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OLG Hamburg, Urteil vom 17. Juli 2002, AZ.: 5 U 46/01 - dollhouse.de

Leitsätzliches

Zur Freigabe einer Domain und zum Schadenersatz ist verpflichtet, wer zunächst die Zusammenarbeit unter einer mit der Firma des Anderen identischen Domain anbietet, um dann anschließend ein eigenes Projekt darunter zu verwirklichen. Durch eine Registrierung auf seinen Namen schließt er den Anderen wissentlich und absichtlich auf unbestimmte Zeit von einer Nutzung dieser Domain aus, die aufgrund der gleichlautenden prägenden Bestandteile ihrer Firmenbezeichnung sowie ihrer eingetragenen Marke von besonders hoher wirtschaftlicher Bedeutung für den anderen ist.

HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

Aktenzeichen: 5 U 46/01

Entscheidung vom 17. Juli 2002

 

In dem Rechtsstreit

dollhouse.de

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 5. Zivilsenat, durch die Richter ..., Dr. ..., ... nach der am 19.06.02 geschlossenen mündlichen Verhandlung für Recht erkannt:

 

 

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 15, vom 12.07.00 - unter Aufrechterhaltung im übrigen - abgeändert.

 

Der Beklagte wird weiterhin verurteilt, in die Löschung des Internet-Domain-Namens "dollhouse.de" aus dem Register des Deutschen Network Informations Centers (DENIC e.G.) einzuwilligen.

 

Die Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.

 

Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits in erster und zweiter Instanz.

 

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von € 60.000.- abwenden, sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Die Revision gegen das Urteil wird nicht zugelassen.

 

und beschlossen:

 

Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf € 51.129,18 (entspricht erstinstanzlich festgesetzten DM 100.000.) festgesetzt.

 

 

Tatbestand:

Die Klägerin macht vertragliche und zeichenrechtliche Ansprüche gegen eine Internet-Domain des Beklagten geltend.

Die Klägerin betreibt unter der Bezeichnung "Dollhouse" seit Herbst 1997 in Hamburg ein sog. Table-Dance-Lokal mit erotischen tänzerischen Darbietungen und Striptease von Frauen und Männern. Sie ist Inhaberin der mit Priorität vom 29.05.1998 am 18.08.1998 eingetragenen Wort-/Bildmarke "DOLLHOUSE", Nr. 398 30 170 (Anlage K1) sowie nach einer Markenübertragung der mit Priorität vom 27.10.1994 am 18.08.1995 eingetragenen Marke "THEE DOLLHOUSE", Nr. 2 911 003 (Anlage K2), die jeweils für die Waren- und Dienstleistungsgruppen Unterhaltung und Verpflegung (Klassen 41 und 42) geschützt sind.

Der Beklagte ist seit dem 25.03.1998 Inhaber der Internet-Domain "www.dollhouse.de" (Anlagen K20 und B2). Diese war bereits Gegenstand eines einstweiligen Verfügungsverfahrens bei dem Landgericht Hamburg zu dem Aktenzeichen 315 O 224/99 (Anlage K21). Der Beklagte hatte für seinen damaligen Internet-Auftritt eine Vielzahl intimster bis obszöner Sexualbegriffe als Suchworte bzw. Meta-Tags registrieren lassen und auf seiner Homepage - die seinerzeit noch keinen eigenen Inhalt hatte sog. "links" zu Sex-Angeboten geschaltet (Anlage ASt in dem Verfügungsverfahren 315 O 224/99).

Der Beklagte ist darüber hinaus Inhaber der mit Priorität vom 11.09.1998 am 14.09.1999 u.a. für den Waren- und Dienstleistungsbereich "Veröffentlichung und Herausgabe von Internet und Online-Magazinen" eingetragenen Wortmarke "dollhouse", Nr. 398 52 205 (Anlage B1). Der Beklagte plant nach seiner Darstellung unter dieser Bezeichnung die Publikation eines sog. Online- bzw. Internet-Magazins mit Beiträgen zum Lifestyle, Nightlife, Erotik, Sport, Reise, Kontaktbörse und Chats. Ob zum Zeitpunkt der Entscheidung erster Instanz nur das Rudiment einer Lifestyle-Zeitung vorlag, das geprägt wurde von zwei unbekleidet abgebildeten Frauen (so die Feststellungen des Landgerichts) oder ein Angebot im Umfang des von der Beklagten zweitinstanzlich mit dem Ausdruckdatum "23.11.00" als Anlage B10 vorgelegten Konvoluts, ist ungeklärt geblieben.

