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Verfassungsrichter weisen Eilantrag gegen Telefonüberwachung zurück - BVerfG, Beschluss vom 15.10.2008, Az.: 2 BvR 236/08, 2 BvR 237/08

Leitsätzliches

Im Rahmen der Abwägung sind die Folgen, die eintreten würden, wenn die einstweilige Anordnung nicht erginge, die Verfassungsbeschwerden später aber Erfolg hätten und die Nachteile die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, den Verfassungsbeschwerden aber der Erfolg zu versagen wäre, gegenüberzustellen. Insoweit konnte das erforderliche deutliche Überwiegen der für den Erlass einer einstweiligen Anordnung sprechenden Belange für den Bereich der strafprozessualen Eingriffsmaßnahmen auch unter Berücksichtigung nicht auszuschließender Einwirkungen auf das Kommunikationsverhalten der Bürger durch den Senat nicht festgestellt werden.

BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

IM NAMEN DES VOLKES

BESCHLUSS

Aktenzeichen: - 2 BvR 236/08 -
- 2 BvR 237/08 -

Entscheidung vom 15. Oktober 2008

 

In den Verfahren
über
die Verfassungsbeschwerden
 
I.

1. des Herrn Dr. M…,
2. des Herrn Dr. M…,
3. des Herrn Dr. G…,
4. der Frau M…,
5. des Herrn M…,
6. des Herrn B…,
7. der Frau H…
 
- Bevollmächtigter zu 2. bis 7.:
Rechtsanwalt Dr. … –

unmittelbar gegen
Art. 1 des Gesetzes zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungen sowie zur Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG vom 21. Dezember 2007 (BGBl I S. 3198), insbesondere gegen § 100a Abs. 2 und Abs. 4, § 100f, § 110 Abs. 3, § 160a StPO
 
hier: Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung
 
- 2 BvR 236/08 -,
 
II. des Herrn R…
 
- Bevollmächtigter:
Rechtsanwalt Dr. … -
unmittelbar gegen
Art. 1 des Gesetzes zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungen sowie zur Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG vom 21. Dezember 2007 (BGBl I S. 3198), insbesondere gegen § 100a Abs. 2 und Abs. 4, § 100f, § 110 Abs. 3 StPO
 
hier: Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung
 
- 2 BvR 237/08 -
 
hat das Bundesverfassungsgericht - Zweiter Senat - unter Mitwirkung der Richterinnen und Richter
Vizepräsident …,
…,
…,
…,
…,
…,
…,

 
am 15. Oktober 2008 beschlossen:

Die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung werden abgelehnt.

Gründe:

A.

I.

1. Die Antragsteller haben mit im Wesentlichen übereinstimmendem Vortrag Verfassungsbeschwerden gegen Art. 1 und Art. 2 des Gesetzes zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen sowie zur Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG vom 21. Dezember 2007 (BGBl I S. 3198; im Folgenden: Gesetz zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung) und gegen weitere Vorschriften des Passgesetzes, des Personalausweisgesetzes und der Abgabenordnung eingelegt. Zugleich haben sie einen Eilantrag gestellt, mit dem sie die einstweilige Aussetzung der durch das Gesetz zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung eingeführten Vorratsdatenspeicherung von Telekommunikations-Verkehrsdaten zu Zwecken der öffentlichen Sicherheit in § 111, § 113a Telekommunikationsgesetz (im Folgenden: TKG) und der Änderungen und Neueinführung der § 100a Abs. 2 und Abs. 4, § 100f, § 110 Abs. 3 und § 160a StPO begehren. Soweit andere Normen als § 100a Abs. 2 und Abs. 4, § 100f, § 110 Abs. 3 und § 160a StPO gerügt werden, wurde das Verfahren entsprechend § 44 Abs. 2 GOBVerfG vom Ersten Senat übernommen. Die abgetrennten Verfahren werden im Ersten Senat unter den Aktenzeichen 1 BvR 601/08 (Antragsteller des Verfahrens 2 BvR 237/08) und 1 BvR 602/08 (Antragsteller des Verfahrens 2 BvR 236/08) geführt.

Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts hat in einem Parallelverfahren über den Eilantrag auf Aussetzung der Regelungen zur Vorratsdatenspeicherung von Telekommunikations-Verkehrsdaten entschieden (Beschluss des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 11. März 2008 - 1 BvR 256/08 -, EuGRZ 2008, S. 257 ff.; wiederholt durch Beschluss vom 1. September 2008). Danach ist § 113b Satz 1 Nr. 1 TKG in der Fassung des Gesetzes zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung mit der Maßgabe anzuwenden, dass aufgrund eines Abrufersuchens einer Strafverfolgungsbehörde nach § 100g Abs. 1 StPO, das sich auf allein nach § 113a TKG gespeicherte Telekommunikations-Verkehrsdaten bezieht, die verlangten Daten zwar zu erheben, jedoch nur dann an die ersuchende Behörde zu übermitteln sind, wenn Gegenstand des Ermittlungsverfahrens gemäß der Anordnung des Abrufs eine Katalogtat im Sinne des § 100a Abs. 2 StPO ist und die Voraussetzungen des § 100a Abs. 1 StPO vorliegen. In den übrigen Fällen des § 100g Abs. 1 StPO ist von einer Übermittlung der Daten einstweilen abzusehen. Insoweit haben die Antragsteller mit Schreiben vom 25. März 2008 ihre Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückgenommen.

2. Mit dem Gesetz zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung sollen - neben der Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG in deutsches Recht - ein harmonisches Gesamtsystem der strafprozessualen heimlichen Ermittlungsmaßnahmen geschaffen und zugleich verschiedene Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts umgesetzt werden (BTDrucks 16/5846, S. 1 f.). Die Antragsteller greifen nur einzelne der durch das Gesetz neu gefassten Vorschriften der Strafprozessordnung an. Die Antragsteller in beiden Verfahren wenden sich gegen die Neufassungen der § 100a Abs. 2 und Abs. 4 und § 100f StPO durch Art. 1 Nr. 7 und Nr. 11 des Gesetzes zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung sowie die durch Art. 1 Nr. 12 dieses Gesetzes neu eingeführte Bestimmung des § 110 Abs. 3 StPO. Die Antragsteller im Verfahren 2 BvR 236/08 wenden sich zudem gegen den durch Art. 1 Nr. 13a des Gesetzes zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung neu eingefügten § 160a StPO.

Die angegriffenen Vorschriften der Strafprozessordnung haben - auszugsweise - folgenden Wortlaut:

§ 100a

(1) Auch ohne Wissen der Betroffenen darf die Telekommunikation überwacht und aufgezeichnet werden, wenn

1. bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass jemand als Täter oder Teilnehmer eine in Absatz 2 bezeichnete schwere Straftat begangen, in Fällen, in denen der Versuch strafbar ist, zu begehen versucht, oder durch eine Straftat vorbereitet hat,

2. die Tat auch im Einzelfall schwer wiegt und

3. die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Beschuldigten auf andere Weise wesentlich erschwert oder aussichtslos wäre.

