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EuGH, Urteil vom 11. September 2003, AZ: C-6/01 - Dienstleistungsfreiheit und nationales Glücksspielmonopol

Autor

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Rechtsanwalt Michael Terhaag, LL. M.

Fachanwalt für IT-Recht
Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz

Leitsätzliches

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) bleibt bei seiner Einschätzung, dass Glückspielfragen jeder Mitgliedstaat für sein eigenes Hoheitsgebiet entscheiden und unter Umständen andere Anbieter ausschließen kann. Eine nationale gesetzliche Regelung wie die portugiesische, die eine Veranstaltung von und Teilnahme an Glücks- und Geldspielen nur in den Casinos zulässt, die Inhaber einer staatlichen Konzession sind und wo durch Decreto-Lei eingerichteten dauernden oder vorübergehenden Spielzonen vorhanden sind, stellt zwar grundsätzlich eine Behinderung des freien Dienstleistungsverkehrs dar. Die Artikel 49 EG ff. stehen aber nach Auffassung der Kammer einer solchen nationalen gesetzlichen Regelung in Anbetracht der Erwägungen der Sozialpolitik und der Betrugsvorbeugung, auf die sie gestützt ist, nicht entgegen.

...

 

<p align="center" URTEIL DES GERICHTSHOFES (Dritte Kammer)

11. September 2003


Freier Dienstleistungsverkehr - Durchführung von Glücks- oder Geldspielen -

Spielgeräte

 


In der Rechtssache C-6/01

betreffend ein dem

Gerichtshof nach Artikel 234 EG vom Tribunal Cível da Comarca Lissabon

(Portugal) in dem bei diesem anhängigen Rechtsstreit

 

Associação

Nacional de Operadores de Máquinas Recreativas (Anomar) u. a.

 

gegen

 

Estado português

 

vorgelegtes Ersuchen

um Vorabentscheidung über die Auslegung der Artikel 2 EG, 28 EG, 29 EG, 31 EG

und 49 EG

erlässt


DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)


unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten ... (Berichterstatter) sowie des Richters

... und der Richterin ...,

Generalanwalt: ...,


Kanzler: ..., Hauptverwaltungsrätin,


unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen


- der Associação Nacional de Operadores de Máquinas Recreativas (Anomar) u. a.,

vertreten durch R. Francês, advogado,


- der portugiesischen Regierung, vertreten durch L. Fernandez, J. Ramos

Alexandre und M. L. Duarte als Bevollmächtigte,


- der belgischen Regierung, vertreten durch F. Van de Craen als Bevollmächtigten

im Beistand von P. Vlaemminck, avocat,


- der deutschen Regierung, vertreten durch W.-D. Plessing und B. Muttelsee-Schön

als Bevollmächtigte,


- der spanischen Regierung, vertreten durch M. López-Monís Gallego als

Bevollmächtigte,


- der finnischen Regierung, vertreten durch E. Bygglin als Bevollmächtigte,


- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch A. Caeiros und

M. Patakia als Bevollmächtigte,


aufgrund des Sitzungsberichts,


nach Anhörung der mündlichen Ausführungen der Associação Nacional de Operadores

de Máquinas Recreativas (Anomar) u. a., vertreten durch R. Francês, der

portugiesischen Regierung, vertreten durch M. L. Duarte, der belgischen

Regierung, vertreten durch P. De Wael und P. Vlaemminck als Bevollmächtigte, der

spanischen Regierung, vertreten durch L. Fraguas Gadea als Bevollmächtigte, der

französischen Regierung, vertreten durch P. Boussaroque als Bevollmächtigten,

und der Kommission, vertreten durch A. Caeiros und M. Patakia, in der Sitzung

vom 26. September 2002,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 11.

Februar 2003

folgendes


Urteil


Das Tribunal Cível da Comarca Lissabon hat mit Beschluss vom 25. Mai 2000, beim

Gerichtshof eingegangen am 8. Januar 2001, gemäß Artikel 234 EG dreizehn Fragen

nach der Auslegung der Artikel 2 EG, 28 EG, 29 EG, 31 EG und 49 EG zur

Vorabentscheidung vorgelegt.


Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen der in Lissabon

niedergelassenen Associação National de Operadores de Máquinas Recreativas (im

Folgenden: Anomar) sowie acht portugiesischen Handelsgesellschaften, die sich

mit dem Handel mit und dem Betrieb von Spielgeräten befassen (im Folgenden:

Klägerinnen des Ausgangsverfahrens) und dem portugiesischen Staat. Sie betreffen

die portugiesischen Rechtsvorschriften über den Betrieb und die Ausübung von

Glücks- oder Geldspielen, die aus dem Decreto-Lei Nr. 422/89 vom 2. Dezember

1989 (Diário da República I, Nr. 2777 vom 2. Dezember 1989) in der Fassung des

Decreto-Lei Nr. 10/95 vom 19. Januar 1995 (Diário da República I, Serie A, Nr.

16, vom 19. Januar 1995; im Folgenden: Decreto-Lei Nr. 422/89) und die

Übereinstimmung dieser Rechtsvorschriften mit dem Gemeinschaftsrecht.


Die gemeinschaftsrechtliche Regelung

 

Artikel 2 EG sieht

vor: Aufgabe der Gemeinschaft ist es, durch die Errichtung eines gemeinsamen

Marktes und einer Wirtschafts- und Währungsunion sowie durch die Durchführung

der ... gemeinsamen Politiken und Maßnahmen in der ganzen Gemeinschaft eine

harmonische, ausgewogene und nachhaltige Entwicklung des Wirtschaftslebens ...

zu fördern.


Nach den Artikeln 28 EG und 29 EG sind mengenmäßige Einfuhr- und

Ausfuhrbeschränkungen sowie alle Maßnahmen gleicher Wirkung zwischen den

Mitgliedstaaten verboten.


Artikel 31 EG bestimmt:


(1) Die Mitgliedstaaten formen ihre staatlichen Handelsmonopole derart um, dass

jede Diskriminierung in den Versorgungs- und Absatzbedingungen zwischen den

Angehörigen der Mitgliedstaaten ausgeschlossen ist.

Dieser Artikel gilt für alle Einrichtungen, durch die ein Mitgliedstaat

unmittelbar oder mittelbar die Einfuhr oder die Ausfuhr zwischen den

Mitgliedstaaten rechtlich oder tatsächlich kontrolliert, lenkt oder merklich

beeinflusst. Er gilt auch für die von einem Staat auf andere Rechtsträger

übertragenen Monopole.

(2) Die Mitgliedstaaten unterlassen jede neue Maßnahme, die den in Absatz 1

genannten Grundsätzen widerspricht oder die Tragweite der Artikel über das

Verbot von Zöllen und mengenmäßigen Beschränkungen zwischen den Mitgliedstaaten

einengt.

(3) Ist mit einem staatlichen Handelsmonopol eine Regelung zur Erleichterung des

Absatzes oder der Verwertung landwirtschaftlicher Erzeugnisse verbunden, so

sollen bei der Anwendung dieses Artikels gleichwertige Sicherheiten für die

Beschäftigung und Lebenshaltung der betreffenden Erzeuger gewährleistet werden.


Artikel 49 EG sieht vor:


Die Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs innerhalb der Gemeinschaft

für Angehörige der Mitgliedstaaten, die in einem anderen Staat der Gemeinschaft

als demjenigen des Leistungsempfängers ansässig sind, sind verboten.

Der Rat kann mit qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag der Kommission

beschließen, dass dieses Kapitel auch auf Erbringer von Dienstleistungen

Anwendung findet, welche die Staatsangehörigkeit eines dritten Landes besitzen

und innerhalb der Gemeinschaft ansässig sind.


Die nationalen Rechtsvorschriften

 

Das Decreto-Lei Nr.