 

Der Beklagte hatte der Klägerin Anfang 1998 eine Kooperation für einen Internetauftritt der Klägerin vorgeschlagen. Hierbei kam es zu mehreren Gesprächen mit dem Geschäftsführer der Klägerin, Herrn Odin J.. Die Klägerin bat den Beklagten daraufhin, er solle entsprechend recherchieren und die vorzunehmenden Maßnahmen für einen Internet-Auftritt der Klägerin in die Wege leiten, damit sie dann auch als Inhaberin einer Internet-Domain "Dollhouse" ihren Bekanntheitsgrad und Marktwert weiter steigern könne. Zwischen den Parteien war eine Beteiligung des Beklagten in Ansehung der über die einzutragende Domain "dollhouse.de" erzielten Umsätze im Gespräch. Die Parteien einigten sich insoweit auf eine Umsatzbeteiligung des Beklagten in Höhe von 20%, wobei auch die Entwicklungskosten in diesem Umfang zwischen den Parteien aufgeteilt werden sollten. Die weiteren Inhalte der Kooperation, insbesondere zu einem etwaigen Anstellungsverhältnis des Beklagten bei der Klägerin, sollten noch gesondert vereinbart werden, wozu es aber nicht mehr kam. Stattdessen ließ der Beklagte die Internet-Domain "dollhouse.de" für sich registrieren.

Auch weitere vorgerichtliche Gespräche der Parteien im Januar 2000 über einen Verzicht des Beklagten auf die Verwendung der Bezeichnung "Dollhouse" im Erotik-Bereich blieben erfolglos. Statt dessen hatte dieser von der Klägerin einen sechsstelligen Geldbetrag als "Kaufpreis" für die Domain gefordert.

 

Die Klägerin hat am 21.04.99 bei der DENIC eG einen sog. "wait"Antrag auf Übernahme der Domain "dollhouse.de" nach deren Freiwerden gestellt (Anlage K24).

 

Die Klägerin hat vorgetragen,

der Beklagte sei namens- und kennzeichenrechtlich verpflichtet, die Verwendung des zu ihren Gunsten geschützten Begriffs "dollhouse" in seiner Domainbezeichnung zu unterlassen. Indem der Beklagte auf seiner Homepage unter der für sie geschützten Bezeichnung nackte Damen präsentiere, führe er bewusst Verwechselungen herbei. Insbesondere angesichts der hohen Popularität ihrer geschäftlichen Bezeichnung liege eine Identitäts- oder Zuordnungsverwirrung auf der Hand, zumal es heute weitgehend üblich sei, dass ein Unternehmen seine Geschäftsbezeichnung auch für seine Internet-Domain verwende. Ihr Lokal sei aufgrund von vielfältigen Veröffentlichungen in den Print- und Fernsehmedien (Anlagen K3 - K15) bundesweit bekannt. Aufgrund ihres Erfolges expandiere sie ständig weiter (Anlagen K16 - K19).

Zudem rücke der Beklagte das Image ihres Unternehmens durch die Art und Weise der Präsentation pornographischer Inhalte unter der Internet-Homepage "dollhouse.de" in ein schlechtes Licht. Im übrigen sei das Verhalten des Beklagten auch böswillig und rechtsmissbräuchlich. Er habe die Domain im Zusammenhang der Kooperationsverhandlungen abredewidrig für sich reserviert, obwohl vereinbart gewesen sei, dass sie, die Klägerin, als Domain-Inhaberin auftreten solle. Bei dem Beklagten handele es sich um einen "Domain-Grabber". Irgendein nachvollziehbarer Grund, warum er gerade die Bezeichnung "dollhouse.de" gewählt habe, sei weder ersichtlich noch von ihm dargelegt worden. Auch der Umstand, dass es dem Beklagten selbst zwei Jahre nach Registrierung der Domain nicht gelungen sei, die Domain tatsächlich ernsthaft in Benutzung zu nehmen und sein angebliches Lifestyle-Onlinemagazin-Konzept zu realisieren, zeige, dass es dem Beklagten allein darum gehe, sie zu schädigen bzw. unter Druck zu setzen.

