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AG Neuss, Urteil vom 15. Oktober 2002, AZ.: 32 C 409/02 - Beweislast (0190 Dialer)

Leitsätzliches

Grundsätzlich sind alle über eine bestimmte Rufnummer getätigten Rechtsgeschäfte dem Anschlußinhaber zurechenbar. Für ein Abweichen von diesem Grundsatz trägt der Anschlußinhaber die volle Beweislast. Hierzu ist es nicht ausreichend, wenn die Rufnummer eines Betreibers von Online-Diensten im DFÜ-Netz eingetragen ist. Vielmehr wäre erforderlich, dass dem Inhaber der Rufnummer ein Computerbetrug (§ 263 a StGB) nachzuweisen wäre.

AMTSGERICHT NEUSS

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

Aktenzeichen: 32 C 409/02

 

In dem Rechtsstreit

Verkündet am 15.10.2002

 

... , Justizsekretärin

als Urkundsbeamte der Geschäftsstelle

 

 

In dem Rechtsstreit

 

Kläger,

 

Prozessbevollmächtigte: ...

 

gegen

 

Beklagte,

 

Prozessbevollmächtigte: ...

01/000193

 

 

 

hat das Amtsgericht Neuss

auf die mündliche Verhandlung vom 05.09.2002

durch den Richter Machalitza

 

 

für R e c h t erkannt:

 

 

Die Klage wird abgewiesen.

 

 

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger.

 

 

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Klägern wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

T a t b e s t a n d:

 

 

Die Kläger sind Kunden der Deutschen Telekom AG. Die Kläger nutzen die Telekommunikationsdienstleistungen der Deutschen Telekom AG unter anderem auch für die Inanspruchnahme von Online-Diensten.

 

Im Februar und März 2001 kamen 70 Online-Verbindungen, vermittelt durch die Deutsche Telekom AG, zwischen dem Anschluss der Kläger und der Rufnummer 0190/891 991 zustande. Unter dieser Rufnummer betreibt die Beklagte im Internet einen Erotikdienst, zu dem sie den Zugang über Einwahlprogramme (Dialer) gewährt. Eine Verbindung zu dieser Rufnummer kostete seinerzeit pro Minute 3,63 DM.

 

Den Klägern wurden von der Deutschen Telekom AG am 26.03.2001 insgesamt 3.113,50DM netto = 3.611,66DM brutto in Rechnung gestellt. Ausweislich der Rechnung entfielen 2.974,18 DM netto = 3.450,05 DM brutto auf die 70 Verbindungen zur Rufnummer der Beklagten. Von diesem Betrag erhält die Beklagte einen großen Anteil von der Deutschen Telekom AG ausgezahlt, während die Deutsche Telekom AG für die Herstellung der Verbindung und die weitere Verwaltungstätigkeit den restlichen Anteil einbehält.

 

Die Kläger zahlten den Rechnungsbetrag an die Deutsche Telekom AG. Mit der Klage verlangen sie den an die Deutsche Telekom AG gezahlten Rechnungsbetrag von 3.611,66 DM von der Beklagten zurück.

 

Die Kläger behaupten, die Verbindungsgebühren seien dadurch zustande gekommen, dass die Beklagte durch einen Dialer Veränderungen im Betriebssystems des Computers der Kläger vorgenommen habe. Bei dem von der Beklagten verwendeten Dialer handele es sich um ein Computerprogramm, welches im Hintergrund ohne Kenntnis der Kläger Manipulationen vorgenommen und die Rufnummer 0190/891991 als Standartrufnummer im DFÜ-Netzwerk eingetragen habe, mit der Folge, dass bei jedem Verbindungsaufbau zum Internet anstatt einer kostengünstigen Rufnummer der Firma T-Online die extrem teure Nummer der Beklagten angewählt wurde. Sämtliche Onlineverbindungen und auch die normale Nutzung des Internets — und zwar insbesondere die Nutzung von Internetseiten, die nicht von der Beklagten betrieben wurden — seien somit über die teure Rufnummer der Beklagten erfolgt.

