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LG Berlin, Urteil vom 11. Juli 2001, AZ.: 18 O 63/01 - 0190 Dialer

Leitsätzliches

Telefongebühren, die über einen 0190-Dialer entstanden sind, müssen auch dann beglichen werden, wenn sie von dem minderjährigen Kind des Beklagten verursacht wurden.

LANDGERICHT BERLIN

IM NAMEN DES VOLKES

TEIL- UND SCHLUßURTEIL

Aktenzeichen: 18 O 63/01

 

 


 

Verkündet am: 11.07.2001


Tatbestand

Die Klägerin fordert von der Beklagten mit der dieser am 10.03.2001 zugestellten Klage im wesentlichen Telekommunikationsgebühren. Daneben beansprucht sie den Ersatz von durch Rücklastschrift entstandenen Bankkosten.

Die Klägerin ist Anbieterin von Telekommunikationsdienstleistungen für die Öffentlichkeit gemäß § 3 Nr. 19 des Telekommunikationsgesetzes.

Die Parteien schlossen auf Antrag der Beklagten vom 15.12.1999 einen Vertrag wonach dieser von der Klägerin ein ISDN-Telefonanschluß mit den Rufnummern ... und ... bereitgestellt wurde. Auf den zugrundeliegenden Antrag (Anlage K 1), nach dem u.a. eine Mindestvertragslaufzeit von 24 Monaten vorgesehen war, sowie die dem Vertrag zugrundeliegenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen (Anlage K 5) wird verwiesen.

Leistungsbeginn war am 27.04.2000. In der Folgezeit kam es u.a. durch den 16-jährigen Sohn der Beklagten auch zur Nutzung des sogenannten PremiumRateServices mit der Vorwahl 0190. Insgesamt summierten sich die der Beklagten von der Klägerin gestellten Rechnungen im Zeitraum 05/00 bis einschließlich 08/00 auf einen Betrag in Höhe von 17.582,22 DM wie folgt:



07/00 5.079,28 DM

08/00 3.251,65 DM


Die entsprechend den gelegten Rechnungen von der Klägerin im vereinbarten Lastschriftverfahren eingezogenen Beträge ließ die Beklagte zurückbuchen, wodurch der Klägerin eigene Bankkosten in Höhe von 40,50 DM entstanden.

Die Beklagte beglich im folgenden lediglich 590,07 DM und erkannte weitere 19,95 DM im Prozeß an. Bei der restlichen Forderung in Höhe von 16.992,15 DM handelt es sich ausschließlich um für die Nutzung des Premium Rate Services in Rechnung gestellte Beträge, und zwar im wesentlichen beruhend auf der Schaltung Nr. ... hinter der als Anbieter eine ..., ... in Spanien steht, veranlaßt durch den 16-jährigen Sohn der Beklagten. Im einzelnen wird auf das als Anlage K 2 zu den Akten gereichte Rechnungskonvolut sowie hinsichtlich der Verrechnungsbestimmung der geleisteten Beträge auf die Ausführungen der Beklagten auf den Seiten 3 ff ihrer Klageerwiderung sowie das Terminsprotokoll vom 06.06.2001 verwiesen. Diese Premium Rate Service-Entgelte führt die Klägerin, da sie keine eigenen Verträge mit den jeweiligen Dienstanbietern unterhält, regelmäßig an die Telekom ab, zu der sie selbst Netzschaltung vornimmt, während diese die jeweiligen Verbindungen entsprechend weiterschaltet.

Die Klägerin mahnte die offenen Restbeträge erfolglos mit Schreiben vom 07.09.2000 (Anlage K 3), auf das verwiesen wird, und drohte der Beklagten darin zugleich eine Anschlußsperre nach § 19 TKG an.

Im Hinblick auf die im folgenden von der Klägerin umgesetzte völlige Anschlußsperre des der Beklagten zur Verfügung gestellten Netzanschlusses erklärte die Beklagte mit Schreiben vom 15.11.2000 die fristlose Kündigung des Vertragsverhältnisses. Auf das vorgenannte Schreiben (Anlage B 8), mit dem die Beklagte die Klägerin zugleich unter Androhung der klageweisen Durchsetzung zur Freigabe des Anschlusses bis zum 16.11.2000 um 12.00 h aufforderte, wird gleichfalls verwiesen.