Der Beklagte sei angesichts dieser Umstände auch zur Freigabe des Domain-Namens verpflichtet. Aufgrund des gestellten "wait"Antrages rücke sie nach Freigabe sodann automatisch in seine Rechtsposition ein.

 

Die Klägerin hat beantragt,

 

den Beklagten bei Vermeidung der gesetzlich vorgesehenen Ordnungsmittel

1. zu verurteilen, es zu unterlassen, seine Produkte im Internet unter Verwendung der Bezeichnung "Dollhouse" als Internetdomain-Name anzubieten und/oder zu vertreiben und/oder zu benutzen und/oder reserviert zu halten,

 

2. zu verpflichten, in die Löschung des Internet-Domain-Namens "Dollhouse" aus dem Register des Deutschen Network Informations-Centers Denic eG einzuwilligen.

 

Der Beklagte hat beantragt,

 

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat den Unterlassungsantrag im Hinblick auf die geschützten Waren- und Dienstleistungen als zu unbestimmt beanstandet und im übrigen vorgetragen, eine Verletzung der Marken der Klägerin liege schon deshalb nicht vor, weil er die streitgegenständliche Domain nicht in unlauterer Art und Weise ("Domain-Grabbing") reserviert habe, sondern diese für ein Internet Magazin ernsthaft nutzen wolle. Er betreibe seit dem 25.03.98 unter diesem Domain-Namen ein Lifestyle-Internetmagazin.

Im übrigen seien bei Eingabe der Bezeichnung "Dollhouse" in einer Suchmaschine im Internet mehr als 10.000 Treffer zu finden. Dabei gebe es Eintragungen für die unterschiedlichsten Bereiche und Themen, so z.B. für Puppenstuben, Mode, Literatur und auch für einen Table-Dance-Club in den USA (Anlagen B4 B8). Insofern sei das Zeichen sprechend und nicht kennzeichnend. Außerdem läge wegen der Unterschiede in der Schreibweise (Großbuchstaben/Kleinbuchstaben) und Darstellung der Zeichen (Wort-/Bildmarke bzw. reine Wortmarke) keine Kennzeichenidentität sowie wegen der unterschiedlichen Betätigungsfelder und geschützten Warengruppen keine Waren- oder Dienstleistungsidentität vor, so dass insgesamt eine Verwechslungsgefahr zwischen seinen Angeboten und denjenigen der Klägerin ausgeschlossen seien. Selbst Internet-Nutzer, die über den Suchbegriff "dollhouse" versehentlich auf seine Homepage gelangten, könnten wegen des Inhalts seines Lifestyle-Magazins (Reisen, Cocktails, Sport, Autos) nicht im Zweifel darüber sein, dass sie sich nicht bei einem Live-Sexshow-Angebot der Klägerin befänden. Im übrigen wolle er sich mit seinem Online-Magazin gerade vom "guten Ruf" der Klägerin abgrenzen.

Bekanntheit habe die Marke bzw. geschäftlichen Bezeichnung der Klägerin zu dem maßgeblichen Kollisionszeitpunkt ohnehin nicht erlangt. Ein große Teil der vorgelegten Belege seien hierfür irrelevant.

 

Das Landgericht hat den Beklagten mit Urteil vom 12.07.2000 zur Unterlassung einer Verwendung der streitgegenständlichen Domain im Bereich "Erotik" verurteilt und die Klage im übrigen abgewiesen. Hiergegen richten sich die von beiden Parteien form- und fristgerecht eingelegten Rechtsmittel.

 

Der Beklagte trägt vor,

das Waren- und Dienstleistungsangebot seiner Internet-Domain unterscheide sich u.a. in Verwendungszweck, Herstellung und Vertriebsweg grundlegend von den Angeboten der Klägerin, so dass eine Verwechslungsgefahr schon deshalb ausgeschlossen sei.