 

Zu der Eintragung der Rufnummer der Beklagten als Standartrufnummer sei es so gekommen, dass zunächst der l4jährige Sohn der Kläger — ohne Berechtigung und ohne Kenntnis der Kläger — eine Netzwerkkarte in den Rechner installiert habe. Nach dem Einbau der Netzwerkkarte habe dann die Internetverbindung nicht mehr funktioniert Der Sohn der Kläger habe daraufhin unter Eingabe der Daten der Telekom (Benutzernummer und Passwort) die Internetverbindung erneut installiert Danach sei ein Zugang zum Internet wieder möglich gewesen, allerdings sei die jeweilige Verbindung über die teure Rufnummer der Beklagten erfolgt, was aber weder die Kläger noch deren Sohn bemerkten, da nicht ohne weiteres zu erkennen war, dass die Einwahl jeweils über die Rufnummer der Beklagten erfolgte Dies habe seine Ursache darin gehabt, dass die Beklagte über den von ihr» verwendeten Dialer Manipulationen in den DFÜ-Einstellungen des Computers der Kläger vorgenommen habe.

 

Die Kläger beantragen,

 

die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.846,61 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

 

Die Beklagte beantragt,

 

die Klage abzuweisen.

 

 

Die Beklagte behauptet, sie hatte keinen Dialer verwendet, der ohne Kenntnis und Willen des jeweiligen Nutzers, Manipulationen im DFÜ-Eintrag vornehmen wurde zur Nutzung ihres Erotikdienstes sei es vielmehr erforderlich, dass der Kunde zuvor einmalig ein von ihr im Internet kostenlos zur Verfügung gestelltes Einwahlprogramm installiert Vor der jeweiligen Nutzung musste dieses Einwahlprogramm dann jeweils aktiviert werden Bei Aktivierung erfolge zunächst ein Kostenhinweis über die Verbindung dergestalt, dass auf den Minutenpreis von 3,63 DM hingewiesen werde Der Kunde müsse diesen Tarif und auch seine Volljährigkeit bestätigen Des weiteren erfolge ein sog Personalausweis-Check Erst dann könne der Kunde das Angebot nutzen und erst dann wurden die Gebühren entstehen Aktiv wurde der Dialer im Einzelfall also jeweils nur auf ausdrücklichen Wunsch und nach Bestätigung durch den Kunden.

 

Die Dialer der Beklagten wurden sich nicht selbständig dergestalt installieren, dass der Dialer die Rufnummer der Beklagten automatisch als Standardrufnummer einträgt. Dies könne nur manuell durch den Kläger oder einen anderen Nutzer des Computers erfolgt sein.

 

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung eines Zeugen Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokohl vom 05 09 2002 (Blatt 61ff GA) Bezug genommen.

 

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien überreichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die tatsächlichen Feststellungen in den nachfolgenden Entscheidungsgründen verwiesen.

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

Die Klage ist unbegründet Die Kläger haben keinen Anspruch auf Zahlung von 3611,66 DM aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263a StGB, § 826 oder § 812Abs I S.1 BGB.

 

 

Wegen eines Betrages von 161,61 DM haben die Kläger schon deshalb keine Ansprüche, weil die Rechnung der Deutschen Telekom AG vom 26.03.2001 insgesamt auf 3.611,66 DM lautet, für die Nutzung der Rufnummer der Beklagten aber nur 2.974,13 DM netto = 3.450,05 DM brutto enthalten sind. Die übrigen 161,61 DM sind Kosten für Grundgebühren der Deutschen Telekom AG und andere Verbindungen, die in keinem Zusammenhang mit einem Verhalten der Beklagten stehen, was die Kläger letztlich im wesentlichen auch eingestehen.

 

Aber auch wegen des Betrages von 3.450,05 DM brutto haben die Kläger keine Ansprüche gegen die Beklagte.

 

 

Die Kläger haben keinen Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263a StGB.