422/89 regelt u. a. die Veranstaltung von und die Teilnahme an Glücks- oder

Geldspielen sowie Mischformen von Glücks- oder Geldspielen und anderer

Spielformen und sieht vor, dass die Veranstaltung von und die Teilnahme an

solchen Spielen außerhalb der ordnungsgemäß zugelassenen Orte eine

Zuwiderhandlung darstellt, die mit einer Freiheitsstrafe geahndet werden kann.

Der allgemeine Grundsatz, auf dem die gesetzliche Regelung beruht, ist in

Artikel 9 des Decreto-Lei Nr. 422/89 niedergelegt. Danach ist das Recht zur

Veranstaltung von Glücks- oder Geldspielen dem Staat vorbehalten. Zwar ist

allein der Staat Inhaber dieses Rechts, seine Ausübung ist aber, wenn sie nicht

vom Staat oder einer anderen staatlichen Stelle übernommen wird, auf dem Weg

über den Abschluss eines Konzessionsvertrags genehmigungspflichtig.


Das Decreto-Lei Nr. 422/89, das sich in eine kontinuierliche gesetzgeberische

Politik von Konzessionen in Spielzonen einfügt, die auf das Decreto-Lei Nr.

14643 vom 3. Dezember 1937 zurückgeht, sieht vor, dass die Veranstaltung von und

die Teilnahme an Glücks- oder Geldspielen auf die Spielsäle der Kasinos

beschränkt sind, die es in den durch Decreto-Lei auf Dauer oder vorübergehend

geschaffenen Spielzonen gibt.


Das portugiesische Recht unterscheidet zwischen verschiedenen Spielmodalitäten,

die nach den in den einschlägigen Bestimmungen des Decreto-Lei Nr. 422/89

formulierten Kriterien in vier Kategorien aufgeteilt sind und für die

unterschiedliche rechtliche Regelungen gelten.


Die erste Kategorie umfasst die Glücks- oder Geldspiele. Nach Artikel 1 des

Decreto-Lei Nr. 422/89 sind Glücksspiele solche, deren Ausgang zufällig ist,

weil er ausschließlich oder im Wesentlichen auf dem Glück beruht.


Innerhalb dieser Kategorie sind zwei Arten von Spielen vorgesehen, die mit der

Verwendung von Automaten verbunden sind. Zum einen Spiele an Automaten, die die

Gewinne in Form von Spielmarken oder Geldmünzen unmittelbar auszahlen, und zum

andern Spiele an Automaten, die, ohne die Gewinne unmittelbar in Form von

Spielmarken oder Geldmünzen auszuzahlen, für Glücks- oder Geldspiele

charakteristische Inhalte aufweisen oder ein Ergebnis in Form einer Punktzahl

anzeigen, die ausschließlich oder im Wesentlichen vom Zufall abhängt (Artikel 4

Absatz 1 Buchstaben f und g des Decreto-Lei Nr. 422/89).


Das Recht zur Veranstaltung von Glücks- oder Geldspielen ist dem Staat

vorbehalten und kann nur von in Form einer Kapitalgesellschaft gegründeten

Unternehmen ausgeübt werden, denen die Regierung die entsprechende Konzession

durch einen verwaltungsrechtlichen Vertrag verleiht (Artikel 9 des Decreto-Lei

Nr. 422/89). Die Konzession wird auf eine Ausschreibung hin verliehen (Artikel

10 des Decreto-Lei Nr. 422/89), wobei auf die Staatsangehörigkeit gestützte

diskriminierende Kriterien ausgeschlossen sind.


Die einzigen Orte, an denen die Veranstaltung von und die Teilnahme an Glücks-

oder Geldspielen zugelassen sind, sind die in den durch Decreto-Lei dauerhaft

oder vorübergehend errichteten Spielzonen vorhandenen Kasinos sowie - in

außergewöhnlichen Fällen und nach ministerieller Genehmigung - Schiffe,

Luftfahrzeuge, Bingo-Spielhallen und bei bedeutenden touristischen

Veranstaltungen dem Spiel vorbehaltene Räumlichkeiten (Artikel 3 Absatz 1, 6, 7

und 8 des Decreto-Lei Nr. 422/89).


Die zweite Kategorie entspricht den Mischformen von Glücks- oder Geldspielen und

anderer Arten von Spielen, die das Gesetz definiert als die der Öffentlichkeit

angebotenen Transaktionen, in denen die Hoffnung auf Gewinn sowohl vom Zufall

als auch von der Geschicklichkeit des Spielers oder nur vom Zufall abhängt und

bei denen die vergebenen Preise Gegenstände mit wirtschaftlichem Wert sind

(Artikel 159 Absatz 1 des Decreto-Lei Nr. 422/89). Es handelt sich u. a. um

Lotterien, Tombolas, Losziehungen, Werbewettbewerbe, Quizwettbewerbe und

Wettspiele (Artikel 159 Absatz 2 des Decreto-Lei Nr. 422/89).


Die Veranstaltung dieser Mischformen von Glücks- oder Geldspielen und anderer

Arten von Spielen unterliegt der Genehmigung durch den zuständigen Minister des

Innern, der in jedem Einzelfall die Bedingungen festlegt, die er für angebracht

hält, und die entsprechende Kontrollregelung erlässt (Artikel 160 Absatz 1 des

Decreto-Lei Nr. 422/89). Grundsätzlich dürfen diese Mischformen von Spielen

nicht von Einrichtungen mit Gewinnzweck veranstaltet werden (Artikel 161 Absatz

1 des Decreto-Lei Nr. 422/89). Sie dürfen außerdem keine charakteristischen

Inhalte von Glücks- oder Geldspielen aufweisen (Poker, Früchte, Glocken,

Roulette, Würfel, Bingo, Zahlenlotterie oder Lotterie mit sofortiger Ziehung,

Toto, Lotto) und auch die vergebenen Preise nicht durch Geld oder Spielmarken

ersetzen (Artikel 161 Absatz 3 des Decreto-Lei Nr. 422/89).


Die dritte Kategorie umfasst die Geschicklichkeitsspiele, bei denen Preise in

Bargeld, in Form von Spielmarken oder von Gegenständen vergeben werden, die

einen wirtschaftlichen Wert haben (Artikel 162 Absatz 1 des Decreto-Lei Nr.

422/89).


Es ist nicht erlaubt, Automaten zu betreiben, deren Ergebnisse ausschließlich

und im Wesentlichen von der Geschicklichkeit des Spielers abhängen und die

Gewinne in Geld, Spielmarken oder Gegenständen mit - auch nur geringem -

wirtschaftlichem Wert ausschütten, abgesehen von der kostenlosen Verlängerung

der Dauer der Benutzung des Automaten nach Maßgabe der erzielten Punktzahl

(Artikel 162 Absatz 2 des Decreto-Lei Nr. 422/89).


Für die vierte Kategorie, die Kategorie der Unterhaltungsspielautomaten, gilt

eine besondere Regelung, die durch das Decreto-Lei Nr. 316/95 vom 28. November

1995 (Diário da República I, Serie A, Nr. 275, vom 28. November 1995; im

Folgenden: Decreto-Lei Nr. 316/95) eingeführt worden ist.


Als Unterhaltungsspielautomaten gelten die Automaten, die

- den Gewinn nicht unmittelbar in Geld, in Spielmarken oder in Gegenständen mit

wirtschaftlichem Wert auszahlen und Spiele beinhalten, deren Ergebnis

ausschließlich oder im Wesentlichen von der Geschicklichkeit des Spielers

abhängt, wobei der Benutzer eine Verlängerung der unentgeltlichen Nutzung des

Automaten entsprechend der erlangten Punktzahl erreichen kann (Artikel 16 Absatz

1 Buchstabe a des Anhangs zum Decreto-Lei Nr. 316/95);

- die zwar die unter a) genannten Merkmale aufweisen, denen jedoch Gegenstände

entnommen werden können, deren wirtschaftlicher Wert das Dreifache des vom

Benutzer eingesetzten Betrages nicht überschreitet (Artikel 16 Absatz 1

Buchstabe b des Anhangs zum Decreto-Lei Nr. 316/95).