 

Das von ihm angebotene Lifestyle-Onlinemagazin sei - entgegen den Feststellungen des Landgerichts - keineswegs "rudimentär", sondern habe sich - auch was den "Erotik"-Anteil von lediglich 2% angehe - schon zum Zeitpunkt des Schlusses der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung ohne weiteres in dem auch bei namhaften Konkurrenzprodukten üblichen Rahmen bewegt (Anlagen B10 bis B23). Sein Angebot habe mit einem üblichen Online-Erotik-Magazin (Beispiel in Anlage B24) nichts gemein. Er habe ein solches Angebot auch nie angekündigt oder beabsichtigt, vielmehr sei sein Lifestyle-Magazin weiter im Aufbau. Sein früheres Angebot unter der Domain "dollhouse.de", das Gegenstand des Verfügungsverfahren gewesen sei, sei für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits ohne Bedeutung. Hierbei habe es sich lediglich um eine Reihe (nicht sichtbarer) Metatags sowie um zwei kurzzeitig platzierte Links mit erotischem Inhalt gehandelt, die nach kurzer Zeit aber wieder entfernt worden seien.

 

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 12.07.00 abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen

 

und die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

 

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils auch nach dem Klageantrag zu Ziffer. 2 zu verurteilen

 

und die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

 

Die Klägerin trägt vor,

ihr Anspruch auf Einwilligung in die Löschung der Domain "dollhouse.de" ergebe sich schon aus den vertraglichen Absprachen der Parteien. Sie habe dem Beklagten Vertrauen geschenkt und sei davon ausgegangen, dass der Beklagte die getroffenen Vereinbarungen ordnungsgemäß erfülle und die Domain absprachegemäß auf ihren Namen registrieren lasse. Der Beklagte habe sich hingegen krass vertragswidrig verhalten und sie hintergangen. Er wolle ihr damit bewusst den Internet-Zugang unter ihrer geschäftlichen Bezeichnung abschneiden, unter der der Verkehr ihr Online-Angebot gerade erwarte. Schon aufgrund dieses hartnäckigen Vertragsbruchs sei er zur Einwilligung in die Löschung verpflichtet. Neben den wegen des "Domain-Grabbings" unter dem Gesichtspunkt der Sittenwidrigkeit erwachsenden Ansprüchen sei der Beklagte auch markenrechtlich zur Unterlassung verpflichtet, weil entgegen der Auffassung des Landgerichts zwischen den Waren und Dienstleistungen der Parteien Identität vorliege. Denn abzustellen sei insoweit auf die Homepage selbst als "Produkt" und nicht auf die dahinter stehenden Inhalte. Der Beklagte habe im übrigen in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht selbst eingeräumt, dass er den Begriff "dollhouse" ganz bewusst aufgrund des Werbeeffekts für seine Interessen eingesetzt habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags der Parteien wird ergänzend auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

 

 

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Klägerin ist auch begründet. Sie führt - über das von dem Landgericht ausgesprochene Teilverbot hinaus - zu einer Verurteilung des Beklagten zur Löschungseinwilligung nach Maßgabe der bereits erstinstanzlich gestellten Klageanträge. Der Beklagte ist demgemäß verpflichtet, die Domainbezeichnung "dollhouse.de" durch Erklärung gegenüber DENIC e.G. freizugeben. Demgegenüber bleibt die zulässige Berufung des Beklagten ohne Erfolg.

 

I.

1.

Gegenstand des Unterlassungs- und Löschungsantrags ist ausschließlich die Verwendung des von der Klägerin beanspruchten, von dem Beklagten aber für sich reservierten Internet-Domain-Namens "dollhouse.de". Soweit der Beklagte - wie sich in der Senatssitzung im Rahmen von Vergleichsverhandlungen ergeben hat - ebenfalls offenbar auch die Domain in der Schreibweise "dollhouse.de" mit Bindestrich für sich hat eintragen lassen, war dieser Verstoß bislang weder Gegenstand des Rechtsstreits noch ist er Gegenstand dieses Urteils.

