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OVG Berlin, Beschluss vom 17. Dezember 2002, 1 S 67.02 - Spielhallenerlaubnis für Internet-Cafe

Leitsätzliches

Das gewerbsmäßige Anbieten von Computerspielen ist ebenso erlaubnispflichtig wie der Betrieb einer Spielhalle. Daran ändert sich auch nichts, wenn in dem Betrieb auch Computer mit Internet-Anschluss stehen. Im konkreten Fall waren in einem abgedunkelten Raum mit dunklem Inventar ca. 25 mit Kopfhörern versehene Computer aufgestellt, bei denenca. 20 verschiedene Spiele von der Festplatte aufgerufen werden konnten. Lediglich 4 Computer hatten Internet-Anschluss.

 

B e s c h l u s s

 

In der Verwaltungsstreitsache

xx

Antragsteller und Beschwerdeführer,

 

g e g e n

 

Land Berlin, vertreten durch

das Bezirksamt Treptow-Köpenick von Berlin,

- Wirtschaftsamt -,

Antragsgegner und Beschwerdegegner

 

hat der 1. Senat des Oberverwaltungsgerichts Berlin

am 17. Dezember 2002 beschlossen:

 

Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 27. September 2002 wird zurückgewiesen.

 

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

 

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 5 000 EUR festgesetzt.

 

G r ü n d e

 

Mit gleichlautenden Bescheiden vom 16. August 2002 untersagte das Bezirksamt Treptow-Köpenick von Berlin den Antragstellern unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die Fortsetzung des von ihnen als „Internet- und Computerspielestudio“ angemeldeten Gewerbes und forderte sie jeweils unter Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von 3 000 EUR zur Betriebseinstellung binnen zwei Wochen auf. Durch Beschluss vom 27. September 2002 hat es das Verwaltungsgericht abgelehnt, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller gegen diese Bescheide wiederherzustellen bzw. anzuordnen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragsteller.

 

Die gemäß § 146 Abs. 1 und 4 VwGO in der Fassung des Gesetzes zur Bereinigung des Rechtsmittelrechts im Verwaltungsprozess vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3987) statthafte Beschwerde ist nicht begründet. Die innerhalb der Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO vorgebrachten und nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO vom Oberverwaltungsgericht allein zu prüfenden Gründe der Beschwerde rechtfertigen es nicht, den angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts zu ändern und die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller gegen die Bescheide des Antragsgegners vom 16. August 2002 wiederherzustellen bzw. (hinsichtlich der Zwangsgeldandrohungen) anzuordnen.

 

Die angefochtenen Bescheide finden ihre gesetzliche Grundlage in § 15 Abs. 2 Satz 1 GewO, wonach die zuständige Behörde die Fortsetzung eines erlaubnispflichtigen, jedoch ohne Erlaubnis betriebenen Gewerbes verhindern kann. Der Antragsgegner und ihm folgend das Verwaltungsgericht sind davon ausgegangen, dass das von den Antragstellern betriebene Gewerbe nach § 33 i Abs. 1 Satz 1 GewO erlaubnispflichtig ist. Die hiergegen gerichteten Einwände der Antragsteller greifen nicht durch.

 

Gemäß § 33 i Abs. 1 Satz 1 GewO bedarf der Erlaubnis der zuständigen Behörde, wer gewerbsmäßig eine Spielhalle oder ein ähnliches Unternehmen betreiben will, das ausschließlich oder überwiegend der Aufstellung von Spielgeräten oder der Veranstaltung anderer Spiele im Sinne des § 33 c Abs. 1 Satz 1 GewO oder des § 33 d Abs. 1 Satz 1 GewO oder der gewerbsmäßigen Aufstellung von Unterhaltungsspielen ohne Gewinnmöglichkeit dient.

 

Wie zwischen den Beteiligten nicht streitig ist, sind auf den von den Antragstellern aufgestellten Computern neben anderen Programmen Computerspiele installiert, die der Unterhaltung dienen, ohne eine Gewinnmöglichkeit zu bieten. Indem die Antragsteller ihren Kunden anbieten, neben anderen Anwendungen auch diese Spiele zu nutzen, halten sie die Computer unter anderem als Unterhaltungsspielgeräte bereit. Entgegen der Auffassung der Antragsteller unterfallen § 33 i Abs. 1 Satz Gewerbeordnung nicht nur eigens für den professionellen Spielbetrieb entwickelte Automaten bzw. Spielkonsolen. Vielmehr ist dem Verwaltungsgericht darin zuzustimmen, dass ein multifunktionales Gerät wie ein Computer schon dann von dieser Norm erfasst wird, wenn es auch zu dem Zweck aufgestellt ist, als „Unterhaltungsspiel“ genutzt zu werden.

