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Keine Werbung auf dem Hinterteil von Fussballern - LG Frankfurt, Urteil vom 28.9.2005, Az.: 2-06 O 101/05

Leitsätzliches

Es ist nicht zu beanstanden, dass der Beklagte im Rahmen seiner Entscheidung nicht alle Flächen der Spielkleidung als Werbeflächen zugelassen hat, sondern sich zwischen der denkbaren Regelungsmöglichkeit eines absoluten Verbots bis hin zur völligen Freigabe aller Bereiche für eine Regelung entschieden hat, die wirtschaftlichen Gesichtspunkten, aber auch sportästhetischen Gesichtspunkten gerecht werden will.

LANDGERICHT FRANKFURT AM MAIN

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

Aktenzeichen: 2-06 O 101/05

Entscheidung vom 28. September 2005

 

 

 

In dem Rechtsstreit

SV A. H.

- Klägerin -

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwalt S

gegen

D F B

- Beklagte -

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwalt Dr. D

hat die 6. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main durch Vors. Richter am LG R, Richter am LG Dr. K, Richter am LG H aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 28.9.2005 für Recht erkannt:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zuvollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

T a t b e s t a n d

Der Kläger ist ein Verein im Bereich des Fußballsports und als solcher Mitglied des N. F. e. V. (NFV) entsprechend § 9 der Satzung dieses Landesverbands. Der N. F. V. gehört seinerseits gemäß § 7 der Satzung des Beklagten diesem als ordentliches Mitglied an.

Der Beklagte hat in einer Spielordnung Regularien für Fußballspiele aufgestellt, denen sich der Kläger mittelbar durch seine Mitgliedschaft beim N. F. V. unterworfen hat.

Der Beklagte erließ „Allgemein verbindliche Vorschriften über die Beschaffenheit und Ausgestaltung der Spielkleidung“ für Fußballspieler und Schiedsrichter. Unter § 4 Ziffer 1 und 2 dieser Bestimmung findet sich folgende Regelung:

 

§ 4

1. Als Werbefläche dienen ausschließlich die Vorderseite und ein Ärmel im Oberarmbereich des Trikots.

2. Werbung auf anderen zur Spielkleidung gehörenden Ausrüstungsgegenständen ist verboten.

Der N. F. V. hat seinerseits auf dieser Grundlage „Allgemein verbindliche Vorschriften über die Beschaffenheit und Ausgestaltung der Spielkleidung“ erlassen, deren § 6 Abs. 1 und Abs. 2 wortgleich mit der Bestimmung des Beklagten unter § 4 Ziffern 1 und 2 ist. Wegen der Einzelzeiten der Vorschriften des N. F. V. wird auf die Abschrift (Bl. 151 d. A.) verwiesen. Bei dem N. F. V. ist ein Antragsverfahren auf Genehmigung von Werbung auf der Spielkleidung von Spielern mit einem diesbezügliches Antragsformular vorgesehen (Anlage B 8, Bl. 150 d. A.).

Der Kläger nimmt mit seiner ersten Fußballherrenmannschaft in der Spielklasse der Oberliga Nord am Spielbetrieb um die Meisterschaft zum Aufstieg in die Regionalliga Nord teil. Für die Spiele in der Oberliga ist der N. F. V. organisatorisch und damit auch für die Genehmigung von Werbung auf der Spielkleidung zuständig.

Bei dem N. F. V. existiert eine Verbandsgerichtsbarkeit nach den Bestimmungen der Rechts- und Verfahrensordnung des Vereins. Die im Rahmen der Verbandsgerichtsbarkeit gemäß § 38 der Satzung errichteten Sportgerichte sind für alle Rechtsangelegenheiten zuständig, die sich aus der Mitgliedschaft zum Verband oder aus der Satzung und den Ordnungen ergeben, soweit nicht in den Ordnungen einzelnen Verbandsausschüssen die Ausübung von Rechtsbefugnissen übertragen worden ist. Wegen der Einzelheiten der Regelungen zu den Rechtsorganen auf Verbandsebene des N. F. V. wird auf § 38 - § 42 der Satzung und auf die Rechtsund Verfahrensordnung verwiesen (Bl. 169, 170 d. A. und Bl. 178 – 193 d. A.).

