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Keine Störerhaftung von Wikimedia e.V. für Wikipedia - LG Hamburg, Urteil vom 26.3.2010, Az.: 325 O 321/08

Leitsätzliches

Wikimedia Deutschland e.V. haftet nicht als Störer für Einträge auf Wikipedia. Wikimedia hat keine redaktionelle Funktion hinsichtlich Wikipedia, da die dortigen Beiträge von Nutzern verfasst wrerden. Wikimedia e.V. ist auch nicht als Betreiber von Wikipedia anzusehen und macht sich daher dortige Inhalte auch nicht zu Eigen.

 

LANDGERICHT HAMBURG

URTEIL

Aktenzeichen: 325 O 321/08

Entscheidung vom 16. März 2010

 

In der Sache

...

gegen

1) Wikimedia Deutschland - Gesellschaft zur Förderung Freien Wissens e.V.
vertreten durch den Vorstand, ...

2) ...

erkennt das Landgericht Hamburg, Zivilkammer 25, auf die mündliche Verhandlung vom 9.3.2010 ... für Recht:

I. Die gegen den Beklagten zu 1. gerichtete Klage wird abgewiesen.

II. Die gegen die Beklagte zu 2. gerichtete weitergehende Klage wird abgewiesen.

III. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

 

Tatbestand:

Der Kläger verlangt von den Beklagten die Unterlassung der Verbreitung von Äußerungen über ihn und eine Geldentschädigung.

Der Kläger hatte bei der ... verschiedene Funktionen bekleidet. Bei der ... war er während seiner Studienzeit stellvertretender Landesvorsitzender. Er war bei verschiedenen Behörden als Deputierter tätig, stand der ... vor und war Vorsitzender des .... Vom ... bis zum Ende der Legislaturperiode im Jahr 2008 war er Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft, wo er u. a. in verschiedenen Ausschüssen Mitglied war. Nach dem Ausscheiden aus der Hamburgischen Bürgerschaft hat der Kläger sich aus allen politischen Ämtern und Funktionen zurückgezogen und ist nur noch einfaches Mitglied der ... .

Der Beklagte zu 1. ist ein eingetragener Verein, der u. a. das jedenfalls auch von der Beklagten zu 2., einer in den USA ansässigen Corporation, betriebene Internet-Lexikon unterstützt. Die Satzung des Beklagten zu 1. ergibt sich aus der Anlage A 3.

Der Beklagte zu 1. betreibt ein Internet-Portal unter der Domain wikipedia.de. Auf der Startseite befindet sich ein Suchformular, in das Stichworte eingegeben werden können, um die Lexikontexte zu erschließen, die von der Beklagten zu 2. unter de.wikipedia.org als deutschsprachige Version des Internet-Lexikons angeboten werden. Während der Eingabe eines Stichworts erscheint eine Liste von Stichworten, die mit denselben Buchstaben beginnen, die bereits vom Benutzer in das Suchformular eingegeben worden sind. So erscheint, während man den Namen des Klägers eingibt und damit die Suche immer weiter eingrenzt, nach Erreichen einer gewissen Zahl von eingegebenen Buchstaben der ganze Name des Klägers, da ein Eintrag in dem Lexikon der Beklagten zu 2. zu seinem Namen existiert. Den angezeigten Namen kann man dann für die Suche übernehmen, ohne ihn zu Ende schreiben zu müssen.

Das von der Beklagten zu 2. unter wikipedia.org betriebene Internet-Lexikon wird, jedenfalls soweit es seine Inhalte betrifft, von einer Vielzahl von Menschen (mit-) geschrieben, bei denen es sich um teilweise anonyme, teilweise registrierte Internet-Benutzer handelt. Jeder Internet-Benutzer kann an dem Lexikon mitschreiben, soweit dies nicht im Einzelfall eingeschränkt wird. Zu den einzelnen Stichworten gibt es textliche und in vielen Fällen auch bebilderte Darstellungen. Weiter können die Vorversionen der Texte abgerufen werden. Jede Fassung wird gespeichert und ist als Vorversion abrufbar. Weiter sind auch Links auf Diskussionsseiten enthalten, auf denen etwa stattgefundene Diskussionen über Einträge in das Lexikon geführt bzw. nachvollzogen werden können.

Im Lexikon der Beklagten zu 2. existiert eine unter

de.wikipedia.org/wiki/...

abrufbare Seite zu dem Stichwort, das aus dem Namen des Klägers gebildet worden ist. Es wird dort u. a. berichtet, dass der Kläger politisch für die ... tätig und Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft und einiger, namentlich bestimmter Ausschüsse gewesen war.

Der Kläger sieht sich durch den zu seiner Person verbreiteten Artikel in dem Internet-Lexikon der Beklagten zu 2. in seinen Rechten verletzt. Nach seinem Ausscheiden aus der Hamburgischen Bürgerschaft am ... 2008 hat er die Beklagten abgemahnt und zur Löschung der über ihn angelegten Seite mit allen Vorversionen und der Diskussionsseite aufgefordert (Anlagen A 35 und A 36).

Der Beklagte zu 1. wies mit Schreiben von 2. April 2008 die Aufforderungen des Klägers zurück (Anlage A 37). Die Beklagte zu 2. reagierte gegenüber dem Kläger nicht.

