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Zum Laienprivileg bei privatem Meinungsforum - LG Köln, urteil vom 11.5.2011, Az.: 28 O 72/11

Leitsätzliches

Ein privates Meinungsforum, das in der Freizeit betrieben wird, kann sich nicht auf das Laienprivelg berufen, wenn es über 60.000 Einträge beinhaltet.

LANDGERICHT KÖLN

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

Aktenzeichen: 28 O 72/11

Entscheidungsdatum

 

In dem Rechtsstreit

...

hat das Landgericht Köln

...

für Recht erkannt:

Die einstweilige Verfügung des Landgerichts Köln vom 03.02.2011, Aktenzeichen 28 O 72/11, wird bestätigt.

Die weiteren Kosten des Verfahrens trägt der Verfügungsbeklagte.




T a t b e s t a n d

Die Verfügungsklägerin zu 1) ist als Projektentwicklungsgesellschaft mit dem Projekt "O2" befasst. Bei diesem Projekt handelt es sich um den derzeitigen Ausbau des O2s von einer Rennstrecke zu einem ganzjährig geöffneten Freizeit- und Businesszentrum, zu dem unter anderem Veranstaltungs- und Ausstellungshallen, Hotels und ein Feriendorf gehören. Die Verfügungsklägerin zu 1) ist an der O GmbH beteiligt, die Eigentümerin zweier Hotels, eines Partydorfs mit Restaurants und Bars sowie eines Feriendorfs mit 100 Ferienhäusern ist. Der Verfügungskläger zu 2) ist Alleingesellschafter und Geschäftsführer der Verfügungsklägerin zu 1) sowie Geschäftsführer der O GmbH.


Der Verfügungsbeklagte betreibt in seiner Freizeit unter der Domain "www.####1.com" und unter dem Namen "N-Forum" ein Internetforum, in denen sich Interessierte über das Projekt "O2" austauschen und Geschehnisse rund um den O2 dokumentieren. Auf der Internetseite des N-Forums wurde am 01.05.2009 ein Artikel veröffentlicht, der bereits am 29.04.2009 unter der Überschrift "Zur Not frisst ein ‚A‘ auch Fliegen" in der Online-Ausgabe der C-Zeitung erschienen war. Auf den als Anlage ASt 2 vorgelegten Artikel (Bl. 12 ff. d. A.) wird Bezug genommen. In dem Artikel wird unter anderem wie folgt berichtet:


"Der Karren steckt mittlerweile für Herrn A so tief im Dreck, dass er überhaupt nicht anders konnte, als mit den vorhandenen Partnern einfach weiter zu machen. N ist immer noch da und baut jetzt sozusagen alles, was ursprünglich privat investiert werden sollte, aber eben Alles mit Hilfe des Landes. Zwei Hotels, ein Partydorf mit Restaurants und Bars und ein Feriendorf mit 100 Ferienhäusern für knapp 100 Millionen Euro. Obgleich kein eigenes Geld in der Tasche, ist N der Bauherr und der Eigentümer."


Weiter heißt es in dem Artikel:


"Der eigentliche ‚Kopf‘ am O2 von privater Seite ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein ganz Anderer. Nicht umsonst war das Projekt ‚O2‘ von langer Hand geplant und vorbereitet worden. [...]


Könnte es vielleicht sein, dass O2 Hauptgeschäftsführer Dr. L damals bei der Suche nach brauchbaren Partnern und Investoren von einem ‚guten Freund‘ aus der Formel-Szene gebeten worden ist, das geplante Projekt mit dessen langjährigem Freund aus dem Schwabenland zu realisieren? Die Vermutung liegt jedenfalls nahe. Nur eins dürfte auch klar gewesen sein: Das Problem war: Offiziell hätte der langjährige Freund des gutend Freundes aus der Formel-Szene damals den Part nicht übernehmen können; aber Y, der damals seine ersten Sporen in der Immobilien-Szene von Mallorca verdienen wollte. Über diese Verbindung dürfte Y für das Projekt ‚O2‘ eingesetzt worden sein. [...]


