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Kein Recht des Straftäters "allein gelassen zu werden" - Hanseatisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 11.03.2008, Az.: 7 W 22/08

Leitsätzliches

Es besteht kein generelles Recht eines verurteilten Straftäters, nach Ablauf eines bestimmten Zeitraums „allein gelassen zu werden“. Dies gilt insbesondere bei schweren Straftaten, an denen ein Interesse der Öffentlichkeit niemals ganz schwindet. Das Interesse des Täters auf Wiedereingliederung überwiegt nur dann gegenüber der Meinungsfreiheit, wenn eine Entlassung kurz bevorsteht und so eine ihn identifizierende Berichterstattung zu unterbleiben hat.

HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT

BESCHLUSS

Aktenzeichen: 7 W 22/08

Entscheidung vom 11. März 2008


In dem Rechtsstreit

P.,

- Kläger und Beschwerdeführer -

g e g e n

G.,

vertreten durch den Vorstand

- Beklagte und Beschwerdegegnerin -

beschließt das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 7. Zivilsenat, am: 11.03.2008
durch den Senat Dr. ..., Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht ..., Richter am Oberlandesgericht Dr. ..., Richter am Oberlandesgericht

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Landgerichts  Hamburg, Geschäftsnummer 324 O 10/08, vom 13.2.2008 wird zurückgewiesen.

Gründe:

Die gem. §§ 127 Abs. 2, 567 ZPO zulässige Beschwerde ist nicht begründet.

Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen, da die beabsichtigte Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.

Wie der Senat in seinem vom Landgericht in dem angefochtenen Beschluss zitierten Urteil (Geschäftsnummer 7 U 77/07, OLGR 2008, 214) ausgeführt hat, besteht kein generelles Recht eines verurteilten Straftäters, nach Ablauf eines bestimmten Zeitraums „allein gelassen zu werden“. Dies gilt insbesondere bei schweren Straftaten, an denen ein Interesse der Öffentlichkeit niemals ganz schwindet. Im Rahmen der gebotenen Abwägung der widerstreitenden Interessen ist in solchen Fällen insbesondere zu berücksichtigen, ob die erneute Berichterstattung eine erneute oder zusätzliche Belastung des Täters zu bewirken geeignet ist. Hierbei ist vorrangig das Interesse des Täters auf iederung zu beachten, welches sich insbesondere für den Fall seiner bevorstehenden Entlassung aus der Strafhaft dahingehend auswirkt, dass die ihn identifizierende Berichterstattung zu unterbleiben hat. Im Einzelnen wird hierzu auf die zitierten Abschnitte des genannten Senatsurteils verwiesen.

Im vor liegenden Fall sind irgendwelche Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller in absehbarer Zeit aus der Haft entlassen wird, nicht ersichtlich. Allein die vage formulierte Absicht des Antragstellers, einen erneuten Antrag nach § 57a StGB stellen zu wollen, lässt keine Schlüsse auf eine bevorstehende Entlassung zu. Konkrete Umstände, die eine baldige Entlassung wahrscheinlich machen, werden nicht dargelegt.

Entgegen der Auffassung des Antragstellers bedarf es zur Rechtfertigung einer erneuten Veröffentlichung unter Namensnennung keines gewichtigen aktuellen Anlasses.

Im Übrigen bestehen ohnehin Bedenken gegen die Begründetheit eines weit gefassten Antrags wie desjenigen des Antragstellers gegen die Antragsgegner in als technischer Verbreiter in fremder Inhalte. Die Frage, ob die Antragsgegner in überhaupt als Störerin in Betracht kommt, und in welchem Umfang ein Unterlassungsanspruch bestehen könnte, kann jedoch offen bleiben, da die Abwägung zwischen dem Recht auf freie Meinungsäußerung und dem Persönlichkeitsrecht des Antragstellers, wie ausgeführt, dazu führt, dass der Antragsteller die Äußerung hinnehmen muss. Schließlich führt auch der Umstand, dass das OLG Frankfurt in den Gründen seines Urteils in der Sache 11 U 9/07 die Auffassung vertreten hat, dem Antragsteller stehe in dem dort vorliegenden  Fall ein Persönlichkeitsrechtsschutz zu, nicht dazu, dass ihm Prozesskostenhilfe zu bewilligen ist . Die Ausführungen des OLG Frankfurt waren nämlich für seine Entscheidung nicht erheblich, betrafen eine wesentlich intensivere Beeinträchtigung des Antragstellers als die hier vorliegende und wären daher auch kein Anlass, im hier vor liegenden Fall die Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen. Die Frage, ob dem Antragsteller ein Recht auf Anonymität zuzusprechen ist, stellt keine abstrakte Rechtsfrage dar, über die höchstrichterlich noch nicht entschieden ist, so dass auch unter Beachtung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Versagung von Prozesskostenhilfe bei ungeklärten Rechtsfragen (vgl. u. a. BVerfG vom 30.4.2007, Az. 1 BvR 1323/05) Prozesskostenhilfe nicht zu bewilligen ist.

(Unterschriften)