Die Einfuhr, die Herstellung, die Aufstellung und der Verkauf von

Unterhaltungsspielautomaten setzen eine Klassifizierung der betreffenden

Spielinhalte voraus, die in die Zuständigkeit der Generalinspektion für Spiele

fällt (Artikel 19 des Anhangs zum Decreto-Lei Nr. 316/95).


Für den Betrieb von - automatischen, mechanischen, elektrischen oder

elektronischen - Geräten dieser Kategorie gilt unabhängig davon, ob sie

eingeführt oder im Inland hergestellt oder aufgestellt worden sind, eine

Eintragungs- und Erlaubnisregelung (Artikel 17 Absatz 1 des Anhangs zum

Decreto-Lei Nr. 316/95).


Der Eigentümer des Geräts muss dessen Eintragung beim Zivilgouverneur des

Bezirks beantragen, in dem sich das Gerät befindet oder in dem es in Betrieb

genommen werden soll (Artikel 17 Absatz 2 des Anhangs zum Decreto-Lei Nr.

316/95).


Um das Gerät in Betrieb nehmen zu können, muss von dem Zivilgouverneur des

Bezirks, in dem sich das Gerät befindet oder in dem es vermutlich in Betrieb

genommen werden soll, eine Betriebserlaubnis für den Zeitraum eines Jahres oder

eines Halbjahres erteilt werden (Artikel 20 Absätze 1 und 2 des Anhangs zum

Decreto-Lei Nr. 316/95).


Die Erteilung der Erlaubnis kann mit begründetem Bescheid abgelehnt werden,

sofern diese polizeiliche Maßnahme zum Kinder- und Jugendschutz, zur

Kriminalitätsprävention und zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der

öffentlichen Sicherheit, der öffentlichen Ordnung und des öffentlichen Friedens

gerechtfertigt ist (Artikel 20 Absatz 3 des Anhangs zum Decreto-Lei Nr. 316/95).



Unterhaltungsspielautomaten dürfen in einem Raum oder in einer Einrichtung

betrieben werden, für die eine Erlaubnis für die Veranstaltung von erlaubten

Spielen mit Unterhaltungsspielautomaten vorliegt; diese dürfen nicht in der Nähe

einer Unterrichtsanstalt gelegen sein (Artikel 21 Absatz 2 des Anhangs zum

Decreto-Lei Nr. 316/95). Um mehr als drei Automaten gleichzeitig betreiben zu

können, muss für die betreffende Einrichtung eine Erlaubnis für den

ausschließlichen Betrieb von Spielen vorliegen (Artikel 21 Absatz 1 des Anhangs

zum Decreto-Lei Nr. 316/95).


Nicht als Unterhaltungsspielautomaten gelten Automaten, die ohne unmittelbare

Gewinne in Form von Spielmarken oder Geldmünzen auszuwerfen für Glücks- oder

Geldspiele charakteristische Inhalte aufweisen oder ein Ergebnis in Form einer

Punktzahl anzeigen, die ausschließlich oder im Wesentlichen vom Zufall abhängt.

Diese Art von Geräten fällt in die Kategorie der Glücksspiele (Artikel 4 Absatz

1 Buchstabe g des Decreto-Lei Nr. 422/89) und ist durch das Decreto-Lei Nr.

422/89 geregelt (Artikel 16 Absatz 2 des Anhangs zum Decreto-Lei Nr. 316/95).



Die Vorschriften, durch die die Veranstaltung von und die Teilnahme an Spielen

geregelt werden, erhalten aufgrund von Artikel 95 Absatz 2 des Decreto-Lei Nr.

422/89 die rechtliche Qualifizierung als Vorschriften, die im Allgemeininteresse

liegen und Bestandteile des Ordre public sind.


Das Ausgangsverfahren und die Vorabentscheidungsfragen

 

Die Klägerinnen des

Ausgangsverfahrens haben gegen den portugiesischen Staat die in Artikel 4

Absätze 1 und 2 der portugiesischen Zivilprozessordnung vorgesehene Klage mit

dem Ziel erhoben, ein positives Feststellungsurteil des Inhalts zu erwirken,

dass einige Vorschriften des portugiesischen Rechts im Bereich der Spiele nicht

in Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht stehen, wobei sie folgende Anträge

gestellt haben:

- das Recht, Glücks- oder Geldspiele (im Weiteren: Glücksspiele) außerhalb der

ausgewiesenen Spielzonen zu veranstalten und daran teilzunehmen, dadurch

anzuerkennen, dass die Monopolstellung der Kasinos beseitigt wird und demzufolge

die Artikel 1, 3 Absätze 1 und 2 und 4 Absatz 1 Buchstaben f und g des

Decreto-Lei Nr. 422/89 wegen des Vorrangs der in der Klageschrift aufgezählten

Regeln und Grundsätze des Gemeinschaftsrechts außer Kraft gesetzt werden;

- mit der Außerkraftsetzung dieser Vorschriften auch das von diesen abgeleitete

Recht als außer Kraft gesetzt anzusehen, insbesondere die strafrechtlichen

Vorschriften in den Artikeln 108, 110, 111 und 115 desselben Decreto-Lei sowie

alle Rechtsvorschriften, die diese Tätigkeiten verbieten oder beschränken,

unabhängig davon, ob es sich um materielle oder um Verfahrensvorschriften

handelt, und davon, in welchen Rechtsakten sie festgelegt sind.

Die Klägerinnen des Ausgangsverfahrens stützen ihre Anträge zum einen darauf,

dass die genannten Vorschriften des nationalen portugiesischen Rechts nicht in

Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht stünden, und zum anderen auf den Vorrang des

Gemeinschaftsrechts vor dem allgemeinen innerstaatlichen Recht gemäß Artikel 8

Absatz 2 der portugiesischen Verfassung.


Der portugiesische Staat hat im Wege der Einrede die Unzulässigkeit der Klage

geltend gemacht und sich dabei u. a. darauf berufen, dass allen Klägerinnen des

Ausgangsverfahrens das Rechtsschutzbedürfnis fehle, weil sie kein unmittelbares

Interesse im Zusammenhang mit der Klage hätten, und dass der Anomar die

Sachbefugnis fehle, weil die Anerkennung der Begründetheit der Klage für sie

keinerlei Nutzen haben könne.


In der Sache macht der portugiesische Staat geltend, die Regeln und Grundsätze

des Gemeinschaftsrechts, auf die sich die Klägerinnen des Ausgangsverfahrens

beriefen, seien auf den streitigen, rein innerstaatlichen Sachverhalt nicht

anwendbar und die Tätigkeit des Betriebs von Glücks- oder Geldspielautomaten

könne auf jeden Fall nicht unter die Regelung des freien Warenverkehrs fallen.



In erster Instanz war den auf das Fehlen der Sachbefugnis der Anomar und auf das

Fehlen des Rechtsschutzinteresses aller Klägerinnen des Ausgangsverfahrens

gestützten Einreden stattgegeben worden.


Das Tribunal da Relaçãï Lissabon hat jedoch die Entscheidung des

erstinstanzlichen Gerichts aufgehoben und die Sachbefugnis der Firma Anomar und

das Rechtsschutzinteresse aller Klägerinnen des Ausgangsverfahrens bejaht.


Das Tribunal Cível da Comarca Lissabon ist der Auffassung, dass es in Anbetracht

des Vorbringens der Parteien unbedingt eine Auslegung des Gemeinschaftsrechts

benötige, um über die Rechtsstreitigkeit entscheiden zu können, die Gegenstand

der bei ihm anhängigen Feststellungsklage ist; es hat beschlossen, das Verfahren

auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen vorzulegen:

1. Sind Glücksspiele eine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne des Artikels 2 EG?


2. Sind Glücksspiele eine Tätigkeit im Zusammenhang mit Waren, die als solche

unter Artikel 28 EG fällt?