Erneut stellt sich die Frage: Ist dieser Y tatsächlich ein Entwickler großer Immobilienprojekte oder nur der Erfüllungsgehilfe einer Organisation, die seit Jahren auf internationalem Time-Sharing-Immobilien-Parkett ihre Geschäfte betreibt? Auf Y Referenzliste im Internet findet man ein Hotelprojekt in G/Österreich. Wegen Streitereien mit dem Tiroler Gemeinde ist dieses Bauprojekt jahrelang nicht vorangekommen. Die C-Zeitung berichtete darüber. In G stößt man unweigerlich auf Y Geschäftspartner, den schwäbischen Unternehmer I."


"Nachdem die C-Zeitung im Januar 2009 aufgedeckt hatte, dass I über seinen Geschäftspartner Y die Finger im O2-Projekt hat, ist I am 10.02.2009 ebenfalls offiziell aus der Geschäftsführung der Z AG in D ausgetreten."


Außerdem wird berichtet:


"Der vermeintliche Privatinvestor Y (N) hat im Hintergrund die Weichen für dieses Debakel gestellt. Er war es, der zwei angeblich im bekannte "Finanzierungsspezialisten" an den O2 vermittelt hatte, die nach Finanzierungslösungen suchen sollten."


Am 02.06.2009 erwirkten die Verfügungskläger gegen die C-Zeitung vor dem Landgericht Köln (Az: 28 O 348/09, Anlage ASt 3, Bl. 23 ff. d. A.) eine einstweilige Verfügung, mit der der C-Zeitung Teile aus der vorgenannten Berichterstattung untersagt wurde. Mit Antrag vom 27.01.2011 haben sich die Verfügungskläger gegen den auch im N-Forum des Verfügungsbeklagten veröffentlichten Artikel gewandt. Mit Beschluss der Kammer vom 03.02.2011 ist dem Verfügungsbeklagten im Wege der einstweiligen Verfügung verboten worden,

zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen,


die Verfügungsklägerin zu 1) sei Eigentümerin der am O2 entstehenden zwei Hotels, des Partydorfes mit Restaurants und Bars und des Feriendorfs mit 100 Ferienhäusern

durch die Berichterstattung


"Der eigentliche ‚Kopf‘ am O2 von privater Seite ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein ganz Anderer";


und/oder


"Offiziell hätte der langjährige Freund des guten Freundes aus der Formel-Szene damals den Part nicht übernehmen können; aber Y (...)";


und/oder


"Über diese Verbindung dürfte Y für das Projekt ‚O2‘ eingesetzt worden sein";


und/oder

"Nachdem die C-Zeitung im Januar 2009 aufgedeckt hatte, das I über seinen Geschäftspartner Y die Finger im O2-Projekt hat (...);"


den Eindruck zu verbreiten, Y handele am O2 als Geschäftsführer der N GmbH im Auftrag und im Interesse eines unbekannt bleiben wollenden Hintermannes;

zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen,

Y habe zwei angeblich ihm bekannte Finanzierungsspezialisten an den O2 vermittelt.


Der Verfügungsbeklagte hat am 01.03.2011 gegen die einstweilige Verfügung der Kammer Widerspruch eingelegt.


Die Verfügungskläger behaupten, die Berichterstattung in dem vom Verfügungsbeklagten übernommenen Artikel der C-Zeitung sei teilweise falsch. Eigentümerin der zwei Hotels, des Partydorfes mit Restaurants und Bars sowie der 100 Ferienhäuser sei die O GmbH und nicht die Verfügungsklägerin zu 1). Die Verfügungsklägerin zu 1) sei lediglich mit einem Anteil von 49,5 % an der O GmbH beteiligt gewesen.

Die Berichterstattung vermittele zudem den falschen Eindruck, der Verfügungskläger zu 2) handele als Strohmann für eine im Hintergrund stehende Person. Der Verfügungskläger zu 2) handele jedoch ausschließlich auf eigene Rechnung. Er sei bei seinen unternehmerischen Entscheidungen nicht von einem offiziell nicht auftretenden Dritten, insbesondere nicht von Herrn I, abhängig oder auch nur an dessen Weisungen oder Wohlwollen gebunden.

Der Verfügungskläger zu 2) habe letztlich weder Financiers noch Berater an die Projektgesellschaften des O2s vermittelt noch diese dem Land Rheinland-Pfalz empfohlen.