Der Kläger trägt vor, die Beklagten verletzten den Kläger in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht. Der Beklagte zu 1. als deutsche Sektion der Beklagten zu 2. betreibe gemeinsam mit der Beklagten zu 2. das Internet-Lexikon.

Der Lexikonbeitrag über den Kläger enthalte zunächst Angaben zu seiner Person und seinem beruflichen und politischen Werdegang. Er werde darin noch immer als Politiker bezeichnet, obwohl er sich bereits mit seinem Ausscheiden aus der Hamburgischen Bürgerschaft aus allen politischen Ämtern und Funktionen zurückgezogen habe und nur noch einfaches Mitglied der ... sei.

Weiter werde von einem länger zurückliegenden Ereignis berichtet sowie von der Diskussion darüber, die sich anlässlich ... entzündet habe. Es gehe dabei darum, dass ihm nachgesagt worden sei, eine ... an einen Stuhl gefesselt und fotografiert und danach als Vorstandsmitglied zurückgetreten zu sein. Der Kläger habe zwar aufgeklärt, dass er an dem Vorgang nicht beteiligt gewesen sei. Er habe ... nicht gefesselt und fotografiert. Vielmehr sei er in der Küche seiner Wohnung gewesen, während ... die ... gefesselt und fotografiert habe. Die Fotos und die dazugehörigen Negative seien vernichtet worden, nachdem der Vorfall bekannt geworden war. Um aus einer Diskussion resultierendem politischem Druck entgegenzuwirken, sei der Kläger als Mitglied des Vorstands ... zurückgetreten. Der Vorgang liege mehr als zwölf Jahre zurück. Dennoch sei es anlässlich seines Nachrückens in die Hamburgische Bürgerschaft ... dazu gekommen, dass die Presse von der angeblich durch den Kläger vorgenommenen Fesselung berichtet habe.

Dies werde von Vorversionen des Lexikoneintrags über die Person des Klägers und in dem dazugehörigen Diskussionsforum unterschiedlich ausführlich dargestellt. So habe bei Klageerhebung etwa eine Version existiert, in der ausführlich davon berichtet werde, dass die öffentliche Berichterstattung über den Vorfall mit ... zum Zeitpunkt des Nachrückens des Klägers in das Parlament vermutlich von innerparteilichen Gegnern des Klägers dadurch lanciert worden sei, dass ein anonymes Fax mit unzutreffenden Behauptungen an mehrere Presse-Redaktionen gesandt worden sei, wonach der Kläger die Fesselung vorgenommen haben solle. Es habe aber auch kürzere und entschärfte Darstellungen in verschiedenen Vorversionen des Lexikonartikels gegeben, die alle noch bei Klageerhebung abrufbar gewesen seien. Weiter sei im Diskussionsforum des Internet-Lexikons darüber diskutiert worden, ob es berechtigt sei, in einem Lexikon von der angeblichen Fesselung ... durch den Kläger und den Skandal in den Medien anlässlich des Eintretens des Klägers in die Hamburgische Bürgerschaft zu berichten. Diese Diskussion enthalte ebenfalls Ausführungen, die die Behauptung umfassen würden, der Kläger habe die ... gefesselt.

Die Inhalte verschiedener Versionen des Lexikoneintrags über den Kläger seien von anderen Internet-Anbietern übernommen worden und auf deren Internet-Seiten abrufbar.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags des Klägers zu den über ihn im Internet-Lexikon „Wikipedia" verbreiteten Äußerungen wird auf den Schriftsatz vom 6. Dezember 2008, S. 6 ff. (= Bl. 7 ff. d. A.) ergänzend Bezug genommen.

Der Lexikonbeitrag über den Kläger verletze diesen bereits durch seine Existenz. Der Kläger habe das Recht, in der Öffentlichkeit in Ruhe gelassen und gar nicht genannt zu, werden. Die Person des Klägers habe keinen Bezug zur Öffentlichkeit.

Zudem werde er dadurch verletzt, dass über die ihn betreffende Lexikon-Seite Vorversionen und Diskussionen abrufbar gehalten seien, die ihn betreffend den unwahren Vorwurf der Fesselung der ... enthalten würden.

Der Kläger ist der Ansicht, er habe gegen die Beklagten einen Unterlassungsanspruch hinsichtlich der Veröffentlichung der ihn betreffenden Seiten. Weiter sei ihm eine angemessene Geldentschädigung zu zahlen, die vom Gericht festzusetzen sei, zumindest aber 5.000 Euro betragen solle.

Der Beklagte zu 1. sei passiv legitimiert. Der Beklagte zu 1. sei mit der Beklagten zu 2. zusammen Betreiber des unter wikipedia.org abrufbaren Internet-Lexikons. Nach der Satzung des Beklagten zu 1. seien Mittel zur Erreichung des Vereinszwecks, Informationen zu erstellen, zu sammeln und zu verbreiten, spezielle Softwaresysteme, mit denen theoretisch jeder Internetnutzer Inhalte einstellen, verändern und verbreiten könne. Das wichtigste Projekt des Beklagten zu 1. sei eine so genannte freie Online-Enzyklopädie, die der Beklagte zu 1. gemeinsam mit der Beklagten zu 2. betreibe.