3. Sind Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Herstellung, der Einfuhr und dem

Vertrieb von Spielautomaten unabhängig vom Betrieb dieser Automaten, und gilt

daher für sie der Grundsatz des freien Warenverkehrs nach den Artikeln 28 EG und

29 EG?

4. Sind die Veranstaltung von und die Teilnahme an Glücksspielen vom

Anwendungsbereich des Artikels 31 EG ausgenommen, weil dieser nicht für

Dienstleistungsmonopole gilt?

5. Ist der Betrieb von Glücksspielautomaten eine Dienstleistung, die als solche

unter die Artikel 49 ff. EG fällt?

6. Handelt es sich um eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs im

Sinne des Artikels 49 EG, wenn eine gesetzliche Regelung (wie die in den

Artikeln 3 Absatz 1 und 4 Absatz 1 des Decreto-Lei Nr. 422/89 vom 2. Dezember

1989 enthaltene) die Veranstaltung von und die Teilnahme an Glücksspielen (die

in Artikel 1 des genannten Decreto-Lei definiert sind als solche, deren Ausgang

ungewiss ist, weil er ausschließlich oder im Wesentlichen auf Zufall beruht) -

zu denen nach Artikel 4 Absatz 1 Buchstaben f und g des Decreto-Lei Nr. 422/89

auch Spiele an Automaten gehören, die Gewinne unmittelbar in Spielmarken oder

Münzen auszahlen, und Spiele an Automaten, die zwar nicht Gewinne unmittelbar in

Spielmarken oder Münzen auszahlen, aber für Glücksspiele charakteristische

Inhalte aufweisen oder am Ende eine Punktzahl ergeben, die ausschließlich oder

im Wesentlichen vom Zufall abhängt - nur in Spielkasinos zulässt, die in durch

gesetzesvertretende Verordnung dauerhaft oder vorübergehend errichteten

Spielzonen liegen?

7. Ist die unter Frage 6 beschriebene einschränkende Regelung, selbst wenn sie

eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs im Sinne des Artikels 49 EG

darstellen sollte, gleichwohl mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar, weil sie

ohne Unterschiede für portugiesische Staatsangehörige und Unternehmen und

Staatsangehörige und Unternehmen anderer Mitgliedstaaten gilt und auf zwingenden

Gründen des Allgemeininteresses beruht (Verbraucherschutz,

Verbrechensprävention, Schutz der öffentlichen Sittlichkeit, Begrenzung des

Angebots an Glücksspielen, Finanzierung von im Allgemeininteresse liegenden

Tätigkeiten)?

8. Gelten für die Veranstaltung von Glücksspielen die Grundsätze des freien

Zugangs zu einer wirtschaftlichen Tätigkeit und ihrer freien Ausübung, und

beeinträchtigt deshalb das etwaige Bestehen von Regelungen anderer

Mitgliedstaaten, die den Betrieb von Spielautomaten weniger einschränken, an und

für sich schon die Gültigkeit der unter Frage 6 beschriebenen portugiesischen

Regelung?

9. Sind die Einschränkungen der Veranstaltung von Glücksspielen nach

portugiesischem Recht verhältnismäßig?

10. Ist die portugiesische gesetzliche Regelung der Genehmigung, die an

rechtliche (Abschluss eines verwaltungsrechtlichen Konzessionsvertrags mit dem

Staat nach öffentlichem Ausschreibungsverfahren: Artikel 9 des Decreto-Lei Nr.

422/89) und logistische (Begrenzung der Veranstaltung von und der Teilnahme an

Glücksspielen auf Spielkasinos in Spielzonen: Artikel 3 des genannten

Decreto-Lei) Bedingungen geknüpft ist, zur Erreichung des verfolgten Ziels

angemessen und erforderlich?

11. Stellt die Verwendung des Ausdrucks im Wesentlichen neben dem Ausdruck

ausschließlich in den portugiesischen Rechtsvorschriften (Artikel 1, 4 Absatz 1

Buchstabe g und 162 des Decreto-Lei Nr. 422/89 und Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe

a des Decreto-Lei Nr. 316/95 vom 28. November 1995), um Glücksspiele zu

definieren und rechtlich zwischen Glücksspielautomaten und

Unterhaltungsspielautomaten zu unterscheiden, die Bestimmbarkeit des Begriffs

nach den rechtlichen Auslegungsmethoden in Frage?

12. Erfordern die unbestimmten Rechtsbegriffe, auf die sich die portugiesische

Legaldefinition von Glücksspielen (Artikel 1 und 162 des Decreto-Lei Nr. 422/89)

und Unterhaltungsspielautomaten (Artikel 16 des Decreto-Lei Nr. 316/95) stützt,

für die Qualifizierung der verschiedenen Spielautomaten eine Auslegung, die das

den nationalen Behörden eingeräumte freie Ermessen einbezieht?

13. Verstößt es auch dann, wenn man davon ausgeht, dass die genannten

portugiesischen Rechtsvorschriften keine objektiven Kriterien zur Unterscheidung

zwischen den Spielinhalten von Glücksspielautomaten und von

Unterhaltungsspielautomaten aufstellen, gegen Grundsätze oder Regeln des

Gemeinschaftsrechts, der Generalinspektion ein Ermessen bei der Qualifizierung

von Spielinhalten einzuräumen?


Zur Zulässigkeit

 

Die portugiesische Regierung macht zum einen geltend, dass die Vorlagefragen

unzulässig seien, da sie sich nicht auf die Auslegung des Vertrages bezögen,

sondern auf die Auslegung oder die Beurteilung der Gültigkeit der

portugiesischen Rechtsvorschriften über die Veranstaltung von und die Teilnahme

an Glücksspielen, was ausschließlich in die Zuständigkeit der nationalen

Gerichte falle.


Zum anderen vertritt sie die Auffassung, das Ausgangsverfahren, das nur die

Bedingungen für die Veranstaltung von Glücksspielen in Portugal durch

portugiesische Unternehmen nach den portugiesischen Rechtsvorschriften betreffe,

weise keinerlei Bezug zum Gemeinschaftsrecht auf und betreffe einen rein

internen Sachverhalt.


Was die erste Einrede angeht, so ist der Gerichtshof zwar im Verfahren nach

Artikel 234 EG nicht befugt, die Normen des Gemeinschaftsrechts auf einen

Einzelfall anzuwenden, und somit auch nicht dafür zuständig, eine Bestimmung des

innerstaatlichen Rechts unter jene Normen einzuordnen; er kann aber das

Gemeinschaftsrecht im Rahmen der durch diesen Artikel vorgesehenen

Zusammenarbeit zwischen den Gerichten anhand der Akten insoweit auslegen, als

dies dem innerstaatlichen Gericht bei der Beurteilung der Wirkungen dieser

Bestimmung dienlich sein könnte (Urteile vom 8. Dezember 1987 in der Rechtssache

20/87, Gauchard, Slg. 1987, 4879, Randnr. 5, und vom 5. März 2002 in den

Rechtssachen C-515/99, C-519/99 bis C-524/99 und C-526/99 bis C-540/99, Reisch

u. a., Slg. 2002, I-2157, Randnr. 22).


Im Ausgangsverfahren ersucht das vorlegende Gericht den Gerichtshof um die

Auslegung von Bestimmungen des Vertrages aber allein mit dem Ziel,

festzustellen, ob diese Bestimmungen Auswirkungen auf die Anwendung der in

diesem Verfahren einschlägigen nationalen Vorschriften haben können. Es kann

also nicht behauptet werden, dass die im Ausgangsverfahren gestellten

Vorabentscheidungsfragen einen anderen Gegenstand als die Auslegung von

Bestimmungen des Vertrages hätten.