Von der Veröffentlichung auf der Internetseite des Verfügungsbeklagten habe der Verfügungskläger zu 2) erst durch die Mitteilung seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.12.2010 Kenntnis erhalten, der am 23.12.2010 auf den Beitrag aufmerksam geworden sei.

Die Verfügungskläger beantragen,

die einstweilige Verfügung des Landgerichts Köln vom 03.02.2011 zu bestätigen.

Der Verfügungsbeklagte beantragt,

die einstweilige Verfügung des Landgerichts Köln vom 03.02.2011 aufzuheben und den Antrag auf ihren Erlass zurückzuweisen.

Der Verfügungsbeklagte ist der Auffassung er sei schon aus rechtlichen Gründen nicht für den aus der C-Zeitung übernommenen Artikel verantwortlich. Er betreibe das N-Forum lediglich in seiner Freizeit und habe als Laie weder die Möglichkeit noch die Pflicht die Berichterstattung der C-Zeitung zu überprüfen. Der Presseartikel befasse sich mit der äußerst komplexen und undurchsichtigen Finanzierung des O2-Projekts, mit dem mittlerweile auch ein Untersuchungsausschluss des rheinland-pfälzischen Landtags sowie die Staatsanwaltschaft befasst seien. Beide ermittelten auch gegen den Verfügungskläger zu 2). Der Verfügungsbeklagte könne sich auf das "Laienprivileg" berufen, jedenfalls aber auf die Grundsätze der Störerhaftung für Forenbetreiber. Er habe bis zur Abmahnung durch die Verfügungskläger vom 13.01.2011 keine Kenntnis davon gehabt, dass Teile aus der Berichterstattung der C-Zeitung durch Verfügung des Landgerichts Köln vom 02.06.2009 verboten worden seien. Der Artikel sei daraufhin unverzüglich von der Internetseite des Verfügungsbeklagten gelöscht worden. 

Im Übrigen ist der Verfügungsbeklagte der Auffassung die Veröffentlichung der C-Zeitung sei nicht zu beanstanden. Die Verfügungskläger seien von der verbotenen Äußerung zu den Eigentumsverhältnissen gar nicht betroffen, da der Text nicht von der N GmbH, sondern der N spreche. Beide seien jedoch nicht gleichzusetzen. Es sei insofern auch zutreffend, wenn berichtet worden sei, dass die N-Gruppe Eigentümerin der Hotel- und Feriendorfs sei. Denn es sei davon auszugehen, dass die N-Gruppe bis zum 25.03.2010 Inhaberin von 90 % der Anteile an der O GmbH gewesen sei. Die Verfügungsklägerin zu 1) habe sich in mehreren Pressemitteilungen (Anlagen AG 8 und AG 9) selbst als Investorin und Realisiererin der in Bezug genommenen Hotels und Feriendörfer bezeichnet.

Der Verfügungsbeklagte ist weiterhin der Ansicht, der von den Verfügungsklägern behauptete Eindruck, der Verfügungskläger zu 2) handele lediglich im Auftrag und Interesse eines unerkannt bleiben wollenden Dritten, entstehe nicht. Die Berichterstattung spreche lediglich davon, dass Herr I "seine Finger im O2 Projekt" habe. Insoweit handele es sich um eine zulässige Meinungsäußerung. Denn es treffe zu, dass der Verfügungskläger zu 2) und der Geschäftsmann I miteinander bekannt und geschäftlich, etwa über die Z AG in der Schweiz, verbunden gewesen seien.

Die Verfügungskläger hätten sich nach außen weiter auch als Anführer einer Investorengruppe bezeichnet, wie sich etwa aus den Pressemitteilungen vom 23.11.2007 (Anlage AG 10), 06.10.2008 (Anlage AG 11) und vom 01./16.01.2009 (Anlage AG 12) ergebe. Die pauschale Behauptung der Verfügungskläger sei daher unglaubhaft.