Der Beklagte zu 1. gebe auf seiner unter www.wikipedia.de abrufbaren Seite an, dass mit dem Suchformular in der „deutschsprachigen Wikipedia" gesucht werden könne. Weiter gebe der Beklagte zu 1. auf einer weiteren Seite an, es handele sich bei der von ihm betriebenen Seite um ein Suchportal für die „Wikipedia" und dass die Hauptseite des deutschsprachigen Internet-Lexikons unter de.wikipedia.org zu finden sei. Wenn Suchworte in das Suchformular eingegeben werden, dann würden die Stichwortvorschläge Verknüpfungen auf Seiten des Internet-Lexikons unter de.wikipedia.org enthalten. So erscheine während der Eingabe der Buchstaben des Namens des Klägers ein Link unmittelbar auf die Lexikon-Seite zu seiner Person.

Bei dem Beklagten zu 1. handele es sich um die deutsche Sektion der Beklagten zu 2., was sich aus § 2 Abs. 3 seiner Satzung (Anlage A 3) ergebe.

Auch wenn der Beklagte zu 1. behaupte, keine eigenen Inhalte in dem Internet-Lexikon zu verbreiten, so sei er doch mit der Beklagten zu 2. so eng verzahnt, dass auch der Beklagte zu 1. als Diensteanbieter anzusehen sei.

Die Beklagte zu 2., die dieselben Zwecke wie der Beklagte zu 2. verfolge, betreibe die Internet-Plattform, auf der das Internet-Lexikon verbreitet werde, unter der Domain wikipedia.org.

Nicht jeder Internet-Benutzer sei gleichberechtigt in der Lage, Änderungen an dem Internet-Lexikon durchzuführen. Es gebe eine Hierarchie von verschiedenen Arten von Benutzern. Dies führe dazu, dass Änderungen einfacher, anonymer Benutzer an einzelnen Artikeln in der Regel rückgängig gemacht würden und nach wiederholten zurückgewiesenen Änderungsversuchen Beiträge der Änderungsmöglichkeit einfacher Benutzer entzogen würden.

Weil Dritte — das seien anonyme und einfache registrierte Benutzer — nur theoretisch Inhalte verändern könnten, weil die höherrangigen Benutzer Änderungen von Dritten rückgängig machen und als „Vandalismus" ansehen würden, die höherrangigen Benutzer aber mit den Beklagten als Betreiber des Internet-Lexikons eng verbunden seien und wohl auch die überwiegende Menge der dort eingestellten Informationen verfassen würden, handele es sich bei den Inhalten des Lexikons um eigene Inhalte der I3eklagten. Das Gerüst für die Artikel sei durch einfache Benutzer des Lexikons nicht veränderbar. Dies sei den gehobenen Benutzern vorbehalten, jedenfalls aber durch die Betreiber der Website möglich. Einfache Änderungen würden erst wirksam, wenn sie „gesichtet" worden seien.

Zudem sei einem Betrachter gar nicht klar, dass es sich bei dem Lexikon nicht um ein Werk der Beklagten handele. Dass irgendwelche Dritte sich als Autoren betätigen, sei — auch auf den zweiten Blick — nicht ersichtlich.

Der Beklagte zu 1. führe die so genannte „Wikimedia Ac.ademy" durch, um bevorrechtigte Benutzer zu rekrutieren und auszubilden. Damit liege die durch das Lexikon als Projekt der Beklagten vermittelte Verbindung der maßgeblichen Autoren des Lexikons mit beiden Beklagten auf der Hand.

Nicht die rechtliche, sondern die faktische Verbundenheit des Beklagten zu 1. mit dem Internet-Lexikon sei für seine Verantwortlichkeit für darin enthaltene Inhalte maßgeblich.

Durch die direkte Verlinkung von seiner Suchseite (unter wikipedia.de) auf die den/Kläger betreffende Seite (unter wikipedia.org) mache sich der Beklagte zu 1. die Äußerungen auf jener Seite zu Eigen.

Die Einzelheiten des Vortrags und der Rechtsausführungen des Klägers ergeben sich aus den Schriftsätzen des Klägers vom 6. Dezember 2008 (BI. 2 d. A.) und vom 10. Juni 2009 (BI. 130 d. A.), auf die ergänzend Bezug genommen wird.

Der Kläger beantragt:

1. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch — hilfsweise einzeln — verurteilt, die Seiten

de.wikipedia.org/wiki/...,


de.wikipedia.org/wiki/...Diskussion,

sowie

de.wikipedia.org/w/index.php

zu löschen.

2. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch — hilfsweise einzeln — verurteilt, jedwede Äußerung über den Kläger auf der von ihnen betriebenen Website www.wikipedia.org zu unterbinden.

3. Hilfsweise wird die Beklagte zu Ziffer 1. verurteilt, es zu unterlassen, von der Seites wikipedia.de auf die Seite de.wikipedia.org/wiki/... weiterzuleiten, sofern dort Inhalte über Herrn ... eingestellt sind.

4. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch — hilfsweise einzeln — verurteilt, dem Kläger eine Geldentschädigung in einer durch das Gericht zu bestimmenden Höhe zu bezahlen.