Mit Schreiben vom 11.12.2000 (Anlage K 4), auf das verwiesen wird, kündigte die Klägerin der Beklagten wegen anhaltenden Zahlungsverzuges außerordentlich und fristlos.

Mit der Klage macht sie neben den offenen Restrechnungsbeträgen in Höhe von 16.992,15 DM, von denen sie auf Grund Additionsfehler nur 16.992,08 DM beansprucht, noch die ihr im Wege des Lastschriftretours entstandenen Bankkosten von 40,50 DM und die Grundgebühren für den Rest der vertraglichen Mindestlaufzeit bis einschließlich 26.04.2001 (15 x 59,95 für die Monate 01/01 - inclusive 03/02 sowie anteilig 51,96 DM für den Monat 04/02) geltend.

Nachdem die Klägerin die Klage in Höhe von ursprünglich zusätzlich geforderter 214,93 DM zurückgenommen hat und die Beklagte durch das am 06.06.2001 verkündete Anerkenntnisurteil zur Zahlung von 19,95 DM (anteilige Restrechnungsbeträge) verurteilt worden ist,

beantragt die Klägerin, 1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 17.983,79 DM nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem jeweiligen Zinssatz nach § 1 Diskontsatzüberleitungsgesetz seit dem 12.12.2000 zu zahlen. 2. der Klägerin nachzulassen, eine ggf. zu stellende Sicherheit auch durch Bürgschaft einer als Zoll- und Steuerbürgin anerkannten deutschen Bank oder Sparkasse erbringen zu dürfen.




Sie meint, die von ihrem 16-jährigen Sohn verursachte Einwahl habe schon auf Grund des gesetzlichen Minderjährigenschutzes nicht zum Abschluß wirksamer Rechtsgeschäfte geführt, da sie dieselben nicht genehmigt habe, sondern statt dessen ihrem Sohn ausdrücklich die Nutzung jeglicher 0190 ger-Nummern untersagt habe.

Jedenfalls aber stehe etwaigen Forderungen der Klägerin aus solchen Geschäften deren Sittenwidrigkeit entgegen. Diese müsse sich auch die Klägerin entgegenhalten lassen, da diese insoweit, so die Ansicht der Beklagten, als Inkassounternehmen des Dienstleistungsanbieters fungiere. Die Beklagte bestreitet in diesem Zusammenhang mit Nichtwissen, daß die Klägerin zur Abführung der streitgegenständlichen Beträge an die Telekom verpflichtet sei.

Das Haftungsrisiko sei, so meint die Beklagte weiter, gemäß § 16 Abs. 3 TKG auf die Klägerin verlagert.

Überdies bestünden im Hinblick auf die im Zusammenhang mit der problematischen Softwareumstellung der Klägerin verspäteten Rechnungslegung berechtigte Zweifel an deren inhaltlicher Richtigkeit.

Hilfsweise erklärt die Beklagte die Aufrechnung mit angenommenen Schadensersatzforderungen wegen verspäteter Rechnungslegung gegen die offenen Restrechnungsbeträge abzüglich der anerkannten 19,95 DM in historischer Reihenfolge.

Dabei stellt sie jeweils erststellig folgende Beträge in der angegebenen Reihenfolge zur Aufrechnung:

aus 06/00 5.816,04 DM aus 07/00 4.290,15 DM aus 08/00 2.614,25 DM 12.720,44 DM

zzgl. 16 % MwSt 2.035,27 DM 14.755,71 DM


Die angeforderten Grundgebühren bis zum Ablauf der ursprünglich vereinbarten Mindestlaufzeit, so meint die Beklagte, könne die Klägerin im Hinblick auf die berechtigte außerordentliche Kündigung seitens der Beklagten nicht beanspruchen. Letztere sei zumindest in eine ordentliche Kündigung zum 31.12.1999 umzudeuten, auf deren Möglichkeit die Klägerin ihre Kunden mit Schreiben vom 01.12.2000 angesichts der erfolgten Tarifänderung hingewiesen habe. Im einzelnen wird auf das von der Beklagten in Bezug genommene, als Anlage B 9 vorgelegte Schreiben verwiesen.

