×

Rückruf vereinbaren

Ihre Nachricht an uns

Startseite
/
Urteile
/
Wettbewerbsrecht
/
Urteile 2005
/
Werbung von T-Online für bestimmte DSL-Tarife wettbewerbswidrig - OLG Hamburg, Urteil vom 25.08.05, Az.: 5 U 193/04

Leitsätzliches

Die Werbung mit der Auszeichnung "Produkt des Jahres" kann dann irreführend sein, wenn sie nicht für das beworbene Produkt verliehen wurde, sondern aufgrund einer Leserumfrage in der Kategorie "Bester Internet-Provider".


HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

Aktenzeichen: 5 U 193/04

Entscheidung vom 25. August 2005

In dem Rechtsstreit

...

gegen

...

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 5. Zivilsenat, durch ... nach der am 18. August 2005 geschlossenen mündlichen Verhandlung für Recht erkannt:

 

Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg – Kammer 16 für Handelssachen – vom 2. 11. 2004 (Az.: 416 O 97/04) wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Gründe

I.

Die Parteien streiten um die Wettbewerbswidrigkeit einer Werbeaussage der Antragsgegnerin in einem einer Computerfachzeitschrift beigelegten Faltblatt.

Die Antragstellerin ist ein Internetzugangsprovider, der seinen Kunden unter anderem die kostenpflichtige Einwahl in das Internet über Modem-, ISDN- oder DSL-Verbindungen ermöglicht. Die Antragsgegnerin ist Wettbewerberin der Antragstellerin. Sie ermöglicht ihren Kunden ebenfalls die kostenpflichtige Einwahl in das Internet über analoge, ISDN- und DSL-Verbindungen. Hierfür wirbt sie unter anderem in Werbeprospekten, die verschiedenen Zeitschriften beigelegt werden.

In einem Werbeprospekt, der unter anderem auch der deutschlandweit vertriebenen Ausgabe 6/2004 der Computerfachzeitschrift „PC Welt“ beilag, warb sie für die von ihr angebotenen DSL-Internet-Zugangstarife. Eine Doppelseite, die mit der magentafarbigen Hausfarbe der Antragsgegnerin unterlegt wurde, ist in weißer Schrift überschrieben mit der Aufforderung „Wählen Sie den passenden T-Online-DSL-Tarif“. Im rechten Teil dieses magentafarbigen Feldes ist eine Art Siegel abgedruckt, bei dem auf dunkelbraunrotem Grund in gelber Schrift geschrieben ist: „Produkt des Jahres 2003/2004“. Darunter steht in weißer Schrift „PC Magazin“. Über der Aussage „Produkt des Jahres 2003/2004“ ist ein gelb unterlegter Kreis abgebildet, in dem es heißt: „1. Platz“. Unterhalb des Logos auf dem magentafarbigen Untergrund steht in weißer Schrift:

„Kategorie: bester Internet-Provider
Ausgabe: PC-Magazin 05/2004“

Auf der betreffenden Doppelseite des Prospektes werden zwei von der Antragsgegnerin angebotene DSL-Zugangstarife beschrieben. Die Doppelseite wird nachfolgend eingeblendet:

...

Die Computer-Fachzeitschrift „PC-Magazin“ hatte kurz zuvor ihre Leser im Rahmen einer Aktion „Produkte des Jahres 2003/2004“ dazu aufgefordert, in verschiedenen Kategorien abzustimmen und das Produkt des Jahres in der jeweiligen Kategorie zu wählen. Zu den bei der Leserbefragung vorgegebenen Produktkategorien gehörte auch die Kategorie „Bester Internet-Provider“. An der Abstimmung hatten sich etwa 25.000 Leser beteiligt. In der Ausgabe 05/2004 der Zeitschrift wurden die „Gewinner“ der Leserumfrage in den jeweiligen Kategorien veröffentlicht. In der Kategorie „Bester Internet-Provider“ hatten 24,8 % der teilnehmenden Leser für die Antragsgegnerin, 16,8 % für die 1 & 1 Internet AG und 15,2 % für die Antragstellerin gestimmt.