Letztlich sei die späte Kenntnisnahme der Verfügungskläger vom streitgegenständlichen Artikel am 30.12.2010 zu bezweifeln. Der Verfügungskläger zu 2) habe in der Vergangenheit zum Ausdruck gebracht, dass er die Berichterstattung im N-Forum verfolge. Außerdem hätten sich Mitarbeiter der B GmbH, an der die Verfügungsklägerin zu 1) zu 50 % beteiligt sei, an Diskussionen im Forum beteiligt. Selbst der Landesrechnungshof habe festgestellt, dass Erklärungen des Verfügungsklägers zu 2) mitunter unzutreffend seien, wie sich im Zusammenhang mit Vorwürfen über die Ausgabe der P GmbH gezeigt habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Die einstweilige Verfügung ist nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung zu bestätigen. Die Verfügungskläger können vom Verfügungsbeklagten gemäß §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB die Unterlassung der in der einstweiligen Verfügung vom 03.02.2011 genannten Äußerungen und Eindrücke verlangen.

I.

Die Verfügungskläger sind aktiv legitimiert, da sie von der streitgegenständlichen Berichterstattung auf der Internetseite des Verfügungsbeklagten betroffen sind.

Der Rechtsverfolgung steht es zunächst nicht entgegen, dass die Verfügungsklägerin zu 1) nicht als natürliche Person, sondern als Kapitalgesellschaft am Wirtschaftsleben teilnimmt. Der Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts erfasst auch Kapitalgesellschaften wie die Verfügungsklägerin, wenn sie in ihrem sozialen Geltungsanspruch als Arbeitgeber oder als Wirtschaftsunternehmen betroffen sind (BGH NJW 1986, 2951). Die streitgegenständliche Behauptung des Verfügungsbeklagten hat einen unmittelbaren Bezug zur wirtschaftlichen Betätigung der Verfügungsklägerin zu 1) und greift daher in ihre wirtschaftliche Betätigungsfreiheit und ihr Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb ein.

Durch die auf die Verfügungsklägerin zu 1) im Beschlusstenor 1 bezogene Äußerung ist auch der Verfügungskläger zu 2) betroffen. Er trägt als Alleingesellschafter und Geschäftsführer der Verfügungsklägerin zu 1) für deren Teilnahme am Wirtschaftsleben die persönliche Verantwortung, so dass ihm die auf die Verfügungsklägerin zu 1) bezogenen Äußerungen persönlich zugeschrieben werden. Dass er nicht als "eigentlicher Kopf" des O2-Projekts angesprochen wird, steht seiner persönlichen Betroffenheit ebenso wenig entgegen. Im Gegenteil: Durch die Berichterstattung wird ihm ein eigenverantwortliches Handeln abgesprochen, was in herabsetzender Art und Weise in das Persönlichkeitsrecht eingreift.


Auf der anderen Seite wird die Verfügungsklägerin zu 1) durch die auf den Verfügungskläger zu 2) bezogene im Beschlusstenor unter Ziffer 3 verbotene Äußerung betroffen. Denn ehrenrührige Aussagen über Führungskräfte, die die betrieblichen Verhältnisse maßgeblich mitgestalten, können auch das Unternehmen negativ kennzeichnen (Burkhardt in Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl. 2003, Kap. 12 Rn. 45). Da der Verfügungskläger zu 2) Alleingesellschafter und Geschäftsführer der Verfügungsklägerin zu 1) wird die Kritik an seiner Tätigkeit ebenso als Kritik an der geschäftlichen Tätigkeit der Verfügungsklägerin zu 1) verstanden.

Die Betroffenheit der Verfügungskläger folgt im Übrigen daraus, dass sie in der Berichterstattung namentlich benannt werden. Die angegriffenen Äußerungen zu 1) und 2) sind sowohl auf die Verfügungsklägerin zu 1) als auch auf den Verfügungskläger zu 2) zu beziehen. Dass die Verfügungsklägerin nicht in ihrer Rechtsform als GmbH, sondern schlicht als N bezeichnet wird, steht der individuellen Betroffenheit der Verfügungsklägerin zu 1) nicht entgegen. Denn auch nach Auffassung des Verfügungsbeklagten ist die Verfügungsklägerin zu 1) Teil der "N-Gruppe", so dass die erste Äußerung, wonach die Verfügungsklägerin zu 1) Eigentümerin der Hotelanlage und des Feriendorfes ist, auch auf sie zu beziehen ist.