Hilfsweise für den Fall daß der Klage dem Grunde nach stattgegeben werden sollte, kündigt die Beklagte die Erhebung der Drittwiderklage gegen den Dienstleistungsanbieter ... in Spanien an. Im einzelnen wird auf die Seiten 15 und 16 ihres Schriftsatzes vom 09.04.2001 verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist im wesentlichen, abgesehen von einem geringfügigen Teil des geltend gemachten Zinsanspruches, begründet.

Sie ist insbesondere nicht mangels Bestimmtheit des gelten gemachten Streitgegenstandes gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO unzulässig. Zwar fordert die Klägerin 0,07 DM weniger, als sich nach der von ihr der Berechnung ihrer Klageforderung zugrundelegenden Beträge ergibt. Doch ist aus der Klagebegründung ersichtlich, daß es sich insoweit lediglich um einen Rechenfehler bei der Addition der in die Klageforderung eingestellten Rechnungsbeträge handelt, der sich auch nach Teilrücknahme der Klage konsequent fortgesetzt hat.

Da die Klägerin die offenen Restrechnungsbeträge sämtlich zu Recht einfordert, kommt es nicht darauf an, wie sich der Rechenfehler auf die einzelnen Rechnungen verteilt. § 308 Abs, 1 ZPO führt insoweit lediglich dazu, daß der Klägerin diesbezüglich nur der von ihr fehlerhaft errechnete Betrag zugesprochen werden kann. Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung mit entsprechend nachgeholtem Hinweis gemäß § 139 ZPO und Gelegenheit zur Korrektur erscheint unnötig formalistisch und unter prozeßökonomischen Gesichtspunkten widersinnig, weshalb das Gericht davon Abstand nimmt.

Der Anspruch der Klägerin auf Zahlung der vorgenannten Rechnungsbeträge aus 05/00 bis einschließlich 08/00 ergibt sich aus dem zwischen den Parteien unter dem 15.12.1999 geschlossenen Telekommunikationsvertrag i. V. m. Ziffer 4.1. und 5.1. der diesem zugrundeliegenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen.

Die gegen ihre Zahlungspflicht aus der Inanspruchnahme des sogenannten Premium Rate Services von der Beklagten erhobenen Einwände sind sämtlich unerheblich.

So steht dem vertraglichen Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Einrichtung auch der auf die Nutzung des sogenannten Premium Rate Services entfallenden Gebühren weder insgesamt noch im Hinblick auf die Nutzung der speziellen Nummer ... die Minderjährigkeit und damit beschränkte Geschäftsfähigkeit des Sohnes der Beklagten (§ 106 BGB) entgegen. Was die Verbindung zu anderen als der vorgenannten Service-Nummer der ..., ... in Spanien anbelangt, hat die Beklagte schon nicht vorgetragen, daß die Schaltungen sämtlich von ihrem 16-jährigen Sohn verursacht worden seien.

Soweit dieser jedoch die genannte Spezialnummer angewählt hat, wirkt sich eine etwaige schwebende Unwirksamkeit (§§ 106, 107, 108 Abs. 1 BGB) der mit dem Softwareanbieter in Spanien abgeschlossenen Verträge nicht im Verhältnis der Klägerin zur Beklagten aus. Denn die Klägerin erhebt von der Beklagten lediglich diejenigen Gebühren, die ihr durch die Schaltung der Verbindung zur Telekom entstanden sind. Dabei regelt Ziffer 4.1. Satz 2 der dem streitgegenständlichen Vertrag zugrundeliegenden AGB ausdrücklich, daß die Vergütungspflicht der Beklagten auch solche Entgelte umfaßt, die dadurch entstanden sind, daß Dritte den Anschluß genutzt haben, sofern der Vertragskunde dies zu vertreten hat. Ein solches Vertretenmüssen liegt hier schon darin, daß die Beklagte ihrem Sohn den ungehinderten Zugang zu ihrem Computer gewährt hat. Eine etwa mit diesem getroffene interne Absprache ist dabei ohne Belang, da die Beklagte der Klägerin gegenüber auch ein jederzeit mögliches wissentliches oder fahrlässiges oder auch nur unbewußtes Überschreiten einer solchen Absprache seitens ihres Sohnes zu vertreten hat.