Die Antragstellerin ist der Auffassung, die angesprochenen Verkehrskreise würden durch die Darstellung in dem Werbeprospekt der Antragsgegnerin irregeführt, weil die Antragsgegnerin die erhaltene Auszeichnung im Zusammenhang mit einem konkret von ihr genannten Produkt verwende, obwohl ihr die Auszeichnung nicht für dieses Produkt verliehen worden sei. Es entstehe auch der Eindruck, das beworbene Produkt sei von einem neutralen Dritten objektiv getestet, mit Konkurrenzprodukten verglichen und besser bewertet worden als andere. Tatsächlich sei die Auszeichnung allein für das Unternehmen aufgrund eines Leservotums verliehen worden.

Mit einstweiliger Verfügung vom 24.5.2004 hat das Landgericht Hamburg, KfH 16, Az.: 416 O 97/04, der Antragsgegnerin verboten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in der an Endverbraucher gerichteten Werbung mit der Aussage „1. Platz Produkt des Jahres 2003/2004 PC Magazin“ für DSL-Internet-Zugangstarife zu werben, wenn dies wie in der oben abgebildeten Anzeige geschehe.

Gegen diese einstweilige Verfügung hat die Antragsgegnerin Widerspruch eingelegt. Es sei unzutreffend, dass die Aufschrift „Kategorie: Bester Internet-Provider Ausgabe: PC-Magazin 05/2004“ in deutlich kleinerer Schrift gehalten sei als die erste Aufschrift. Die Schriftgröße sei die gleiche. Für die Auswahlentscheidung eines Internet-Service-Providers sei neben einem konkreten Produkt auch die Unternehmensleistung als Ganzes maßgeblich. Ein Produktvergleichstest werde etwa bei der Auszeichnung „Auto des Jahres“ oder „Fußballer des Jahres“ ebenfalls nicht vorgenommen. Solche Auszeichnungen kämen auch anhand einer Abstimmung zustande.

Auf den Widerspruch der Antragsgegnerin gegen die einstweilige Verfügung hat das Landgericht Hamburg, KfH 16 nach am 2.11.2004 geschlossener mündlicher Verhandlung mit Urteil vom 2.11.2004 die einstweilige Verfügung bestätigt und den Widerspruch zurückgewiesen.

Mit der Berufung verfolgt die Antragsgegnerin ihr mit dem Widerspruch verfolgtes Ziel weiter. Die Auszeichnung „Produkt des Jahres“ sei der Name der Preisverleihung. Dies werde vom angesprochenen Verkehr auch so erkannt, dem entsprechende Prämiierungen durch Fachzeitschriften auch aus anderen Bereichen bekannt seien ( Anlagen BB 1 und 2 ). Er setze diesen Namen nicht mit der Auszeichnung selbst gleich und erwarte nicht, dass die Angabe „Produkt des Jahres 2003/2004“ die Auszeichnung für ein bestimmtes Produkt sei. Dies gelte insbesondere, da in der angegriffenen Werbung eine Vielzahl unterschiedlicher Produkte abgebildet worden seien. Ein besonderer Bezug zu einer oder all diesen abgebildeten Waren und Dienstleistungen schaffe die angegriffene Angabe nicht.

Der angesprochene Verkehr nehme die Angaben auf der streitgegenständlichen Werbung als einheitlichen Blickfang wahr. Er ordne insbesondere die Worte „1. Platz“ lediglich dem Hinweis „Kategorie: Bester Internet Provider“ zu. Daher sei es ausgeschlossen, dass der angesprochene Verkehr den ersten Platz auf eine Ware oder Dienstleistung beziehe, die – mehr oder minder zufällig – in dem Werbeprospekt genannt worden sei.

Die Antragsgegnerin beantragt,

das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 2.11.2004, 416 O 97/04, abzuändern, die einstweilige Verfügung des Landgerichts Hamburg vom 24.05.2004 aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer entsprechenden Einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Die Antragstellerin verteidigt das erstinstanzliche Urteil und beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

II.