 

Die insoweit beweisbelasteten Kläger konnten nicht beweisen, dass die Beklagte den Tatbestand des Computerbetruges verwirklicht hat.

 

Tatbestandsmerkmal des Computerbetrugs ist unter anderem die Beeinflussung des Ergebnisses eines Datenverarbeitungsvorgangs durch unrichtige Gestaltung des Programms, durch Verwendung unrichtiger oder unvollständiger Daten, durch unbefugte Verwendung von Daten oder. sonst durch unbefugte Einwirkung auf den Ablauf eines Datenverarbeitungsvorgangs.

 

Zwischenerfolg aller Tathandlungen des § 263a StGB ist das Beeinflussen des Ergebnisses eines Datenverarbeitungsvorgangs. Damit ist gemeint, dass Daten programmwidrig in den Datenverarbeitungsvorgang Eingang finden oder sonstige Einwirkungen ihn — programmwidrig — mitbestimmen (Tröndle/Fischer, StGB, § 263a, Rn. 5 m.w.N.). Die Handlung als solche braucht also nicht schon unmittelbar die beabsichtigte Vermögensdisposition auslösen, vielmehr kann diese und auch der Umfang der Vermögensdisposition noch vom späteren Arbeitsergebnis des Computers abhängen, etwa dadurch, dass auf den Zeitpunkt des Programmablaufs eingewirkt und ein Ergebnis — programmwidrig und in vermögenserheblicher Weise — manipuliert wird.

 

Die Tathandlungen, das heißt die verschiedenen Manipulationsweisen, sind kaum voneinander abgrenzbar und überlagern sich zum Teil erheblich (Tröndle/Fischer a.a.O.). Auf eine konkrete Abgrenzung kommt es im vorliegenden Fall nicht an, da die Kläger nicht beweisen konnten, dass bereits der notwendige Zwischenerfolg aller Tathandlungen, nämlich die Beeinflussung des Ergebnisses eines Datenverarbeitungsvorgangs, durch die Beklagte vorgenommen wurde.

 

Eine solche Beeinflussung läge im vorliegenden konkreten Fall nur dann vor, wenn die Beklagte eine unbefugte Einwirkung auf die Daten bzw. Programme des Computers der Kläger vorgenommen hätte. Das wäre beispielsweise der Fall, wenn sie einen Dialer verwendet hätte, der ohne ausdrückliche Bestätigung durch den Anwender Veränderungen im DFÜ-Netzwerk vornimmt, wenn also nach herunterladen aus dem Internet ohne ausdrückliche Bestätigung des Anwenders durch den Dialer im Hintergrund im DFÜ-Netzwerk als Standartnummer die Rufnummer 01 90/891991 eintragen würde.

 

 

Die Kläger konnten nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme allerdings nicht beweisen, dass die Beklagte unbefugt Einwirkungen vorgenommen hat.

 

Der Zeuge Prütz hat ausgesagt, er hätte den Computer seinerzeit eingerichtet und die Software installiert. Eine Einwahl sei sowohl über den Internet Explorer als auch direkt durch Anklicken des T-Online-Symbols möglich gewesen.

Nach Bekanntwerden der ungewöhnlich hohen Rechnungen habe er sich den Rechner angeschaut und festgestellt, dass die DFÜ-Einstellungen gegenüber den von ihm vorgenommenen Voreinstellungen verändert waren. Als Standard sei eine 0190er- Nummer eingetragen gewesen. Des weiteren seien noch andere Nummern — allerdings nicht als Standardnummern — eingetragen gewesen. Nach Starten des Internet Explorers sei dann das DFÜ-Auswahlfenster erschienen, in dem als voreingestellte

Nummer eine 0190er-Nummer eingetragen war. Bei Bestätigung mit o.k. wäre dann die Verbindung zustande gekommen. Er selbst habe die Verbindung nicht hergestellt, auch nicht probeweise. Er habe vielmehr die Rufnummer der Firma T-Online wieder als Standardnummer eingetragen und die übrigen eingetragenen Rufnummern gelöscht. Er habe auch den Dialer gelöscht. Des weiteren habe er eventuell auch unter Windows eine Datei gelöscht.