§ 108 Abs. 1 BGB findet im Vertragsverhältnis der Parteien zueinander vorliegend keine Anwendung. Dem kann die Beklagte nicht mit Erfolg entgegenhalten, daß die Klägerin als Inkassounternehmen des in Spanien niedergelassenen Anbieters fungiert habe. Soweit sie ausdrücklich bestreitet, daß die Klägerin auch die im Rahmen der Inanspruchnahme der Premium Service-Nummern entstandenen Verbindungsentgelte an die ... AG zu zahlen, gesetzlich verpflichtet sei, ist dieses Bestreiten unerheblich. Denn die Beklagte will weder behaupten, daß die Klägerin ihrerseits in einem vertraglichen Verhältnis zu den Dienstanbietern der 0190 ger-Nummern steht, noch, daß sie die Entgelte der Telekom gegenüber tatsächlich beglichen hat.

Selbst bei anderer Auffassung führt § 108 Abs. 1 BGB allerdings nicht zur schwebenden Unwirksamkeit der mit dem Anbieter der Software geschlossenen Verträge. Vielmehr sind diese in entsprechender Anwendung der Grundsätze zur Anscheinsvollmacht auch durch die von 16-jährigen Sohn der Beklagten verursachten Verbindungen wirksam zustandegekommen. Indem die Beklagte ihrem Sohn die grundsätzliche Möglichkeit verschafft bzw. gewährt hat, ihren ISDN-Anschluß in der erfolgten Weise zu nutzen, hat sie jenem eine Stellung eingeräumt, die typischerweise mit einer Vollmacht verbunden ist (vgl. Heinrichs in Palandt, "BGB", Rdn. 21 zu § 173 BGB).Für den Vertragspartner eines Computerbenutzer stellt sich die Schaltung einer Verbindung regelmäßig als vom Anschlußinhaber gebilligt dar. Das ergibt sich daraus, daß jeder Computerbenutzer die Möglichkeit hat, der Nutzung seines Anschlusses durch Unbefugte etwa durch die Installierung eines Zugangscodes entgegenzuwirken. Speziell im Hinblick auf die Nutzung der in Rede stehenden 0190 ger-Nummern kommt hinzu, daß es dem Anschlußinhaber möglich ist, den Zugang zu solchen Nummern von vorneherein gänzlich sperren zu lassen. Da es dem Softwareanbieter im multimedialen Zeitalter, anders als dem Ladeninhaber bei Geschäften mit persönlichem Kundenkontakt naturgemäß nicht möglich ist, sich der Identität seines Vertragspartners zu vergewissern, obliegt die Einrichtung eines entsprechenden Schutzmechanismusses gegen vom Anschlußinhaber nicht gebilligte Rechtsgeschäfte allein diesem. Eine entgegenstehende Auffassung würde dazu führen, daß sämtliche durch die Nutzung seitens Minderjähriger verursachte Kosten, sei es Strom, normale Fernsprechgebühren o.ä. vom Vertragspartner des jeweiligen Versorgungsunternehmens nicht bezahlt werden müssen, sofern dieser nicht nachträglich seine Genehmigung zu der erfolgten Nutzung bzw. dem durch die Inanspruchnahme der angebotenen Leistung konkludent abgeschlossenen Rechtsgeschäft gibt.

