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Wettlizenz aus DDR-Zeit in Bayern nicht gültig - BayVerwG, Urteil vom 27. Januar 2004, AZ: M 16 K 02.2154

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Rechtsanwalt Michael Terhaag, LL. M.

Fachanwalt für IT-Recht
Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz

Leitsätzliches

Die verbotene Gewerbeausübung, in Form der Vermittlung von Sportwetten eines in München ansässigen Gewerbetreibenden an einen Wetthalter aus einem anderen Bundesland, liegt trotz des Gambelli-Urteils des EuGHs vor, wenn der Wetthalter seine Lizenz aus DDR-Recht erhalten hatte. Bitte vergelichen Sie hierzu auch unsere seit Jahren gepflegte Serie zum Thema Online-Glückspiel und Sportwetten von Rechtsanwalt Michael Terhaag (Teil 1  Teil 2Teil 3, usw. zuletzt Teil 8 (wird ständig fortgesetzt)

BAYERISCHES VERWALTUNGSGERICHT MÜNCHEN

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

Aktenzeichen: M 16 K 2154/02

Entscheidung vom 27. Januar 2004

 

In der Verwaltungsstreitsache

...

Gewerberecht; Vermittlung von Sportwetten

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht München, 16. Kammer, durch die Richter ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 27. Januar 2004 folgendes 

Urteil

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Berufung wird zugelassen.

 

Tatbestand

Mit Schreiben vom 11. März 2002 überreichten die seinerzeitigen Bevollmächtigten des Klägers als Anlage ein vom Kläger unterschriebenes Formular für eine Gewerbe-Anmeldung. Als angemeldete Tätigkeit ist angegeben: “Entgegennahme von Sportwetten für den in Deutschland zugelassenen Sportanbieter S.... In dem Schreiben wird ausgeführt, der Kläger sei Buchmacher. Er beabsichtige, in seiner Betriebsstätte in München Sportwetten für den Sportwettanbieter O.... entgegen zu nehmen. Die entsprechende Gewerbeanmeldung vom 28. Februar 2002 sei von der Beklagten mit den Bemerken an den Kläger zurückgereicht worden, dass eine Gewerbeanmeldebestätigung aufgrund der immer noch nicht endgültigen Rechtslage für die Entgegennahme derartiger Sportwetten nicht erteilt werden könne.

Dies rechtfertige es jedoch nicht, die Gewerbeanmeldung nicht entgegen zu nehmen. Die Beklagte sei nicht berechtigt, die Gewerbeanmeldung nur deshalb zurückzuweisen, weil die Rechtslage unklar sei. Sofern im Hinblick auf die in der Tat noch nicht endgültig geklärte Rechtslage Bedenken gegen die Ausübung des Gewerbes bestehen, komme allein eine Untersagung des Gewerbes in Betracht. Aufgrund einer inzwischen vorliegenden Entscheidung des BGH müsse die Rechtslage als geklärt angesehen werden.
Die Beklagte teilte der Klagepartei dazu mit Schreiben vom 18. März 2002 mit, seitens der obersten Landesbehörde bestehe die ausdrückliche Anweisung, entsprechende Anmeldungen zurückzuweisen. Der Vorgang werde daher den Aufsichtsbehörden vorgelegt, um die Rechtslage unter Beiziehung des Urteils des BGH zu prüfen.
Mit Schreiben vom 27. März 2002 schlug die Klagepartei vor, die Aufnahme der Gewerbetätigkeit ernsthaft anzukündigen. Die Beklagte könne dann durch Erlass einer Untersagungsverfügung die Voraussetzungen für eine Anrufung des Verwaltungsgerichts München schaffen.

Mit Schreiben vom 22. April 2002 kündigten die Bevollmächtigten an, dass der Kläger das Gewerbe Anfang Mai eröffnen werde. Die Beklagte teilte der Klagepartei am 23. April 2002 mit, aufgrund der Tatsache, dass eine Erlaubnis weder vorliege noch beantragt worden sei, sei letztlich lediglich über die Empfangsbescheinigung (§ 15 Abs. 1 GewO) der vom Kläger getätigten Gewerbeanmeldung nach § 14 GewO unter Zugrundelegung des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. März 2001 zu entscheiden. Demzufolge handele es sich bei der vom Kläger angemeldeten Tätigkeit “Entgegennahme von Sportwetten für den in Deutschland zugelassenen Sportanbieter S.â€? zumindest um eine in Bayern verbotene Gewerbeausübung, für die eine Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 GewO nicht ausgereicht werden könne. Die Tatsache, dass das Bundesverfassungsgericht noch mit der Anlage befasst sei, ändere nichts an dem gesetzlichen und in der obigen Entscheidung bestätigten Verbot von Sportwetten.