 

Der Zeuge konnte somit nur den Zustand der Software der Kläger bekunden, nicht aber — und darauf kommt es entscheidend an — wie es zu diesem Zustand kam.

 

Damit konnten die Kläger aber nicht beweisen, dass die Beklagte einen Dialer verwendete, der automatisch Manipulationen in den DFÜ-Eintragungen vorgenommen hat.

 

Es bestehen auch keine weiteren Möglichkeiten, Beweis zu erheben. Insbesondere ist der von den Klägern angebotene Sachverständigenbeweis nicht mehr geeignet, den Beweis zu führen. Denn der Zeuge Prütz hat ausgesagt, er habe den Dialer und im übrigen auch eine Datei unter Windows gelöscht. Angesichts dessen ist eine Begutachtung durch einen Sachverständigen nicht mehr möglich.

 

Der Zustand in dem sich der Computer befand und den der Zeuge Prütz geschildert hat, hat nicht zwingend ein unbefugtes Verhalten der Beklagten als Ursache. Es bestehen vielmehr mehrere Alternativen, wie es zu der Einstellung im DFÜ-Eintrag auch ohne unbefugtes Handeln der Beklagten gekommen sein kann. Es ist nicht ausgeschlossen, dass der Zustand durch ein Verhalten der Kläger oder sonstiger Personen aus der Sphäre der Kläger, die auf den Computer Zugriff hatten, eingetreten ist. Der jeweilige Verbindungsaufbau zum Online-Dienst der Beklagten kann ohne weiteres auch durch ein Verhalten des jeweiligen Nutzers des Computers erfolgt sein, ohne dass die Beklagte Manipulationen vorgenommen hätte.

 

Zum einen besteht die Möglichkeit, dass ein Nutzer den Dialer heruntergeladen und installiert hat und dann jeweils den Dialer gestartet hat, mit der Folge, dass so eine Verbindung zum Erotik-Onlinedienst der Beklagten hergestellt und deren Angebot genutzt wurde. Im Einzelverbindungsnachweis zur Rechnung vom 26.03.2001 ist zwar in der Zeit vom 25.02.2001 bis 05.03.2001 durchgängig nur die Rufnummer der Beklagten aufgeführt. Daraus folgt aber nicht zwingend, dass bei jeder Nutzung des Internets immer die Rufnummer der Beklagten angewählt wurde und der Erotik-Dienst der Beklagten genutzt wurde. Aus der Rechnung vom 26.03.2001 ergibt sich nämlich, dass in der Zeit vom 15.02.2001 bis 14.03.2001 insgesamt 483 Minuten lang zusätzlich über die Firma T-Online International AG eine Verbindung ins Internet hergestellt wurde, wobei allerdings der Einzelverbindungsnachweis fehlt. Daraus folgt, dass eine parallele Nutzung der Internetverbindung über T-Online als auch über die Verbindung der Beklagten erfolgte. Dies wird auch dadurch gestützt, dass im streitgegenständlichen Zeitraum des weiteren auch eine Einwahl über eine 0180er-Nummer erfolgt ist, die unstreitig nicht von der Beklagten betrieben wird.

 

Hieraus folgt wiederum, dass nicht ausgeschlossen ist, dass die Kläger oder sonstige Dritte grundsätzlich über die Firma T-Online International AG einen Zugang zum Internet hergestellt haben, jemand zeitweilig aber auch entsprechend der von der Beklagten beschriebenen Vorgehensweise die Dienste der Beklagten über die Rufnummer 0190/891991 genutzt hat, indem er jeweils manuell den Dialer gestartet und nach Bestätigung die Verbindung hergestellt und dann die Seiten der Beklagten genutzt hat.

