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Landgericht Leipzig, Beschluss v. 02.06.2015 - Az.: 05 O 1531/15

Leitsätzliches

Bei der Nutzung einer sogenannten Open-Source-Software, deren Nutzung gemäß der General Public Licence (GPL) kostenlos und deren Weiterentwicklung gestattet ist, ist es insbesondere erforderlich, dass auf die GPL hingewiesen, der Lizenztext der GPL beigefügt und der Quelleode zugänglich gemacht wird. Ansonsten kann eine Urheberrechtsverletzung vorliegen.

                                                                            LANDGERICHT LEIPZIG

IM NAMEN DES VOLKES

Beschluss

 Aktenzeichen: 05 O 1531/15

Entscheidung vom 02.06.2015

In dem Rechtsstreit

 

 

Tenor

In dem Rechtsstreit (...) erlässt die 5. Zivilkammer des Landgerichts Leipzig durch (...) am 02.06.2015 nachfolgende Entscheidung:

Da ein dringender Fall vorliegt, ergeht gemäß §§ 935 ff. ZPO ohne vorherige mündliche Verhandlung folgende einstweilige Verfügung

  1. Der Antragsgegnerin wird bei Meidung eines für jeden einzelnen Fall der Zuwiderhand­lung festzusetzenden Ordnungsgeldes von 5 EUR bis zu 250.000 EUR, an dessen Stelle im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ordnungshaft bis zu 6 Monaten tritt, oder ei­ner Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollziehen am Rektor, verboten, die Software … öffentlich zugänglich zu machen, ohne entsprechend den Lizenzbedingungen der GNU General Public Licence (GPL) dabei zugleich den Lizenztext der GPL beizufügen und entweder den vollständigen korrespondierenden Sourcecode der Software lizenzgebührenfrei öffentlich zugänglich zu machen oder auf einem üblichen Datenträger zu Kosten, die die Kosten für die Herstellung der Kopie CD nicht übersteigen dürfen, jedermann zur Verfügung zu stellen.
  2. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
  3. Der Streitwert wird auf 50.000,00 EUR festgesetzt.

Entscheidungsgründe

I.

Wegen des Sachverhalts wird auf die Antragsschrift vom 01.06.2015 nebst Anlagen Bezug genommen.

Die Antragstellerin macht den zugrundeliegenden Sachverhalt u.a, mit folgenden Mitteln glaubhaft:

- einer Kopie des (...)

- dem Text der GNU General Publie Licence in englischer Fassung und deutscher Übersetzung (AS 2);

- einem Screenshot der Website der Antragsgegnerin (AS 3);

- der Dokumentation des von der Website heruntergeladenen … und nebst Begleitmaterial (AS 4).

II.

Der Antrag ist zulässig, insbesondere ist das Landgericht Leipzig örtlich zuständig gemäß §§ 12, 17 ZPO i.v.m. 105 Abs. 1 UrhG iVm. § 15 Abs. 2 SächsJOrgVO.

III.

1.

Der gem. §§ 935, 940 ZPO erforderliche Verfügungsgrund ist gegeben. Die Eilbedürftigkeit des Unterlassungsbegehrens folgt aus der Intensität der begangenen und der Gefahr der weiteren Rechtsverletzung. Die Antragstellerin hat die Eilbedürftigkeit zudem auch nicht durch zu langes Zuwarten ab der Ersterkenntnis vom Verstoß am 05.05.2015 selbst widerlegt.

2.

Der geltend gemachte Verfügungsanspruch besteht gern. §§ 935, 936, 940 ZPO. Die Antragstellerin hat die Voraussetzungen eines Anspruches auf Unterlassung des im Beschlusstenor genannten Handelns gemäß § 97 Abs. 1 UrhG glaubhaft gemacht. Danach kann bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer das Urheberrecht eines anderen widerrechtlich verletzt. § 120 Abs. 1 und 2 UrhG können sich auf den Schutz nach dem UrhG auch Angehörige eines anderen EU-Mitgliedsstaates berufen.