Der Beklagte zu 1. beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte zu 1. trägt vor, die Klage sei unbegründet. Der Beklagte zu 1. sei nicht Betreiber des Internet-Lexikons, das unter der Domain wikipedia.org abrufbar sei. Der Beklagte zu 1. habe es sich zur Aufgabe gemacht, die Erstellung, Sammlung und Verbreitung freier Inhalte zu fördern, um die Chancengleichheit beim Zugang zu Wissen und Bildung zu verbessern. Sein Zweck sei es dagegen nicht, freies Wissen zu erstellen, zu sammeln und zu verbreiten. Zweck des Beklagten sei das Fördern.

Das Internet-Lexikon werde von der Beklagten zu 2. angeboten. Dies ergebe sich auch aus dem Impressum des deutschsprachigen Teils des Lexikons. Der Beklagte zu 1. übe keinen Einfluss auf die Inhalte des Lexikons aus. Er stelle lediglich auf der von ihm unter der Domain wikipedia.de abrufbaren Internet-Seite ein Suchformular zur Verfügung, worin sich seine technische Unterstützung des Betriebs des Lexikons erschöpfe. Hinter dem Suchformular des Beklagten zu 1. auf wikipedia.de handele es sich nicht um eine Suchfunktion, sondern es werde lediglich das eingegebene Stichwort an eine der vom jeweiligen Benutzer auszusuchenden Suchfunktion bzw. Suchmaschine der Beklagten zu 2. oder Dritten übermittelt, die dem Benutzer darauf hin ihre Treffer übermitteln würden.

Die während der Eingabe des Stichworts erscheinenden Vorschläge würden automatisch aus den Artikelnamen des Lexikons gebildet und würden sich nicht aus einer Auswertung der Artikeltexte ergeben.

Der Beklagte zu 1. und auch die Beklagte zu 2. würden nicht die bevorrechtigten Benutzer bestimmen, die dazu in der Lage seien, Artikel des Lexikons für Änderungen durch Dritte zu sperren. Vielmehr würden die bevorrechtigten Benutzer von anderen Benutzern des Internet-Lexikons gewählt. Es handelt sich daher bei den bevorrechtigten Benutzern nicht um Vertreter der Beklagten, sondern um Gewählte der Benutzergemeinschaft des Lexikons. Der Beklagte zu 1. habe mit diesen Vorgängen nichts zu tun. Der Beklagte zu 1. bzw. seine Organmitglieder seien auch nicht daran beteiligt, die Seite über den Kläger zu bearbeiten.

Soweit Änderungen an Beiträgen des Lexikons erst „gesichtet" werden müssten, bevor sie für die aktuelle Darstellung wirksam würden, handele es sich um eine Vorkehrung gegen mutwillige Beschädigungen der Texte durch Einführung des Vier-Augen-Prinzips. Es handele sich bei den Personen, die Änderungen sichten, nicht um Vertreter des Beklagten zu 1., sondern um einfache Benutzer des Lexikons.

Der Beklagte zu 1. sei von der Beklagten zu 2. tatsächlich, rechtlich und personell unabhängig. Eine Verzahnung ergebe sich lediglich daraus, dass der Beklagte zu 1. das Projekt des Internet-Lexikons der Beklagten zu 2. im deutschsprachigen Raum fördere. Rechtlich seien die Beklagten lediglich dadurch verbunden, dass die Beklagte zu 2. dem Beklagten zu 1. die Nutzung der Kennzeichen der Beklagten zu 2. erlaube.

Der Beklagte zu 1. veranstalte die „Wikipedia Academy", um Menschen im Umgang mit dem Internet-Lexikon zu schulen und Hemmschwellen abzubauen. Vorrangig berechtigte Benutzer des Lexikons würden dabei aber nicht ausgebildet.

Die weiteren Einzelheiten des Vortrags des Beklagten zu 1. ergeben sich aus der Klageerwiderung vom 20. Februar 2009 (BI. 71 d. A.) und dem Schriftsatz vom 6. August 2009 (BI. 168 d. A.). Auf die Einzelheiten des dortigen Vorbringens wird ergänzend Bezug genommen.

Das Gericht hat mit Beschluss vom 22. Dezember 2008 betreffend die Beklagte zu 2. die Anordnungen nach § 184 Zivilprozessordnung getroffen und dabei u. a. festgelegt, dass die Zustellung von Schriftstücken zwei Wochen nach Aufgabe zur Post als erfolgt gilt (BI. 31 d. A.).

Ausweislich des „Certificate Attestation" vom 24. April 2009 ist die Klage am 20. April 2009 bei der Beklagten zu 2. zugestellt worden (BI. 121 d. A.).

Gegen das Versäumnis-Teilurteil hat die Beklagte zu 2. Einspruch nicht erhoben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien Zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig. Soweit sie sich gegen den Beklagten zu 1) richtet, ist sie insgesamt unbegründet. …

A.

1. … kann der Kläger von den Beklagten nicht verlangen, dass sie jedwede Äußerung über den Kläger in dem von ihr betriebenen Internet-Lexikon sowie den dazugehörigen Diskussionsseiten unterbinden. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagten auf Wahrung der völligen Anonymität. Ein solcher Anspruch ergibt sich insbesondere nicht aus §§ 823, 1004 Bürgerliches Gesetzbuch analog in Verbindung mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht.