 

Des weiteren ist nicht ausgeschlossen, dass die Kläger oder sonstige Dritte, die Zugang zu dem Computer hatten, manuell Veränderungen im DFÜ-Netzwerk vorgenommen haben und — bewusst oder unbewusst — die Rufnummer der Beklagten als Standardrufnummer eingestellt haben. Das könnte dann zur Folge gehabt haben, dass vor Aufbau einer Verbindung zur Rufnummer der Beklagten nicht jedesmal eine Abfrage nebst entsprechenden Hinweisen auf die anfallenden Gebühren erfolgte. Wenn nämlich die Rufnummer der Beklagten manuell als Standardnummer eingetragen wurde, erfolgt die Einwahl über diese Rufnummer automatisch bei jedem Starten des Einwahlvorgangs und dann kann auch nicht der besondere Hinweis auf die hohen Kosten erscheinen, da insoweit eine Umgehung des Hinweises durch manuelle Einstellung vorgenommen wurde.

 

Bei beiden möglichen Alternativen liegen »die Tatbestandsvoraussetzungen des Computerbetruges gern § 263a StGB aber nicht vor, da in diesen Fallen keine Beeinflussung des Ergebnisses des Datenverarbeitungsvorgangs durch die Beklagte vorliegt, sondern vielmehr der jeweilige Nutzer in eigener Verantwortung die entsprechenden Einsteilungen vorgenommen hat.

 

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme konnten die Kläger den ihnen obliegenden

Beweis, dass die Verbindungen ihre Ursache in Manipulationen der Beklagten haben, nicht erbringen Des weiteren konnten sie auch nicht sämtliche anderen moglichen Kausalverläufe ausschließen. Zum Vollbeweis wäre dies aber erforderlich gewesen.

 

Auch der weiter angebotene Zeugenbeweis ist nicht geeignet, zu beweisen, dass die Verbindungen zur Rufnummer der Beklagten ausschließlich durch ein betrügerisches Handeln der Beklagten zustande gekommen sein können. Der Zeuge Prütz hat bei seiner Vernehmung bekundet, dass der Computer durch die Kläger sowie deren Sohn und deren Tochter genutzt wurde. Die Kläger tragen selbst vor, dass darüber hinaus auch ein Freund des Sohnes der Kläger Zugriff auf den Computer hatte. Angesichts der Möglichkeit, dass mehrere Personen Zugriff auf den Computer hatten, können die Kläger mit den angebotenen Beweismitteln nicht den Beweis führen, dass es ausgeschlossen ist, dass sie selbst oder andere Nutzer die Ursache für die, Verbindungen zur Rufnummer der Beklagten in den vorstehend beschriebenen Alternativen gesetzt haben.

 

Die streitgegenständlichen Verbindungen sind jeweils durch ein aktives Handeln des Nutzers zustande gekommen, namentlich durch den bewußten Verbindungsaufbau,

wenngleich beim Verbindungsaufbau auch anstatt der günstigen Rufnummer von T-Online die teure Rufnummer der Beklagen gewählt wurde. Dass die Ursache hierfür nicht im Verantwortungsbereich der Kläger liegt, können die Kläger nicht durch den angebotenen Zeugenbeweis beweisen, da es hierzu erforderlich wäre, dass der Zeuge bekundet, dass keiner der möglichen Nutzer die Einstellungen manuell — bewusst oder unbewusst — vorgenommen hat. Dazu wäre aber eine dauerhafte Kontrolle nötig, die aber die Kläger noch nicht einmal behaupten.

 

 

II.

Die Kläger haben damit auch keinen Anspruch aus § 826 BGB. Denn die Kläger

konnten den Nachweis einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung durch die Beklagte nicht führen. Insoweit gelten die Ausführungen oben entsprechend.

 

 

III.

Des weiteren bestehen auch keine Ansprüche aus § 812Abs. 1 5. 1 Alt. 1 BGB.

