich von der Klägerin angesprochenen „Kopplung" beanstandet werden sollte. Der nunmehr auf Anregung des Senats in der Berufungsinstanz gestellte Antrag nimmt Bezug auf eine konkrete E-Mail und soll eine weitere Klarheit des Verbotsumfangs herbeiführen, was gerade im Hinblick auf das Bestimmtheitserfordernis eines Unterlassungsantrages auch geboten ist.

II.

Die Berufung ist auch begründet:

Der Inhalt der im Tenor aufgeführten E-Mail ist als belästigende Werbung nach § 7 UWG zu werten.

1. Die E-Mail, die beim Dritten ankommt, enthält neben der eigentlichen „Produktempfehlung" im engen Sinne (im Folgenden wird sie auch nur noch so verwendet) eindeutig und unmissverständlich Werbung. Schließlich preist die Beklagte in der E-Mail die Möglichkeit an, im Rahmen eines „Großen Sonderverkaufs" bis zu um 50 % reduzierte Ware zu erwerben. Dies ist Werbung, weil sie auf den Absatz von Waren gerichtet (s. Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 23. Auflage, Rdnr. 2.11 zu § 5 UWG).

2. Die Klägerin hat in der Berufungshandlung erläutert, dass sie die E-Mail inhaltlich nicht beanstandet hätte, wenn in dieser die soeben aufgeführte Werbung nicht enthalten gewesen wäre. Auch nach Auffassung des Senats würde die reine Produktempfehlung als solche nicht als wettbewerbswidrig zu qualifizieren sein: Sie ist zwar auch als Werbung im weitesten Sinn zu verstehen, ihr Versand per E-Mail beruht aber allein auf dem Entschluss eines Dritten, der im Zeitpunkt des Versendens nicht vom UWG erfasst wird, da seine Tätigkeit nicht auf den Absatz eigener Waren gerichtet ist.

3. Das Anfügen dieser Werbung widerspricht den Voraussetzungen, die § 7 Abs.2 Nr. 3 UWG für das Zusenden von Werbung auf elektronischem Wege aufgestellt hat, da die Einwilligung des Adressaten nicht vorliegt:

Das Zusenden der E-Mail mit diesem konkreten Inhalt beruht nicht auf der Entscheidung eines Dritten. Denn - wie oben dargelegt - hat der Dritte ausdrücklich den Menupunkt „Produktempfehlung" angewählt. Er wird dabei davon ausgehen, dass er lediglich ein konkret von ihm aus dem Warenangebot der Beklagten ausgewähltes Produkt samt persönlichen Grüßen, aber keine darüber hinaus gehende Werbung versenden würde. Schließlich erlangt er aufgrund des von der Beklagten zur Verfügung gestellten Menuablaufs keine Kenntnis von der konkreten Fassung der E-Mail, in der diese beim Dritten ankommt. Der Zugang der Werbung mit einem „Großen Sonderverkauf' ist von der Entscheidung des Dritten, eine E-Mail zu versenden, so nicht gedeckt. Vielmehr „schmuggelt" die Beklagte im Wege einer entsprechenden Programmierung diese „hinein".

4. Das Argument der Beklagten, von § 7 UWG werde nur „Direktwerbung" erfasst, eine solche liege hier nicht vor, ist unzutreffend. Der rechtliche Ausgangspunkt ist, wie die Richtlinie 2002/58/EG zeigt, zwar zutreffend, jedoch ist der hier streitgegenständliche Vorgang als eine Direktwerbung der Beklagten zu werten. Die Werbung mit dem Sonderverkauf bezieht sich auf den Absatz von Waren der Beklagten. Sie richtet sich ferner an die persönliche Adresse eines ganz bestimmten Adressaten und landet so in seinem elektronischen Briefkasten, seiner Mailbox. Direktwerbung ist jede Art von Werbung, die sich direkt an einen ganz konkreten Empfänger richtet, sei es nun durch die Versendung auf dem herkömmlichen postalischen oder auf elektronischem Wege. Das Gegenteil der direkten Werbung sind in der realen Welt Plakatwände, Kino-, Femseh- oder Zeitschriftenwerbung, die im Zeitpunkt ihres Einsatzes gerade noch nicht persönlich adressiert sind. In der virtuellen Welt, in der sich der zu beurteilende Vorgang abspielt, ist dies Werbung, die auf bestimmten Internetseiten in Form von „Bannern" oder „pop ups" enthalten ist, die vom Adressaten entweder direkt oder mit Hilfe von Suchmaschinen aufgrund eigener Entscheidung besucht werden. Auch hier richtet sich die Werbung wie in der realen Welt an unbestimmte Dritte, deren persönliche Adresse dem Werbenden nicht bekannt ist, bzw. von diesem zu Werbezwecken gerade nicht benutzt wird. Die Frage, ob eine Werbung als „Direktwerbung" zu bezeichnen ist, richtet sich allein nach der Frage, ob ein bestimmter Adressat über seinen elektronischen Briefkasten angesprochen wird oder nicht. Ob der Unternehmer dabei ohne Umwege tätig wird oder einen wie hier ahnungslosen Dritten für die Übermittlung der Werbung einsetzt, berührt den Charakter als „Direktwerbung" nicht.