II.

Der Verfügungsbeklagte ist als Störer im Sinne des § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB passivlegitimiert, da er als Betreiber des N-Forums für die streitgegenständlichen Äußerungen verantwortlich ist.

1.

Der Verfügungsbeklagte kann sich nicht auf das sog. Laienprivileg berufen. Unter das Laienprivileg fallen Behauptungen einzelner, die sich zu nicht transparenten Bereichen von Politik und Wirtschaft oder zu sonstigen Vorgängen von öffentlichem Interesse äußern (vgl. Burkhardt in Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl. 2003, Kap. 12 Rn. 136). Nach der Rechtsprechung sollen Privatpersonen, die Presseberichte anderer in gutem Glauben aufgreifen, zur Unterlassung oder zum Widerruf nur in Anspruch genommen werden dürfen, wenn die Berichterstattung erkennbar überholt war oder widerrufen worden ist (BVerfG NJW 1992, 1439 – Bayer Beschluss; NJW-RR 2000, 1209, 1211). Diese Grundsätze können nach einem Teil der Rechtsprechung grundsätzlich auch bei Übernahme einer ehrverletzende Pressemitteilung auf eine private Webseite Anwendung finden (LG Berlin MMR 2009, 62; bestätigt KG Berlin MMR 2009, 482).

Der Verfügungsbeklagte betreibt seit mehr als 10 Jahren das N-Forum, das - nach eigenen Angaben des Verfügungsbeklagten - den Motorsport-Interessierten "einen Ort des Austauschs über ihren Sport" und "die Geschehnisse am O2" bieten will. Als Betreiber dieses Forums, das sich auch intensiv mit der Problematik der Finanzierung des O2-Projekts auseinandersetzt, ist er an der öffentlichen Diskussion seit längerem beteiligt und nutzt das N-Forum zur öffentlichen Berichterstattung über den in der Presse als O2-Skandal bezeichneten Sachverhalt. Der Verfügungsbeklage beschränkt sich nicht darauf, durch einzelne Äußerungen punktuell an der öffentlichen Auseinandersetzung mitzuwirken, sondern schafft durch die von ihm betriebene Webseite eine auf Dauer angelegte mediale Öffentlichkeit, die nach eigenen Angaben des Verfügungsbeklagten weit beachtet ist ("60.000 Einträge"). Als Betreiber des Forums kann er sich daher nicht auf das Laienprivileg berufen, unabhängig davon, ob er sich dieser Tätigkeit hauptberuflich oder in seiner Freizeit widmet.

2.

Der Kläger kann auch die Grundsätze zur Privilegierung der Haftung von Forenbetreibern nicht für sich in Anspruch nehmen. Als Störer kann auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer – ohne selbst Täter oder Teilnehmer zu sein – in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des geschützten Rechtsguts beiträgt (BGHZ 148, 13 – Meißner Dekor; BGHZ 158, 236 – Internetversteigerung I; BGH, GRUR 2007, 708, 711 – Internetversteigerung II). Weil die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, die nicht selbst die rechtswidrige Beeinträchtigung vorgenommen haben, setzt sie eine Verletzung von Prüfungspflichten voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem in Anspruch Genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist (st. Rspr.: BGH, GRUR 1997, 313 – Architektenwettbewerb; GRUR 2007, 708, 711 – Internetversteigerung II, m.w. Nachw.). Eine erhöhte Prüfungspflicht besteht für ihn immer dann, wenn er vom Rechtsinhaber auf eine klare Rechtsverletzung hingewiesen worden ist; in diesem Fall muss er nicht nur den Zugang zu der konkreten Datei unverzüglich sperren, sondern darüber hinaus Vorsorge treffen, dass es möglichst nicht zu weiteren derartigen Rechtsverletzungen kommt (s. BGH a. a. O; s. OLG Köln GRUR-RR 2008, 35 – Sharehoster Haftung; LG Köln ZUM-RD 2009, 349 - Blogger-Foren).