Grundsätzlich schützt das allgemeine Persönlichkeitsrecht auch das Interesse der Person, in der Öffentlichkeit völlig in Ruhe gelassen zu werden. Dieses Interesse ist in der Regel geeignet, das öffentliche Informationsinteresse zu überwiegen, wenn sich die Person völlig aus dem öffentlichen Leben heraushält und nicht ausnahmsweise aufgrund bestimmter Umstände an ihr ein öffentliches Informationsinteresse besteht bzw. sie aufgrund eines das öffentliche Interesse erregenden Ereignisses eine Berichterstattung hinzunehmen hat, die die Person mit einschließt (wie es etwa bei Zeugen eines Ereignisses der Fall sein kann). An Personen, die am öffentlichen Leben teilnehmen, kann das öffentliche Informationsinteresse das Interesse, in der Öffentlichkeit in Ruhe gelassen zu werden, überwiegen. Dann hat eine Person eine Berichterstattung über sich hinzunehmen. Ob im Einzelfall eine Person eine Berichterstattung über sich hinnehmen muss, ist durch eine Abwägung im Einzelfall zu bestimmen.

Politiker haben dabei grundsätzlich hinzunehmen, dass über sie insoweit berichtet wird als dies für die öffentliche Meinungsbildung erforderlich ist. Die öffentliche Kontrolle Politikern gehört zu den zentralen Wesenselementen der Demokratie. Dies gilt für Parlamentsmitglieder, Kandidaten für öffentliche Wahlen und auch für Parteifunktionäre, jedenfalls soweit sie an dem Prozess der Willensbildung des Volkes (Ad. 21 Abs. 1 Grundgesetz) mitwirken. Wie weitreichend das öffentliche Informationsinteresse an den Personen gegeben ist, die am öffentlichen Willensbildungsprozess mitwirken, ist im Einzelfall und unter Berücksichtigung der konkreten Betätigung dieser Personen durch Abwägung festzustellen.

Auch an ehemaligen Politikern besteht ein öffentliches Informationsinteresse. Dies gilt insbesondere dann, wenn es sich um Mandatsträger gehandelt hat. Die Betätigung bei der Wahrnehmung eines öffentlichen Mandats kann je nach Bedeutung des Mandats für die Geschicke des Gemeinwesens für einige oder viele Jahre Anlass für ein öffentliches Informationsinteresse geben.

Bei der Abwägung des öffentlichen Informationsinteresses mit dem Persönlichkeitsschutz ist auch zu berücksichtigen, in welcher Weise über die betreffende Person berichtet wird. So wird ein Begehren, anlässlich von Berichterstattung über politische oder geschichtliche Vorgänge nicht erwähnt und in seiner Bedeutung für den jeweiligen Vorgang beschrieben zu werden, je nach Bedeutung des Ereignisses weniger Gewicht haben als einer Berichterstattung zu begegnen, die die Person selbst zum Anlass nimmt.

Im vorliegenden Fall hat der Kläger einen Lexikon-Eintrag unter seinem Namen jedenfalls gegenwärtig hinzunehmen. Jedenfalls zum gegenwärtigen Zeitpunkt muss das Interesse des Klägers, in die Anonymität überzugehen, hinter dem öffentlichen Informationsinteresse an seiner Person zurücktreten. Der Kläger war bis 2008 nicht nur Parteifunktionär, sondern vom Volk gewählter Mandatsträger in der Hamburgischen Bürgerschaft als Landesparlament. Als Parlamentsmitglied ist er zwar als „Vertreter des ganzen Volkes nur seinem Gewissen unterworfen und an Aufträge nicht gebunden." (Art. 7 Abs. 1 der Hamburgischen Verfassung). Dennoch besteht an seiner Person und seinem Handeln ein öffentliches Informationsinteresse. Abgeordnete sind als Vertreter „des ganzen Volkes" der Kontrolle durch die Öffentlichkeit unterworfen, jedenfalls im Hinblick auf die Zeit, die er im Parlament Mitglied war. Die öffentliche Kontrolle endet nicht mit Beendigung des Mandats, sondern findet auch eine Zeit lang danach statt (vgl. BGH, Urteil vom 19. Mai 2009, VI ZR 160/08, juris Rn. 15, = NJW 2009, 3030, im Fall eines ehemaligen Bundesministers). Dies gilt auch dann, wenn der (ehemalige) Mandatsträger sich nicht öffentlich besonders hervorgetan hat (und damit nicht zu einer bedeutenden zeitgeschichtlichen Person geworden ist) und wenn er für die Zukunft beabsichtigt, politisch nicht mehr aktiv zu sein. Zum Vorgang der demokratischen Willensbildung gehört, gut informiert zu sein (vgl. BVerfG, Beschluss vom 3. Oktober 1969, 1 BvR 46/65, juris Rn. 28, = BVerfGE 27, 71 — „Leipziger Volkszeitung"). Das bedeutet, dass auch nach dem Ausscheiden aus der Bürgerschaft ein Informationsinteresse am Abgeordneten jedenfalls noch eine mehrjährige Zeit lang besteht, weil seine Person und sein Verhalten weiterhin Grundlage für die Meinungsbildung darstellen. Denn die politische Meinungsbildung schließt auch eine rückblickende Betrachtung ein. Auch wenn ein ausgeschiedener Abgeordneter nicht mehr in der Politik auftreten will, hat er die Zeit seiner Tätigkeit als Abgeordneter lang auch seine politische Partei repräsentiert und hat an Vorgängen mitgewirkt, die auch einer nachträglichen Bewertung unterliegen und um deren Willen auch Interesse an seiner Rolle im politischen Geschehen besteht. Auch wenn für die persönliche Zukunft des Klägers eine Bewertung seines politischen Handelns keine Rolle mehr spielen sollte, so werden doch politische Vorgänge und das Handeln der Beteiligten auch rückblickend einer Bewertung im Interesse der Meinungsbildung unterzogen.