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Landgericht hat die ursprünglich im Beschlusswege erlassene einstweilige Verfügung zu Recht im Widerspruchsverfahren bestätigt. Fehler des Landgerichts bei der Rechtsanwendung sind nicht erkennbar. Das Berufungsvorbringen der Antragsgegnerin führt zu keiner anderen Beurteilung der Rechtslage. Der Antragsstellerin steht gegenüber der Antragsgegnerin ein Unterlassungsanspruch nach den §§ 3, 5 Abs. 2 Nr. 3, § 8 Abs. 1, 3 Nr.1 UWG zu. Im Einzelnen:

Durch die streitgegenständliche Darstellung täuscht die Antragsgegnerin die angesprochenen Verkehrskreise über den Gegenstand der von ihr erzielten Auszeichnung.

Dabei kann dahingestellt bleiben, ob eine Irreführung des Verkehrs schon deshalb vorliegt, weil die Preisverleihung auf einer bloßen Leserumfrage beruht und nicht auf einem Test durch unabhängige Sachverständige oder jedenfalls durch fachkundige Journalisten der Fachzeitschrift „PC Magazin“. Denn mit dem Landgericht ergibt sich eine Irreführung der angesprochenen Verkehrskreise jedenfalls daraus, dass das Siegel „1. Platz Produkt des Jahres 2003/2004 PC-Magazin“ durch die Einbeziehung in die magentafarbige Kopfzeile, die die Aufforderung enthält, den passenden T-Online-DSL-Tarif zu wählen, einen deutlichen Bezug zu diesem Produkt erhält. Die Positionierung des Siegels steht in dieser Art der Präsentation nicht im Zusammenhang mit dem Unternehmen T-Online, sondern in Bezug zu dem konkret beworbenen Tarif. Dem steht nicht entgegen, dass es sich dabei um zwei verschiedene Wahlmöglichkeiten von Tarifen handelt. Durch die deutlich hervorgehobene Überschrift „Wählen Sie den passenden T-Online DSL-Tarif“ und die daneben befindliche Abbildung der Auszeichnung in Form eines Siegels werden die angesprochenen Verkehrskreise die Auszeichnung zu beiden darunter beworbenen Produkten in Beziehung setzen, die nur als Unterkategorien des „T-Online DSL-Tarif“ erscheinen. Eine derartige Nennung von zwei verschiedenen DSL-Tarifen unter einer entsprechenden Oberkategorie erscheint in einer Werbebroschüre auch nicht als zufällig, sondern wird so wahrgenommen, dass den angesprochenen Verkehrskreisen verschiedene Wahlmöglichkeiten unter einer prämierten Oberkategorie eröffnet werden. Insbesondere liegt ein Verständnis dahingehend nahe, dass der von der Antragsgegnerin angebotene DSL-Zugang unabhängig von den einzelnen Tarifen in qualitativer Hinsicht ausgezeichnet worden ist, z.B. Schnelligkeit und Qualität des Bildaufbaus, des Download usw.

Dieser Eindruck wird auch nicht durch die unterhalb des Siegels abgebildete Aussage „Kategorie: Bester Internet-Provider Ausgabe PC-Magazin 05/2004“ korrigiert. Das Landgericht hat zutreffend festgestellt, dass diese Angaben nicht als einheitlicher Blickfang mit der darüber befindlichen Grafik wahrgenommen werden. Der Hinweis tritt stark hinter die Angaben in der optisch nach außen abgeschlossenen und farblich deutlich abgesetzten siegelartigen Grafik „1. Platz Produkt des Jahres 2003/2004“ und „PC-Magazin“ zurück, da er unterhalb dieser geschlossenen Grafik angeordnet ist und in einer anderen Farbe und Schrifttype gehalten ist . Er kann den gewonnenen Eindruck nicht entkräften.

Das Landgericht hat ferner richtig erkannt, dass der Hinweis – selbst wenn er zur Kenntnis genommen wird - auch inhaltlich nicht geeignet ist, eine Irreführung auszuräumen, weil er in Bezug auf die darüber befindliche Aussage vielfältig interpretierbar ist und daher nicht sichergestellt ist, dass der Verkehr aus den Angaben einen zutreffenden Schluss zieht.