(2) Schwere Straftaten im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 sind:

1. aus dem Strafgesetzbuch:

a) Straftaten des Friedensverrats, des Hochverrats und der Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates sowie des Landesverrats und der Gefährdung der äußeren Sicherheit nach den §§ 80 bis 82, 84 bis 86, 87 bis 89, 94 bis 100a,

b) Abgeordnetenbestechung nach § 108e,

c) Straftaten gegen die Landesverteidigung nach den §§ 109d bis 109h,

d) Straftaten gegen die öffentliche Ordnung nach den §§ 129 bis 130,

e) Geld- und Wertzeichenfälschung nach den §§ 146 und 151, jeweils auch in Verbindung mit § 152, sowie nach § 152a Abs. 3 und § 152b Abs. 1 bis 4,

f) Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung in den Fällen der §§ 176a, 176b, 177 Abs. 2 Nr. 2 und des § 179 Abs. 5 Nr. 2,

g) Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornografischer Schriften nach § 184b Abs. 1 bis 3,

h) Mord und Totschlag nach den §§ 211 und 212,

i) Straftaten gegen die persönliche Freiheit nach den §§ 232 bis 233a, 234, 234a, 239a und 239b,

j) Bandendiebstahl nach § 244 Abs. 1 Nr. 2 und schwerer Bandendiebstahl nach § 244a,

k) Straftaten des Raubes und der Erpressung nach den §§ 249 bis 255,

l) gewerbsmäßige Hehlerei, Bandenhehlerei und gewerbsmäßige Bandenhehlerei nach den §§ 260 und 260a,

m) Geldwäsche und Verschleierung unrechtmäßig erlangter Vermögenswerte nach § 261 Abs. 1, 2 und 4,

n) Betrug und Computerbetrug unter den in § 263 Abs. 3 Satz 2 genannten Voraussetzungen und im Falle des § 263 Abs. 5, jeweils auch in Verbindung mit § 263a Abs. 2,

o) Subventionsbetrug unter den in § 264 Abs. 2 Satz 2 genannten Voraussetzungen und im Falle des § 264 Abs. 3 in Verbindung mit § 263 Abs. 5,

p) Straftaten der Urkundenfälschung unter den in § 267 Abs. 3 Satz 2 genannten Voraussetzungen und im Fall des § 267 Abs. 4, jeweils auch in Verbindung mit § 268 Abs. 5 oder § 269 Abs. 3, sowie nach § 275 Abs. 2 und § 276 Abs. 2,

q) Bankrott unter den in § 283a Satz 2 genannten Voraussetzungen,

r) Straftaten gegen den Wettbewerb nach § 298 und, unter den in § 300 Satz 2 genannten Voraussetzungen, nach § 299,

s) gemeingefährliche Straftaten in den Fällen der §§ 306 bis 306c, 307 Abs. 1 bis 3, des § 308 Abs. 1 bis 3, des § 309 Abs. 1 bis 4, des § 310 Abs. 1, der §§ 313, 314, 315 Abs. 3, des § 315b Abs. 3 sowie der §§ 316a und 316c,

t) Bestechlichkeit und Bestechung nach den §§ 332 und 334,

2. aus der Abgabenordnung:

a) Steuerhinterziehung unter den in § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 5 genannten Voraussetzungen,

b) gewerbsmäßiger, gewaltsamer und bandenmäßiger Schmuggel nach § 373,

c) Steuerhehlerei im Falle des § 374 Abs. 2,

3. aus dem Arzneimittelgesetz:

Straftaten nach § 95 Abs. 1 Nr. 2a unter den in § 95 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 Buchstabe b genannten Voraussetzungen,

4. aus dem Asylverfahrensgesetz:

a) Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung nach § 84 Abs. 3,

b) gewerbs- und bandenmäßige Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung nach § 84a,

5. aus dem Aufenthaltsgesetz:

a) Einschleusen von Ausländern nach § 96 Abs. 2,

b) Einschleusen mit Todesfolge und gewerbs- und bandenmäßiges Einschleusen nach § 97,

6. aus dem Außenwirtschaftsgesetz:

Straftaten nach § 34 Abs. 1 bis 6,

7. aus dem Betäubungsmittelgesetz:

a) Straftaten nach einer in § 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 in Bezug genommenen Vorschrift unter den dort genannten Voraussetzungen,

b) Straftaten nach den §§ 29a, 30 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 sowie den §§ 30a und 30b,

8. aus dem Grundstoffüberwachungsgesetz:

Straftaten nach § 19 Abs. 1 unter den in § 19 Abs. 3 Satz 2 genannten Voraussetzungen,

9. aus dem Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen:

a) Straftaten nach § 19 Abs. 1 bis 3 und § 20 Abs. 1 und 2 sowie § 20a Abs. 1 bis 3, jeweils auch in Verbindung mit § 21,

b) Straftaten nach § 22a Abs. 1 bis 3,

10. aus dem Völkerstrafgesetzbuch:

a) Völkermord nach § 6,

b) Verbrechen gegen die Menschlichkeit nach § 7,

c) Kriegsverbrechen nach den §§ 8 bis 12,

11. aus dem Waffengesetz:

a) Straftaten nach § 51 Abs. 1 bis 3,

b) Straftaten nach § 52 Abs. 1 Nr. 1 und 2 Buchstabe c und d sowie Abs. 5 und 6.

(3) […]

(4) Liegen tatsächliche Anhaltspunkte für die Annahme vor, dass durch eine Maßnahme nach Absatz 1 allein Erkenntnisse aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung erlangt würden, ist die Maßnahme unzulässig. Erkenntnisse aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung, die durch eine Maßnahme nach Absatz 1 erlangt wurden, dürfen nicht verwertet werden. Aufzeichnungen hierüber sind unverzüglich zu löschen. Die Tatsache ihrer Erlangung und Löschung ist aktenkundig zu machen.

§ 100f

(1) Auch ohne Wissen der Betroffenen darf außerhalb von Wohnungen das nichtöffentlich gesprochene Wort mit technischen Mitteln abgehört und aufgezeichnet werden, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass jemand als Täter oder Teilnehmer eine in § 100a Abs. 2 bezeichnete, auch im Einzelfall schwerwiegende Straftat begangen oder in Fällen, in denen der Versuch strafbar ist, zu begehen versucht hat, und die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes eines Beschuldigten auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre.

(2) Die Maßnahme darf sich nur gegen einen Beschuldigten richten. Gegen andere Personen darf die Maßnahme nur angeordnet werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass sie mit einem Beschuldigten in Verbindung stehen oder eine solche Verbindung hergestellt wird, die Maßnahme zur Erforschung des Sachverhalts oder zur Ermittlung des Aufenthaltsortes eines Beschuldigten führen wird und dies auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre.

(3) Die Maßnahme darf auch durchgeführt werden, wenn Dritte unvermeidbar betroffen werden.

(4) § 100b Abs. 1, 4 Satz 1 und § 100d Abs. 2 gelten entsprechend.

§ 110

(1) - (2) […]

(3) Die Durchsicht eines elektronischen Speichermediums bei dem von der Durchsuchung Betroffenen darf auch auf hiervon räumlich getrennte Speichermedien, soweit auf sie von dem Speichermedium aus zugegriffen werden kann, erstreckt werden, wenn andernfalls der Verlust der gesuchten Daten zu besorgen ist. Daten, die für die Untersuchung von Bedeutung sein können, dürfen gesichert werden; § 98 Abs. 2 gilt entsprechend.

§ 160a

(1) Eine Ermittlungsmaßnahme, die sich gegen eine in § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2 oder Nr. 4 genannte Person richtet und voraussichtlich Erkenntnisse erbringen würde, über die diese Person das Zeugnis verweigern dürfte, ist unzulässig. Dennoch erlangte Erkenntnisse dürfen nicht verwendet werden. Aufzeichnungen hierüber sind unverzüglich zu löschen. Die Tatsache ihrer Erlangung und der Löschung der Aufzeichnungen ist aktenkundig zu machen. Die Sätze 2 bis 4 gelten entsprechend, wenn durch eine Ermittlungsmaßnahme, die sich nicht gegen eine in § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2 oder Nr. 4 genannte Person richtet, von einer dort genannten Person Erkenntnisse erlangt werden, über die sie das Zeugnis verweigern dürfte.

(2) Soweit durch eine Ermittlungsmaßnahme eine in § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 bis 3b oder Nr. 5 genannte Person betroffen wäre und dadurch voraussichtlich Erkenntnisse erlangt würden, über die diese Person das Zeugnis verweigern dürfte, ist dies im Rahmen der Prüfung der Verhältnismäßigkeit besonders zu berücksichtigen; betrifft das Verfahren keine Straftat von erheblicher Bedeutung, ist in der Regel nicht von einem Überwiegen des Strafverfolgungsinteresses auszugehen. Soweit geboten, ist die Maßnahme zu unterlassen oder, soweit dies nach der Art der Maßnahme möglich ist, zu beschränken. Für die Verwertung von Erkenntnissen zu Beweiszwecken gilt Satz 1 entsprechend.

(3) Die Absätze 1 und 2 sind entsprechend anzuwenden, soweit die in § 53a Genannten das Zeugnis verweigern dürften.