Der Kläger hat damit allerdings nicht unbegrenzt eine auf seine Person bezogene Berichterstattung hinzunehmen. Sein Werdegang ist lediglich im Hinblick auf die wesentlichen Daten von öffentlichem Interesse, die nicht seiner Privatsphäre zuzuordnen sind. Der Kläger hat nicht dargelegt, dass über die ... hinaus rechtswidrige Äußerungen im Rahmen des Lexikoneintrags über ihn verbreitet werden.

2. Der Kläger kann von dem Beklagten zu 1. nicht Unterlassung bzw. Löschung von Äußerungen über den Kläger im unter wikipedia.org abrufbaren Internet-Lexikon verlangen. Auch kann der Kläger vom Beklagten zu 1. nicht verlangen, es zu unterlassen, auf den über den Kläger in dem unter wikipedia.org abrufbaren Beitrag weiterzuleiten. Ein Anspruch auf Unterlassung bzw. Löschung ist insbesondere nicht aus §§ 823, 1004 Bürgerliches Gesetzbuch analog in Verbindung mit § 186 Strafgesetzbuch und auch nicht aus §§ 823, 1004 Bürgerliches Gesetzbuch in Verbindung mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht gegeben. Es fehlt insoweit an einer Verletzung des Klägers durch den Beklagten zu 1.

Der Beklagte zu 1. haftet nicht aus § 1004 Bürgerliches Gesetzbuch analog. Er ist nicht als Störer in Anspruch zu nehmen.

Störer ist jeder, der eine Störung herbeiführt oder dessen Verhalten eine Beeinträchtigung befürchten lässt. Sind an einer Beeinträchtigung mehrere Personen beteiligt, kommt es hinsichtlich eines Unterlassungsanspruchs nicht darauf an, in welchem Umfang der einzelne Beteiligte die Störung verursacht oder an der Verwirklichung der Störung mitgewirkt hat. Jeder kann als Störer haften, der, in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal an der Herbeiführung der rechtswidrigen Beeinträchtigung mitwirkt. Auf die Kenntnis der Umstände, die zur Verwirklichung des Tatbestands und der Rechtswidrigkeit führen, kommt es nicht an (BGH, Urteil vom 30. Juni 2009, VI ZR 210/08, juris Rn. 13, = NJW-RR 2009, 1413).

Die Störerhaftung darf nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden, die den Eingriff nicht selbst vorgenommen haben. Bei Dritten setzt sie voraus, dass sie Prüfpflichten verletzt haben. Der Umfang der Prüfpflichten ist danach zu bestimmen, wieweit den Umständen nach dem als Störer in Anspruch Genommenen eine Prüfung zuzumuten ist. Hierbei können Funktion und Aufgabenstellung des als Störer in Anspruch genommenen Dritten und die Eigenverantwortung des unmittelbar Handelnden zu berücksichtigen sein (BGH a. a. 0., juris Rn. 18).

Diese Grundsätze über die Störerhafting sind auf den vorliegend in Anspruch genommenen Beklagten zu 1. anzuwenden. Danach ist der Beklagte zu 1. nicht Störer.

a.
Der Beklagte zu 1. ist nicht unmittelbar Handelnder im Hinblick auf die Verbreitung des streitgegenständlichen Lexikon-Eintrags über den Kläger und der Inhalte, die über der Plattform wikipedia.org verbreitet werden.

aa)
Der Beklagte zu 1. ist nicht Autor und hat auch keine redaktionelle Funktion hinsichtlich des Internet-Lexikons, das unter wikipedia.org abrufbar ist. Die Beiträge im Lexikon, sowohl in der aktuellen Fassung als auch in den Vorversionen sowie in den Diskussionsforen des Lexikons, werden von Internet-Benutzern verfasst und bearbeitet, die nicht vom Beklagten zu 1. ausgesucht werden.