5. Auch der Hinweis der Beklagten darauf, es handle sich bei der Zusendung der beanstandeten E-Mail um einen einmaligen Vorgang, da über den Dritten bekannt gemachte Mailadressen sofort gelöscht würden, nimmt der Vorgehensweise der Beklagten dennoch nicht den in § 7 UWG genannten „belästigenden" Charakter. Es ist zwar durchaus zutreffend, dass durch die Vorschaltung eines Dritten die massenweise Versendung von E-Mails zahlenmäßig reduziert wird. Diese Argumentation würde allerdings die sehr strikte Entscheidung der von der EU gesetzten Richtlinien und des nationalen Gesetzgebers vernachlässigen, eine Mailbox von Werbung grundsätzlich freizuhalten. Eine Ausnahme wird lediglich unter der Prämisse einer Einwilligung des Mailboxinhabers oder den speziellen Voraussetzungen in § 7 Abs. 3 UWG zugelassen. Hintergrund dieser strikten Regelung ist die Gefahr, dass eine Mailbox nun einmal mit wesentlich weniger großem Aufwand als ein realer Briefkasten „zugemüllt" werden kann (s. Baumbach/Hefermehl, a.a.O. Rdnr. 85 zu § 7 UWG). Dabei stellt der Gesetzgeber erkennbar nicht darauf ab, ob ein einzelner Unternehmer massenweise E-Mails an ein- und denselben Adressaten verschickt, sondern darauf, dass die Möglichkeiten der elektronischen Nachrichtenübermittlung ohne großen Aufwand von einer Vielzahl von Werbenden benützt werden können. In diesem Zusammenhang trägt die Beklagte selbst vor, dass „Produktempfehlungen" in der hier geschilderten Art und Weise im elektronischen Versandhandel allgemein üblich seien. Damit räumt sie die Möglichkeit der fortschreitenden Zunahme solcher „Produktempfehlungen" ein. Werden diese mit Werbung verbunden, tritt genau der Effekt ein, der durch § 7 UWG unterbunden werden soll. Auch diese Verfahrensweise birgt bereits wieder die durch § 7 Abs. 2 UWG bekämpfte Gefahr der Belästigung in sich.

6. Nachdem die Klägerin in der mündlichen Verhandlung klar gestellt hat, dass sie bei ihrem Unterlassungsantrag gerade die Kopplung der von der Entscheidung des Dritten nicht gedeckten Werbung mit der reinen Produktempfehlung samt persönlichen Grüßen unterbinden wollte, besteht keine Anlass für eine Teilabweisung, da die Kopplung selbst nicht teilbar ist.

7. Auf § 7 TDG, mit dem die Klägerin ihren Klageantrag rechtlich begründen will, braucht nicht eingegangen zu werden, da der gestellte Klageantrag bereits nach § 7 UWG begründet ist. Im Übrigen teilt der Senat die hier vom Erstgericht vertretene Ansicht.

8. Die Pflicht zur Erstattung der von der Beklagten der Höhe nach nicht beanstandeten Aufwendungen der Beklagten folgt aus § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG.

III.

Kosten und vorläufige Vollstreckbarkeit: Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

IV.

Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 543 Abs. 2 Nr.1 ZPO. Im Übrigen vertritt das OLG Frankfurt nach Mitteilung der Beklagten in einem Hinweis nach § 522 Abs.2 ZPO rechtlich einen anderen Standpunkt, der ersichtlich auf einem anderen Verständnis der direkten Werbung beruht.

Unterschriften