a) Das im Tenor genannte Computerprogramm ist urheberrechtlich gemäß §§ 2 Abs. 1 Nr. 1, 69a UrhG geschützt. Die Schöpfungshöhe ist aufgrund der dargelegten Komplexität des Programmes zu vermuten.

b) Die Antragstellerin ist aktivlegitimiert. Sie hat durch Vorlage des Vertrages gemäß AS 1 glaubhaft gemacht, Inhaberin ausschließlicher Nutzungsrechte an dem verfahrensgegenständlichen Computerprogramm zu sein.

c) Sie hat ferner durch Vorlage eines Screenshots der Website der Antragsgegnerin (AS 3) glaubhaft gemacht, dass diese ihre Rechte gemäß § 69c UrhG verletzt, indem sie den [...] über ihre Website zum Download anbietet. Aus der Dokumentation des heruntergeladenen [...] und dem Begleitmaterial (AS 4) ergibt sich, dass die Antragsgegnerin auch den Download des Programms tatsächlich ermöglicht. Der Download hat eine Vervielfältigung des Programms zur Folge, die gemäß § 69c Nr. 1 UrhG ausschließlich dem Rechteinhaber vorbehalten ist.

Die Verantwortlichkeit der Antragsgegnerin ergibt sich daraus, dass sie für die Inhalte der Website, über die der Download ermöglicht wird, verantwortlich ist (AS 5). Eine Haftung der Antragsgegnerin besteht gemäß § 99 UrhG auch für den Fall, dass ihre Mitarbeiter den Download entgegen der Lizenzbestimmungen ermöglicht haben.

d) Die Nutzung der verfahrensgegenständlichen Software erfolgte auch rechtswidrig, nämlich entgegen der GPLv2 ohne vollständigen Lizenztext und ohne den Quelleode zum Download oder eine vollständige maschinelesbare Kopie des Quellcodes anzubieten.

Bei der Software handelt es sich um sog. Open-Source-Software, deren Nutzung gemäß der General Public Licence (GPL) kostenlos und deren Weiterentwicklung gestattet ist.

Die Nutzungsberechtigung setzt jedoch die Wahrung der GPL voraus. Erforderlich ist danach insbe­sondere, dass auf die GPL hingewiesen, der Lizenztext der GPL beigefügt und der Quelleode zugänglich gemacht wird (vgL Ziffer 1 und 3 der GPL, AS 2). Es besteht eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Antragsgegnerin gegen die GPL verstoßen hat. Aus dem als Anlage AS 3 beigefügten Screenshot ergibt sich lediglich ein Hinweis auf die GPL. Dieser werden ausweislich der Dokumentation in Anlage AS 4 beim Download nicht mitgeliefert. Ausweislich des Screenshots gemäß Anlage AS 3 bietet die Antragsgegnerin den Quellcode weder zugleich mit dem Objektcode zum Download an, noch erfolgte in mindestens drei Jahre lang gültiges Angebot, jedem Dritten eine vollständige maschinelesbare Kopie des Quellcodes zu nicht höheren Kosten als denen, die durch das physikalische Zugänglichmachen des Quelleodes anfallen, zur Verfügung zu stellen.

Aufgrund dieses Verstoßes gegen den GPL ergibt sich gemäß Ziffer 4 der GPL automatisch ein Lizenzverlust (vgl. AS 2)

Die Wiederholungsgefahr wird vermutet, weil die Antragsgegnerin bereits einmal die Rechte der Antragstellerin verletzt und die Gefahr einer erneuten Verletzung nicht durch eine strafbe­wehrte Unterlassungserklärung ausgeräumt hat.

3.

Die Androhung der Ordnungsmittel beruht auf § 890 ZPO. Die Entscheidung erging wegen besonderer Dringlichkeit gern. § 937 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung.

4.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

5.

Grundlage für die Festsetzung des Streitwertes sind die §§ 48, 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GKG in Verbindung mit § 3 ZPO. Unter Berücksichtigung der sachnahen Angaben der Antragstellerin erscheint der Streitwert von 100.000 EUR für eine Hauptsache angemessen. Die Kammer hat aufgrund der lediglich vorübergehenden Regelung im einstweiligen Verfügungsverfahren davon die Hälfte eingestellt.