Die insoweit, das heißt hinsichtlich der speziellen ... ger Einwahl mit der Klägerin abgeschlossenen Rechtsgeschäfte sind auch nicht etwa nach § 142 Abs. 1 BGB infolge der von der Beklagten unter dem 04.09.2000 erklärten Anfechtung wegen arglistiger Täuschung als von Anfang an nichtig anzusehen. Offenbleiben kann dabei, ob der Softwareanbieter ... in Spanien den Abschluß der in Rede stehenden Verträge durch eine arglistige Täuschung des Computernutzers erwirkt hat. Denn eine diesem gegenüber erfolgte Anfechtung will die Beklagte selbst nicht behaupten. Die der Klägerin gegenüber erklärte Anfechtung geht demgegenüber in's Leere. Denn die Klägerin selbst hat jedenfalls keine arglistige Täuschung verübt. Sie muß sich auch nicht etwa eine solche seitens des Softwareanbieters zurechnen lassen. Denn sie steht zu diesem in keinem vertraglichen Verhältnis und hat über dessen Machenschaften keinerlei Kontrolle.

Insbesondere kann die Beklagte dem berechtigten Vergütungsanspruch der Klägerin auch nicht mit Erfolg entgegenhalten, daß dieser, soweit er auf der Nutzung der von ... angebotenen Software beruhe, aus der kommerziellen Ausnutzung eines sittenwidrigen Geschäftes entstanden sei, so daß seiner Durchsetzung selbst die Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB entgegenstehe. Denn daß die vom Sohn der Beklagten insoweit in Anspruch genommenen Leistungen als solche sittenwidrig gewesen seien, will die Beklagte selbst nicht behaupten. Vielmehr beruft sie sich ausdrücklich darauf, daß der Internet-Zugang seit der Installation der in Rede stehenden Software und deren nur vermeintlicher Löschung regelmäßig über die kostenintensive 0190 ger-Nr. des Anbieters Haase geschaltet worden sei. Die Nutzung des Internets als solche ist indes, anders als etwa Telefonsexverträge nicht sittenwidrig sondern zunächst wertneutral.

Der Erhebung der streitgegenständlichen Entgelte steht auch nicht etwa entgegen. Weder kann die Beklagte damit gehört werden, daß die Klägerin die Gebühren vorliegend nicht zutreffend berechnet habe (), noch hat sie den Nachweis erbracht, daß der Netzzugang in von ihr nicht zum vertretenden Umfang genutzt wurde oder rechtfertigen Tatsachen die Annahme, daß die Höhe der Verbindungsentgelte auf Manipulationen Dritter an öffentlichen Telekommunikationsnetzen zurückzuführen sind (). Hinsichtlich des Vertretenmüssens der Beklagten auch im Hinblick auf die Netzbenutzung seitens ihres Sohnes wird auf die obigen Ausführungen verwiesen. Soweit die Beklagte aus der unregelmäßigen Rechnungslegung Zweifel an der inhaltlichen Ordnungsgemäßheit der streitgegenständlichen Rechnungen herleiten will, kann ihr nicht gefolgt werden. Zwar hat die Klägerin selbst im Zusammenhang mit der späteren Rechnungslegung Probleme bei der Softwareumstellung eingeräumt. Das führt aber nicht dazu, daß berechtigte Bedenken gegen die inhaltliche Richtigkeit der nach erfolgter Umstellung gelegten Rechnungen bestehen. Vielmehr ist die Beklagte den vorgelegten Einzelnachweisen nicht ansatzweise entgegengetreten, was dafür spricht, daß diese in der aufgelisteten Form auch zutreffen. Das pauschale Bestreiten der ordnungsgemäßen Rechnungslegung seitens der Beklagten reicht nicht aus, um den Anschein für deren Richtigkeit zu erschüttern. Die Beklagte hätte vielmehr im einzelnen darlegen müssen, ob und gegebenenfalls welche Einzelnachweise sie konkret in Abrede stellt.