(4) Die Absätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass die zeugnisverweigerungsberechtigte Person an der Tat oder an einer Begünstigung, Strafvereitelung oder Hehlerei beteiligt ist. Ist die Tat nur auf Antrag oder nur mit Ermächtigung verfolgbar, ist Satz 1 in den Fällen des § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 anzuwenden, sobald und soweit der Strafantrag gestellt oder die Ermächtigung erteilt ist.

(5) Die §§ 97 und 100c Abs. 6 bleiben unberührt.

II.

1. Die Antragsteller tragen vor, von den angegriffenen Regelungen - wie jeder andere Bürger auch - unmittelbar und aufgrund ihrer spezifischen Lage besonders betroffen zu sein. Sie alle hätten Zugang zu einem Festnetztelefonanschluss, zu mindestens einem Mobiltelefon sowie zu einem Internetanschluss.

Der Antragsteller zu 1. sei Rechtsanwalt und berate seine Mandanten auch mit Hilfe von Telekommunikationsmitteln. Die Antragsteller zu 2. und zu 3. seien angestellte Klinikärzte und berieten ihre Patienten auch im Wege der Telekommunikation. Die Antragsteller zu 4. und zu 5. seien aufgrund ihrer Schwerbehinderung in besonderem Maße - auch bei der Inanspruchnahme ärztlicher und anwaltlicher Beratung - auf Telekommunikationsmittel angewiesen. Die Antragsteller zu 6. und zu 7. nutzten die Telekommunikationsmittel zu Informations- und Unterhaltungszwecken (alle Antragsteller des Verfahrens 2 BvR 236/08).
79
Der Antragsteller des Verfahrens 2 BvR 237/08 stehe als Gymnasiallehrer mit Eltern seiner Schüler in telefonischem Kontakt, wobei sensible Daten der Schüler ausgetauscht würden. Er nutze seinen Internetanschluss auch für E-Mail-Dienste sowie zur privaten und dienstlichen Informationsbeschaffung, so dass aus den Telekommunikationsverbindungsdaten Rückschlüsse auf seine Arbeit gezogen werden könnten.
80
2. Das Gesetz zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung verletze das Zitiergebot und sei daher formell verfassungswidrig. Art. 15 des Gesetzes zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung erwähne nur die Einschränkung von Art. 10 Abs. 1 GG. Es würden jedoch offensichtlich auch Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 und Art. 13 GG eingeschränkt.

3. Durch die Erweiterung des Straftatenkatalogs des § 100a Abs. 2 StPO werde das Grundrecht des Art. 10 Abs. 1 GG ausgehöhlt. Die Telefonüberwachung, die ursprünglich als ultima ratio konzipiert worden sei, sei nunmehr zur Verfolgung nahezu aller Verbrechen zulässig. Sie umfasse sogar einfache Vergehen wie Betrug, Subventionsbetrug, Urkundenfälschung und Bankrott, aber auch Straftaten gegen den Wettbewerb sowie Vergehen aus dem Bereich des Steuerstrafrechts und des Dopingverbots. Diese Vergehen seien nicht geeignet, den mit der Telefonüberwachung verbundenen schwer wiegenden Eingriff in Art. 10 Abs. 1 GG zu rechtfertigen. Von der Maßnahme seien zudem regelmäßig nicht nur der potentielle Täter, sondern auch unbeteiligte Dritte betroffen.

Die Neuregelung des § 100a Abs. 4 StPO, wonach eine Überwachung der Telekommunikation unzulässig sei, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass allein Erkenntnisse aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung erlangt würden, habe im Umkehrschluss zur Folge, dass die Maßnahme zulässig sei, wenn auch Erkenntnisse aus dem Kernbereich der privaten Lebensgestaltung miterfasst würden. Insbesondere sei nicht explizit vorgeschrieben, dass eine Maßnahme abzubrechen sei, wenn in einem Telefongespräch dem Kernbereich der privaten Lebensgestaltung zugehörige Angaben gemacht würden.

Auch wenn den in § 100f StPO geregelten Abhörmaßnahmen außerhalb von Wohnungen grundsätzliche Bedenken nicht entgegenstehen dürften, sei die Regelung verfassungswidrig, da auch außerhalb von Wohnungen der Kernbereich der privaten Lebensgestaltung durch die Aufzeichnung des nichtöffentlich gesprochenen Worts verletzt sein könne. Die Regelung verletze zudem die strafprozessualen Grundsätze des fairen Verfahrens, des nemo tenetur und der Unschuldsvermutung.

Die Regelung des § 110 Abs. 3 StPO, wonach die Durchsicht eines elektronischen Speichermediums bei dem von der Durchsuchung Betroffenen auch auf hiervon räumlich getrennte Speichermedien, soweit auf sie von dem Speichermedium aus zugegriffen werden könne, erstreckt werden dürfe, sei wegen ihrer Unbestimmtheit verfassungswidrig. Es bleibe unklar, wo diese „räumlich getrennten Speichermedien“ lokalisiert sein sollten und wie deren Durchsuchung zu erfolgen habe. Zudem verstoße die Regelung gegen die Grundrechte des unbeteiligten Dritten aus Art. 10 Abs. 1 GG und Art. 13 Abs. 1 GG, dessen Wohnung offenkundig ohne richterlichen Beschluss im Einzelfall in die Durchsuchung mit einbezogen werden könne.

Soweit die Antragsteller des Verfahrens 2 BvR 236/08 den Beruf des Rechtsanwalts oder des Arztes ausüben, sehen sie sich dadurch in ihrem Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip verletzt, dass § 160a StPO n.F. die Überwachung der Telekommunikation mit zur Verweigerung des Zeugnisses berechtigten Personen nach § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StPO keinem absoluten Erhebungs- und Verwertungsverbot unterwerfe. Dem Vertrauensverhältnis zwischen dem Rechtsanwalt und seinem Mandanten komme überragende Wichtigkeit zu. Der Mandant müsse sich nicht nur gegenüber seinem Strafverteidiger, sondern auch in Anbahnungssituationen oder bei zivilrechtlichen Fragen ohne Einschränkungen auf das Vertrauensverhältnis zu seinem zeugnisverweigerungsberechtigten Rechtsanwalt verlassen können. Dieses Vertrauensverhältnis sei eine der Säulen des Rechtsstaats und gehöre zum Wesensgehalt der freien Berufsausübung des Rechtsanwalts. Die Antragsteller zu 2. und zu 3. seien als Ärzte auf das Vertrauensverhältnis zu ihren Patienten zwingend angewiesen. Dazu gehöre auch, dass ein Vertrauensverhältnis ohne staatliche Beeinflussung aufgebaut werden könne und in diesem Rahmen persönliche Fragen offen und ohne Furcht vor Abhörmaßnahmen besprochen werden könnten. Die Antragsteller zu 4. bis 7. müssten sich als Patienten und Mandanten auf den Schutz des besonderen Vertrauensverhältnisses verlassen dürfen. Eine Überwachung ihrer Telekommunikation mit Ärzten und Anwälten verletze den Kernbereich von Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG.

4. Die angegriffenen Regelungen verletzten die Antragsteller in wesentlichen Grundrechten, so dass der Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Abwehr schwerer Nachteile erforderlich sei. Mit der „neuen Abhörmöglichkeit von Berufsgeheimnisträgern“ drohe ein nicht behebbarer Schaden für bestehende und zukünftige Vertrauensverhältnisse. Habe sich erst einmal der Eindruck verfestigt, dass die Telekommunikation mit einer Anwaltskanzlei nicht mehr sicher sei, werde sich ein Mandant auch nach Aufhebung der Regelungen nicht mehr ohne weiteres unter Nutzung von Telekommunikationsmitteln an einen Zeugnisverweigerungsberechtigten nach § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StPO wenden. Schließlich sei zu befürchten, dass die streitgegenständlichen Regelungen das Vertrauen der Bevölkerung in den Rechtsstaat und in die Verfassung nachhaltig schädigen könnten.

B.

Die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sind abzulehnen.

I.