 

Dem steht nicht entgegen, dass es unter Umständen möglich ist, mit den aufgestellten Computern nicht auf der Festplatte installierte Spiele über das Internet oder durch Einlegen einer (mitgebrachten) CD-ROM zu spielen. Gleiches gilt für den Hinweis der Antragsteller, dass bereits mit der gängigen Betriebssoftware jeweils auch Spiele mitgeliefert würden. Denn abgesehen davon, dass insbesondere Jugendliche den Betrieb der Antragsteller nicht wegen dieser Spiele aufsuchen dürften, haben es die Antragsteller in der Hand, durch technische Vorkehrungen oder erforderlichenfalls durch Anweisungen gegenüber ihrer Kundschaft eine entsprechende Nutzung der Computer zu unterbinden.

 

Das Unternehmen der Antragsteller dient der Aufstellung von Unterhaltungsspielen auch „ausschließlich oder überwiegend.“ Ihr hiergegen gerichteter Einwand, der Betrieb unterliege deshalb nicht der Erlaubnispflicht nach § 33 i Abs. 1 Satz 1 Gewerbeordnung, weil die Computer schwerpunktmäßig nicht für Spiele, sondern für Internetanwendungen genutzt würden, greift nicht durch.

 

Lassen die aufgestellten Geräte sämtlich oder in ihrer überwiegenden Anzahl eine bestimmungsgemäße Verwendung als Unterhaltungsspiel zu, so kommt es nicht darauf an, ob sie tatsächlich überwiegend zu diesem oder einem anderen ebenfalls der Bestimmung des Aufstellers entsprechenden Zweck genutzt werden. Vielmehr führt schon der Umstand, dass die installierten Spiele prinzipiell allen Gästen offen stehen, bei normzweckorientierter Betrachtung zu der Annahme eines zumindest spielhallenähnlichen Betriebes im Sinne von § 33 i Abs. 1 Satz 1 GewO. Denn das von solchen Betrieben ausgehende und den Erlaubnisvorbehalt insbesondere im Interesse des Jugendschutzes (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs zu § 33 i GewO [BT-Drs. III - 318, S. 16] sowie § 8 Abs. 3 - 5 JÖSchG) rechtfertigende Gefahrenpotenzial ergibt sich bereits aus der Möglichkeit einer entsprechenden Nutzung und entfällt nicht dadurch, dass die die Spielmöglichkeit eröffnenden Geräte von einem Großteil der Kunden möglicherweise auch für andere Zwecke genutzt werden. Vielmehr wird davon auszugehen sein, dass gerade Computerspiele der von den Antragstellern angebotenen Art, zumal wenn sie über miteinander vernetzte Computer betrieben werden, auf Jugendliche eine Anziehungskraft ausüben, die derjenigen entspricht, die der Gesetzgeber bei Schaffung des § 33 i GewO für Spielhallen damaliger Prägung im Blick hatte (vgl. Gesetzesbegründung, a.a.O.).

 

Es ist bei summarischer Prüfung auch nicht zweifelhaft, dass zumindest der überwiegende Teil der von den Antragstellern aufgestellten Computer bestimmungsgemäß unter anderem als Unterhaltungsspiel genutzt werden kann. Nach dem polizeilichen Tätigkeitsbericht vom 6. Mai 2002 wurde von Jugendlichen, die die dort aufgestellten Computer zum Spielen nutzten, auf Befragen mitgeteilt, dass sich auf den Festplatten aller Computer Spiele befänden, die im Netzwerk spielbar seien. Ob sich jeweils alle aktuellen Spiele auf jeder Festplatte befanden, ist nicht erheblich. Jedenfalls haben die Antragsteller nicht glaubhaft gemacht, dass auf dem überwiegenden Teil der von ihnen aufgestellten Computern keine Spiele installiert sind.

 

Überdies spricht nach gegenwärtigem Erkenntnisstand viel dafür, dass die von den Antragstellern bereitgestellten Computer tatsächlich überwiegend für Spiele und nicht für Internetanwendungen genutzt werden. Nach dem bereits benannten polizeilichen Tätigkeitsbericht wurden am 6. Mai 2002 in dem Betrieb des Antragstellers zehn Personen festgestellt, die ausschließlich die installierten Spiele nutzten, darunter fünf Jugendliche im Alter von 14 bis 16 Jahren sowie drei 11- bzw. 13-jährige Kinder. Dass es sich hierbei um ein Zufallsresultat handelt, haben die Antragsteller weder substanziiert dargelegt noch glaubhaft gemacht.

 

Schließlich ist es nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht insbesondere im Hinblick auf die Wahrung des Jugendschutzes (vgl. dazu § 8 Abs. 1 und 4 JÖSchG) ein die privaten Interessen des Antragstellers überwiegendes besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung angenommen hat.

 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

 

Die Festsetzung des Beschwerdewertes folgt aus §§ 13 Abs. 1, 14 Abs. 1, 20 Abs. 3 GKG.

 

Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.