Die Klägerin hat sich mit ihrem Berufungsantrag ausdrücklich nur gegen die Abweisung des Löschungsantrags (Klageantrag zu 2.) gewandt. Soweit sie im Rahmen ihrer Berufungsbegründung umfassende Ausführungen zur Verwechslungsgefahr und Dienstleistungsidentität macht, versteht der Senat diese als Begründung der Einwilligungsverpflichtung des Beklagten in die Domain-Löschung. Obwohl die Klägerin in ihrem einleitenden Satz der Berufungsbegründung einen Antrag "soweit die Klägerin in I. Instanz unterlegen war" ankündigt, kann der Senat auch ihren weiteren Ausführungen hingegen nicht entnehmen, dass sich die Klägerin - entgegen dem ausdrücklich gestellten Antrag - auch insoweit gegen das landgerichtliche Urteil wenden wollte, als dieses ihr Unterlassungsbegehren über den Bereich von "Erotik" Produkten hinaus abgewiesen hat. Denn der Klägerin geht es erkennbar letztlich nur um die Freigabe des Domain-Namens, um diesen für ihre Zwecke zu nutzen. Die Gefahr einer Verwendung des Domain-Namens "dollhouse.de" durch den Beklagten für Produkte und Dienstleistungen außerhalb des Bereichs "Erotik" ist für die Klägerin nur insoweit von Interesse, wie der Beklagte hierdurch diesen Domain-Namen zu ihren Lasten blockieren kann. Steht hingegen die Verpflichtung des Beklagten zur Einwilligung in die Löschung des Domain-Namens fest, verliert ein weitergehender Unterlassungsantrag seine eigenständige Bedeutung, so dass der Senat davon ausgeht, dass die Klägerin ihren Berufungsantrag aus guten Gründen entsprechend beschränkt hat.

2. Das Landgericht hat den Beklagten - unter Abweisung der Klage im übrigen - auf gesetzlicher Anspruchsgrundlage des Markengesetzes verurteilt, es zu unterlassen, die Internet-Domain www.dollhouse.de für Angebot/Vertrieb von Produkten/Beiträgen aus dem Bereich Erotik zu benutzen. Soweit eine Verurteilung erfolgt ist, macht sich der Senat die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts zu eigen und nimmt auf diese zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen Bezug.

 

3.

Hinsichtlich der mit der Berufung der Klägerin angegriffenen Abweisung der Klage auf Abgabe einer Willenserklärung teilt der Senat die Auffassung des Landgerichts hingegen nicht. Dabei bedarf es im vorliegenden Rechtsstreit keiner Entscheidung, ob die von der Klägerin erhobenen Ansprüche - wie es das Landgericht verneint hat - bereits kraft Gesetzes (nicht) bestehen. Denn jedenfalls sind diese Ansprüche schon auf einer vertraglicher Anspruchsgrundlage aus positiver Forderungsverletzung einer Kooperationsvereinbarung der Parteien begründet.

 

a.

Die Klägerin hatte bereits in erster Instanz ausgeführt, dass der Beklagte Anfang 1998 an sie mit dem Vorschlag herangetreten sei, die Namen "Dollhouse" im Internet zu verbreiten. Nach Darstellung der Klägerin hatte ihr Geschäftsführer Odin J. den Beklagten um entsprechende Recherchen und Vorarbeiten mit dem Ziel gebeten, die Internet-Domain für die Klägerin als Inhaberin zu sichern. Die konkreten Inhalte der beabsichtigten Kooperation sollten zwischen den Parteien noch gesondert festgelegt werden. Diesen - schon in erster Instanz von dem Beklagten nicht (substantiiert) bestrittenen - Vortrag hat die Klägerin im Berufungsrechtszug erheblich weiter konkretisiert. Danach hatten die Parteien bereits Anfang Januar 1998 konkret über die Höhe der dem Beklagten für seine Aktivitäten zu zahlenden Umsatzbeteiligung verhandelt. Während der Beklagte eine 20 %ige Umsatzbeteiligung an allen Internet-Umsätzen mit der zu registrierenden Domain verlangte, wollte ihm die Klägerin vertreten durch ihren Geschäftsführer Odin J. - nur 15 % hiervon zubilligen. Nach längerer Diskussion war es dem Beklagten sodann gelungen, seine Vorstellung von 20 % gegenüber der Klägerin durchzusetzen. Gegenstand dieser Unterredung, die Ende Januar 1998 stattgefunden hat, war nach Darstellung der Klägerin unmissverständlich eine Registrierung der Domain "dollhouse.de" für sie, die Klägerin, aber durchgeführt durch den Beklagten, der sodann auch die weiteren Einzelheiten einer erfolgreichen Internet-Präsentation vorbereiten sollte. Die Parteien waren sich bereits zu diesem Zeitpunkt über die inhaltlichen Eckpunkte der von ihnen angestrebten bzw. bereits in Vollzug gesetzten Kooperation weitgehend einig. Lediglich bestimmte Rahmenbedingungen (Status des Beklagten als Angestellter/freier Mitarbeiter, Nutzung der Geschäftsräume der Klägerin durch den Beklagten) bedurften noch einer Klärung. Einigkeit bestand aber darüber, dass der Beklagte unmittelbar damit beginnen sollte, seine vertraglichen Verpflichtungen - Registrierung der Domain "dollhouse.de" für die Klägerin - zu erfüllen und die Klägerin sodann zu gegebener Zeit über den Erfolg seiner Bemühungen informieren sollte.