Der Artikel der C-Zeitung wurde auf das vom Verfügungsbeklagten betriebene Forum am 01.05.2009 eingestellt. Da der Verfügungsbeklagte das Internetforum betreibt und die Verfügungskläger außerhalb des Geschehensablaufs stehen, trägt der Verfügungsbeklagte für die Anwendbarkeit der Grundsätze der Privilegierung eines Forenbetreibers die Darlegungslast (vgl. Burkhardt in Wenzel, a. a. O., Kap. 10 Rn. 246; s. auch allgemein Thomas/Putzo/Reichold, 31. Aufl. 2010, vor § 284 ZPO Rn. 18). Der Verfügungsbeklagte hat keine Tatsachen vorgetragen, aus denen sich ergibt, dass der streitgegenständliche Beitrag der C-Zeitung von einem Dritten im Internetforum des Verfügungsbeklagten veröffentlicht wurde. Denn der Verfügungsbeklagte hat in seiner zu den Akten gereichten eidesstattlichen Versicherung lediglich erklärt, dass er nicht mehr weiß, ob der Beitrag durch ihn selbst oder einen Dritten in das Forum eingestellt wurde. Eine solche Erklärung ist nicht geeignet, seine Haftung als unmittelbarer Handlungsstörer auszuschließen. Es wird keinerlei Sachverhalt zur Nutzung des Forums durch Dritte oder der Verwaltung und Speicherung von Daten mitgeteilt, so dass keine konkreten Anhaltspunkte dafür sprechen, dass der Artikel vorliegend von einem Dritten in das Forum übernommen wurde. Im Ergebnis spricht auch die einleitende Kommentierung des Artikels auf der Internetseite des Beklagten ohne namentliche Bezeichnung dafür, dass der streitgegenständliche Beitrag vom Inhaber des Online-Forums selbst verfügbar gemacht wurde.

Durch die Übernahme des Berichts der C-Zeitung hat sich der Verfügungsbeklagte den Inhalt des Artikels im Ergebnis auch zu eigen gemacht, da eine hinreichende Distanzierung von den Inhalten des Berichts nicht erfolgt ist. Druckt eine Zeitung oder Zeitschrift einen namentlich bezeichneten Beitrag ab, macht sie sich deren Inhalt in der Regel zu eigen (vgl. Burkhardt in Wenzel, a. a. O., Kap 4 Rn. 104). Nichts anderes gilt vorliegend für die vollständige Wiedergabe des Artikels der C-Zeitung auf dem Interessenforum des Verfügungsbeklagten, den dieser einleitend mit dem Verweis auf die in diesem enthaltenen weiteren Informationen kommentiert hat.

III.

Die Verfügungskläger haben aufgrund der im Bericht der C-Zeitung getätigten Äußerungen einen Verfügungsanspruch gegen den Verfügungsbeklagten; §§ 832 Abs. 1, 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB. Im Einzelnen:

1.

Die Äußerung, die Verfügungsklägerin zu 1) sei Eigentümerin der Hotel- und Ferienanlage in T, ist unwahr. Sie verletzt die Verfügungsklägerin zu 1) als unwahre Tatsachenbehauptung in ihrem Unternehmerpersönlichkeitsrecht und den Verfügungsbeklagten zu 2) in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Verfügungsklägerin zu 1) nicht Eigentümerin der Hotel- und Ferienanlage ist, sondern die O GmbH. Der Verfügungskläger zu 2) hat dies durch die von ihm vorgelegte eidesstattlichen Versicherung vom 26.05.2009 und die zu den Akten gereichten Auszüge aus dem Grundbuch von T (Amtsgericht Daun) sowie die von den Kreisverwaltungen Vulkaneifel und Ahrweiler erteilten Baugenehmigungen glaubhaft gemacht. Die unwahre Tatsachenbehauptung verletzt die Verfügungskläger auch in ihren Rechten, weil es für die Wahrnehmung in der Öffentlichkeit, insbesondere aufgrund der kritischen Berichterstattung über das Projekt einen Unterschied macht, ob und welche Beteiligung an dem Projekt besteht. Dies gilt auch für den Verfügungsbeklagten zu 2) der im Brennpunkt der Berichterstattung steht.