Am 6. Mai 2002 erhoben die Klagebevollmächtigten Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München; sie beantragen,
festzustellen, dass die Entgegennahme von Sportwetten auf Rechnung für den aufgrund einer Erlaubnis nach § 3 des Gewerbegesetzes der DDR zugelassenen Sportwettanbieter O.... keine in Bayern verbotene Gewerbeausübung darstellt.

Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, im Hinblick auf die im Schreiben der Beklagten vom 19. April 2002 unmissverständlich zum Ausdruck gebrachten Rechtsauffassung müsse der Kläger bei einer Aufnahme der von ihm beabsichtigten Gewerbeausübung mit ordnungs- und strafrechtlicher Verfolgung rechnen. Es liege in der Konsequenz der von der Beklagten vertretenen Rechtsauffassung, dass die beabsichtigte Sportwettvermittlung als unerlaubte Veranstaltung eines Glücksspiels verfolgt werden müsse. Die erhobene Feststellungsklage sei zulässig. Der Kläger habe ein berechtigtes Interesse an der beantragten Feststellung. Der Kläger müsse bei Aufnahme der Tätigkeit mit strafrechtlicher Verfolgung rechnen. Es könne ihm daher nicht zugemutet werden, abzuwarten, bis die Beklagte gegen ihn vorgehe.
Die Vermittlung von Sportwetten an die Firma O.... stelle keine verbotene Gewerbeausübung dar. Der Firma O.... sei vom Rat des Kreises Löbau am 11. April 1990 aufgrund des Gewerbegesetzes der DDR die Genehmigung zur Eröffnung eines Wettbüros für Sportwetten erteilt worden. Diese Erlaubnis gelte nach der Wiedervereinigung gemäß Art. 19 des Einigungsvertrages bundesweit fort.
Der Kläger beabsichtige nicht, selbst Sportwetten zu veranstalten, sondern beschränke sich darauf, den Abschluss von Sportwetten an O.... zu vermitteln. Diese Vermittlung selbst sei nicht erlaubnispflichtig. Ausreichend sei, dass derjenige, an den die Sportwetten vermittelt werden, im Besitz einer gültigen Erlaubnis sei. Auf dieser Grundlage nähmen z.B. bundesweit Lotto- und Totoannahmestellen die selbst nicht im Besitz einer Erlaubnis zur Veranstaltung von Sportwetten oder Lotterien seien, auf Rechnung des deutschen Lotto- und Totoblocks Vertragsangebote entgegen. Nicht anders könne die vom Kläger beabsichtigte Tätigkeit beurteilt werden.

Die Beklagte beantragte mit Schreiben vom 15. Juli 2002,
die Klage abzuweisen.