Nach § 32 Abs. 1 BVerfGG kann das Bundesverfassungsgericht im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist. Dabei müssen die Gründe, die für die Verfassungswidrigkeit des angegriffenen Gesetzes sprechen, grundsätzlich außer Betracht bleiben. Für eine einstweilige Anordnung ist allerdings kein Raum, wenn die in der Hauptsache erhobene Verfassungsbeschwerde sich von vornherein als unzulässig oder als offensichtlich unbegründet erweist.

Ist das Begehren in der Hauptsache weder von vornherein unzulässig noch offensichtlich unbegründet, wägt das Bundesverfassungsgericht die Nachteile, die eintreten würden, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, die Verfassungsbeschwerde im Hauptsacheverfahren aber Erfolg hätte, gegen diejenigen Nachteile ab, die entstünden, wenn die angegriffene Norm nicht in Kraft träte oder außer Vollzug gesetzt würde, sie sich aber im Hauptsacheverfahren als verfassungsgemäß erweisen würde (vgl. BVerfGE 86, 390 395>; 88, 173 179 f.>; 89, 38 43 f.>; 104, 51 55>; 112, 284 291 f.>; stRspr). Eine einstweilige Anordnung kann nur ergehen, wenn die für ihren Erlass sprechenden Gründe überwiegen (vgl. BVerfGE 91, 83 92>).

II.

Soweit sich die Antragsteller gegen die Neuregelungen in § 100f und § 110 Abs. 3 StPO n.F. wenden, kann eine einstweilige Anordnung nicht ergehen, weil die in der Hauptsache erhobenen Verfassungsbeschwerden insoweit von vornherein unzulässig sind.

1. Es kann offen bleiben, ob die Ausführungen der Antragsteller hinsichtlich der von ihnen geltend gemachten Verfassungswidrigkeit des § 100f StPO n.F. den Begründungsanforderungen der § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG genügen.

Jedenfalls sind die Verfassungsbeschwerden, soweit sie sich gegen die Regelung des § 100f StPO richten, entgegen § 93 Abs. 3 BVerfGG nicht binnen eines Jahres seit dem Inkrafttreten des Gesetzes, das die von den Antragstellern beanstandete Regelung erstmals enthielt, erhoben worden. Die Ausschlussfrist des § 93 Abs. 3 BVerfGG zur Erhebung einer Verfassungsbeschwerde wird nicht neu eröffnet, wenn eine unverändert gebliebene oder nur redaktionell veränderte Norm lediglich vom Gesetzgeber neu in seinen Willen aufgenommen wird und keinen neuen oder erweiterten Inhalt erlangt (vgl. BVerfGE 43, 108 116>; 56, 363 380>; 80, 137 149>). Dies ist hier der Fall.

a) Die Regelung betreffend das Abhören des nichtöffentlich gesprochenen Wortes außerhalb von Wohnungen wurde durch das Gesetz zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität (OrgKG) vom 15. Juli 1992 - damals noch als § 100c Abs. 1 Nr. 2 StPO - eingeführt (BGBl I S. 1302 1307>). Zuletzt wurde die Vorschrift durch das Gesetz zur Umsetzung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 3. März 2004 (akustische Wohnraumüberwachung) vom 24. Juni 2005 geändert - dann bereits als § 100f Abs. 2 bis Abs. 5 StPO (BGBl I S. 1841 1844 f.>). Die Vorschrift erhielt durch dieses Gesetz folgenden Wortlaut:

§ 100f

(1) […]

(2) Ohne Wissen der Betroffenen darf außerhalb von Wohnungen das nichtöffentlich gesprochene Wort mit technischen Mitteln abgehört und aufgezeichnet werden, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass jemand eine in § 100a bezeichnete Straftat begangen hat, und die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes eines Beschuldigten auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre. Die Maßnahme darf nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzug auch durch die Staatsanwaltschaft und ihre Ermittlungspersonen (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) angeordnet werden. § 98b Abs. 1 Satz 2 und § 100b Abs. 1 Satz 3, Abs. 2, 4 und 6 gelten sinngemäß.

(3) Die Maßnahmen dürfen sich nur gegen einen Beschuldigten richten. Gegen andere Personen sind Maßnahmen nach Absatz 1 Nr. 1 zulässig, wenn die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Beschuldigten auf andere Weise erheblich weniger Erfolg versprechend oder wesentlich erschwert wäre. Maßnahmen nach Absatz 1 Nr. 2 und Absatz 2 dürfen gegen andere Personen nur angeordnet werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass sie mit einem Beschuldigten in Verbindung stehen oder eine solche Verbindung hergestellt wird, dass die Maßnahme zur Erforschung des Sachverhalts oder zur Ermittlung des Aufenthaltsortes eines Beschuldigten führen wird und dies auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre.

(4) Die Maßnahmen dürfen auch durchgeführt werden, wenn andere Personen unvermeidbar betroffen werden.

(5) Personenbezogene Informationen, die unter Einsatz technischer Mittel nach Abs. 2 Satz 1 erhoben worden sind, dürfen in anderen Strafverfahren nur verwendet werden, soweit sich bei Gelegenheit der Auswertung Erkenntnisse ergeben, die zur Aufklärung einer in § 100a bezeichneten Straftat benötigt werden.

Die von § 100f Abs. 2 Satz 3 StPO a.F. in Bezug genommenen Vorschriften lauteten auszugsweise wie folgt:

§ 98b

(1) […] Hat die Staatsanwaltschaft die Anordnung getroffen, so beantragt sie unverzüglich die richterliche Bestätigung. […]

(2) - (4) […]

§ 100b

(1) […] Die Anordnung der Staatsanwaltschaft tritt außer Kraft, wenn sie nicht binnen drei Tagen von dem Richter bestätigt wird.

(2) Die Anordnung ergeht schriftlich. Sie muss Namen und Anschrift des Betroffenen, gegen den sie sich richtet, und die Rufnummer oder eine andere Kennung seines Telekommunikationsanschlusses enthalten. In ihr sind Art, Umfang und Dauer der Maßnahmen zu bestimmen. Die Anordnung ist auf höchstens drei Monate zu befristen. Eine Verlängerung um jeweils nicht mehr als drei weitere Monate ist zulässig, soweit die in § 100a bezeichneten Voraussetzungen fortbestehen.

(3) […]

(4) Liegen die Voraussetzungen des § 100a nicht mehr vor, so sind die sich aus der Anordnung ergebenden Maßnahmen unverzüglich zu beenden. Die Beendigung ist dem Richter und dem nach Absatz 3 Verpflichteten mitzuteilen.

(5) […]

(6) Sind die durch die Maßnahmen erlangten Unterlagen zur Strafverfolgung nicht mehr erforderlich, so sind sie unverzüglich unter Aufsicht der Staatsanwaltschaft zu vernichten. Über die Vernichtung ist eine Niederschrift anzufertigen.

Die von den Antragstellern mit ihren Verfassungsbeschwerden angegriffene Regelung des § 100f StPO in ihrer jetzigen Fassung unterscheidet sich in ihrem Wortlaut nur marginal von ihrer Vorgängerregelung. Einschränkend gegenüber der Vorgängerregelung verlangt § 100f StPO n.F., dass eine auch im Einzelfall schwerwiegende Straftat begangen wurde. Im Übrigen wurden ausschließlich redaktionelle Änderungen vorgenommen, die den Inhalt gegenüber der Vorgängerregelung nicht verändert haben:

Die Vorschrift erfasst in § 100f Abs. 1 StPO n.F. nunmehr ausdrücklich - statt wie früher durch Bezugnahme auf § 100a StPO - auch den Teilnehmer einer Straftat und deren Versuch. § 100f Abs. 2 StPO n.F. entspricht seinem Inhalt nach der bisherigen Regelung in § 100f Abs. 3 Sätze 1 und 3 StPO a.F. Die Regelung in § 100f Abs. 3 StPO n.F. ist wortlautidentisch mit § 100f Abs. 4 StPO a.F. Die Verweisung in § 100f Abs. 4 StPO n.F. auf § 100b Abs. 1 StPO n.F. entspricht hinsichtlich der Sätze 1 und 2 dieser Bestimmung dem bisherigen Regelungsgehalt des § 100f Abs. 2 Satz 2 StPO a.F. mit der Ausnahme, dass die Maßnahme nicht mehr von den Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft (§ 152 GVG) angeordnet werden kann. Soweit die Verweisung in § 100f Abs. 4 StPO n.F. § 100b Abs. 1 Satz 3 StPO n.F. erfasst, entspricht die neue Regelung inhaltlich dem ursprünglichen Regelungsgehalt von § 100f Abs. 2 Satz 3 StPO a.F. in Verbindung mit § 100b Abs. 1 Satz 3 StPO a.F. Soweit § 100f Abs. 4 StPO n.F. auch auf die Sätze 4 und 5 des § 100b Abs. 1 StPO n.F. verweist, entspricht dies der alten Rechtslage nach § 100f Abs. 2 Satz 3 StPO a.F. in Verbindung mit § 100b Abs. 2 Sätze 4 und 5 StPO a.F.