Die restliche Gebührenforderung der Klägerin ist auch nicht etwa teilweise durch Aufrechnung gemäß § 389 BGB erloschen. Denn die von der Beklagten angenommene Schadensersatzforderung in Höhe von 14.755,71 DM, mit der sie die Aufrechnung erklärt hat, hat rechtlich keinen Bestand. Ein Anspruch der Beklagten gegen die Klägerin aus positiver Vertragsverletzung oder Verzug in der angenommenen Höhe besteht nicht. Denn die ungewöhnlich späte Rechnungslegung der Klägerin stellt schon keine schuldhafte Sorgfaltspflichtverletzung ihrerseits dar. Erst Recht wäre eine angenommene solche nicht unmittelbar kausal für die im Rahmen der Nutzung des Premium Rate Services in den Monaten Juni bis einschließlich August 2000 entstandenen Gebühren.

Eine vertragliche Verpflichtung der Klägerin zur Rechnungslegung innerhalb bestimmter Abstände oder eines bestimmten Zeitraums haben die Parteien nicht vereinbart. Zwar ist in Fällen monatlicher Abrechnung eine Rechnungslegung binnen angemessener Zeit nach Ablauf des jeweiligen Monats üblich. Doch hat die Beklagte bei der Klägerin zu keiner Zeit die Rechnungslegung angemahnt, so daß die Klägerin mit der Stellung der Rechnungen vorangegangener Monate auch nicht in Verzug geraten ist.

Für eine vertragliche Nebenpflicht zur Rechnungsstellung in bestimmten Intervallen fehlt es an einer Rechtsgrundlage. Eine solche läßt sich insbesondere weder aus noch aus der dem neu aufgenommenen zugrundeliegenden Wertung konstruieren. Da die Rechnungslegung nach nicht zu bestimmten Zeitpunkten gefordert ist, liegt in einer späten Rechnungsstellung auch keine (teilweise) Einstellung der geschuldeten Universaldienstleitungen. Zu einem anderen Ergebnis führt auch nicht das vom Gesetzgeber nunmehr im Rahmen des neugefaßten gewürdigte Bedürfnis des Netzkunden nach einer regelmäßigen Kontrolle der Höhe der von ihm verursachten Gebühren. Die Beklagte, die die mehrere Monate währende Vorleistung der Klägerin ohne Rechnungslegung widerspruchslos hingenommen hat, kann sich nicht jetzt mit Erfolg auf den Standpunkt stellen, daß es eine vertragliche Nebenpflicht der Klägerin gewesen sei, sie, die Beklagte, vor den finanziellen Folgen des bewußt ohne wirtschaftliche Kontrolle in Anspruch genommene Premium Rate Services zu bewahren. Vielmehr wäre es der Beklagten möglich gewesen, sich durch die Sperrung des Zuganges zu den entsprechenden Nummern oder einfach die Nichtinanspruchnahme des teuren Premium Rate Services selbst vor unabsehbarem wirtschaftlichen Schaden zu schützen.

Soweit die Klägerin noch mit Schreiben vom 11.12.2000 (Anlage K 4) einen Mitverschuldensanteil an der Höhe der insoweit entstandenen Gebühren einräumt, handelt es sich nicht um ein Anerkenntnis im rechtlichen Sinne gemäß § 781 BGB. Die von der Klägerin lediglich im Rahmen eines Kulanzhalber angebotenen vorprozessualen Vergleichs eingeräumte tatsächliche Mitverursachung ist für die Entscheidung des Rechtsstreits ohne Belang. Denn die Klägerin wollte sich ersichtlich an dem damit verbundenen Angebot nur festhalten lassen für den Fall, daß ein Rechtsstreit auf diese Weise vermieden werden würde.

Darauf, daß die von der Beklagten zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung überdies der Höhe nach unsubstantiiert ist, kommt es daher nicht mehr an. Die Beklagte hat allerdings nicht vorgetragen, daß sie bei frühzeitiger Rechnungslegung den Premium Rate Service gar nicht in Anspruch genommen hätte. Vielmehr argumentiert sie selbst, daß ihr die vollständige Sperrung sämtlicher 0190 ger-Nummern nicht zumutbar gewesen wäre, da sie damit auch auf von ihr willentlich genutzte Nummern hätte verzichten müssen.