Im Bundesgebiet seien öffentliche Glücksspiele einschließlich Sportwetten und Lotterien nach § 284 und 286 StGB grundsätzlich verboten, es sei denn, sie seien behördlich erlaubt. Der örtliche Geltungsbereich der Genehmigung für die Firma O.... nach § 3 des Gewerbegesetzes der ehemaligen DDR sei auf das Staatsgebiet der ehemaligen DDR beschränkt. In Bayern seien lediglich Pferdewetten nach dem Renn- und Lotteriegesetz zulässig. Wettveranstaltungen, die nach dem Glücksspielrecht eines Landes nicht genehmigt worden seien, seien daher strafbar. Nur die behördliche Erlaubnis könne die Zulässigkeit der Veranstaltung eines öffentlichen Glücksspiels bewirken. Angesichts des strafrechtlichen Verbotes des öffentlichen Glücksspiels bestehe für die Behörde kein Freiraum, diese durch die Entgegennahme und Bestätigung von Gewerbeanmeldungen zu legalisieren. Im Übrigen werde auf die Ausführungen im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. März 2002, Az.: 6 CD 2.01 verwiesen.
Die Klagepartei erwiderte mit Schreiben vom 29. Juli 2002, die Veranstaltung von Sportwetten falle grundsätzlich unter den Schutzbereich von Art. 2 Abs. 1, 12 GG. Sie könne daher nur dann unzulässig sein, wenn sie unter eine Verbotsnorm falle. Sportwetten seien nach noch herrschender Meinung Glücksspiele. Deren Veranstaltung sei nur dann strafbar, wenn sie unerlaubt erfolgen. Die Strafbarkeit setze somit das Fehlen einer behördlichen Erlaubnis voraus. Die vom Rat des Kreises Löbau am 11. April 1990 der O.... erteilte Erlaubnis zur Veranstaltung von Sportwetten sei nach der Rechtsprechung des BGH wirksam und gelte aufgrund des Art. 19 des Einigungsvertrages bundesweit. Da nach herkömmlicher und jedenfalls zur Zeit der Geltung des DDR-Gewerbegesetzes einst herrschender Auffassung Sportwetten unter den Begriff des Glücksspiels fallen sollten, habe auf der Grundlage des § 3 des Gewerbegesetzes der DDR auch die Erlaubnis zur Veranstaltung von Sportwetten erteilt werden können. Nach dieser Vorschrift seien nur die persönlichen Voraussetzungen für die Erteilung der Erlaubnis zu prüfen gewesen.

Mit Schreiben des nunmehrigen Klagebevollmächtigten vom 14. Januar 2004 wurde ausgeführt, spätestens seit der Entscheidung des EuGH vom 6. November 2003 im Verfahren Gambelli stehe fest, dass die Vermittlung von Sportwetten an mit staatlicher Konzession vergebene private Veranstalter innerhalb des EU-Gebiets zulässig und vor allem nicht strafbar sei.

Wenn der BGH in Zivilsachen explizit feststelle, dass die Firma O.... das Recht besitze, bundesweitSportwetten veranstalten zu dürfen, so müsse auch ein Betreiber eines Wettvermittlungsbüros an eine solche Firma Wetten in der Form von Weiterleitung von Wettscheinen über eine Internetstandleitung durchführen dürfen.
Die weitaus meisten Strafgerichte seien bereits zu der Auffassung gelangt, dass die Sportwette schon tatbestandlich kein Glücksspiel sei. Zudem hätten unzählige Staatsanwaltschaften die in der gesamten Bundesrepublik Deutschland eingeleiteten Ermittlungsverfahren nach § 170 Abs. 2 StPO mit der Begründung eingestellt, dass die Vermittlung von Sportwetten schon deshalb kein illegales Glücksspiel sein könne, weil das Tatbestandsmerkmal des “Glücksspielsâ€? nicht gegeben sei. Nach der Rechtsprechung des BGH komme es in diesem Zusammenhang auf den “konkreten Durchschnittsspielerâ€? an. Dieser sei zu 99,9 % fußballinteressiert und -begeistert. Je höher die Kenntnisse des jeweiligen Spielers seien, desto besser seien auch die Möglichkeiten, erfolgreich an der Oddset-Sportwette teilzunehmen.
Ungeachtet dieses Umstandes beabsichtige der Kläger im Übrigen lediglich die reine Vermittlungder Sportwette. Eine rein vermittelnde Tätigkeit falle nicht unter den Veranstalterbegriff des § 284 StGB, weil andernfalls ein unzulässiger Verstoß gegen das im Strafrecht geltende Analogieverbot vorliege. Auch das dritte Tatbestandsmerkmal des § 284 StGB “ohne behördliche Erlaubnisâ€? sei nicht verwirklicht. Da der Freistaat Bayern nicht über ein Sportwettgesetz verfüge und damit auch keine einschlägige Erlaubnisvorbehaltsnorm bestehe, könne diese Tätigkeit auch nicht verboten sein. Jedes andere verfassungsrechtliche Verständnis wäre im Übrigen gröblich verfehlt. Letztlich sei in unserem Staat grundsätzlich noch immer jede berufliche Tätigkeit erlaubt, soweit sie nicht ausdrücklich verboten sei. Der EuGH habe in seinem Urteil vom 6. November 2003 explizit und erstmalig festgestellt, dass jede ordnungsbehördliche oder strafrechtliche Sanktion gegen Betreiber von Wettvermittlungsbüros sich verbiete, solange und soweit die staatlichen Lotteriegesellschaften selbst Sportwetten in massiver Form anbieten und den Bürger hierzu ermuntern. Genau dies sei aber tagtäglich in insgesamt 26.000 Lottoannahmestellen in der Bundesrepublik Deutschland der Fall. Das Landgericht München habe mit Beschluss vom 27. Oktober 2003 entschieden, dass auch eine in einem anderen EU-Mitgliedsstaat erteilte Veranstalterbewilligung für die Tätigkeit als Buchmacher eine behördliche Erlaubnis im Sinne von § 284 StGB sei. Eine private Konzession eines ausländischen Veranstalters entfalte insoweit Wirksamkeit für das gesamte EU-Gemeinschaftsgebiet. Ferner habe das Landgericht München festgestellt, dass § 284 Abs. 1 StGB gerade nicht die Bekämpfung bzw. Eindämmung der Spielsucht bezwecke.