Soweit § 100f Abs. 4 StPO n.F. auf § 100b Abs. 4 Satz 1 StPO n.F. verweist, stimmt die Regelung mit der früheren Rechtslage, nach der § 100f Abs. 2 Satz 3 StPO a.F. auf § 100b Abs. 4 Satz 1 StPO a.F. verwies, überein. Mit der neuen Verweisung des § 100f Abs. 4 StPO n.F. auf § 100d Abs. 2 StPO n.F. werden Form und Inhalt der Anordnung geregelt; eine vergleichbare Regelung bestand nach alter Rechtslage gemäß § 100f Abs. 2 Satz 3 StPO a.F. in Verbindung mit § 100b Abs. 2 StPO a.F.

Die Gesetzesbegründung bestätigt, dass ein neuer, die Antragsteller belastender Regelungsgehalt mit der Neufassung des § 100f StPO n.F. nicht geschaffen werden sollte (vgl. BTDrucks 16/5846 Bl. 49 f.). Der Wortlaut der Vorschrift sollte an den der Bestimmungen zu den anderen verdeckten Ermittlungsmaßnahmen redaktionell angepasst (§ 100f Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 2 StPO n.F.) oder gänzlich beibehalten werden (§ 100f Abs. 4 i.V.m. § 100b Abs. 4 Satz 1 StPO n.F.; § 100f Abs. 2 Satz 1 StPO n.F.; § 100f Abs. 3 StPO n.F.), überflüssige Verweise sollten entfallen (§ 100f Abs. 2 Satz 3 StPO a.F. i.V.m. § 98b Abs. 1 Satz 2 StPO a.F. und i.V.m. § 100b Abs. 2 und Abs. 6 StPO a.F., § 100f Abs. 5 StPO a.F.).

b) Die Antragsteller rügen mit ihren Verfassungsbeschwerden ausschließlich, dass § 100f StPO n.F. insoweit gegen die Verfassung verstoße, als die Regelung keinen hinreichenden Schutz vor Eingriffen in den absolut geschützten Kernbereich privater Lebensgestaltung biete. Allein aus diesem Grund liege schon eine Verletzung von Art. 1 Abs. 1 GG vor; darüber hinaus seien aber auch die strafprozessualen Grundsätze des fairen Verfahrens, des nemo tenetur und der Unschuldsvermutung verletzt. Insoweit hat die Regelung in § 100f StPO n.F. durch das Gesetz zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung jedoch keine Änderungen erfahren. Die von den Antragstellern angegriffene Norm des § 100f StPO n.F. entfaltet somit - auch nach ihrem eigenen Vortrag - keine für sie neue Beschwer. Gegen die mit dem Gesetz zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung eingefügte Erweiterung der Vorschrift im Hinblick auf die Teilnehmer einer Straftat und deren Versuch wenden sich die Verfassungsbeschwerden hingegen nicht.

2. Soweit die Antragsteller mit ihren Verfassungsbeschwerden die neu eingeführte Regelung des § 110 Abs. 3 StPO angreifen, sind sie nicht unmittelbar betroffen und damit - jedenfalls derzeit - nicht beschwerdebefugt.

a) Setzt die Durchführung der angegriffenen Vorschrift rechtsnotwendig oder auch nur nach der tatsächlichen Verwaltungspraxis einen besonderen Vollzugsakt voraus, muss der Beschwerdeführer grundsätzlich zunächst diesen Akt angreifen und den gegen ihn eröffneten Rechtsweg erschöpfen, bevor er die Verfassungsbeschwerde erhebt (vgl. BVerfGE 1, 97 102 f.>; 58, 81 104 f.>; 68, 376 379 f.>). Ein Beschwerdeführer ist hingegen unmittelbar betroffen, wenn eine Vorschrift, ohne dass es eines weiteren Vollzugsaktes bedarf, in den Rechtskreis des Beschwerdeführers dergestalt einwirkt, dass etwa konkrete Rechtspositionen unmittelbar kraft Gesetzes zu einem dort festgelegten Zeitpunkt erlöschen oder eine zeitlich und inhaltlich hinreichend genau bestimmte Verpflichtung begründet wird, die bereits jetzt spürbare Rechtsfolgen mit sich bringt (vgl. BVerfGE 70, 1 23 f.>; 72, 39 43>; 97, 157 164>).

Auf die Rechtssphäre der Antragsteller würde bei der Durchsicht eines elektronischen Speichermediums erst durch den aufgrund des Gesetzes ergehenden Konkretisierungsakt - die richterliche Durchsuchungsanordnung und die Erstreckung der Durchsuchung nach § 110 Abs. 3 StPO n.F. auf räumlich getrennte Speichermedien - eingewirkt. Die Norm selbst entfaltet noch keine Rechtswirkungen für die Antragsteller. Sie sind daher durch die Regelung nicht unmittelbar betroffen.

b) Es liegt hier auch keiner derjenigen Ausnahmefälle vor, in denen eine unmittelbar gegen ein Gesetz gerichtete Verfassungsbeschwerde zulässig ist, obwohl es der Umsetzung durch einen Vollzugsakt bedarf und daher das Kriterium der Unmittelbarkeit im eigentlichen Sinne nicht erfüllt ist. Das Bundesverfassungsgericht hat die unmittelbare Anfechtung eines Gesetzes bereits vor Erlass eines Vollzugsaktes zugelassen, wenn das Gesetz den Betroffenen schon vorher zu entscheidenden Dispositionen veranlasst, die er nach dem späteren Gesetzesvollzug nicht mehr nachholen oder korrigieren kann (vgl. BVerfGE 90, 128 136>; 97, 157 164>). Der Norm muss unmittelbar eine verhaltenssteuernde Wirkung zukommen. Hierzu haben die Antragsteller mit ihrer Rüge zu § 110 Abs. 3 StPO n.F. weder ansatzweise vorgetragen noch ist eine solche Wirkung ersichtlich.

Ein Beschwerdeführer kann eine Verfassungsbeschwerde auch dann unmittelbar gegen das Gesetz erheben, wenn der Vollzugsakt aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht angefochten werden kann. Dies ist der Fall, wenn dem Betroffenen die Möglichkeit, sich gegen einen Vollzugsakt zu wenden, verwehrt oder nicht gesichert ist, weil er von dem Eingriff in seine Rechte möglicherweise - wie es insbesondere bei heimlichen Datenerhebungen der Fall sein kann - nichts erfährt.