 

Sofern ein Nutzer jeweils manuell die Verbindungen zu den Internetseiten der Beklagten über deren Einwahlprogramm hergestellt und das Erotik-Angebot der Beklagten genutzt hat, ist ein Vertragsverhältnis zwischen dem Nutzer und dem Anbieter zustande gekommen. Durch die Deutsche Telekom AG erhält der Anbieter einen entsprechenden Anteil der Gebühren. Dabei kann vorliegend dahinstehen, welchen Anteil die Beklagte von den insgesamt 3.450,05 DM, die die Deutsche Telekom AG vereinnahmt hat, erhalten hat.

Es kann weiter dahinstehen, ob eine Leistung der Kläger an die Beklagte vorliegt und wie sich das Leistung- und Vertragsverhältnis im Dreieck zwischen den Parteien und der Deutschen Telekom AG im einzelnen ausgestaltet.

 

Es besteht kein Anspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB, da aufgrund des Vertragsverhältnisses jedenfalls ein rechtlicher Grund für die Leistung vorlag oder aber, wenn man die Sittenwidrigkeit »des Vertrags bejaht, der Rückforderungsanspruch gern. § 817 5. 2 BGB ausgeschlossen ist. Ob der durch die Einwahl zustande gekommene Vertrag über die Nutzung der Erotik-Angebote der Beklagten wegen Sittenwidrigkeit nichtig ist bedarf daher keiner Entscheidung, da in beiden Fällen kein Anspruch besteht.

 

1.

Verneint man die Sittenwidrigkeit, so ist ein Vertrag zustanden gekommen, der den rechtlichen Grund für die dann erfolgte Leistung der Kläger bildet.

 

In diesem Zusammenhang kommt es auch nicht entscheidend darauf an, ob die Nutzung durch einen Minderjährigen erfolgte oder nicht.

 

 

Dem vertraglichen Anspruch der Beklagten steht die etwaige Minderjährigkeit und damit beschränkte Geschäftsfähigkeit (§ 106 BGB) eines Nutzers nicht entgegen.

Diesbezüglich besteht eine Vergütungspflicht auch bezüglich solcher Entgelte, die dadurch entstanden sind, dass Dritte den Anschluss genutzt haben, sofern der Anschlussinhaber dies zu vertreten hat (LG Berlin, Urteil vom 11.07.2001, 18 0 63/01).

Ein solches Vertretenmüssen liegt hier schon darin, dass die Kläger ihren minderjährigen Kindern den ungehinderten Zugang zu ihrem Computer gewährt haben. Eine etwa mit diesen getroffene interne Absprache ist dabei ohne Belang, da die Kläger auch ein jederzeit mögliches willentliches oder fahrlässiges oder auch nur unbewusstes Überschreiten ‘einer solchen Absprache seitens der minderjährigen Kinder zu vertreten haben.

 

§ 108 Abs. 1 BGB findet im Vertragsverhältnis der Parteien zueinander vorliegend keine Anwendung. § 108 Abs. 1 BGB führt nicht zur schwebenden Unwirksamkeit der mit der Beklagten geschlossenen Verträge. Vielmehr sind diese in entsprechender Anwendung der Grundsätze zur Anscheinsvollmacht auch durch die möglicherweise von Minderjährigen, etwa vom l4jährigen Sohn der Kläger, verursachten Verbindungen wirksam zustandegekommen. Indem die Kläger ihren Kindern die grundsätzliche Möglichkeit verschafft bzw. gewährt haben, ihren ISDN-Anschluß in der erfolgten Weise zu nutzen, haben sie jenen eine Stellung eingeräumt, die typischerweise mit einer Vollmacht verbunden ist. (vgl. LG Berlin a.a.O.; Heinrichs in: Palandt, BGB, § 173, Rn. 21). Für den Vertragspartner des Nutzers eines Onlinedienstes stellt sich die Schaltung einer Verbindung regelmäßig als vom Anschlussinhaber gebilligt dar. Das ergibt sich daraus, dass jeder Computerbenutzer die Möglichkeit hat, der Nutzung seines Anschlusses durch Unbefugte etwa durch die Installierung eines Zugangscodes entgegenzuwirken (LG Berlin a.a.O.). Speziell im Hinblick auf die Nutzung der in Rede stehenden 0190er-Nummern kommt hinzu, dass es dem Anschlussinhaber möglich ist, den Zugang zu solchen Nummern von vorneherein gänzlich sperren zu lassen, wie von den Klägern im Nachhinein auch geschehen. Da es dem Softwareanbieter im multimedialen Zeitalter, anders als dem Vertragspartner mit persönlichem Kundenkontakt naturgemäß nicht möglich ist, sich der Identität seines Vertragspartners zu vergewissern, obliegt die Einrichtung eines entsprechenden