Spätestens seit der Entscheidung des EuGH lasse sich eindeutig festhalten, dass die Vermittlung von Sportwetten an konzessionierte Veranstalter jedenfalls nicht strafbar sein könne, so dass dem Kläger auch die Gewerbeanmeldung zu erteilen sei. Niemand sei es verständlich zu machen, dass man in der Bundesrepublik Deutschland als Privatperson zwar Pferdewetten veranstalten dürfe, soweit man bestimmte Zuverlässigkeitskriterien erfülle, zeitgleich aber Wetten auf andere sportliche Ereignisse dem Staat vorbehalten sein sollen. Es dränge sich regelrecht auf, dass hier eine diskriminierende Ungleichbehandlung vorliege, die im Übrigen von Seiten des Staates nur deshalb aufrechterhalten bleibe, um die fiskalischen Interessen des Staates zu schützen. Der EuGH habe aber insoweit bereits darauf hingewiesen, dass derartige fiskalische Interessen nicht Grundlage für solche monopolartigen Gesetze sein könnten.

Für den Fall, dass der Klage nicht bereits aus den vorgenannten Gründen stattzugeben sei, kündige er bereits jetzt vorsorglich an, den Antrag zu stellen,
die Angelegenheit zur Vorabentscheidung dem EuGH vorzulegen, hilfsweise, die Sache zur Vorabentscheidung dem Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 GG vorzulegen.

Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf die Akten der Beklagten und die Gerichtsakten Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage bleibt ohne Erfolg.

1. Die erhobene Feststellungsklage ist nach § 43 VwGO zulässig.

Die Behauptung einer Behörde, dass eine von einem Bürger ausgeübte oder beabsichtigte Tätigkeit ihrer Erlaubnis bedürfe, begründet ein konkretes Rechtsverhältnis zwischen ihr und dem betreffenden Bürger, das die Voraussetzungen des § 43 Abs. 1 VwGO erfüllt (BVerwGE 94, 269/271). Der vorliegende Fall weicht von dieser Fallgruppe insofern ab, als die Beklagte nicht meint, die nach ihrer Auffassung erforderliche Erlaubnis unter bestimmten Voraussetzungen selbst erteilen zu dürfen, sondern vielmehr der Auffassung ist, dass die Erteilung einer derartigen Erlaubnis rechtlich überhaupt nicht vorgesehen ist. Dies ändert jedoch nichts an der Zulässigkeit der Klage. Ein konkretes Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO muss zwar gerade zwischen den Beteiligten bestehen, und die Meinungsverschiedenheit über die Erlaubnisbedürftigkeit muss daher zur Folge haben, dass sich die Behörde berühmt, ein bestimmtes Tun oder Unterlassen des betreffenden Bürgers aufgrund ihres Rechtsstandpunks verlangen zu können (vgl. BayVGH v. 30.8.2000, 22 B 00.1833 S. 6). Da sich die Beklagte mit Schreiben vom 19. April 2002 weigert, eine Empfangsbescheinigung nach § 15 Abs. 1 GewO auszustellen, weil sie die Rechtsauffassung vertritt, dass es sich bei der vom Kläger angemeldeten Tätigkeit um eine zumindest in Bayern verbotene Gewerbeausübung handelt, müsste der Kläger, falls er die angezeigte Tätigkeit tatsächlich aufnimmt, mit ordnungsbehördlichen Maßnahmen und einer Strafanzeige rechnen.
Der Kläger hat ein berechtigtes Interesse an der alsbaldigen Feststellung. Er hat ein schutzwürdiges Interesse daran, dass er die Klärung der Meinungsverschiedenheit mit der Beklagten in einem verwaltungsgerichtlichen Streitverfahren nicht auf der Anklagebank erlebt (vgl. BayVGH v. 30.8.2000, a.a.O.).
§ 43 Abs. 2 VwGO steht der Zulässigkeit der Feststellungsklage ebenfalls nicht entgegen. Durch eine Gestaltungs- oder Leistungsklage kann der Kläger sein Rechtsschutzziel nicht erreichen, nämlich die Feststellung, dass die vom Kläger beabsichtigte Entgegennahme von Sportwetten auf Rechnung für den aufgrund einer Erlaubnis nach § 3 des Gewerbegesetzes der DDR zugelassenen Sportwettanbieter O. keine in Bayern verbotene Gewerbeausübung darstellt.