Seit Beginn der Saison 2003/04 und damit seit Juli 2003 befindet sich auf dem hinteren Teil der kurzen Sporthose der ersten Fußballmannschaft des Klägers ein Werbeslogan mit der Aufschrift „K-stadt“. Mit dieser Spielkleidung nimmt die erste Fußballherrenmannschaft des Klägers bis zum heutigen Tag am Spielbetrieb teil.

Am 10.6.2004 wurde dem Kläger vom Verbands-Spielausschuss seines Landesverbandes eine Verwaltungsstrafe von 100,-- EUR wegen mehrfachen unerlaubten Tragens von Werbung auf der Hose auferlegt. Wegen der Einzelheiten des Verwaltungsentscheids wird auf die Anlage K 1 (Bl. 25 d. A.) verwiesen. Gegen diesen Verwaltungsentscheid wandte sich der Kläger mit dem Verbandsrechtsmittel der Anrufung des Verbandssportsgerichtes des N. F. V. Dieses wies mit Urteil vom 15.12.2004 den Rechtsbehelf aus unbegründet zurück. In der Begründung des Urteils wurde u. a. darauf abgestellt, dass dem N. F. V. als zuständigem Landesverband für die Genehmigung von Werbung auf Spielkleidung bis dato kein Antrag auf Genehmigung seitens des Klägers vorliege. Wegen der Einzelheiten des Urteils wird auf Anlage K 4, Bl. 32 – 37 d. A. verwiesen. Der Kläger legte verbandsintern am 23.12.2004 gegen dieses Urteil Berufung beim Obersten Verbandssportgericht des NFV ein. Diese wurde mit Urteil vom 20.1.2005 zurückgewiesen. Das Oberste Verbandssportgericht führte in seiner Entscheidung aus, dass allein schon deshalb die Hosenwerbung des Klägers nicht zulässig sei, weil kein Antrag auf Genehmigung einer Werbung gestellt wurde, so dass zu dieser Frage im Verein weder eine positive noch eine negative Entscheidung getroffen worden ist. Wegen der Einzelheiten des Urteils wird auf Anlage K 6 (Bl. 40 – 42 d. A.) verwiesen.

Am 15.2.2005 erging ein weiterer Verwaltungsentscheid des NFV gegen den Kläger wegen unerlaubten Tragens von Werbung auf der Hose in Höhe von 200,-- EUR plus Verwaltungskosten (Anlage K 7, Bl. 43 d. A.). Gegen diesen Verwaltungsentscheid ist der Kläger verbandsintern nicht vorgegangen.

Der Kläger macht gegenüber dem Beklagten die Feststellung der Nichtigkeit der Regelungen unter § 4 Ziffer 1 und 2 der „Allgemein verbindlichen Vorschriften über die Beschaffenheit und Ausgestaltung der Spielkleidung“ in den Durchführungsbestimmungen Abschnitt B des Beklagten geltend. Soweit der Kläger gegenüber dem Beklagten zunächst auch die Feststellung der Rechtswidrigkeit der gegen den Kläger gerichteten Verwaltungsentscheide des N. F. V. begehrt hat, hat er die Klage zurückgenommen.

Der Kläger ist der Meinung, die angegriffene Regelung des Beklagten verstoße gegen staatliches deutsches Recht. Die Normen des Beklagten unterlägen als Verbandsnormen einer gerichtlichen Inhaltskontrolle. Der Beklagte könne sich zur Zulässigkeit des Verbots der Hosenwerbung nicht auf die Satzung des Weltfußballverbandes (FIFA) stützen, da diesbezüglich existierende frühere Regelungen in den Bestimmungen des Weltfußballverbandes gestrichen worden seien. Das Verbot der Hosenwerbung sei weder sachlich gerechtfertigt noch für die Durchführung des Spielbetriebs notwendig und deshalb willkürlich. Der Kläger werde hierdurch in seinen Grundrechten aus Art. 9 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 i.V.m. mit Art. 2 Abs. 1 und aus Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz verletzt. Ein Ausschluss der Hose als Werbefläche sei objektiv zur Durchführung ordnungsgemäßer Spiele nicht notwendig und beschränke den Kläger unzumutbar in seinen Werbemöglichkeiten mit den damit verbundenen Einnahmemöglichkeiten. Des weiteren liege ein Verstoß gegen § 1 GWB vor.