Denn der Hinweis auf die Kategorie „Bester Internet-Provider“ ist nicht vollständig geeignet, den Eindruck zu entkräften, der beworbene Tarif sei ausgezeichnet worden. Dies folgt daraus, dass der Hinweis inhaltlich im Widerspruch zu der Angabe „Produkt des Jahres“ steht, da ein Internet Provider kein Produkt, also keine Ware oder Dienstleistung, sondern ein Unternehmen ist. Ein Teil der angesprochenen Verkehrskreise wird im Fall eines solche Widerspruchs der ersten Aussage, die überdies noch durch die deutliche Hervorhebung als wichtigste Information wahrgenommen wird, die entscheidende Bedeutung beimessen und diesen unzutreffenden Eindruck nicht mehr revidieren.

Insbesondere wird ein nicht unerheblicher Teil des angesprochenen Verkehrs, der den Widerspruch erkennt und aufzulösen versucht, den Hinweis so interpretieren, dass es sich bei der Kategorie „Bester Internet-Provider“ um eine Art Oberkategorie handelt, innerhalb der unter anderem das von einem Internet-Provider angebotene „Produkt des Jahres“ prämiert wurde. Dies um so mehr, da den angesprochenen Verkehrskreisen nicht ohne weiteres bekannt sein wird, dass das PC-Magazin die Auszeichnung „Produkt des Jahres“ in verschiedenen Kategorien vergibt und welche dies sind. Tatsächlich beziehen sich von den 28 Kategorien, in denen der Preis „Produkt des Jahres“ vergeben wird, 26 auf bestimmte Hardware- und Software-Produkte und nur zwei auf ein Unternehmen insgesamt ( Anlage As 4 : „Bester Internetprovider“ und „Bester Direktanbieter“ ). Derartige Besonderheiten werden jedenfalls rechtlich erheblichen Teilen des Verkehrs mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht bekannt sein und er wird – wie ausgeführt – trotz Wahrnehmung des unter dem Siegel befindlichen Hinweises dahingehend irregeührt, dass die Kategorie „Bester Internetprovider“ in direktem Zusammenhang mit einem bestimmten Produkt des betreffenden Internetproviders steht, hier dem beworbenen DSL-Zugang.

Mit der Angabe „Produkt des Jahres 2003/2004“ verbindet der angesprochene Verkehr entgegen der Meinung der Antragsgegnerin auch nicht allein den Namen der Preisverleihung, mindestens nicht in rechtlich erheblichen Teilen. Er entnimmt dieser Aussage die Auszeichnung innerhalb einer bestimmten Kategorie, wie es dem Sinn solcher Preisverleihungen entspricht. Dies ergibt sich auch aus den von der Antragsgegnerin mitgeteilten Ergebnissen der Leserwahl der Zeitschrift „autohifi“ zum „Gerät des Jahres“ 2002. Auch hier wurden in allen Kategorien konkrete Geräte aus dem Bereich des Auto-HIFI prämiert. Soweit der Antragsgegnerin darin zuzustimmen ist, dass dem Verkehr entsprechende Preisverleihungen bekannt seien, ist dies mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nur unter der Voraussetzung der Fall, dass der Verkehr bei einer Bezeichnung wie „Gerät des Jahres“ oder aber „Produkt des Jahres“ davon ausgeht, der Preis sei jeweils für ein konkretes Gerät oder Produkt verliehen worden und nicht für einen bestimmten Anbieter. Folglich erwartet der Verkehr auch bei einem als „Produkt des Jahres“ bezeichneten Preis, dass die Auszeichnung für ein ganz bestimmtes Produkt vergeben wurde, nicht aber allgemein für ein Unternehmen. Der Verkehr erkennt in der Bezeichnung nicht nur den Namen des jeweiligen Preises, sondern sieht in der entsprechenden Bezeichnung regelmäßig auch das konkret Bewertete.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO, soweit die Antragstellerin noch vor Erlass der einstweiligen Verfügung ihren Antrag auf die konkrete Verletzungsform beschränkt hat, aus § 92 II Nr. 1 ZPO.

Unterschriften