Diesen detaillierten Sachvortrag hat der Beklagte auch in zweiter Instanz noch nicht einmal in - unsubstantiierten Ansätzen bestritten, so dass die Darstellung der Klägerin als unstreitig feststeht und prozessual davon auszugehen ist, dass diese Schilderung auch aus Sicht des Beklagten den Sachverhalt zutreffend wiedergibt.

 

b.

Vor diesem Hintergrund steht nach Auffassung des Senats fest, dass die Parteien die Inhalte ihrer geschäftlichen Zusammenarbeit schon so weit konkretisiert hatten, dass von bereits einer mündlich getroffenen vertraglichen Vereinbarung auszugehen ist, die wechselseitige Fürsorge- und Treuepflichten beinhaltete, aus deren Missachten dem Vertragspartner unter dem Gesichtspunkt einer positiven Forderungsverletzung Leistungs- bzw. Abwehransprüche zustanden. Selbst wenn man - wie es das Landgericht gesehen hat - von einer zwar in Aussicht genommenen, aber noch nicht im Detail verhandelten Kooperationsvereinbarung ausgeht, waren die im Rahmen einer Vertragsanbahnung getroffenen Verabredungen aber jedenfalls auf der Grundlage des zweitinstanzlichen Sachvortrags der Klägerin bereits so konkret und verbindlich, dass dem Verhandlungspartner unter dem Gesichtspunkt von culpa in contrahendo bei einer Verletzung seiner schon vorvertraglich in Vollzug zu setzenden Leistungspflichten Ansprüche in entsprechendem Umfang erwachsen konnten (vgl. hierzu Palandt-Heinrichs, BGB, 58. Aufl., § 276 Rdn. 66, 73).

 

aa.

Indem der Beklagte vereinbarungswidrig die Internet-Domain "dollhouse.de" am 25.03.98 (vgl. Anlage B2) nicht für die Klägerin, sondern im eigenen Interesse für sich selbst bei der DENIC e.G. hat registrieren lassen, hat er sich eines nachhaltigen Verstoßes gegen die aus den getroffenen Vereinbarungen fließende Leistungstreuepflicht (vgl. hierzu: Palandt-Heinrichs, BGB, 58. Aufl., § 276, Rdn. 114 ff) schuldig gemacht. Dem Beklagten war nach dem unstreitigen Sachverhalt ohne weiteres bewusst, dass die Domain der Klägerin allein zustehen und von ihr genutzt sowie kontrolliert werden sollte. Durch eine Registrierung auf seinen Namen hat er die Klägerin wissentlich und absichtlich auf unbestimmte Zeit von einer Nutzung dieser Domain ausgeschlossen, die u.a. gleichlautend mit den prägenden Bestandteilen ihrer Firmenbezeichnung/Etablissementbezeichnung sowie ihrer eingetragenen Marke und deshalb von besonders hoher wirtschaftlicher Bedeutung für sie war. Das Verhalten des Beklagten im Anschluss an die Domain-Registrierung zeigt zudem, dass eine Registrierung auf seinen Namen auch nicht etwa zunächst nur aus "formalen" Gründen erfolgt ist und eine Weiterübertragung auf die Klägerin erfolgen sollte. Vielmehr war es das Ziel des Beklagten, die vermeintlich günstige Gelegenheit zu ergreifen und die "werthaltige" Domain "dollhouse.de" in der einen oder anderen Weise für sich zu nutzen. Dabei macht es für den Verstoß des Beklagten gegen seine Vertragspflichten keinen Unterschied, ob er - im Sinne eines klassischen "Domain-Grabbings" - beabsichtigte, sich die vertragswidrig erworbenen Rechte an der Domain "dollhouse.de" von der Klägerin gegen eine hohe (nach deren unstreitiger Darstellung: sechsstellige) Abstandszahlung abkaufen zu lassen oder ob er - im Sinne einer "Rufausbeutung" - beabsichtigte, die Domain dauerhaft für eigene Zwecke zu nutzen, um an pornographischen Inhalten interessierte Internet-Nutzer unter Ausnutzung entsprechender Fehlvorstellungen auf seine Seite zu leiten und an seine Angebote und/oder Links zu binden. In beiden Fällen hat der Beklagte nachhaltig seinen vertraglich übernommenen Pflichten zuwider gehandelt und eine positive Forderungsverletzung des Kooperationsvertrages begangen.