Die Durchsuchung eines Speichermediums auf der Grundlage eines Durchsuchungsbeschlusses ist offen durchzuführen. Der von der Durchsuchung Betroffene wird regelmäßig spätestens bei der Durchführung der Maßnahme von dieser Kenntnis erlangen (vgl. auch Schlegel, HRRSt 2008, S. 23 26>). Allerdings erlaubt § 110 Abs. 3 StPO n.F., die Durchsicht elektronischer Datenträger auf räumlich getrennte Speichereinheiten, auf die von dem durchzusehenden Speichermedium aus zugegriffen werden kann, zu erstrecken, um festzustellen, ob dort beweisrelevante Daten gespeichert sind. Da der Inhaber des räumlich getrennten Speichermediums nicht notwendigerweise die von der Durchsuchung betroffene Person ist, sondern ein Dritter sein kann, könnte sich die Durchsuchung diesem gegenüber als heimliche Maßnahme darstellen. Dem trägt der Verweis in § 110 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 StPO n.F. auf § 98 Abs. 2 StPO Rechnung. Nach § 98 Abs. 2 Satz 1 StPO soll innerhalb von drei Tagen die gerichtliche Bestätigung hinsichtlich der Sicherung der vom externen Speichermedium gesicherten Daten beantragt werden. Das für die Bestätigung zuständige Gericht hat gemäß § 33 Abs. 2 und Abs. 3 StPO vor der Bestätigung dem Betroffenen rechtliches Gehör zu gewähren. Nach § 98 Abs. 2 Satz 6 StPO ist der Betroffene über seine Rechte zu belehren. Dadurch wird sichergestellt, dass der Inhaber des externen Speichermediums von der Maßnahme zeitnah Kenntnis erhält und seine rechtlichen Interessen wahrnehmen kann.

Die Benachrichtigungsvorschrift des § 101 StPO, die zahlreiche Ausnahmen von der Bekanntgabe der jeweils durchgeführten Maßnahme vorsieht, ist auf den in § 110 Abs. 3 StPO n.F. geregelten Fall nicht anwendbar. Insoweit unterscheidet sich die hier vorgesehene Ermittlungsmaßnahme von den anderen heimlichen Ermittlungsmaßnahmen, von denen die Betroffenen gegebenenfalls erst mit erheblicher zeitlicher Verzögerung (vgl. § 101 Abs. 4 bis 6 StPO n.F.) erfahren.

Der von einer Maßnahme nach § 110 Abs. 3 StPO n.F. betroffene Dritte hat damit zeitnah die Möglichkeit, fachgerichtlichen Rechtsschutz in der Sache zu erlangen. In derartigen Fällen entspricht es dem Grundsatz der Subsidiarität, dass zunächst die zuständigen Fachgerichte eine Klärung darüber herbeiführen, ob und in welchem Umfang der Beschwerdeführer durch die beanstandete Regelung konkret in seinen Rechten betroffen und ob sie mit der Verfassung vereinbar ist (vgl. BVerfGE 72, 39 43 f.>; 74, 69 72>; 79, 29 35>; 90, 128 136 f.>; 91, 294 306 f.>; 97, 157 164 f.>). Kommen die Fachgerichte zu der Auffassung, die angegriffene Regelung sei verfassungswidrig, so haben sie hierzu eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nach Art. 100 Abs. 1 GG einzuholen. Andernfalls kann gegen die letztinstanzliche fachgerichtliche Entscheidung Verfassungsbeschwerde erhoben werden.

Die vorherige Anrufung der Fachgerichte ist auch nicht deshalb entbehrlich, weil der mit dem Grundsatz der Subsidiarität insbesondere verfolgte Zweck, eine fachgerichtliche Klärung der verfassungsrechtlich relevanten Sach- und Rechtsfragen herbeizuführen, nicht erreichbar wäre (vgl. BVerfGE 65, 1 38>; 72, 39 44>; 74, 69 76 f.>; 79, 1 20>). Das setzte voraus, dass sich weder einfachrechtliche noch tatsächliche Fragen stellten, sondern allein die Verfassungsmäßigkeit einer in ihrer Auslegung unzweifelhaften Rechtsnorm in Rede stünde. Dies ist hier nicht der Fall (vgl. nur zu sich stellenden Rechtsfragen im Falle der E-Mail-Beschlagnahme beim Provider: Schlegel, HRRSt 2008, S. 23 29>, oder bei grenzüberschreitenden Sachverhalten: Sankol, K&R 2008, S. 279 ff.).

Soweit sich die Antragsteller gegen die Regelungen in § 100a Abs. 2 und Abs. 4 sowie § 160a StPO n.F. wenden, sind ihre in der Hauptsache erhobenen Verfassungsbeschwerden weder von vornherein unzulässig noch offensichtlich unbegründet (unten 1.).

Nach der in einem solchen Fall maßgeblichen Folgenabwägung scheidet eine Aussetzung des Vollzugs der angegriffenen Normen aus, da sich das erforderliche Überwiegen der für den Erlass einer einstweiligen Anordnung sprechenden Gründe nicht feststellen lässt (unten 2.).

1. Die Verfassungsbeschwerden sind weder von vornherein unzulässig noch offensichtlich unbegründet.

a) Die Antragsteller sind durch die angegriffenen Normen selbst und gegenwärtig betroffen. Die Verfassungsbeschwerden können sich hier ausnahmsweise unmittelbar gegen die angegriffenen Vorschriften richten, obwohl sie jeweils eines Vollzugsakts bedürfen.

aa) Eine unmittelbar gegen ein vollziehungsbedürftiges Gesetz gerichtete Verfassungsbeschwerde ist ausnahmsweise zulässig, wenn der Beschwerdeführer den Rechtsweg nicht beschreiten kann, weil er keine Kenntnis von der Maßnahme erlangt (vgl. BVerfGE 100, 313 354>; 109, 279 306>). In solchen Fällen steht ihm die Verfassungsbeschwerde unmittelbar gegen das Gesetz ebenso zu wie in jenen Fällen, in denen die grundrechtliche Beschwer ohne vermittelnden Vollzugsakt durch das Gesetz selbst eintritt (vgl. BVerfGE 67, 157 169 f.>; 100, 313 354>; 109, 279 307>).

Die Datenerhebung durch Überwachung der Telekommunikation nach § 100a StPO erfolgt heimlich. Der Betroffene erfährt weder vor noch während der Durchführung von der Maßnahme, so dass während oder zeitnah nach der Überwachung kein fachgerichtlicher Rechtsschutz in Anspruch genommen werden kann. Der Umstand, dass § 101 Abs. 4 StPO eine Benachrichtigung der Betroffenen vorsieht, steht der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde nicht entgegen. Eine zeitnahe Kenntnis von der Maßnahme und eine daran anknüpfende Möglichkeit zur Überprüfung im gerichtlichen Verfahren sind dadurch nicht gewährleistet, weil § 101 Abs. 4 und Abs. 5 StPO umfangreiche Ausnahmetatbestände enthält (vgl. BVerfGE 109, 279 306 f.> zur Vorgängerregelung des § 101 Abs. 1 StPO).

Erfolgt die konkrete Beeinträchtigung - wie hier - zwar erst durch die Vollziehung des angegriffenen Gesetzes, ist jedoch nicht gewährleistet, dass der Betroffene hiervon - mindestens nachträglich innerhalb eines absehbaren Zeitraums - Kenntnis erhält, reicht es für die Möglichkeit der eigenen und gegenwärtigen Betroffenheit aus, wenn der Beschwerdeführer darlegt, dass er mit einiger Wahrscheinlichkeit durch die auf den angegriffenen Rechtsnormen beruhenden Maßnahmen in seinen Grundrechten berührt wird (vgl. BVerfGE 67, 157 169 f.>; 100, 313 354>; 109, 279 307 f.>). So ist bedeutsam, ob die Maßnahme auf einen tatbestandlich eng umgrenzten Personenkreis zielt oder ob sie eine große Streubreite hat und Dritte auch zufällig erfassen kann (vgl. BVerfGE 109, 279 308>).

In diesem Sinne genügen die Darlegungen der Antragsteller zum Nachweis ihrer persönlichen und gegenwärtigen Betroffenheit. Betroffener einer Überwachung ist jeder, in dessen Persönlichkeitsrechte durch die Maßnahme eingegriffen wird, auch wenn er nicht Zielperson der Anordnung ist (vgl. BVerfGE 109, 279 308>). Die Möglichkeit, Objekt einer Maßnahme der Telekommunikationsüberwachung aufgrund der angegriffenen Regelung zu werden, besteht praktisch für jeden, der sich der Mittel der Telekommunikation bedient, und damit auch für die Antragsteller. Die Maßnahme kann nicht nur den möglichen Straftäter selbst oder dessen Kontakt- und Begleitpersonen erfassen, sondern auch Personen, die mit den Adressaten der Maßnahme über Telekommunikationseinrichtungen lediglich in Verbindung stehen, ohne in die verfolgten Straftaten verwickelt zu sein.

bb) Die Verfassungsbeschwerden im Verfahren 2 BvR 236/08 sind auch nicht von vornherein unzulässig, soweit sie sich gegen die neu eingeführte Regelung des § 160a StPO richten.

