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Generalprävention kein Maßstab für Streitwertfestsetzung - OLG Celle, Beschluss vom 7.12.2011, Az.: 13 U 130/11

Leitsätzliches

Für die Streitwertbemessung bei urheberrechtlichen Unterlassungsansprüchen ist nur maßgeblich, wie und in welchem Umfang das geschützte Recht verletzt wurde und in welchem Umfang das wirtschaftliche Interesse des Rechteinhabers betroffen ist. Nicht Grundlage der Berechnung dürfe daher die allgemeine Abschreckungswirkung eines hohen Streitwerts sein.

OBERLANDESGERICHT CELLE

BESCHLUSS

Aktenzeichen: 13 U 130/11

Entscheidung vom 7. Dezember 2011

In dem Rechtsstreit (...)

hat der dreizehnte Zivilsenat durch seine Mitglieder (...) beschlossen:

Die Verfügungsklägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits, nachdem sie den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgenommen hat.

Der Streitwert wird für beide Instanzen - insoweit in Abänderung der I. Instanz - auf bis zu 7.000,00 EUR festgesetzt.

G r ü n d e:

I.

Die Verfügungsklägerin ist ein Fernsehveranstalter, der seinen Kunden als P. TV Sender vor allem Sportberichterstattung anbietet. Der Verfügungsbeklagte betreibt ein Lokal, in dem eine Fußballsendung der Verfügungsklägerin ausgestrahlt worden ist, ohne dass er einen Gaststättenabonnementvertrag mit der Verfügungsklägerin abgeschlossen hatte. Die Verfügungsklägerin begehrt mit ihrer einstweiligen Verfügung die Unterlassung der angeblich öffentlichen Wiedergabe der von ihr ausgestrahlten Fußballsendungen gem. §§ 97 Abs. 1, 22, 15 Abs. 3 S. 1 UrhG. Der Verfügungsbeklagte bestreitet eine öffentliche Wiedergabe und trägt vor, er habe das Lokal an einen Gast vermietet, der es für seine private Feier genutzt habe. Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil die beantragte einstweilige Verfügung erlassen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Verfügungsklägerin ihren Antrag zurückgenommen.

II.

Nach Antragsrücknahme war nur noch über die Kosten zu entscheiden. Diese trägt in entsprechender Anwendung von § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO die Verfügungsklägerin.

Der nach § 3 ZPO festzusetzende Streitwert orientiert sich allgemein an dem Interesse, das der Gläubiger bei Einleitung eines Verfahrens (§ 4 ZPO) an der gerichtlichen Durchsetzung des geltend gemachten Anspruchs hat. Dieses Interesse ist vom Gericht nach freiem Ermessen zu schätzen. Zu berücksichtigen ist im Urheberrecht, wie und in welchem Umfang das geschützte Recht verletzt wird. Weiterhin ist das wirtschaftliche Interesse des Urheberrechtsinhabers zu berücksichtigen, etwa aufgrund möglicher Umsatzeinbußen durch das wettbewerbswidrige Verhalten (vgl. OLG Bremen, Beschluss vom 30. Juni 1997 - 2 W 37/97, zitiert nach juris, Tz. 4), bzw. des drohenden Lizenzschadens (OLG Braunschweig, Beschluss vom 14. Oktober 2011 - 2 W 92/11, zitiert nach juris, Tz. 4).

Der Wert des Unterlassungsanspruchs wird danach auf die geschätzten entgangenen Einnahmen der Verfügungsklägerin für einen Zeitraum von drei Jahren festgesetzt, wobei für das Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes ein Abschlag von 1/3 vorzunehmen war.

Die Festsetzung eines höheren Streitwerts lässt sich nicht aus generalpräventiven Gesichtspunkten rechtfertigen. Es ist nicht Aufgabe der Streitwertfestsetzung bei der Geltendmachung von Unterlassungsbegehren, den Beklagten im Rahmen eines nur gegen ihn geführten Rechtsstreits wegen einer Urheberrechtsverletzung mit einem hohen Streitwert zu belasten, um potentielle weitere Nachahmer abzuschrecken (OLG Frankfurt, Beschluss vom 6. Dezember 1994 - 11 W 42/94, zitiert nach juris, Tz. 9). Über die Streitwertfestsetzung wird nicht das Verhalten des Verfügungsbeklagten sanktioniert (vgl. OLG Bremen, Beschluss vom 30. Juni 1997, a.a.O., Tz. 3. OLG Braunschweig, Beschluss vom 14. Oktober 2011, a.a.O., Tz. 9), weil der Streitwert neben der Festlegung der Zuständigkeit des Gerichts nur für die sich für das Verfahren errechnenden Kosten maßgeblich ist und sich allein am Interesse des Gläubigers an der Unterlassung der Wiederholung des konkreten widerrechtlichen Eingriffs in sein Urheberrecht orientiert. Der Streitwertfestsetzung kommt demgegenüber keine Disziplinierungsfunktion hinsichtlich möglicher Nachahmer im Sinne generalpräventiver Erwägungen zu (vgl. Senat, Beschluss vom 12. Oktober 1992 13 W 81/92, CR 1993, 209 (211). Schleswig Holsteinisches OLG, Beschluss vom 9. Juli 2009 - 6 W 12/09, zitiert nach juris, Tz. 6. OLG Frankfurt, Beschluss vom 18. Oktober 2004 - 6 W 161/04, zitiert nach juris, Tz. 9. OLG Braunschweig, Beschluss vom 14. Oktober 2011, a.a.O., Tz. 9).

Soweit von anderen Oberlandesgerichten (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom9. Juni 1998 - 4 W 337/98, zitiert nach juris, Tz. 8. KG Berlin, Beschluss vom 19. Dezember 2003 - 5 W 367/03, zitiert nach juris. OLG Hamburg, Beschluss vom 10. März 2004 - 5 W 3/04, zitiert nach juris, Tz. 3 f.. OLG Hamburg, Beschluss vom 14. November 2006 - 5 W 173/06, zitiert nach juris, Tz. 4. OLG Thüringen, Beschluss vom 16. Dezember 2009 - 2 W 504/09, zitiert nach juris, Tz. 5. auch Zöller/Herget, ZPO, 29. Auflage 2012, § 3 Rdn. 16 ´Gewerblicher Rechtsschutz´) das Gebot der Abschreckung zur Verringerung einer Nachahmungsgefahr als Faktor für die Bemessung des Streitwerts postuliert wird, überzeugt dies nicht. Es ist Sache des Gesetzgebers und dem Zivilverfahren sachfremd, die Lücken des Schutzes von geistigem Eigentum aufzufüllen oder zu belassen und die negativen Folgen einer Verletzungshandlung für den Verletzer zu definieren (Senat, Beschluss vom12. Oktober 1992, a.a.O.. OLG Frankfurt, Beschluss vom 6. Dezember 1994, a.a.O., Tz. 9. Schleswig Holsteinisches OLG, Beschluss vom 9. Juli 2009, a.a.O., Tz. 7).

Unterschriften