Die Mitarbeit am Internet-Lexikon unter wikipedia.org steht jedem Internet-Benutzer offen. Ohne Anmeldung kann jeder Beiträge verfassen und abändern. Soweit der Kläger sich darauf beruft, dass es Benutzer gibt, die auf der Plattform wikipedia.org registriert und mit gehobenen Benutzerrechten ausgestattet sind und damit auch den einfachen Internet-Benutzern die Möglichkeit nehmen können, einzelne Beiträge zu ändern, kann das Gericht nicht feststellen, dass es sich dabei um solche gehobenen Benutzer handelt, die dem Beklagten zu 1. zuzurechnen wären. Der Beklagte zu 1. hat bestritten, dass solche Benutzer mit gehobenen Benutzerrechten für den Beklagten zu 1. handeln. Dem insoweit vorgetragenen Bestreiten des Beklagten zu 1. ist der Kläger nicht mit detailliertem Sachvortrag entgegen getreten, insbesondere ist er der Darstellung des Beklagten zu 1. zur Rekrutierung der bevorrechtigten Benutzer nicht entgegen getreten. Auch der Vortrag, der Beklagte zu 1. rekrutiere über die Veranstaltung „Wikimedia Academy" Autoren und Benutzer mit gehobenen Benutzerrechten, ergibt selbst dann nicht, wenn diese Behauptung des Klägers zutreffen sollte, dass der Beklagte zu 1. damit Einfluss auf die inhaltliche Gestaltung des Lexikons nimmt. Wie im Rahmen von Schulungen oder Seminarveranstaltungen hinsichtlich der Vielzahl von Stichworten und Inhalten eine Einflussnahme auf die Inhalte des Lexikons stattfinden soll, ist nicht ersichtlich und hat der Kläger nicht dargelegt.

bb) Der Beklagte zu 1. ist nicht Betreiber des unter der Domain wikipedia.org abrufbaren Internet-Lexikons, auch nicht der deutschen Fassung. Die vom Kläger vorgetragenen Gesichtspunkte ergeben nicht, dass der Beklagte zu 1. neben der Beklagten zu 2. Betreiber der Plattform wikipedia.org wäre. Das Impressum des Internet-Lexikons ergibt eine Angabe dahin gehend, dass der Beklagte zu 1. Betreiber der Plattform wäre, nicht. Auch der Vereinszweck ergibt dies nicht. Die Vereinszwecke des Beklagten zu 1., die Verbreitung freien Wissens zu fördern, können auf vielfältige Weise verfolgt werden, ohne dass dazu erforderlich wäre, die Plattform wikipedia.org neben der Beklagten zu 2. zu betreiben.

Insofern kann der Beklagte zu 1. sich die streitgegenständlichen Äußerungen in dem Internet-Lexikon auf der Plattform wikipedia.org auch nicht zu Eigen gemacht haben. Im bloßen Hinleiten auf die aktuelle Lexikon-Seite über den Kläger liegt kein Zu-Eigen-Machen. Ein Zu-Eigen-Machen setzt voraus, dass der in Anspruch genommene eine fremde Äußerung in den eigenen Gedankengang so eingefügt wird, dass sie als eigene erscheint (BGH, Urteil vom 17. November 2009, VI ZR 226/08, juris Rn. 11, NJW 2010, 760). Ergibt die äußere Form der -Verbreitung, dass es sich um eine fremde Äußerung ohne eigene Stellungnahme handelt, liegt ein Zu-Eigen-Machen nicht vor (vgl. BGH a. a. 0.). Indem der Beklagte zu 1. den Zugang zu dem Internet-Lexikon über sein Portal wikipedia.de erschließt, macht er sich die Inhalte des Lexikons nicht zu Eigen.

Ein Zu-Eigen-Machen in der Person des Beklagten zu 1. ist schon deswegen nicht gegeben, weil der Beklagte zu 1. die Inhalte des Lexikons nicht wie eigene Inhalte wieder gibt, sondern lediglich den Zugang zu dem Lexikon dadurch erleichtert, dass er der Suchfunktion des Internet-Lexikons, das mit .org unter einer internationalen Top Level Domain angeboten wird, eine Eingabemaske unter der nationalen Top Level Domain .de verleiht. Die Erleichterung des Zugriffs auf das Lexikon ergibt sich hierbei daraus, dass oftmals im deutschen Raum bei der Eingabe von Internet-Adressen zunächst versucht wird, Namen mit der .de-Domain zu kombinieren. Die Benutzer der Einstiegsseite von wikipedia.de gelangen nach Auslösen des Suchvorgangs auf die Ergebnisliste der Suchfunktion auf der Plattform wikipedia.org, sie werden also unmittelbar nach der Eingabe des Suchbegriffs auf die andere, nicht von dem Beklagten zu 1. betriebenen Internet-Plattform geleitet. Erst dort sind die Inhalte des Lexikons abrufbar.

Ein Zu-Eigen-Machen liegt auch nicht hinsichtlich der technischen Ausstattung der Suchfunktion mit der Vorschlagsfunktion vor. Es erscheint während des Eingebens des Namens des Klägers dessen Name in einer Liste von vorhandenen Stichworten des Lexikons, so dass ein Benutzer den Namen des Klägers lediglich noch auswählen muss, wenn er nicht den Namen selbst weiterschreiben will. Die Stichwortliste wird automatisch aus den Daten des Internet-Lexikons generiert. Soweit man darin ein Zu-Eigen-Machen sehen will, betrifft dies jedoch nicht die rechtswidrigen Äußerungen, da durch die Suchfunktion lediglich der Name des Klägers mitgeteilt wird und der Kläger insoweit keine Unterlassung verlangen kann.