Zwar ist § 160a StPO keine eigenständige Ermächtigungsgrundlage für einen Grundrechtseingriff, sondern enthält ein abgestuftes System von Beweiserhebungs- und -verwertungsverboten bei Berufsgeheimnisträgern, das für sämtliche Ermittlungsmaßnahmen - offene und heimliche - gilt (mit Ausnahme der Maßnahmen nach § 97 und § 100c StPO und soweit auf die §§ 97 und 100c StPO verwiesen wird, vgl. § 160a Abs. 5 StPO n.F.). Die Norm stellt sich somit als den Umfang der jeweiligen Ermittlungsbefugnisse regelnde Komplementärbestimmung dar, die wie eine Eingriffsnorm zu beurteilen ist. § 160a Abs. 2 Satz 2 StPO sieht - soweit im Fall der Antragsteller bedeutsam - für Rechtsanwälte und Ärzte in Abweichung zu § 160a Abs. 1 Satz 5 in Verbindung mit § 160a Abs. 1 Sätze 2 bis 4 StPO kein absolutes, sondern nur ein relatives Beweiserhebungs- und -verwertungsverbot vor. Gerade hierdurch sehen sich die Antragsteller verletzt.

Die Antragsteller können jederzeit selbst dann von einer Ermittlungsmaßnahme betroffen werden, wenn sich diese nicht gegen sie richtet. Die Regelung des § 160a Abs. 2 Satz 1 StPO n.F. gilt nämlich nicht nur für den Fall, dass sich eine Ermittlungsmaßnahme gegen die nach § 53 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 3 bis 3b und Nr. 5 StPO zeugnisverweigerungsberechtigte Person richtet, sondern auch dann, wenn sie sich gegen eine andere Person richtet, bei der Maßnahme jedoch Erkenntnisse über eine nach § 53 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 3 bis 3b und Nr. 5 StPO zeugnisverweigerungsberechtigte Person erlangt werden (vgl. Meyer-Goßner, Strafprozessordnung, 51. Aufl. 2008, § 160a Rn. 9).

§ 160a StPO n.F. findet auch auf heimliche Ermittlungsmaßnahmen Anwendung, von denen die Betroffenen gegebenenfalls erst nach Ablauf geraumer Zeit unterrichtet werden (s.o.) - also etwa auf die Überwachung der Telekommunikation nach § 100a StPO n.F., das Abhören des nichtöffentlich gesprochenen Worts außerhalb von Wohnungen nach § 100f StPO n.F., die Erhebung von Verkehrsdaten nach § 100g StPO n.F., den Einsatz weiterer technischer Mittel nach § 100h StPO n.F. oder die längerfristige Observation nach § 163f StPO. Die unmittelbare Betroffenheit der Antragsteller ergibt sich somit aus den oben zu den angegriffenen Neuregelungen des § 100a StPO genannten Gesichtspunkten.

b) Die Verfassungsbeschwerden sind, soweit sie sich gegen § 100a Abs. 2 und Abs. 4 StPO n.F. sowie § 160a StPO n.F. richten, nicht offensichtlich unbegründet. Für ihre Erfolgsaussichten wird es hinsichtlich des § 100a StPO unter anderem darauf ankommen, ob der mit einer Maßnahme nach § 100a StPO verbundene Eingriff in das Grundrecht aus Art. 10 Abs. 1 GG auch zur Verfolgung der nunmehr in den Katalog des § 100a Abs. 2 StPO n.F. neu aufgenommenen Straftaten gerechtfertigt ist. Das Bundesverfassungsgericht wird außerdem zu prüfen haben, ob der Kernbereich privater Lebensgestaltung in § 100a Abs. 4 StPO n.F. hinreichend beachtet wurde. Im Hinblick auf die Regelung des § 160a StPO n.F. wird zu prüfen sein, ob den Zeugnisverweigerungsrechten nach § 53 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 3 bis 3b, Nr. 5 StPO - soweit sie von Verfassungs wegen garantiert sind - durch das neu geschaffene System von Beweiserhebungs- und -verwertungsverboten ausreichend Rechnung getragen wird.

Diese Fragen bedürfen einer umfassenden Prüfung im Hauptsacheverfahren.

2. Kann - wie hier - nicht festgestellt werden, dass die Verfassungsbeschwerden von vornherein unzulässig oder offensichtlich unbegründet sind, muss also insoweit der Ausgang des Verfassungsbeschwerdeverfahrens als offen angesehen werden, sind die Folgen, die eintreten würden, wenn die einstweilige Anordnung nicht erginge, die Verfassungsbeschwerden später aber Erfolg hätten, gegen die Nachteile abzuwägen, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, den Verfassungsbeschwerden aber der Erfolg zu versagen wäre (vgl. BVerfGE 117, 126 135>; stRspr).

a) Wegen der meist weit reichenden Folgen, die eine einstweilige Anordnung in einem verfassungsrechtlichen Verfahren auslöst, gilt für die Beurteilung der Voraussetzungen des § 32 Abs. 1 BVerfGG ein strenger Maßstab. Soll der Vollzug eines Gesetzes ausgesetzt werden, so erhöht sich diese Hürde noch, weil hiermit stets ein erheblicher Eingriff in die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers verbunden ist. Schon im Regelfall müssen die für eine vorläufige Regelung sprechenden Gründe so schwer wiegen, dass sie den Erlass einer einstweiligen Anordnung unabdingbar machen. Ein Anliegen, das dem erklärten Willen des Gesetzgebers zuwiderläuft, kann nur aus besonders schwerwiegenden Gründen im Wege der einstweiligen Anordnung durchgesetzt werden. Ein Gesetz darf nur dann vorläufig am Inkrafttreten gehindert werden, wenn die Nachteile, die mit seinem Inkrafttreten nach späterer Feststellung seiner Verfassungswidrigkeit verbunden wären, in Ausmaß und Schwere die Nachteile deutlich überwiegen, die im Falle der vorläufigen Verhinderung eines sich als verfassungsgemäß erweisenden Gesetzes einträten (vgl. BVerfGE 104, 23 27>; 117, 126 135>; stRspr).

Hier ist außerdem zu berücksichtigen, dass das Bundesverfassungsgericht dem Begehren der Antragsteller nicht allein dadurch Rechnung tragen könnte, dass es die angegriffenen Regelungen (gegebenenfalls modifizierend) aussetzt.

§ 100a StPO a.F. sah - anders als etwa § 100c Abs. 4 und Abs. 5 StPO a.F. - keine besondere Regelung zum Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung vor. Vielmehr konnte die Maßnahme nach dem Wortlaut des § 100a StPO a.F. stets angeordnet werden, auch wenn Erkenntnisse aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung von vornherein zu erwarten waren. Die Vorschrift enthielt zudem keine Regelung zur Löschung oder zur Beweisverwertung von zum höchstpersönlichen Bereich gehörenden Kommunikationsinhalten. Da die Antragsteller den Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung nicht als ausreichend ansehen, müsste das Bundesverfassungsgericht - ohne diese Frage verfassungsrechtlich klären zu können - im Rahmen einer einstweiligen Anordnung an Stelle des Gesetzgebers weitergehende Regelungen treffen, um dem Begehren der Antragsteller Rechnung zu tragen. Der Erlass einer solchen Anordnung kommt nur in ganz besonders gelagerten Ausnahmefällen in Betracht.