 

bb.

Aufgrund seiner Pflichtverletzung ist der Beklagte der Klägerin zum Schadensersatz verpflichtet. Dieser ist darauf gerichtet, alle unmittelbaren und mittelbaren Nachteile des schädigenden Verhaltens zu beseitigen. Dauert die Verletzungshandlung oder der pflichtwidrig geschaffene Zustand wie hier durch die Domain-Nutzung durch den Beklagten - an, kann sich nach herrschender Auffassung unter dem Gesichtspunkt einer positiven Vertragsverletzung auch ein Unterlassungsanspruch ergeben (Palandt-Heinrichs, a.a.O., Rdn. 123 unter Hinweis auf BGH NJW 95, 1285).

 

aaa.

Zum einen hat der Beklagte die vertragswidrig erlangte Rechtsposition im Wege der Naturalrestitution wieder aufzugeben. Erlangt hat der Beklagte insoweit durch Registrierung bei der DENIC e.G. seine Eintragung als Berechtigter aus der Domain "dollhouse.de". Mit ihrem Klageantrag zu 2. begehrt die Klägerin die Erklärung der Einwilligung des Beklagten in eine Löschung gegenüber der DENIC e.G.. Dieser Anspruch steht der Klägerin in jedem Fall zu, denn hierdurch hat der Beklagte nur die unmittelbaren Folgen seiner Verletzungshandlung zu beseitigen. Insoweit geht es schadensersatzrechtlich nur um das negative Interesse. Die Frage, ob die Klägerin - darüber hinaus - auch Ersatz des positiven Interesses begehren, also verlangen kann, so gestellt zu werden, wie sie stünde, wenn sich der Beklagte vertragsgerecht verhalten hat, bedarf hier keiner Entscheidung. Denn die Klägerin macht einen Anspruch auf Übertragung der Domain gerade nicht geltend. Durch den von ihr am 21.04.99 veranlassten "wait"-Eintrag ist sie offenbar auch hinreichend gesichert, um den beanspruchten Domain-Namen nach einer Löschung des Beklagten für sich eingetragen zu erhalten. Im übrigen hat der Bundesgerichtshof zu Recht erst kürzlich entschieden, dass ein derartiger Anspruch auf Umschreibung eines Domain-Namens gegen den nicht berechtigten Inhaber jedenfalls auf marken- bzw. namensrechtlicher Anspruchsgrundlage nicht besteht (BGH WRP 02, 694, 700 - shell.de).

 

bbb.

Weiterhin ist der Beklagte verpflichtet, die Nutzung seiner Internet-Domain "dollhouse.de" zumindest in dem Umfang des erstinstanzlichen Verbots zu unterlassen. Die insoweit gegen die Verurteilung durch das Landgericht erhobene Berufung des Beklagten ist unbegründet. Denn seine Unterlassungsverpflichtung besteht im Hinblick auf die vorstehenden Ausführungen aufgrund des Vertragsverstoßes schon aus der Natur der Sache jedenfalls insoweit, als ihn das Landgericht verurteilt hat, eine Benutzung der Internet-Domain www.dollhouse.de im geschäftlichen Verkehr für das Angebot und/oder den Vertrieb von Produkten und/oder Beiträgen aus dem Bereich Erotik zu unterlassen. Für einen dahingehenden Rechtsverstoß besteht auch weiterhin Wiederholungsgefahr.