Der Kläger ist weiter der Auffassung, der verbandsinterne Rechtsweg sei hinsichtlich der Frage der Zulassung von Hosenwerbung erschöpft, da ein Rechtsmittel gegen das letztinstanzliche Urteil vom 20.1.2005 nicht vorgesehen sei.

Der Kläger beantragt,

 

festzustellen, dass § 4 Ziffer 1 und 2 der „Allgemein verbindlichen Vorschriften über die Beschaffenheit und Ausgestaltung der Spielkleidung“ in den Durchführungsbestimmungen Abschnitt B des Beklagten nichtig sind.

Der Beklagte rügt die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts und beantragt,

 

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Auffassung, das Landgericht Frankfurt sei örtlich nicht zuständig für die Frage der Anforderungen an Spielkleidungswerbung des Klägers, weil hierüber der N. F. V. zu befinden habe.

Der Beklagte ist weiter der Meinung, die Klage sei auch unzulässig, weil der verbandsinterne Rechtsweg nicht ausgeschöpft sei.  Der Kläger hätte zunächst einen Genehmigungsantrag zur Zulassung der Hosenwerbung stellen und ggfs. vereinsinterne Rechtsmittel im Fall der Nichtgenehmigung ergreifen müssen. Die von ihm – dem Beklagten - getroffene Entscheidung zur Zulassung von Werbeflächen auf der Spielerkleidung sei im Übrigen sachgerecht und weder willkürlich noch unverhältnismäßig, weil die Entscheidung auf einer vorgenommenen Abwägung unter Berücksichtigung verschiedener Argumente erfolgt sei.

Wegen des ergänzenden Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Die Klage ist unzulässig.

Entgegen der Auffassung des Beklagten ist allerdings die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Landgerichts Frankfurt am Main gemäß § 17 Abs. 1 ZPO gegeben, weil die Klage am allgemeinen Gerichtsstand des Beklagten erhoben worden ist. Auch die sachliche Zuständigkeit besteht unabhängig von der streitigen Höhe des Streitwerts, da das Landgericht nach § 87 Abs. 1 GWB ausschließlich zuständig ist. Es handelt sich nämlich um eine Rechtsstreitigkeit, die sich aus dem GWB ergibt.

Die Klage ist aber mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig, jedenfalls aber wegen des fehlenden rechtlichen Interesses an der Feststellungsklage gemäß § 256 Abs. 1 ZPO. Soweit der Kläger sich nämlich allgemein gegen das Verbot von Hosenwerbung in den Regelungen des Beklagten richtet, besteht kein Rechtschutzbedürfnis, weil es dem Kläger konkret um die Genehmigungsfähigkeit seiner Hosenwerbung geht. Hierzu hätte er aber zunächst gemäß § 1 Abs. 2 der Allgemeinen Vorschriften über die Beschaffenheit und Ausgestaltung der Spielkleidung des NFV einen Antrag auf Genehmigung stellen und im Fall der Ablehnung des Antrags die hierzu gegebenen vereinsinternen Rechtsbehelfe nutzen müssen. Erst nach ihrer Ausschöpfung ist die Anrufung der staatlichen Gerichte zulässig (Palandt, BGB, 64. Auflage, § 25 Rn. 19). Es besteht wegen der Möglichkeit des Antragsverfahrens und der hiernach gegebenen Rechtsbehelfsmöglichkeiten kein Anlass, dass der Kläger gegenüber dem Beklagten abstrakt, wie bei einem Normenkontrollverfahren, Satzungsvorschriften des Beklagten durch staatliche Gerichte überprüfen lassen kann.