Schutzmechanismusses gegen vom Anschlussinhaber nicht gebilligte Rechtsgeschäfte allein diesem. Eine entgegenstehende Auffassung würde dazu führen, dass sämtliche durch die Nutzung seitens Minderjähriger verursachte Kosten, sei es Strom, normale Fernsprechgebühren o.ä. vom Vertragspartner des jeweiligen Versorgungsunternehmens nicht bezahlt werden müssen, sofern dieser nicht nachträglich seine Genehmigung zu der erfolgten Nutzung bzw. dem durch die Inanspruchnahme der angebotenen Leistung konkludent abgeschlossenen Rechtsgeschäft gibt.

 

 

Wenn es ein Telefonanschlußinhaber einem in seinem Haushalt lebenden Minderjährigen ermöglicht, sein Telefon oder eine Onlineverbindung uneingeschränkt zu nutzen, haftet er auch für die von dem Minderjährigen verursachten Telefongebühren (AG Lübeck, RTKom 2000, 241). Dies gilt auch dann, wenn er dem Minderjährigen Anrufe zu Mehrwertdiensten mit 0190er-Nummern ausdrücklich verboten hätte.

 

 

Hieraus folgt somit, dass — verneint man die Sittenwidrigkeit — jeweils ein Vertrag zustande gekommen ist, der den rechtlichen Grund darstellt.

 

Dieser Vertrag ist nicht wegen Sittenwidrigkeit gem. § 138 Abs. 1 BGB nichtig. Die Sittenwidrigkeit im Hinblick auf die von der Beklagten angebotenen pornographischen Seiten ist vorliegend schon nach dem Vortrag der Kläger deshalb zu verneinen, weil sie über die Rufnummer der Beklagten nicht deren Seiten, sondern „normale“ Internetseiten von Dritten Anbietern — bei gleichzeitiger Einwahl im Onlinedienst der Beklagten — geladen haben. Soweit die Kläger also behaupten, dass auch bei Nutzung der „normalen“ Internetseiten, die keine pornographischen Inhalte haben, die Einwahl über die Rufnummer der Beklagten erfolgt sei, kann eine Nichtigkeit wegen Sittenwidrigkeit nicht angenommen werden.

 

Der Vertrag ist auch nicht wegen Wuchers gem. § 138 Abs. 1 BGB nichtig, jedenfalls nicht soweit es um 0190er-Tarife geht, die sich in einem Entgeltrahmen von bis zu 3,63 DM bewegen. Denn die 0190er-Rufnummern mit den erhöhten Entgelten sind allgemein anerkannt und werden millionenfach von den Kunden der Telekommunikationsunternehmen wie unter anderem auch der Deutschen Telekom AG genutzt.

 

 

IV.

Die Kläger haben auch keinen Anspruch aus Eingriffskondiktion gem. § 812 Abs. 1

S. 1 Alt. 2 BGB.

 

 

Ansprüche aufgrund einer Eingriffskondiktion bestehen zum einen deshalb nicht, weil die Kläger nicht beweisen konnten, dass aufgrund einer Handlung der Beklagten — namentlich durch Manipulationen der Beklagten — die Bereicherung eingetreten ist.

Insoweit gelten die Ausführungen oben entsprechend.

 

 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.