2. Die Feststellungsklage ist unbegründet. Die begehrte Feststellung kann nicht ausgesprochen werden, denn das Gericht geht davon aus, dass das Veranstalten oder Vermitteln von Sportwetten ohne Genehmigung in Bayern verboten sind.

2.1 Veranstaltung und Vermittlung von Oddset-Wetten ohne behördliche Erlaubnis sind nach Bundesrecht verboten (BVerwG v. 28.3.2001, BVerwGE 114, 92). Aus § 284 Abs. 1, § 9 Abs. 1 und 2, § 27, § 284 Abs. 4 StGB folgt, dass die Veranstaltung und Vermittlung eines nicht genehmigten Glückspiels, die Teilnahme daran und die Werbung dafür verboten sind. Die Oddset-Wette, wie sie der Kläger vermitteln will, ist ein Glücksspiel im Sinne dieser Strafnormen (BVerwG v. 28.3.2001, a.a.O.). Nach einhelliger Auffassung liegt nämlich ein Glücksspiel dann vor, wenn die Entscheidung über Gewinn oder Verlust des Spiels nach den Spielbedingungen nicht wesentlich von den geistigen und körperlichen Fähigkeiten, den Kenntnissen, der Übung und der Aufmerksamkeit des Spielers abhängt, sondern allein oder doch überwiegend vom Zufall. Hierbei ist, wenn sich das gewerbsmäßige Spielangebot wie bei Oddset-Wetten an einen unübersehbaren Kreis von Personen richtet, nicht auf eine bestimmte, etwa im Sportgeschehen besonders kenntnisreiche Personengruppe abzustellen, sondern nur auf Fähigkeiten und Erfahrungen durchschnittlicher Adressaten. In dieser Gesamtschau ist bei Oddset-Wetten davon auszugehen, dass Gewinn und Verlust dieser Spiele (noch) überwiegend vom Zufall geprägt sind (vgl. BVerwG v. 23.8.1994, BVerwGE 96, 293 f.; v. 28.3.2001, a.a.O.; BGH v. 14.3.2002, NJW 2002, 2175; BayObLG v. 26.11.2003, NJW 2004, 1057). Vereinzelte strafgerichtliche erstinstanzliche Entscheidungen (Amtsgericht Karlsruhe-Durlach v. 13.7.2000, GewArch 2001, 134 f.; sowie die weiteren vom Kläger vorgelegten Entscheidungen des Amtsgerichts München v. 24.6.2002, des Amtsgerichts Stuttgart v. 5.10.1999 und des Landgerichts Bochum v. 26.2.2002), welche zu einer gegenteiligen Einschätzung kommen, vermögen nicht zu überzeugen, da auch bei Sportwetten der Erfolg zumindest überwiegend vom Zufall abhängt und diesem Zufallselement in der Beurteilung der Gesamtheit der Wettteilnehmer gegenüber den vom Spieler zu beeinflussenden Umständen ein deutliches Übergewicht zukommt. Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 28. November 2002 (DVBl. 2003, 669 f.) präzisierend zu den speziellen Kriterien bei Sportwetten ausgeführt, ein Überwiegen des Zufalls werde nicht bereits dadurch in Frage gestellt, dass über den Ausgang anhand bestimmter Kriterien eine begründete Vorhersage getroffen werden kann, sofern der Ausgang von weiteren wesentlichen Unsicherheitsfaktoren bestimmt werde, die für den Spieler weder beeinflussbar noch vorausberechenbar sind. Für die Gesamtbeurteilung sei deshalb maßstabgebend das Publikum, für dass das Spiel eröffnet sei, nicht aber der geübtere oder besonders geübte Teilnehmer. Ein Spiel behalte danach den Charakter eines Glücksspiels auch für den besonders geübten und versierten Spieler, der den Spielausgang besser abschätzen kann als ein weniger geübter oder versierter. Dem hat sich die Kammer bereits in seinem Urteil vom 24. Juni 2003 M 16 K 01.2667 angeschlossen.