Der Zulässigkeit dieses Begehrens steht auch entgegen, dass der Kläger kein Mitglied des Beklagten ist, sondern lediglich Mitglied des N. F. V., der wiederum Mitglied des Beklagten ist. Es besteht also lediglich ein mittelbares Mitgliedsverhältnis und damit kein unmittelbares Rechtsverhältnis zwischen den Parteien, für das rechtliche Fragen zu klären sind. Das hat zur Folge, dass selbst im Fall eines hier obsiegenden Urteils dem Kläger die Hosenwerbung nicht ohne weiteres möglich ist. Er müsste nämlich zunächst einen Genehmigungsantrag bei seinem N. F. V. stellen, den dieser auf der Grundlage der weiterhin geltenden Regelungen des N. F. V. (Anlage B8, Bl. 150 f. dA) zu beurteilen hätte. Diese Regelungen sind die für den Kläger unmittelbar geltenden Vorschriften, nicht die mit dem Klageantrag zu 1) angegriffenen Regelungen des Beklagten. Die Feststellung der Unwirksamkeit der Regeln des Beklagten hätte für den Kläger im Verhältnis zu seinem Verband nicht die Folge, dass der niedersächsische Verband an der Anwendung der für ihn geltenden eigenen Regelungen gehindert wäre. Der Kläger hätte für die Benutzung seiner Hosenwerbung selbst mit einem obsiegenden Urteil gegen den Beklagten unmittelbar nichts erreicht.

Auch bei der Geltendmachung von Ansprüchen aus § 33 GWB gilt, dass nur dem unmittelbar betroffenen Mitglied, das von den wettbewerbsbeschränkenden Normen betroffen ist, Ansprüche zustehen können (OLG Stuttgart WUW/E OLG 4326). Würde man Dritten das Recht zur Erhebung von Unterlassungsklagen einräumen, dann bestünde die Gefahr der Einführung einer kartellrechtlichen Popularklage (Immenga/Mestmäcker, GWB, § 33 Rn. 14). Die Richtigkeit dieser Überlegung ergibt sich daraus, dass anderenfalls jeder Sportverein Satzungsvorschriften und sonstige Ordnungsregeln des Beklagten überprüfen lassen können müsste, auch wenn er unmittelbar von diesen gar nicht betroffen ist. So weit gehen Rechtschutzbedürfnis und Feststellungsinteresse nicht.

Gegen die Zulässigkeit der Klage sprechen auch die Ausführungen des BGH im Beschluss vom 11.12.1997 (WRP 1997, 188, 190). Hier hat der BGH festgehalten, dass der DFB nur bezogen auf die Gruppe der Lizenzligavereine, die unmittelbar Mitglieder des DFB sind, eine Unternehmensvereinigung darstellt, nicht aber darüber hinaus.

Der Kläger ist zur Durchsetzung seiner Rechte auch nicht darauf angewiesen, die Feststellungsklage gegen den Beklagten zu erheben. Er könnte nämlich nach gegebenenfalls abschlägiger Bescheidung seines Antrags auf Hosenwerbung Klage gegen den N.F.V. erheben. Im Rahmen der Prüfung der Vorschriften dieses Verbandes würde von dem zuständigen Gericht auch geprüft werden, ob Vorschriften des Beklagten mittelbar für den Kläger gelten und welche Folgen das hat. Der Kläger ist deshalb zur Durchsetzung der von ihm geltend gemachten Rechte nicht darauf angewiesen, die Klage gegen den Beklagten zu erheben.

Die Klage wäre im Fall ihrer Zulässigkeit aber auch unbegründet, weil der Beklagte im Rahmen der von ihm getroffenen Entscheidung zur Zulässigkeit von Werbung auf Spielkleidung nicht willkürlich und unverhältnismäßig vorgegangen ist. Die Regelungen unterstehen insoweit grundsätzlich unter Berücksichtigung der Verbandsautonomie der gerichtlichen Überprüfung.

Es ist nicht zu beanstanden, dass der Beklagte im Rahmen seiner Entscheidung nicht alle Flächen der Spielkleidung als Werbeflächen zugelassen hat, sondern sich zwischen der denkbaren Regelungsmöglichkeit eines absoluten Verbots bis hin zur völligen Freigabe aller Bereiche für eine Regelung entschieden hat, die wirtschaftlichen Gesichtspunkten, aber auch sportästhetischen Gesichtspunkten gerecht werden will. Dabei hat sich der Beklagte auch zulässigerweise im Rahmen dieser Entscheidung an Wünschen von Spielern und Vereinen orientiert, die eine völlige Freigabe der Werbung auf ihrer Kleidung ablehnen.

Der Kläger hat als unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits nach § 91 Abs. 1 ZPO zu tragen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.

R Dr. K H

 

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