Die weitere Forderung der Klägerin in Höhe von 40,50 DM eigener Bankkosten für Lastschriftretouren kann sie von der Beklagten als Schadensersatz wegen Verzuges nach § 286 BGB verlangen. Denn die Beklagte war nach Ziffer 5.4. der dem Telekommunikationsvertrag vom 15.12.99 zugrundeliegenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen zur Begleichung der Rechnungen 14 Tage nach deren Eingang verpflichtet. Der Höhe der geltend gemachten Verzugsforderung steht auch nicht etwa Ziffer 5.5. der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin entgegen, wonach für Rückbelastungen dem Kunden ein pauschaler Schaden von jeweils nur 30,00 DM berechnet werden kann. Denn die Klägerin macht vorliegend keinen pauschalen Schadensersatz, sondern einen konkret entstandenen Schaden geltend, dessen tatsächliche Höhe die Beklagte gar nicht bestreitet.

Schließlich kann die Klägerin von der Beklagten als Schadensersatz aus positiver Vertragsverletzung auch die Grundgebühren in Höhe von insgesamt 951,21 DM, die in der vertraglich vorgesehenen Mindestlaufzeit des Telekommunikationsvertrages noch angefallen wären, fordern. Es handelt sich dabei um jeweils 59,95 DM für die Monate 01/01 bis einschließlich 03/02 und anteilige 51,96 DM für den Monat 04/02. Die positive Vertragsverletzung der Beklagten liegt darin, daß sie, wie ausgeführt, unberechtigt mit ihren Zahlungspflichten in nicht unerheblichem Ausmaß für mehrere Monate in Verzug geraten ist und damit der Klägerin einen Grund zur fristlosen Kündigung nach Ziffer 8.3. der Allgemeinen Geschäftsbedingungen gegeben hat. Dadurch ist der Klägerin der geltend gemachte Schaden entstanden. Denn bei Fortführung des Vertrages bis zum Ablauf der vorgesehenen Mindestlaufzeit hätte die Klägerin jedenfalls die in Rede stehenden Grundgebühren aus dem Vertragsverhältnis erwirtschaftet.

Dem steht nicht entgegen, daß die Beklagte ihrerseits den Vertrag unter dem 15.11.00 außerordentlich gekündigt hat. Denn ein Rechtsgrund zur außerordentlichen Kündigung hat ihr dabei nicht zur Seite gestanden. Die Beklagte stützt ihre Kündigung auf die von ihr angenommene Rechtswidrigkeit der von der Klägerin zu diesem Zeitpunkt bereits verhängten völligen Anschlußsperre. Zwar verstößt diese gegen den in § 19 Abs. 3 TKG verankerten Grundsatz der Beschränkung zulässiger Sperren auf den betroffenen Dienst. Denn der Zahlungsverzug der Beklagten bezog sich im wesentlichen ausschließlich auf die auf der Nutzung des Premium Rate Services entstandenen Beträge. Doch war die Klägerin hier aus Ziffer 8.2. der Allgemeinen Geschäftsbedingungen in Abweichung von der grundsätzlichen Regelung des TKG berechtigt, sämtliche vertragsgegenständlichen Leistungen im Falle des Verzuges für mehr als drei Monate einzustellen nach, wie geschehen, schriftlich angekündigter Sperrung. Die Beklagte befand sich zu diesem Zeitpunkt mit nicht unerheblichen Beträgen für insgesamt 4 Monate in Verzug.