Auch eine allgemeine Regelung zum Schutz von Berufsgeheimnisträgern, wie sie nunmehr in § 160a StPO n.F. vorgesehen ist, hat bislang nicht bestanden. Lediglich in § 100c Abs. 6 StPO, § 97 StPO und § 100h Abs. 2 StPO a.F. fanden sich ausdrückliche gesetzliche Regelungen zu diesem Problemkreis. Nach überwiegender Auffassung in Literatur (vgl. nur Meyer-Goßner, Strafprozessordnung, 50. Aufl. 2007, § 100a Rn. 13; Nack, in: Karlsruher Kommentar zur StPO, 5. Aufl. 2003, § 100a Rn. 28; Schäfer, in: Löwe/Rosenberg, Strafprozessordnung, 25. Aufl. 2004, § 100a Rn. 75 <Okt. 2003>; Rudolphi, in: Festschrift Schaffstein, S. 433 440 ff.>) und Rechtsprechung (BGH, NStZ 1988, S. 562) war jedenfalls das Abhören von Telefonaten zwischen dem Beschuldigten und seinem Verteidiger nach § 100a StPO a.F. zum Schutz deren Vertrauensverhältnisses ausgeschlossen. Nur insoweit bestand - auch durch höchstrichterliche Rechtsprechung gesicherte - Einigkeit. Im Übrigen gingen die Meinungen im Hinblick sowohl auf den geschützten Personenkreis als auch die Ermittlungsmaßnahmen, bei denen diese Problematik zu berücksichtigen war, auseinander. Auch hier wäre den Antragstellern mit einer bloßen Aussetzung des § 160a StPO n.F. nicht gedient. Das Bundesverfassungsgericht müsste vielmehr im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes eine weitreichende Regelung entsprechend der von den Antragstellern favorisierten Rechtsmeinung formulieren.

b) Die vorzunehmende Folgenabwägung führt nicht zum Erlass einer einstweiligen Anordnung. Das erforderliche deutliche Überwiegen der Gründe, die für den Erlass einer einstweiligen Anordnung sprechen, kann hier nicht festgestellt werden.

aa) Blieben die angegriffenen Regelungen des § 100a Abs. 2 und Abs. 4 StPO n.F. in Kraft und hätten die Verfassungsbeschwerden im Hauptsacheverfahren Erfolg, würden möglicherweise Telekommunikationsvorgänge der Antragsteller und anderer Grundrechtsträger überwacht und aufgezeichnet werden, die bei engerer Fassung der Vorschriften nicht erfasst würden. So könnte insbesondere die Überwachung der Telekommunikation eines Betroffenen wegen einer in den Katalog des § 100a Abs. 2 StPO n.F. neu aufgenommenen Straftat angeordnet werden, obwohl - wie die Antragsteller meinen - die Schwere der Tat den Eingriff in die Telekommunikationsfreiheit möglicherweise nicht rechtfertigen würde. Ferner käme es über die Bezugnahme auf den Straftatenkatalog des § 100a Abs. 2 StPO n.F. in § 100f Abs. 1, § 100g Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 100i Abs. 1 und (eingeschränkt) in § 163d Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StPO auch zur Durchführung dieser Ermittlungsmaßnahmen und damit zu weiteren Grundrechtseingriffen. Außerdem könnte es zur Anordnung der Überwachung der Telekommunikation in den Fällen kommen, in denen auch Erkenntnisse aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung der Betroffenen erlangt werden (vgl. § 100a Abs. 4 StPO).

Würde der Vollzug der angegriffenen Regelung des § 100a Abs. 2 StPO n.F. vorläufig ausgesetzt und der Vollzug des § 100a Abs. 4 StPO n.F. lediglich noch mit der Maßgabe gestattet, dass die Maßnahme nur angeordnet werden darf, soweit aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte anzunehmen ist, dass durch die Überwachung keinerlei Erkenntnisse aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung erfasst werden, erwiese sich die Verfassungsbeschwerde aber später als unbegründet, hätten zur Aufklärung von Straftaten relevante Ermittlungsmaßnahmen nicht durchgeführt werden können. Damit entfiele die Möglichkeit, bestimmte Daten und Informationen zur Aufklärung von Straftaten zu nutzen. Dies beträfe auch Straftaten, die der Gesetzgeber durch die Aufnahme in den Katalog des § 100a Abs. 2 StPO als so schwer eingestuft hat, dass sie nach seiner Einschätzung eine Überwachung der Telekommunikation rechtfertigen (vgl. Beschluss des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 11. März 2008 - 1 BvR 256/08  -, EuGRZ 2008, S. 257 263>). So finden sich in dem neu gefassten Straftatenkatalog nur Straftaten, die eine Höchststrafe von mindestens fünf Jahren Freiheitsstrafe aufweisen oder deren geschütztes Rechtsgut nach Einschätzung des Gesetzgebers von besonderer Bedeutung ist oder bei denen ein besonderes öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht. Der Gewährleistung einer wirksamen Strafverfolgung kommt aber eine hohe Bedeutung zu. Das Bundesverfassungsgericht hat wiederholt die unabweisbaren Bedürfnisse einer wirksamen Strafverfolgung hervorgehoben, das öffentliche Interesse an einer möglichst vollständigen Wahrheitsermittlung im Strafverfahren betont und die wirksame Aufklärung gerade schwerer Straftaten als einen wesentlichen Auftrag eines rechtsstaatlichen Gemeinwesens bezeichnet (vgl. BVerfGE 100, 313 388 f.>; 107, 299 316>; 115, 166 192>).

Bliebe die Regelung des § 160a StPO in Kraft und hätte die Verfassungsbeschwerde im Hauptsacheverfahren Erfolg, würden möglicherweise Ermittlungsmaßnahmen gegen Zeugnisverweigerungsberechtigte nach § 53 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 3 bis 3b oder Nr. 5 StPO nach Verhältnismäßigkeitserwägungen angeordnet oder gewonnene Erkenntnisse aus einer Ermittlungsmaßnahme gegen eine andere Person, über die eine der in § 160a Abs. 2 StPO n.F. genannten Personen das Zeugnis verweigern dürfte, zu Beweiszwecken nach einer Verhältnismäßigkeitsprüfung verwertet werden. Damit wären die praktischen Wirkungen und damit auch die Funktion der in § 53 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 3 bis 3b, Nr. 5 StPO niedergelegten Zeugnisverweigerungsrechte beschränkt. In die Abwägung wären insoweit das öffentliche Interesse an den von den Berufsgeheimnisträgern wahrgenommenen Aufgaben und das individuelle Interesse an der Geheimhaltung von anvertrauten Tatsachen einzustellen. Würde hingegen im Wege der einstweiligen Anordnung die angegriffene Vorschrift nur mit der Maßgabe für anwendbar erklärt, dass für sämtliche in § 53 StPO genannten Zeugnisverweigerungsberechtigte ein absolutes Beweiserhebungs- und -verwertungsverbot bestünde, könnte dies dazu führen, dass zahlreiche Ermittlungsmaßnahmen nicht durchgeführt werden dürften. Dies könnte zur Folge haben, dass die Aufklärung gewichtiger Straftaten nicht möglich wäre, weil einzelne Ermittlungsmaßnahmen von vornherein nicht ergriffen oder erlangte Erkenntnisse nicht verwertet werden dürften.

bb) Im Rahmen der Entscheidung über die beantragte einstweilige Anordnung kann ein deutliches Überwiegen der für den Erlass einer einstweiligen Anordnung sprechenden Belange auch unter Berücksichtigung nicht auszuschließender Einwirkungen auf das Kommunikationsverhalten der Bürger nicht festgestellt werden. Die betroffenen Grundrechte sowie die Funktionen des Zeugnisverweigerungsrechts auf der einen Seite und das gewichtige rechtsstaatliche Interesse an einer wirksamen Strafverfolgung, insbesondere von schweren Straftaten (vgl. BVerfGE 100, 313 388 f.>; 107, 299 316>; 115, 166 192>) auf der anderen Seite, können nicht abstrakt, sondern nur auf der Grundlage eingehender Prüfung der Art und des Ausmaßes ihrer jeweiligen Betroffenheit gegeneinander abgewogen werden. In einem solchen Fall gebietet es die gegenüber der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers notwendige Zurückhaltung des Bundesverfassungsgerichts, die Anwendung der angegriffenen Vorschrift nicht zu hindern, bevor im Rahmen einer umfassenden Prüfung im Hauptsacheverfahren geklärt ist, ob sie vor der Verfassung Bestand hat.

(Unterschriften)