Hinsichtlich der zweiten Einrede ist zu bejahen, dass das Ausgangsverfahren mit

keinem Element über die Grenzen eines einzigen Mitgliedstaats hinausweist. Eine

nationale Regelung wie das portugiesische Decreto-Lei Nr. 422/89, die

unterschiedslos auf portugiesische Staatsangehörige und Staatsangehörige anderer

Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften anwendbar ist, kann aber nur

dann Vertragsbestimmungen über die Grundfreiheiten betreffen, wenn sie auf

Sachlagen anwendbar ist, die eine Verbindung zum innergemeinschaftlichen Handel

aufweisen (Urteile vom 15. Dezember 1982 in der Rechtssache 286/81, Oosthoek's

Uitgeversmaatschappij, Slg. 1982, 4575, Randnr. 9, und vom 18. Februar 1987 in

der Rechtssache 98/86, Mathot, Slg. 1987, 809, Randnrn. 8 und 9, sowie Urteil

Reisch u. a., Randnr. 24).


Das hat jedoch nicht zur Folge, dass die Fragen, die dem Gerichtshof zur

Vorabentscheidung vorliegen, nicht zu beantworten wären. Grundsätzlich ist es

allein Sache der nationalen Gerichte, unter Berücksichtigung des jeweiligen

Sachverhalts sowohl die Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung für den Erlass

ihres Urteils als auch die Erheblichkeit der dem Gerichtshof vorgelegten Fragen

zu beurteilen (Urteil vom 5. Dezember 2000 in der Rechtssache C-448/98, Guimont,

Slg. 2000, I-10663, Randnr. 22). Der Gerichtshof kann das Ersuchen eines

nationalen Gerichts nur zurückweisen, wenn offensichtlich kein Zusammenhang

zwischen der erbetenen Auslegung oder Prüfung der Gültigkeit einer Vorschrift

des Gemeinschaftsrechts und der Realität oder dem Gegenstand des

Ausgangsverfahrens besteht (Urteil vom 6. Juni 2000 in der Rechtssache C-281/98,

Angonese, Slg. 2000, I-4139, Randnr. 18, und Urteil Reisch u. a., Randnr. 25).



Im vorliegenden Fall ist nicht offenkundig, dass die erbetene Auslegung des

Gemeinschaftsrechts für das nationale Gericht nicht erforderlich wäre. Eine

Antwort könnte ihm nämlich dann von Nutzen sein, wenn sein nationales Recht

vorschriebe, dass einem portugiesischen Staatsangehörigen die gleichen Rechte

zustehen, die dem Staatsangehörigen eines anderen Mitgliedstaats in der gleichen

Lage kraft Gemeinschaftsrechts zustünden (Urteile Guimont, Randnr. 23, und

Reisch u. a., Randnr. 26).


Es ist daher zu prüfen, ob die Bestimmungen des Vertrages, um deren Auslegung

ersucht wird, im Widerspruch zur Anwendung einer nationalen Regelung wie der im

Ausgangsverfahren streitigen stehen, wenn diese Regelung auf Personen angewandt

würde, die ihren Wohnsitz in anderen Mitgliedstaaten haben.


Zu den Vorabentscheidungsfragen

 

Zur ersten Frage


Die erste Frage des vorlegenden Gerichts geht dahin, ob Glücksspiele eine

wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne des Artikels 2 EG darstellen.


Die Klägerinnen des Ausgangsverfahrens, die Regierungen, die Erklärungen

eingereicht haben, und die Kommission stimmen darin überein, dass den

Glücksspielen die Eigenschaft einer wirtschaftlichen Tätigkeit im Sinne des

Artikels 2 EG zuzuerkennen ist, d. h. einer Tätigkeit, die auf die Erzielung

eines Gewinns gerichtet ist, zu einem spezifischen Entgelt führt und sich im

Rahmen der im Vertrag niedergelegten wirtschaftlichen Freiheiten bewegt.


Die deutsche Regierung trägt vor, weder die Zufallsabhängigkeit der Gewinne noch

die Verwendung der Überschüsse aus Glücksspielen stehe dem entgegen, dass diese

eine wirtschaftliche Tätigkeit darstellten.


Wie u. a. die portugiesische Regierung ausführt, hat der Gerichtshof bereits

entschieden, dass Lotterien als Teil des Wirtschaftslebens im Sinne des

Vertrages anzusehen seien, da sie aus einer Einfuhr von Waren oder einer

Dienstleistung bestehen (Urteil vom 24. März 1994 in der Rechtssache C-275/92,

Schindler, Slg. 1994, I-1039, Randnr. 19). Was insbesondere die im

Ausgangsverfahren streitigen Tätigkeiten angeht, hat der Gerichtshof

entschieden, dass Spiele, die gegen ein Entgelt an Spielautomaten wie den im

Ausgangsverfahren streitigen gespielt werden, als Glücksspiele anzusehen sind,

die mit den Lotterien im Sinne des Urteils Schindler vergleichbar sind (Urteil

vom 21. September 1999 in der Rechtssache C-124/97, Läärä u. a., Slg. 1999,

I-6067, Randnr. 18).


Diese Beurteilung ist zu bestätigen, und alle Glücksspiele sind als

wirtschaftliche Tätigkeiten im Sinne von Artikel 2 EG zu qualifizieren, denn sie

erfüllen die beiden vom Gerichtshof in seiner früheren Rechtsprechung zugrunde

gelegten Kriterien, nämlich die Erbringung einer bestimmten Dienstleistung gegen

Entgelt und die Erwartung eines Gewinns in Geld.


Auf die erste Frage ist folglich zu antworten, dass Glücksspiele wirtschaftliche

Tätigkeiten im Sinne des Artikels 2 EG darstellen.


Zur zweiten, dritten und fünften Frage

 


Die zweite, die dritte und die fünfte Frage des vorlegenden Gerichts gehen im

Wesentlichen dahin, ob Glücksspiele eine Tätigkeit im Zusammenhang mit Waren

darstellen oder vielmehr eine Dienstleistung im Sinne des Vertrages und ob in

diesem Fall Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Herstellung, der Einfuhr und dem

Vertrieb von Spielautomaten zum einen und der Betrieb dieser Automaten zum

anderen voneinander trennbar sind oder nicht, um zu bestimmen, ob der in den

Artikeln 28 EG und 29 EG definierte Grundsatz des freien Warenverkehrs auf alle

diese Tätigkeiten, die voneinander untrennbar wären, Anwendung finden kann.


Anders als die Klägerinnen des Ausgangsverfahrens sind die Regierungen, die

Erklärungen eingereicht haben, und die Kommission der Auffassung, dass Spiele

betreffende Tätigkeiten nicht unter die für Waren geltenden Regelungen fielen.



Sie unterscheiden nämlich die Geldspielgeräte von den Spiele betreffenden

Tätigkeiten, wie es der Gerichtshof selbst in Randnummer 20 des Urteils Läärä u.

a. mit der ausdrücklichen Feststellung getan hat, dass Geldspielautomaten als

solche Waren darstellen, die unter Artikel 30 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt

Artikel 28 EG) fallen können. Was die mit Spielen zusammenhängenden Tätigkeiten

angeht, d. h. die Nutzung von Spielgeräten, vertreten diese Regierungen und die

Kommission gestützt auf die Rechtsprechung im Urteil Schindler die Auffassung,

dass Spiele betreffende Tätigkeiten sich nicht auf Waren, sondern auf

Dienstleistungen bezögen.


Der Gerichtshof hat nämlich in den Randnummern 24 und 25 des Urteils Schindler

entschieden, dass die Tätigkeiten im Lotteriewesen keine Tätigkeiten sind, die

Waren betreffen und als solche unter Artikel 30 EG-Vertrag fallen, sondern als

Dienstleistungen im Sinne des Vertrages anzusehen sind.


Was die unter den freien Warenverkehr fallenden, die Herstellung, die Einfuhr

und den Vertrieb von Spielgeräten betreffenden Tätigkeiten zum einen und die

unter den freien Dienstleistungsverkehr fallende Tätigkeit des Betriebs von

Spielautomaten zum anderen angeht, sind die portugiesische, die belgische und

die deutsche Regierung der Auffassung, dass diese verschiedenen Tätigkeiten

nicht unabhängig voneinander seien. Da die Herstellung und der Vertrieb von

Spielgeräten nicht getrennt vom Funktionieren dieser Geräte gesehen werden

könnten - weil diese zur Veranstaltung von Glücksspielen hergestellten Geräte

keine andere Verwendung finden könnten - wünschen alle Regierungen, die

Erklärungen eingereicht haben, dass der Rechtsgrundsatz, nach dem die Nebensache

der Hauptsache folgt, angewendet werde.