Überdies ist die von der Beklagten unter dem 15.11.2000 erklärte Kündigung auch aus formalem Gründen unwirksam. Denn die Beklagte verlangt mit der außerordentlichen Kündigung zugleich die Freischaltung des Anschlusses unter Fristsetzung, deren klageweise Durchsetzung sie zudem androht. Zwar ist die Ausübung eines Gestaltungsrechtes unter einer Potestativbedingung zulässig, da der Eintritt derselben vom Willen des Erklärungsempfängers abhängt und ihn damit nicht in eine ungewisse Lage in Form eines Schwebezustandes, auf den er keinen Einfluß hat, versetzt. Doch ist die Kündigungserklärung der Beklagten hier gleichwohl mißverständlich, da sie für den Fall des erfolglosen Fristablaufs eben gerade nicht auf die eingangs des Schreibens ausgesprochene fristlose Kündigung verweist, sondern die Erwirkung der Freischaltung im Klagewege androht. Das macht aber wiederum nur Sinn bei fortbestehendem Vertragsverhältnis, so daß für die Klägerin als Erklärungsempfänger nicht eindeutig ist, wohin die Willensrichtung der Beklagten ging.

Entgegen der Rechtsansicht der Beklagten ist auch nicht etwa die Umdeutung ihrer außerordentlichen Kündigung in eine ordentliche möglich. Das ergibt sich zum einen aus den obigen Ausführungen zur erforderlichen Eindeutigkeit der sich auf die Ausübung eines Gestaltungsrechts beziehenden Willenerklärungen. Zum anderen hat die Beklagte durch die Kombination ihrer Kündigungserklärung mit der Aufforderung zur Freischaltung zu verstehen gegeben, daß ihr Wille eben gerade nicht auf eine Kündigung in jedem Fall gerichtet gewesen ist. Überdies ist das den Kunden anläßlich der Tarifänderung eingeräumte Kündigungsrecht zum Dezember 2000 kein ordentliches sondern ebenfalls ein außerordentliches Kündigungsrecht gewesen, so daß die nunmehr von der Beklagten versuchte Berufung auf dieses Kündigungsrecht ein unzulässiges Nachschieben von zum Zeitpunkt der erfolgten Kündigung noch gar nicht existenten Kündigungsgründen darstellt.

Vorsorglich weist das Gericht darauf hin, daß die beabsichtigte Drittwiderklage aus mehreren Gründen unzulässig ist. Zum einen liegt eine (zustellungsfähige) Klageschrift insoweit gar nicht vor, da sich in dem diesbezüglichen Schriftsatz der Beklagten vom 09.04.2001 kein gegen den in Aussicht genommenen Drittwiderbeklagten gerichteter Antrag befindet. Zum anderen ist eine parteierweiternde Hilfswiderklage gegen eine Dritte schon per se unzulässig. Denn es handelt sich insoweit bei zutreffender Auffassung nicht um eine Widerklage sondern um eine selbständige Klage, die sich nach den §§ 59, 60 ZPO richtet. Eine Einbeziehung eines weiteren Streitgenossen unter einer Bedingung ist aber nicht zulässig, da das gegen ihn begründete Prozeßrechtsverhältnis nicht in der Schwebe gelassen werden darf (vgl. Vollkommer in Zöller "ZPO", Rdn. 27 § 33 ZPO).

Der zugesprochene Zinsanspruch der Klägerin resultiert hinsichtlich der Restvergütung aus der Nutzung des Premium Rate Services dem Grunde nach aus Verzug gemäß § 284 Abs. 1 BGB. Die Beklagte ist insoweit jedenfalls mit Erhalt der Mahnung vom 07.09.2000 in Verzug geraten. Im übrigen ergibt sich der Zinsanspruch dem Grunde nach aus § 291 BGB. Das als Anlage K 4 vorgelegte Schreiben vom 11.12.2000 hat demgegenüber - etwa im Hinblick auf die darin zusätzlich aufgelisteten Bankkosten keinen Mahncharakter, sondern enthält vielmehr lediglich das Angebot einer vergleichsweisen Regelung. Die Höhe des zugesprochenen Zinssatzes ergibt sich aus Ziffer 8.1. der AGB bzw. § 288 Abs. 1 BGB.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO. Soweit die Klägerin die Klage zurückgenommen hat, ist § 169 Abs. 3 Satz 2 ZPO in entsprechender Anwendung des Rechtsgedankens aus § 92 Abs. 2 ZPO nicht einschlägig.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit findet seine Rechtsgrundlage in § 709 Satz 1 ZPO.