2.2 Landesrechtliche Vorschriften über ein eigenständiges Verbot und eine eventuelle Erlaubnis der Veranstaltung der strittigen Sportwetten existieren nicht. Sowohl der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (Urt. v. 30.8.2000, GewArch 2001, 65 f.) als auch das Bundesverwaltungsgericht (BVerwGE 114, 92 f.) gehen davon aus, dass § 284 StGB den Abschluss und die Vermittlung von Oddset- Wetten verbietet, wenn diese Betätigungen nicht behördlich erlaubt sind. Dies gilt auch dann, wenn es wie derzeit in Bayern an einem normativen Erlaubnistatbestand fehle. Die Fernhaltung privater Veranstalter von Oddset-Wetten in Bayern verstoße nicht gegen das Grundgesetz. Wie in seinem Urteil vom 24. Juni 2003 - M 16 K 01.2667 nimmt das Gericht Bezug auf die Begründungen dieser beiden obergerichtlichen Entscheidungen, schließt sich ihnen an und macht sie zum Gegenstand der vorliegenden Entscheidungsgründe.

2.3 Die Berufung der Klagepartei auf die der Firma O. am 11. April 1990 nach dem Gewerbegesetz der DDR vom 6. März 1990 erteilten Gewerbegenehmigung für Sportwetten führt zu keiner abweichenden Einschätzung. Die Oberverwaltungsgerichte Münster und Lüneburg haben in ihren Entscheidungen vom 13. Dezember 2002 (GewArch 2003, 162 f.) und vom 4. März 2003 (GewArch 2003, 247 f.) übereinstimmend festgestellt, dass eine in einem Bundesland erteilte Erlaubnis räumlich nur für das Gebiet dieses Landes gilt und damit eine Sportwettenerlaubnis der DDR, die vor der Wiedervereinigung erteilt wurde, nicht nach Art. 19 Satz 1 Einigungsvertrag im ganzen Bundesgebiet Geltungskraft beanspruchen kann. Die erkennende Kammer teilt diese rechtliche Beurteilung, da zur Wahrung der Rechtseinheit der Bundesrepublik Deutschland zumindest eine vergleichende Betrachtung geboten ist und bei unterschiedlichen Regelungen in den Bundesländern die Fortgeltungsanordnung des Art. 19 EV nicht im Sinne einer die deutsche Rechtseinheit spaltenden privilegierenden Erweiterung des räumlichen Geltungsbereichs auf das gesamte Bundesgebiet gedeutet werden darf (so zutreffend Dietlein, BayVBl 2002, 167 unter Hinweis auf OVG Berlin, NVwZ 1997, 396 f., wonach eine Erstreckung auf das gesamte Bundesgebiet abgelehnt wurde, soweit die Erstreckung der dortigen Rechtslage widersprechen würde). Wenn sich die Klagepartei demgegenüber auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 11.10.2001 (GewArch 2002, 162 f.) beruft, folgt die Kammer dieser Auffassung nicht; denn der Bundesgerichtshof stützt seine Einschätzung auf die "Beurteilung der Behörden und Gerichte" sowie ein Schreiben des Sächsischen Staatsministeriums des Innern vom 13. Januar 1994, demzufolge die Gewerbegenehmigung vom 11. April 1990 eine wirksame und rechtmäßige Grundlage für die vom Beklagten bundesweit veranstalteten Sportwetten sei. Eine nähere Auseinandersetzung mit den hier aufgeworfenen grundsätzlichen Rechtsfragen zum regionalen Geltungsbereich eines Verwaltungsakts, wie in den o. g. Entscheidungen des OVG Münster und OVG Lüneburg, fehlte hingegen in der Entscheidung des Bundesgerichtshofs. Diese Divergenz in obergerichtlichen Entscheidungen gibt der Kammer wie in seinem Urteil vom 24. Juni 2003 Anlass, die Berufung gemäß § 124 a Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.