Eine andere Bewertung wäre auch nicht zugrunde zu legen, wenn nach dem Verständnis des verständigen Durchschnittslesers die Eigentumsverhältnisse nicht nach strikten rechtlichen Kriterien, sondern an der wirtschaftlichen Einflussnahme zu messen wären. Denn der Verfügungskläger zu 2) hat in seiner eidesstattlichen Versicherung glaubhaft gemacht, dass die Verfügungskläger keine einem Eigentümer oder Bauherrn gleichstehende faktische Einflussnahme auf den Bau der Gebäude oder Anlagen ausüben können, die mit den Befugnissen eines Bauherrn vergleichbar wären. Daher bedurfte im Rahmen des einstweiligen Verfügungsverfahren auch die Behauptung der Verfügungskläger, die Verfügungsklägerin zu 1) sei zum Zeitpunkt der Berichterstattung lediglich mit 49,5 % an der O GmbH beteiligt gewesen, keiner weiteren Glaubhaftmachung. Soweit der Verfügungsbeklagte im Rahmen seiner Widerspruchsschrift vorträgt, dass die Verfügungsklägerin zu 1) bis zum 25.03.2010 etwa 90 % der Anteile an der O GmbH gehalten habe, wurde diese Behauptung ihrerseits nicht glaubhaft gemacht und ist daher nicht geeignet, die glaubhaft gemachte beschränkte Einflussnahmemöglichkeit der Verfügungskläger zu erschüttern.

2.
Die Verfügungskläger können von dem Verfügungsbeklagten auch die Unterlassung verlangen, durch die im Beschlusstenor zu 2) bezeichnete Berichterstattung den Eindruck zu erwecken, der Verfügungskläger zu 2) handele als Geschäftsführer der Verfügungsklägerin zu 1) im Auftrag und im Interesse eines unerkannt bleiben wollenden Hintermanns.

Die Ermittlung des Aussagegehalts ist nicht auf "offene" Behauptungen beschränkt, sondern erstreckt sich auch auf ehrenkränkende Beschuldigungen, die im Gesamtzusammenhang der offenen Einzelaussagen "versteckt" bzw. "zwischen den Zeilen" stehen könnten (vgl. BGH NJW 2006, 601). Danach ist bei der Ermittlung so genannter verdeckter Aussagen zu unterscheiden zwischen der Mitteilung einzelner Fakten, aus denen der Leser eigene Schlüsse ziehen kann und soll, und der erst eigentlich "verdeckten" Aussage, mit der der Autor durch das Zusammenspiel offener Äußerungen eine zusätzliche Sachaussage macht bzw. sie dem Leser als unabweisliche Schlussfolgerung nahe legt. Unter dem Blickpunkt des Art. 5 Abs. 1 GG kann nur im zweiten Fall die "verdeckte" Aussage einer "offenen" Behauptung des Äußernden gleichgestellt werden. Denn der Betroffene kann sich in aller Regel nicht dagegen wehren, dass der Leser aus den ihm "offen" mitgeteilten Fakten eigene Schlüsse auf einen Sachverhalt zieht, für den die offenen Aussagen Anhaltspunkte bieten, der von dem sich Äußernden so aber weder offen noch verdeckt behauptet worden ist (vgl. BGH a.a.O.).

Durch den vom Verfügungsbeklagten übernommenen Bericht der C-Zeitung wird der Eindruck erweckt, dass der Verfügungskläger zu 2) lediglich von einer dritten Person vorgeschoben wurde und gleichsam als dessen Strohmann handelt. Es geht entgegen der Auffassung des Verfügungsbeklagten nicht nur darum, zum Ausdruck zu bringen, dass ein unerkannt bleiben wollender Dritter beim O2-Projekt "die Finger im Spiel" habe, sondern es wird durch die klare Wortwahl und die eindeutigen Äußerungen aus Sicht des Lesers ein weitergehenderes Verständnis unabweislich nahe gelegt. Denn in dem Artikel wird ausdrücklich die Behauptung aufgestellt, der "eigentliche Kopf" des Projekts sei "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" ein anderer. Gerade dieses Maß an Wahrscheinlichkeit verdeutlicht für den Leser, dass "unweigerlich" ein schwäbischer Geschäftsmann der "eigentliche Kopf" des Projekts sei und der Verfügungskläger zu 2) damit nur als Strohmann fungiere. Verstärkt wird dieser Eindruck dadurch, dass die eigene persönliche Bilanz des Verfügungsklägers zu 2) in Frage gestellt und zugleich betont wird, dass er für das Projekt "eingesetzt" worden sei.

