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Unerlaubtes Glücksspiel auch bei 15€ "Startgeld" für Pokerturnier - VG Frankfurt am Main, Beschluss vom 21.09.07, Az.: 7 G 2700/07(2)

Leitsätzliches

Auch bei nur 15€ "Startgeld" handelt es sich bei einem Pokerturnier um verbotenes Glücksspiel.

VERWALTUNGSGERICHT FRANKFURT a.M.

Im Namen des Volkes

BESCHLUSS

Aktenzeichen:  7 G 2700/07(2)

Verkündet am 21. September 2007

 

In dem Verwaltungsstreitverfahren

...

gegen

...

wegen Lotterierecht

hat die 7. Kammer Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main durch ... am 21.09.2007 beschlossen:

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Die Kosten des Verfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.

3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000,-- € festgesetzt.

Gründe:

Der am 19.09.2007 gestellte Antrag der Antragstellerin,

vorläufig festzustellen, dass die Veranstaltung des Pokerturniers am 23.09.2007, ab 17 Uhr im Hotel ... die der Antragsgegnerin per Telefaxschreiben vom 12.09.2007 durch den Antragsteller angezeigt wurde, vorläufig zulässig ist, und durch die Antragsgegnerin vorläufig nicht untersagt werden darf sowie keine Zwangsmaßnahmen gegen den Veranstalter oder den Inhaber des Veranstaltungsortes ergriffen werden dürfen, wenn die Veranstaltung wie angezeigt durchgeführt wird,

ist nach § 123 Abs. 1 S. 1 VwGO zulässig. Durch die einstweilige Anordnung ist grundsätzlich auch vorbeugender Rechtsschutz in Bezug auf jede Art verwaltungsbehördlichen Handelns, somit auch in Hinblick auf geplante Verwaltungsakte möglich. Hier ist der Antrag auch nicht wegen fehlendem Rechtsschutzbedürfnis unzulässig, da hier irreversible Tatsachen entstünden und die Antragstellerin beim Verweis auf nachgehenden Rechtsschutz nicht wieder gutzumachende erhebliche Nachteile erleiden würde. Das Rechtsschutzbedürfnis ist auch nicht dadurch entfallen, dass die Antragsstellerin erklärt hat, sie halte es zur Zeit nicht für erforderlich, die angekündigte Untersagungsverfügung zu erlassen, da das Hotel, in dem die Veranstaltung durchgeführt werden soll, nach Information über die Rechtslage die Veranstaltung storniert habe, denn die Antragstellerin hat ausdrücklich vorgetragen, dass die Betreiberin des Hotels zugesagt habe, die Veranstaltung durchzuführen, wenn eine entsprechende Entscheidung des Verwaltungsgerichts vorläge.

Der Antrag ist jedoch unbegründet, da die Antragstellerin keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht hat. Nach der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren allein möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage erweist sich die von der Antragsgegnerin im Anhörungsschreiben vom 13.09 2007 angekündigte Untersagung des beabsichtigten Pokerturniers nicht als rechtswidrig. Nach Einschätzung des Gerichts ist das geplante Pokerturnier als unerlaubtes Glücksspiel anzusehen, so dass eine Untersagung der Veranstaltung nach § 11 des Hessischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (HSOG) i. V. m. § 284 StGB und § 2 Gesetz zu dem Staatsvertrag zum Lotteriewesen in Deutschland vom 22.06.2004 (GVBI. 1204,  S. 214 ff.) und § 5 Abs. 2 und 4 des Staatsvertrags zum Lotteriewesen in Deutschland rechtmäßig sein dürfte. Das geplante Pokerturnier ist zunächst als Glücksspiel im Sinne des § 3 Abs. 1 des Staatsvertrags zum Lotteriewesen in Deutschland anzusehen. Nach dieser Bestimmung liegt ein Glücksspiel vor, wenn im Rahmen eines Spiels für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt. Hier ist ein Vermögenswert zu leisten, der notwendige Bedingung für die Teilnahme am Spiel ist und somit als Entgelt anzusehen ist. Dabei ist es unerheblich, dass die Vermögensleistung der Teilnehmer hier als Startgeld und nicht als „Einsatz" bezeichnet wird (vgl. hierzu VG München, Beschluss vom 08.05.2007, M: 22 S 07.900 — Juris -). Es wurden auch keine Umstände glaubhaft gemacht, die hier dazu führen könnten, dass das Startgeld der beteiligten Teilnehmer hier nicht als Entgelt im Sinne des § 3 Abs. 1 Staatsvertrag zum Lotteriewesen in Deutschland bezeichnet werden kann. Das Gericht geht auch nicht davon aus, dass durch das Startgeld hier nur ein Betrag gezahlt wird, der mit dem eigentlichen Spiel nichts zu tun hat (vgl. hierzu VG Cottbus, Beschluss vom 03.11.2006, 2 L 386/06, in dem davon ausgegangen wird, dass bei einer Pauschale von 15 Euro pro Teilnehmer dieser Betrag nicht als Einsatz und somit das Spiel nicht als unerlaubtes Glücksspiel anzusehen ist), da auch dann, wenn durch die Teilnehmergebühren die Organisation des Turniers bezahlt wird, ein Entgelt für den Erwerb einer Gewinnchance verlangt wird und somit die Voraussetzungen des § 3 Abs, 1 Lotteriestaatsvertrag gegeben sind. Ob die Veranstalter mit der Durchführung des Turniers einen wirtschaftlichen Gewinn machen, ist für die Einstufung als Glücksspiel nach § 3 Abs. 1 Lotteriestaatsvertrag unerheblich. Darüber hinaus ergibt sich aus der nur in Teilen vorgelegten „Rentabilitätsvorschau" ohne Datum für das Gericht nicht, dass hier die Startgelder komplett für die Organisation des Turniers aufgebraucht werden. Die einzelnen Positionen sind für das Gericht nicht nachvollziehbar und glaubhaft gemacht.

Die Entrichtung des Startgeldes erfolgt auch für den Erwerb einer Gewinnschance. Nach der Ankündigung des Turniers im Internet ergibt sich, dass die Preise 1. — 3. einen erheblich höheren Wert haben als die entrichteten Startgelder.

Die angekündigte Untersagung des geplanten Pokerturniers widerspricht auch nicht der Verwaltungspraxis im Bezirk des Regierungspräsidiums Darmstadt. Aus dem Schreiben des Regierungspräsidiums Darmstadt vom 04.10.2006 an die Bevollmächtigten der Antragstellerin geht hervor, dass man gegen Pokerturniere nicht einschreitet, wenn von den Teilnehmern nur ein Eintrittsgeld von maximal 15 Euro pro Person zur Deckung eines Teils der Kosten der Veranstaltung verlangt wird. Hier liegt das Startgeld jedoch mit 40 Euro bei einer Online-Anmeldung bzw. 45 Euro bei einer Offline-Anmeldung deutlich über dieser Grenze.

Dass die mit Anhörungsschreiben 13.09.2007 angekündigte Verfügung ermessensfehlerhaft oder unverhältnismäßig wäre, ist nicht erkennbar und wurde durch die Antragstellerin auch nicht glaubhaft gemacht.

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 52 Abs. 2 GKG. Da hier eine Vorwegnahme der Hauptsache begehrt wird, ist der Betrag in voller Höhe anzusetzen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen die Festsetzung des Streitwertes in diesem Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 50,00 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu erheben.
Im Übrigen können die Beteiligten Beschwerde gegen diesen Beschluss einlegen.

Unterschriften