Schließlich kann ein Zu-Eigen-Machen nicht darauf gestützt werden, dass nicht ersichtlich wäre, dass die Inhalte des Lexikons von Dritten stammen. Der Vortrag des Klägers, man sehe nicht einmal auf den zweiten Blick, dass die Inhalte des Internet-Lexikons wie die Beiträge eines Internet-Forums von Dritten stammen, ist nicht nachvollziehbar. Es ist dem Gericht bekannt und ergibt sich exemplarisch auch aus der Anlage B 1, dass in der Regel im Kopf jeder Darstellung zu einem Stichwort ein Link „Seite bearbeiten" vorhanden ist, der zu einem Eingabeformular führt, in denn der Text der Darstellung verändert werden kann: Auch die Überschriften zu Unterabschnitten sind mit einem Link „Bearbeiten" versehen, wie dem Beispiel in der Anlage B 1 anhand der Überschrift „Aufbau" anzusehen ist.

b.
Der Beklagte zu 1. kann aber auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Prüfpflichtverletzung als Störer in Anspruch genommen werden. Soweit die Verbreitung der streitgegenständlichen Äußerungen unzulässig ist, ist eine Verletzung von Prüfpflichten durch den Beklagten zu 1. nicht gegeben.

Die Verletzung von Prüfpflichten setzt die Kenntnis von Verstößen voraus. Die vorbeugende Prüfpflicht setzt voraus, dass der in Anspruch Genommene Kenntnis von wiederholten Verstößen, also im vorliegenden Zusammenhang Kenntnis von einer wiederholten Verbreitung verletzender Äußerungen hat. Vorliegend geht es dabei um die Äußerungen, die ... . Eine solche Kenntnis des Beklagten zu 1. ist nicht ersichtlich, zumal der Kläger vorgetragen hat, den Beklagten zu 1. einmal abgemahnt zu haben, nämlich nach seinem Ausscheiden aus der Hamburgischen Bürgerschaft. Die nachträgliche Prüfpflicht setzt voraus, dass der Verletzte den in Anspruch Genommenen davon in Kenntnis setzt, dass eine Verletzung vorliegt. Zu dem Zeitpunkt der Abmahnung des Beklagten zu 1., der als Zeitpunkt der Kenntnisnahme in Betracht kommt, waren die rechtswidrigen Äußerungen auf der aktuellen Seite des Lexikons über den Kläger bereits nicht mehr vorhanden. Hiervon ist jedenfalls auszugehen, nachdem der Beklagte zu 1. vorgetragen hat, dass die rechtswidrigen Äußerungen nicht mehr auf der Seite über den Kläger vorhanden gewesen seien und der Kläger dem nicht mit nachvollziehbaren Darlegungen entgegen getreten ist.

Hinsichtlich der Seiten, die über die von dem Beklagten zu 1. nachgewiesenen aktuellen Lexikon-Seite durch weitere Links abrufbar sind (Diskussionsforum, Versionsgeschichte), trifft den Beklagten zu 1. keine Prüfpflicht. Über das Suchformular auf der Eingangsseite des Internet-Angebots des Beklagten zu 1. (wikipedia.de bzw. www.wikipedia.de) wird die Verbindung lediglich zu der aktuellen Seite des von der Beklagten zu 2. betriebenen Internet-Lexikons über den Kläger hergestellt bzw. zu einer Vorschaltseite, über die die aktuelle Lexikonseite erreichbar ist. Über diese Seiten, auf die man von der Internet-Seite des Beklagten zu 1. direkt gelangt, hinausgehend ist eine Prüfpflicht nicht gegeben. Es fehlt insoweit an einem adäquat kausalen Beitrag zur Verletzung, so dass der Beklagte zu 2. als Störer nicht in Betracht kommt. Denn als Störer haftet, wie oben dargestellt, wer in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal an der Herbeiführung der rechtswidrigen Beeinträchtigung mitwirkt (BGH, Urteil vom 30. Juni 2009, VI ZR 210/08, juris Rn. 13, = NJW-RR 2009, 1413). Ein adäquat-kausaler Beitrag ist dann nicht mehr anzunehmen, wenn eine lediglich mittelbare Verknüpfung von Internet-Seiten verschiedener Anbieter untereinander gegeben ist. So liegt es hier. Die Diskussionsseiten und Seiten über die Vorversionen des Lexikon-Eintrags werden von den Internet-Seiten der Beklagten zu 1. aus nur mittelbar über die aktuelle Seite des Lexikon-Eintrags im Angebot der Beklagten zu 2. abrufbar gemacht.

B.

Der Kläger kann von den Beklagten nicht die geforderte Geldentschädigung verlangen. Es braucht vorliegend nicht entschieden werden, ob die Beklagten, insbesondere der Beklagte zu 1. auf Geldentschädigung in Anspruch zu nehmen ist. Ein Anspruch auf Geldentschädigung ist vorliegend überhaupt nicht gegeben; insbesondere folgt er nicht aus §§ 823, 253 Bürgerliches Gesetzbuch in Verbindung mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Klägers. Ein schwerwiegender Eingriff, der nicht auf andere Weise befriedigend ausgeglichen werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 5. Oktober 2004, VI ZR 255/03, juris Rn. 24, NJW 2005, 215), liegt nicht vor.

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