 

Für die Beurteilung der Wiederholungsgefahr des Beklagten steht dabei schon aufgrund des unstreitigen Sachverhalts zur Überzeugung des Senats fest, dass der Beklagte mit dem vermeintlichen Angebot eines "Lifestyle-Magazins" unter der Internet-Domain "dollhouse.de" nicht etwa nur lautere, schützenswerte Absichten verfolgt, sondern nur pro forma und auf Zeit auf ein solches - vermeintlich unverfängliches Angebot - in der Absicht ausgewichen ist, nach einem etwaigen Prozessgewinn wieder zu dem Angebot pornographischer Inhalte unter diesem Domain-Namen zurückzukehren. Immerhin hatte der Beklagte - wie die Anlage ASt5 in dem vorangegangenen Verfügungsverfahren 315 O 224/99 eindrucksvoll belegt - zunächst unter der Domain "dollhouse.de" unter der Überschrift "Willkommen im Dollhouse" nicht nur drei "links" zu schon nach den Abbildungen offensichtlich pornographischen Anbietern ("girlsline") eröffnet, sondern für diese Internetseite zugleich als sog. Meta-Tags eine Vielzahl aller nur erdenklichen pornographischen Begriffe auf niedrigstem Niveau registrieren lassen. Auch wenn solche Meta-Tags auf der Internet-Seite selbst nicht sichtbar sind, führen sie jedoch dazu, dass an pornographischen Inhalten interessierte Internetnutzer, die derartige Begriffe über eine Suchmaschine eingeben, auf die Seite des Beklagten verwiesen worden sind. Wenn die Angaben des Beklagten zutreffen, er habe diese Seitengestaltung nur für eine sehr kurze Zeit vorgehalten, dann zeugt der aus der Anlage ASt5 ersichtliche Zähler, der allein 10.790 Seitenzugriffe belegt, von der hohen Attraktivität der von dem Beklagten als Meta-Tags gewählten pornographischen Begriffe. Eine Umstellung eines solchen Angebots erst im Anschluss an eine Abmahnung der Klägerin auf ein eher dürres Internet-Lifestyle-Magazin entbehrt jeglicher Überzeugungskraft als Beleg für eine dauerhafte Abstandnahme von der naheliegenden Rufausbeutung des Domain-Namens "dollhouse.de". Dies umso mehr, als gerade der Begriff "dollhouse.de" für ein seriöses Internet-Lifestyle-Magazin gänzlich beziehungslos (wenn nicht gar unpassend) ist und - schon wegen der Popularität der Klägerin eher negativ behaftet sein dürfte. Im übrigen war das von dem Beklagten ohnehin nur in Ansätzen umgesetzte Lifestyle-Angebot zum Zeitpunkt des Senatstermins am 19.06.2002 (und in den Tagen zuvor) nicht mehr im Internet verfügbar, sondern durch einen Provider-Verweis ersetzt worden, was ebenfalls gegen eine auf Dauer gerichtete Absicht entsprechender Aktivitäten spricht. Angesichts der vertraglichen Anspruchsgrundlage kommt es auch auf die von den Parteien in den Mittelpunkt ihres Sachvortrags gestellten Frage der Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht an.

 

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97, 92 Abs. 2 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Der Senat hat auch die erstinstanzlichen Kosten vollen Umfangs dem Beklagten auferlegt, obwohl die Klägerin insoweit mit ihrem über den Bereich "Erotik" hinausgehenden Unterlassungsantrag teilweise unterlegen war, ohne dass sie diese Teilabweisung mit der Berufung angefochten hat. Angesichts der Tatsache, dass der Beklagte schon vertraglich bzw. vorvertraglich zu einer vollständigen Unterlassung verpflichtet war und der Schwerpunkt des Klagebegehrens erkennbar bei der Verfolgung der Einwilligung zur Löschung lag, wiegt dieses Teilunterliegen aber so wenig schwer, dass dem Senat eine Anwendung von § 92 Abs. 2 ZPO (a.F.) für angebracht erscheint, zumal ein Kostensprung hierdurch nicht veranlasst gewesen ist.

 

Der vorliegende Rechtsstreit bietet dem Senat keine Veranlassung, gem. § 543 Abs. 2 ZPO die Revision zuzulassen. Der Rechtsstreit hat keine grundsätzliche Bedeutung, sondern beschränkt sich auf die Anwendung feststehender Rechtsgrundsätze auf den konkreten Einzelfall. Einer Entscheidung des Revisionsgerichts bedarf es auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung.

 

 

(Unterschriften)