2.4 Es bestehen auch keine gemeinschaftsrechtlichen Bedenken unter dem Gesichtspunkt eines Verstoßes gegen die europarechtliche Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit (Art. 43, 49 EGV). Zwar können Beschränkungen der Zulassung des Glückspiels einen Verstoß gegen die Dienstleistungsfreiheit darstellen, es liegt aber grundsätzlich im Ermessen der nationalen Instanzen und Gerichte, Beschränkungen der Zulassung, soweit sie keine Diskriminierung darstellen, vorzunehmen und zu beurteilen, ob diese aus zwingenden Gründen des Gemeinwohls gerechtfertigt sind (EuGH v. 21.10.1999, GewArch 2000, 19). Beschränkungen sind insbesondere zulässig, wenn sie durch Ziele der Sozialpolitik, nämlich der Beschränkung der schädlichen Wirkungen solcher Aktivitäten, gerechtfertigt sind, soweit sie sich nicht als unverhältnismäßig darstellen (EuGH v. 21.10.1999, a.a.O.).

Eine Änderung dieser Rechtsprechung ist bisher nicht erfolgt, auch entgegen der Auffassung des Klägers nicht in der Rechtssache Gambelli (EuGH v. 11.9.2003, GewArch 2004, 26). In dieser Entscheidung hat der EuGH an den Grundsätzen der Vorentscheidungen festgehalten und lediglich zusätzlich angemerkt, dass die Berufung auf die öffentliche Sozialordnung (Notwendigkeit, die Gelegenheit zum Spiel zu vermindern) nicht möglich sei, soweit die Behörden eines Mitgliedsstaates die Verbraucher dazu anreizen und ermuntern, an Wetten teilzunehmen, damit der Staatskasse daraus Einnahmen zufließen (EuGH v. 11.9.2003, a.a.O.; vgl. BayObLG v. 26.11.2003, NJW 2004, 1057). Von dieser Bewertung ist der bayerische Landesgesetzgeber beim Erlass des Staatslotteriegesetzes ausgegangen, das die Veranstaltung von Sportwetten auf staatliche Einrichtungen beschränkt. Mit diesem Gesetz hat er einerseits dem Wunsch der Bevölkerung nach Spielmöglichkeiten nachgegeben, gleichzeitig aber sollten die damit verbundenen Gefahren "Spielsucht und die negativen Auswirkungen wie Zerstörung der Lebensgrundlage und Beschaffungskriminalität, Manipulation, Betrug, Geldwäsche und nicht ordnungsgemäße Gewinnauszahlung durch unlautere private Glücksspielveranstalter etc." möglichst gering gehalten werden (LT-Drs. 14/219, S. 5). Das Verbot von Oddset-Wetten kann den privaten Veranstaltern und Vermittlern aus überwiegenden Allgemeingründen zugemutet werden (BayVGH v. 5.8.2003, 24 CS 03.1605).
Im Übrigen geht es im vorliegenden Fall auch nicht um die grenzüberschreitende Vermittlung von Sportwetten, weshalb nicht ersichtlich ist, dass es für die Entscheidung auf die Auslegung und Gültigkeit von Gemeinschaftsrecht ankommt. Ein Antrag auf Vorabentscheidung des EuGH nach Art. 234 EGV ist daher im vorliegenden Fall nicht geboten. 

2.5 Auch liegt kein Fall der unzulässigen Inländerdiskriminierung vor, denn ein EU-Ausländer ist nicht wegen gemeinschaftsrechtlicher Regelungen besser zu behandeln als ein Deutscher. Auch ein ausländischer Wettunternehmer kann sich nach § 284 StGB strafbar machen, ohne dass darin ein Verstoß gegen die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 49 EGV zu sehen ist (OVG Münster v. 13.12.2002, a.a.O.).

2.6 Gründe dafür, eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nach Art. 100 Abs. 1 GG einzuholen, sind ebenfalls nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

(Unterschriften)