Im verwandten Fall der Lotteriespiele hat der Gerichtshof entschieden, dass

bestimmte Tätigkeiten der Herstellung und der Verbreitung von Werbematerial und

Anmeldeformularen, ja sogar von Losen, bei denen es sich um konkrete

Einzelheiten der Veranstaltung oder des Ablaufs einer Lotterie handele, im

Hinblick auf den Vertrag nicht losgelöst von der Lotterie betrachtet werden

können, auf die sie sich beziehen. Diese Tätigkeiten sind kein Selbstzweck,

sondern sollen den Personen, die in den Mitgliedstaaten wohnen, in die diese

Gegenstände eingeführt und in denen sie verteilt werden, die Teilnahme an der

Lotterie ermöglichen (Urteil Schindler, Randnr. 22).


Ohne dass die Einfuhr von Geldspielautomaten im Wege einer annähernden Analogie

zu dieser Argumentation als akzessorisch zur Tätigkeit des Betriebs dieser

Geräte angesehen zu werden braucht, genügt es festzustellen, wie der Gerichtshof

es bereits in den Randnummern 20 bis 29 des Urteils Läärä u. a. getan hat, dass,

auch wenn der Betrieb von Geldspielautomaten mit dem Vorgang verknüpft sein

sollte, der darin besteht, sie einzuführen, die erstgenannte Tätigkeit unter die

Vorschriften des Vertrages über den freien Dienstleistungsverkehr und die

zweitgenannte unter die Vorschriften über den freien Warenverkehr fällt.


Auf die zweite, die dritte und die fünfte Frage ist daher zu antworten, dass die

Tätigkeit des Betriebs von Glücksspielautomaten unabhängig davon, ob sie sich

von den die Herstellung, die Einfuhr und den Vertrieb derartiger Geräte

betreffenden Tätigkeiten trennen lässt, als Dienstleistung im Sinne des

Vertrages zu qualifizieren ist und dass sie daher nicht unter die Artikel 28 EG

und 29 EG über den freien Warenverkehr fallen kann.


Zur vierten Frage


Die vierte Frage des vorlegenden Gerichts geht dahin, ob ein Monopol für die

Veranstaltung von Glücksspielen in den Anwendungsbereich des Artikels 31 EG

fällt.


Artikel 31 EG verpflichtet die Mitgliedstaaten, ihre staatlichen Handelsmonopole

derart umzuformen, dass jede Diskriminierung zwischen den Angehörigen der

Mitgliedstaaten ausgeschlossen ist.


Sowohl aus der Stellung dieser Bestimmung innerhalb des Kapitels über das Verbot

der mengenmäßigen Beschränkungen als auch aus der Verwendung der Worte Einfuhr

und Ausfuhr in Absatz 1 Satz 2 und des Wortes Erzeugnisse in Absatz 3 folgt,

dass sie den Handel mit Waren betrifft, sich aber nicht auf ein

Dienstleistungsmonopol beziehen kann (siehe Urteil vom 30. April 1974 in der

Rechtssache 155/73, Sacchi, Slg. 1974, 409, Randnr. 10).


Da Glücksspiele eine Dienstleistung im Sinne des Vertrages darstellen, wie in

Randnummer 56 dieses Urteils entschieden worden ist, ist ein eventuelles Monopol

für die Veranstaltung von Glücksspielen vom Anwendungsbereich des Artikels 31 EG

ausgeschlossen.


Auf die vierte Vorabentscheidungsfrage ist daher zu antworten, dass ein Monopol

für die Veranstaltung von Glücksspielen nicht in den Anwendungsbereich des

Artikels 31 EG fällt.


Zur sechsten, siebten, neunten und zehnten Frage


Die sechste, die siebte, die neunte und die zehnte Frage des vorlegenden

Gerichts gehen im Wesentlichen zum einen dahin, ob eine nationale rechtliche

Regelung wie die portugiesische rechtliche Regelung über Glücksspiele, die die

Veranstaltung von und die Teilnahme an diesen Spielen auf bestimmte Orte

beschränkt und die unterschiedslos für portugiesische Staatsangehörige und für

Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten gilt, eine Beschränkung des freien

Dienstleistungsverkehrs darstellt, und zum anderen dahin, ob eine solche

gesetzliche Regelung aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses,

insbesondere zum Verbraucherschutz, zum Schutz der öffentlichen Sittlichkeit und

zur Verbrechensprävention, auf denen sie beruht, gerechtfertigt werden kann.


Was die Frage angeht, ob eine nationale gesetzliche Regelung wie die im

Ausgangsverfahren streitige portugiesische gesetzliche Regelung eine

Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs darstellt, sind sowohl die

Klägerinnen des Ausgangsverfahrens als auch die Regierungen, die Erklärungen

eingereicht haben, und die Kommission der Auffassung, dass eine solche

gesetzliche Regelung eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs

darstellen kann, auch wenn die Beschränkungen, die sie enthält, ohne

Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit Anwendung fänden und daher ohne

Unterschied für die portugiesischen Staatsangehörigen und die Staatsangehörigen

anderer Mitgliedstaaten Geltung hätten.


Die Klägerinnen des Ausgangsverfahrens vertreten u. a. die Auffassung, in

Portugal sei der Glücksspielsektor durch die Kasinos monopolisiert, was

offensichtlich den im Vertrag niedergelegten wirtschaftlichen Grundsätzen und

Freiheiten zuwiderlaufe. Die finnische Regierung vertritt die Ansicht, die im

Ausgangsverfahren streitige rechtliche Regelung hindere die in einem anderen

Mitgliedstaat niedergelassenen Wirtschaftsteilnehmer zumindest mittelbar daran,

die betreffenden Dienstleistungen in Portugal anzubieten.


Unstreitig können nationale Rechtsvorschriften selbst bei unterschiedsloser

Geltung unter Artikel 49 EG fallen, wenn sie geeignet sind, die Tätigkeiten des

Dienstleistenden, der in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist und dort

rechtmäßig ähnliche Dienstleistungen erbringt, zu unterbinden oder zu behindern

(Urteil Schindler, Randnr. 43).


Dies trifft auf nationale Rechtsvorschriften wie die portugiesischen

Rechtsvorschriften zu, die das Recht auf Veranstaltung von Glücksspielen auf die

in den durch Decreto-Lei geschaffenen dauernden oder vorübergehenden Spielzonen

vorhandenen Kasinosäle beschränkt.


Die eventuelle Rechtfertigung der portugiesischen Rechtsvorschriften stützt sich

auf zwei Gesichtspunkte. Der erste soll sich daraus ergeben, dass die rechtliche

Regelung, die durch diese Rechtsvorschriften eingeführt wird, unterschiedslos

für portugiesische Staatsangehörige und für die Staatsangehörigen der anderen

Mitgliedstaaten gelte, der zweite daraus, dass diese Regelung durch zwingende

Gründe des Allgemeininteresses, die die Grundlage der Regelung darstellten,

gerechtfertigt sei.


Wie das vorlegende Gericht in seinem Beschluss feststellt, schaffen die

portugiesischen Rechtsvorschriften keine Diskriminierung zwischen den

Staatsangehörigen der verschiedenen Mitgliedstaaten. Diese Rechtsvorschriften

sind folglich als unterschiedslos anwendbar anzusehen.


Es ist daher zu ermitteln, ob Artikel 49 EG Rechtsvorschriften wie den im

Ausgangsverfahren streitigen, die zwar keine Diskriminierung aufgrund der

Staatsangehörigkeit enthalten, aber den freien Dienstleistungsverkehr

beschränken, nicht entgegensteht.