Ausweislich der von den Verfügungsklägern vorgelegten eidesstattlichen Versicherung des Verfügungsklägers zu 2) ist dieser jedoch Alleingesellschafter der Verfügungsklägerin zu 1). Der Verfügungskläger zu 2) hat außerdem an Eides statt versichert, dass er weder direkt noch indirekt unter der wirtschaftlichen Einflussnahme eines Dritten steht. Der Verfügungsanspruch ist daher auch bezogen auf die im Beschlusstenor untersagte zweite Äußerung hinreichend glaubhaft gemacht worden.


3.

Die Verfügungskläger können auch hinsichtlich der im Beschlusstenor unter Ziffer 3 genannten Äußerung einen Verfügungsanspruch geltend machen. Der Verfügungskläger zu 2) hat hinreichend glaubhaft gemacht, dass er keine Finanzinvestoren zur Teilnahme an dem Projekt vermittelt habe, wie aus seiner eidesstattlichen Versicherung vom 26.05.2009 folgt (Anlage ASt 5). Soweit der Verfügungsbeklagte Pressemitteilungen vorlegt, aus denen hervorgeht, dass das Geld des Verfügungsklägers zu 2) und das "seiner Partner gut angelegt sei", zieht dies die Erklärungen des Verfügungskläger zu 2) aus seiner eidesstattlichen Versicherung nicht in Zweifel. Die Äußerung des Verfügungsklägers in den Pressemitteilungen, gemeinsam mit seinen Partnern Geld investiert zu haben, kann einen unterschiedlichen Bezug haben und ist vielerlei Deutungsvarianten zugänglich. Zu denken ist etwa an gesellschaftliche Beteiligungen an der Verfügungsklägerin zu 1) oder der O GmbH, deren Geschäftsführer der Verfügungskläger zu 2) ist. Die Äußerung lässt sich auch so verstehen, dass partnerschaftlich unter den Beteiligten, die die Finanzierung tragen, zusammengearbeitet werde. Wer die Finanzierung des Projekts vermittelt hat, lässt sich aus diesen Äußerungen nicht entnehmen, so dass dies der Glaubhaftigkeit der eidesstattlichen Versicherung des Verfügungsklägers zu 2) nicht entgegensteht.

4.
Die Wiederholungsgefahr wird durch die begangene Verletzungshandlung indiziert.

IV.
Die Verfügungskläger haben auch einen Verfügungsgrund glaubhaft gemacht. Dass der Prozessbevollmächtigte der Verfügungskläger bereits am 23.12.2010 von dem Artikel Kenntnis erlangte, steht der Annahme der Dringlichkeit gerichtlichen Handelns nicht entgegen. Da zwischen dem Prozessbevollmächtigten und dem Verfügungskläger in dieser Angelegenheit zum damaligen Zeitpunkt kein Mandat bestand, muss sich der Verfügungskläger die vorzeitige Kenntnis seines Prozessbevollmächtigten nicht entsprechend § 166 Abs. 1 BGB ab dessen Kenntnisnahme zurechnen lassen. Der Verfügungskläger hat durch seine eidesstattliche Versicherung glaubhaft gemacht, erst durch die E-Mail am 30.12.2010 Kenntnis erlangt zu haben. Für eine tatsächliche Kenntnisnahme der streitgegenständlichen Äußerungen durch den Verfügungskläger zu 2) aufgrund einer etwaigen Beobachtung des Forums des Verfügungsbeklagten bestehen keine greifbaren tatsächlichen Anhaltspunkte.

V.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Das die einstweilige Verfügung bestätigende Urteil wirkt wie die ursprüngliche einstweilige Verfügung und ist daher ohne besonderen Ausspruch mit der Verkündung sofort vollstreckbar (Zöller-Vollkommer, ZPO, 28. Auflage, § 925 Rn. 9).

Streitwert: 30.000,00