Alle Regierungen, die Erklärungen eingereicht haben, vertreten die Ansicht, dass

derartige Rechtsvorschriften mit Artikel 49 EG vereinbar seien. Sie seien als

durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses wie den Verbraucherschutz, die

Betrugs- und Verbrechensvorbeugung, den Schutz der öffentlichen Sittlichkeit und

die Finanzierung von im Allgemeininteresse liegenden Tätigkeiten gerechtfertigt

anzusehen.


Die Klägerinnen des Ausgangsverfahrens sind dagegen der Auffassung, die in

Artikel 30 EG genannten ausnahmsweise zulässigen Beschränkungen hätten

offensichtlich Ausnahmecharakter und könnten nicht generell ohne irgendein

Kriterium gelten. Außerdem habe der portugiesische Staat, obwohl er gehalten

sei, die Bereiche und die Gründe anzugeben, die ihn dazu veranlasst hätten, sich

auf Artikel 30 EG zu berufen, den Rückgriff auf eine rechtliche Regelung wie die

von ihm geschaffene nicht ausreichend begründet. Dieser Staat bringe keinen

Vorbehalt sittlicher Art oder des Ordre public vor, der eine solche rechtliche

Regelung rechtfertigen könnte.


Nach den Angaben des vorlegenden Gerichts werden die Vorschriften des

portugiesischen Rechts über die Regelung von Glücksspielen rechtlich als im

Allgemeininteresse liegende und zum Ordre public gehörende Regeln qualifiziert.

Diese rechtliche Regelung hat zwingenden Charakter und einen hohen symbolischen

Wert; mit ihr sollen im Allgemeininteresse liegende Ziele und legitime soziale

Zwecke wie die Lauterkeit des Spiels und die Möglichkeit, daraus einen Gewinn

für den öffentlichen Sektor zu ziehen, erreicht werden.


Die verschiedenen Gründe, die zum Erlass einer derartigen Regelung der

Glücksspiele geführt haben, sind in ihrer Gesamtheit zu würdigen, wie der

Gerichtshof in Randnummer 58 des Urteils Schindler festgestellt hat. Im

vorliegenden Fall beziehen diese Gründe sich auf den Schutz der Verbraucher, die

Empfänger der Dienstleistung sind, und auf den Schutz der Sozialordnung.

Derartige Ziele sind aber vom Gerichtshof bereits als Gründe angesehen worden,

die Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs rechtfertigen können

(Urteile vom 4. Dezember 1986 in der Rechtssache 220/83, Kommission/Frankreich,

Slg. 1986, 3663, Randnr. 20; Urteile Schindler, Randnr. 58, und Läärä u. a.,

Randnr. 33).


Darüber hinaus ähneln die im Ausgangsverfahren streitigen portugiesischen

Rechtsvorschriften, wie die Kommission unterstreicht, im Wesentlichen der

finnischen Regelung über Geldspielautomaten, um die es in der Rechtssache Läärä

u. a. ging und von der der Gerichtshof angenommen hat, dass sie im Hinblick auf

die mit ihr verfolgten Ziele nicht unverhältnismäßig war (Urteil Läärä u. a.,

Randnr. 42). Außerdem hat der Gerichtshof angenommen, dass eine begrenzte

Erlaubnis von Glücksspielen im Rahmen von - bestimmten Einrichtungen gewährten

oder zur Konzession erteilten - besonderen oder Ausschließlichkeitsrechten der

Verwirklichung solcher im Allgemeininteresse liegender Ziele dient (Urteil vom

21. Oktober 1999 in der Rechtssache C-67/98, Zenatti, Slg. 1999, I-7289, Randnr.

35).


Auf die sechste, die siebte, die neunte und die zehnte Frage ist demzufolge zu

antworten, dass eine nationale gesetzliche Regelung wie die portugiesische

gesetzliche Regelung, die die Veranstaltung von und die Teilnahme an

Glücksspielen nur in den Kasinosälen zulässt, die in den durch Decreto-Lei

eingerichteten dauernden oder vorübergehenden Spielzonen vorhanden sind, und die

unterschiedslos für portugiesische Staatsangehörige und für Staatsangehörige

anderer Mitgliedstaaten gilt, eine Behinderung des freien

Dienstleistungsverkehrs darstellt. Die Artikel 49 EG ff. stehen aber einer

solchen nationalen gesetzlichen Regelung in Anbetracht der Erwägungen der

Sozialpolitik und der Betrugsvorbeugung, auf die sie gestützt ist, nicht

entgegen.

 

Zur achten Frage


Die achte Frage des vorlegenden Gerichts geht im Wesentlichen dahin, ob schon

der Umstand, dass die Veranstaltung und die Teilnahme an Glücksspielen in

anderen Mitgliedstaaten Gegenstand gesetzlicher Regelungen sind, die weniger

einschränkend als die im Ausgangsverfahren streitige portugiesische gesetzliche

Regelung sind, ausreicht, um die letztgenannte Regelung unvereinbar mit dem

Vertrag zu machen.


Die Klägerinnen des Ausgangsverfahrens, die unterstreichen, dass die

gesetzlichen Regelungen anderer Mitgliedstaaten weniger einschränkend als die

portugiesische Regelung seien, sind der Auffassung, dass kein sozioökonomischer

Grund und auch kein Vorbehalt sittlicher Art oder des Ordre public

rechtfertigten, dass die portugiesische Regelung einschränkender sei.


Dagegen machen alle Regierungen, die Erklärungen eingereicht haben, geltend, das

Schutzniveau, das ein Mitgliedstaat auf seinem Hoheitsgebiet bei Glücksspielen

gewährleisten wolle, liege in dem den nationalen Behörden eingeräumten Ermessen.

Es sei daher Sache jedes einzelnen Mitgliedstaats, die passende rechtliche

Regelung für Glücksspiele einzurichten, u. a. nach den jedem einzelnen Staat

eigenen soziokulturellen Faktoren und nach den Grundsätzen, die der betreffenden

Gesellschaft als am besten angepasst betrachtet würden. Die portugiesische

Regierung trägt vor, die Besonderheit des Spiels gebiete und rechtfertige einen

rechtlichen Rahmen, der mit der Repräsentation der Rangordnung der Grundwerte

jedes einzelnen Mitgliedstaats vereinbar sei.


Unstreitig obliegt es den nationalen Behörden, zu beurteilen, ob es im Rahmen

des verfolgten Zieles notwendig ist, Tätigkeiten dieser Art vollständig oder

teilweise zu verbieten, oder ob es genügt, sie zu beschränken und zu diesem

Zweck mehr oder weniger strenge Kontrollen vorzusehen (Urteile Läärä u. a.,

Randnr. 35, und Zenatti, Randnr. 33).


Daher ist es für die Beurteilung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit der

einschlägigen Bestimmungen ohne Belang, dass ein Mitgliedstaat andere

Schutzregelungen als ein anderer Mitgliedstaat erlassen hat. Diese sind allein

im Hinblick auf die von den nationalen Stellen des betroffenen Mitgliedstaats

verfolgten Ziele und auf das Schutzniveau zu beurteilen, das sie gewährleisten

sollen (Urteile Läärä u. a., Randnr. 36, und Zenatti, Randnr. 34).


Auf die achte Vorabentscheidungsfrage ist daher zu antworten, dass der Umstand,

dass es eventuell in anderen Mitgliedstaaten gesetzliche Regelungen über die

Voraussetzungen der Veranstaltung von und der Teilnahme an Glücksspielen gibt,

die weniger einschränkend als die in der portugiesischen gesetzlichen Regelung

vorgesehenen sind, für die Vereinbarkeit der letztgenannten Regelung mit dem

Gemeinschaftsrecht unerheblich ist.

 

Zur elften,

zwölften und dreizehnten Frage


Die elfte, die zwölfte und die dreizehnte Frage des vorlegenden Gerichts gehen

im Wesentlichen dahin, ob eine gesetzliche Regelung, die die Veranstaltung von

und die Teilnahme an Glücksspielen von rechtlichen und logistischen

Voraussetzungen abhängig macht, wie dem Abschluss eines verwaltungsrechtlichen

Konzessionsvertrags mit dem Staat nach öffentlicher Ausschreibung und der

Beschränkung der Spielzonen auf die Kasinos, die zur Qualifizierung

verschiedener Spielformen unbestimmte Rechtsbegriffe verwendet und die der

Generalinspektion für Spiele ein Ermessen bei der Klassifizierung der

Spielinhalte einräumt, mit den Bestimmungen des Vertrages, insbesondere mit

Artikel 49 EG, vereinbar ist.


Die portugiesische, die belgische, die spanische und die finnische Regierung

stimmen in der Auffassung überein, dass der Vertrag den Vorschriften des

Decreto-Lei Nr. 422/89 zur Regelung der Veranstaltung von und der Teilnahme an

Glücksspielen nicht entgegenstehe, da diese die Voraussetzungen der

Verhältnismäßigkeit und der Erforderlichkeit erfüllten.


Die Klägerinnen des Ausgangsverfahrens sind dagegen der Auffassung, dass bei den

durch die portugiesische gesetzliche Regelung eingeführten Beschränkungen für

die Veranstaltung von Spielen der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht

beachtet werde, da nähere Angaben in Bezug auf die Gründe und die mit diesen

Beschränkungen verfolgten Ziele fehlten und keine Rechtfertigung in Zusammenhang

mit dem Ordre public oder dem Schutz der Gesellschaft angeführt werde. Sie

beanstanden auch, dass der Generalinspektion für Spiele ein Ermessen bei der

Klassifizierung der Spielarten, der Spielgeräte und der Spielinhalte eingeräumt

werde. Eine solche Befugnis ohne objektive und transparente Regeln sei

willkürlich und verstoße daher gegen den Vertrag.


Die Kommission weist darauf hin, dass Maßnahmen, die die Veranstaltung von und

die Teilnahme an Glücksspielen beschränkten, verhältnismäßig und geeignet sein

müssten, die Verwirklichung der angestrebten Ziele zu gewährleisten, und schlägt

dem Gerichtshof vor, diese Fragen für unzulässig zu erklären. Da es an einer

Definition der verschiedenen Arten von Geräten, mit denen Spiele durchgeführt

werden könnten, auf Gemeinschaftsebene fehle, sei es Sache des vorlegenden

Gerichts, über die Auslegung der im Ausgangsverfahren streitigen nationalen

Vorschriften zu entscheiden. Ebenso sei das vorlegende Gericht allein für die

Entscheidung zuständig, ob es den freien Dienstleistungsverkehr beeinträchtigen

könne, dass der Generalinspektion für Spiele durch die portugiesische

gesetzliche Regelung ein Ermessen bei der Qualifizierung und der Klassifizierung

eingeräumt werde.


Wie die portugiesische Regierung unterstreicht, ergibt sich aus der

Rechtsprechung des Gerichtshofes, dass den freien Dienstleistungsverkehr

beschränkende nationale Maßnahmen, die unterschiedslos anwendbar und durch

zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt sind - wie es in der

vorliegenden Rechtssache der Fall ist, was aus den Randnummern 68 und 72 bis 75

des vorliegenden Urteils hervorgeht - auch geeignet sein müssen, die

Verwirklichung des mit ihnen angestrebten Zieles zu gewährleisten und nicht über

das zur Erreichung dieses Zieles Erforderliche hinausgehen dürften (Urteil vom

25. Juli 1991 in der Rechtssache C-288/89, Collectieve Antennevoorziening Gouda,

Slg. 1991, I-4007, Randnrn. 13 bis 15, und Urteil Läärä u. a., Randnr. 31).


Es obliegt jedoch allein den nationalen Stellen, im Rahmen ihres Ermessens die

Ziele festzulegen, deren Erreichung sie gewährleisten wollen, die Mittel zu

bestimmen, die ihnen zur Konkretisierung dieser Ziele am besten geeignet

erscheinen, und mehr oder weniger strenge Bedingungen für die Veranstaltung von

und die Teilnahme an Spielen vorzusehen (siehe in diesem Sinne die Urteile

Schindler, Randnr. 61, Läärä u. a., Randnr. 35, und Zenatti, Randnr. 33), die

auch für mit dem Vertrag vereinbar befunden worden sind.


Auf die elfte, die zwölfte und die dreizehnte Frage ist daher zu antworten, dass

im Rahmen einer mit dem EG-Vertrag vereinbaren gesetzlichen Regelung die Wahl

der Bedingungen für die Organisation und die Kontrolle der Tätigkeiten der

Veranstaltung von und der Teilnahme an Glücksspielen, wie z. B. der Abschluss

eines verwaltungsrechtlichen Konzessionsvertrags mit dem Staat oder die

Beschränkung der Veranstaltung von und der Teilnahme an bestimmten Spielen auf

ordnungsgemäß dafür zugelassene Orte, Sache der nationalen Stellen im Rahmen

ihres Ermessens ist.

 

Kosten

 

Die Auslagen der portugiesischen, der belgischen, der deutschen, der spanischen,

der französischen und der finnischen Regierung sowie der Kommission, die

Erklärungen vor dem Gerichtshof abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig.

Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in

dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung

ist daher Sache dieses Gerichts.


Aus diesen Gründen

hat


DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

 


auf die ihm vom Tribunal Cível da Comarca Lissabon mit Beschluss vom 25. Mai

2000 vorgelegten Fragen für Recht erkannt:

 

1. Glücksspiele stellen eine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne des

Artikels 2 EG dar.

2. Die Tätigkeit des Betriebs von Glücksspielautomaten ist unabhängig

davon, ob sie sich von den die Herstellung, die Einfuhr und den Vertrieb

derartiger Geräte betreffenden Tätigkeiten trennen lässt, als Dienstleistung

im Sinne des Vertrages zu qualifizieren und kann daher nicht unter die Artikel

28 EG und 29 EG über den freien Warenverkehr fallen.

3. Ein Monopol für die Veranstaltung von Glücksspielen fällt nicht in den

Anwendungsbereich des Artikels 31 EG.

4. Eine nationale gesetzliche Regelung wie die portugiesische gesetzliche

Regelung, die die Veranstaltung von und die Teilnahme an Glücksspielen nur in

den Kasinosälen zulässt, die in den durch Decreto-Lei eingerichteten dauernden

oder vorübergehenden Spielzonen vorhanden sind, und die unterschiedslos für

portugiesische Staatsangehörige und für Staatsangehörige anderer

Mitgliedstaaten gilt, stellt eine Behinderung des freien

Dienstleistungsverkehrs dar. Die Artikel 49 EG ff. stehen aber einer solchen

nationalen gesetzlichen Regelung in Anbetracht der Erwägungen der

Sozialpolitik und der Betrugsvorbeugung, auf die sie gestützt ist, nicht

entgegen.

5. Der Umstand, dass es eventuell in anderen Mitgliedstaaten gesetzliche

Regelungen über die Voraussetzung der Veranstaltung von und der Teilnahme an

Glücksspielen gibt, die weniger einschränkend als die in der portugiesischen

gesetzlichen Regelung vorgesehenen sind, ist für die Vereinbarkeit der

letztgenannten Regelung mit dem Gemeinschaftsrecht unerheblich.

6. Im Rahmen einer mit dem EG-Vertrag vereinbaren gesetzlichen Regelung ist

die Wahl der Bedingungen für die Organisation und die Kontrolle der

Tätigkeiten der Veranstaltungen von und der Teilnahme an Glücksspielen, wie z.

B. der Abschluss eines verwaltungsrechtlichen Konzessionsvertrags mit dem

Staat oder die Beschränkung der Veranstaltung von und der Teilnahme an

bestimmten Spielen auf ordnungsgemäß dafür zugelassene Orte, Sache der

nationalen Stellen im Rahmen ihres Ermessens.

 


Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 11. September 2003.


Der Kanzler                

Der Präsident der Dritten Kammer

 

(Unterschriften)


Verfahrenssprache: Portugiesisch.