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Unterlassungsanspruch eines Prominenten bei Behauptung über Zusammenarbeit mit der Stasi - Hanseatisches OLG, Urteil vom 08.09.2009, Az.: 7 U 25/09

Leitsätzliches

Auch im Rahmen einer Verdachtsberichterstattung ist die Verwendung eines Zitas zulässig, wenn über einen die Öffentlichkeit interessierenden Vorgang ausgewogen berichtet wird. Hierbei muss deutlich werden, dass das verbreitete Zitat nur ein Element eines ansonsten als offen dargestellten Verdachts ist. Unzulässig ist dies aber dann, wenn die Redaktion ihrer Pflicht zur gründlichen Recherche nicht nachkommt und auch der Promi keine Möglichkeit zur Stellungnahme hat.

HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

Aktenzeichen: 7 U 25/09

Entscheidung vom 8. September 2009


In der Sache

...

- Klägerin-

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte ...

gegen

 ...

- Beklagte-

Prozessbevollmächtigte: ...

 

hat der 7. Senat des Hanseatischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom ... durch die Richter ..., ... und ... für Recht erkannt:

Auf die Berufung des Antragstellers wird unter Zurückweisung der Berufung der Antragsgegnerin, das Urteil des Landgerichts Hamburg, Geschäftsnummer 324 O 421/08, vom 30.9.2008 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Im Wege der einstweiligen Verfügung wird der Antragsgegnerin bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 250 000,00 EURO, Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre)

verboten

die Behauptung der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik in Bezug auf Dokumente der Stasi-Unterlagenbehörde, bei denen es um ein Gespräch zwischen R.… H.… und Dr. G.… G.… als seinem Anwalt geht, zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen:

„in diesem Fall ist willentlich und wissentlich an die Stasi berichtet worden, und zwar von G.… G.… über R.… H.…“,

soweit dies im Zusammenhang mit einer Berichterstattung geschieht, wie sie in der Sendung „h.… j.…“ vom 22.5.2008 ausgestrahlt wurde.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfügungsverfahrens.

Gründe

I. Mit seinem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wendet sich der Antragsteller, der Vorsitzender der Bundestagsfraktion D.… L.… ist, gegen die erneute Verbreitung eines Zitats der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik B.…, welches die Antragsgegnerin, eine Sendeanstalt des öffentlichen Rechts, im Rahmen der Sendung „h.…-j.…“ vom 22.5.2008 unter Einblendung von Frau B.… ausgestrahlt hat. Anlass dieser Sendung war die Rücknahme einer Berufung des Antragstellers gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin, mit dem seine Klage, die sich gegen die Herausgabe von drei Dokumenten durch die Stasi-Unterlagenbehörde gerichtet hatte, abgewiesen worden war. Zum Inhalt des verwaltungsgerichtlichen Urteils wird auf Anlage ASt 7 zur Schutzschrift verwiesen. Hinsichtlich des Inhalts der Sendung wird auf deren Mitschnitt (Anlage ASt 8) sowie deren Niederschrift (Anlage ASt 1) Bezug genommen.

Nachdem das Landgericht Hamburg den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung durch Beschluss vom 30.6.2008 zurückgewiesen hatte (Bl. 28 ff d.A.), hat der Senat auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers mit Beschluss vom 31.7.2008 (Geschäftsnummer 7 W 73/08; Bl. 85 ff) eine einstweilige Verfügung erlassen, mit der der Antragsgegnerin unter Androhung von Ordnungsmitteln verboten wurde, die Behauptung der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik in Bezug auf Dokumente der Stasi- Unterlagenbehörde, bei denen es u.a. um ein Gespräch zwischen R.… H.… und Dr. G.… G.… als seinem Anwalt geht, zu verbreiten und /oder verbreiten zu lassen:

„in diesem Fall ist willentlich und wissentlich an die Stasi berichtet worden, und zwar von G.… G.… über R.… H.…“

Auf Widerspruch der Antragsgegnerin hat das Landgericht Hamburg diese einstweilige Verfügung durch Urteil vom 30.9.2008 (Bl. 160 ff d.A.) teilweise aufgehoben und der Antragstellerin, bei Zurückweisung des Antrags im Übrigen, unter Androhung von Ordnungsmitteln verboten,

durch die aus der Anlage ASt 1 ersichtliche Berichterstattung den Verdacht zu erwecken, der Antragsteller habe wissentlich und willentlich an die Staatssicherheit berichtet.

Hiergegen wenden sich beide Parteien mit ihrer Berufung.

Die Antragsgegnerin vertritt weiterhin die Auffassung, es handele sich um eine rechtmäßige Verdachtsberichterstattung, in deren Rahmen das angegriffene Zitat habe verbreitet werden dürfen und trägt hierzu ergänzend vor.

Die Antragsgegnerin beantragt,

das Urteil des Landgerichts vom 30.9.2008 abzuändern, die durch Beschluss des Oberlandesgerichts Hamburg vom 31.7.2008 erlassene einstweilige Verfügung aufzuheben und den auf ihren Erlass gerichteten Antrag zurückzuweisen.

Der Antragsteller beantragt,

die Berufung der Antragsgegnerin zurückzuweisen, auf seine Berufung das Urteil des Landgericht abzuändern und statt der von diesem erlassenen einstweiligen Verfügung eine einstweilige Verfügung mit dem Inhalt zu erlassen, den die vom Hanseatischen Oberlandesgericht am 31.7.2008 erlassene Verfügung hatte.

Er ist der Meinung, die Antragsgegnerin hafte für die Falschbehauptung Frau B.…, die sie ohne Distanzierung im Rahmen einer nach seiner Auffassung unzulässigen Verdachtsberichterstattung verbreitet habe.

Die Antragsgegnerin beantragt, die Berufung des Antragstellers zurückzuweisen.

Zu den Ausführungen der Parteien im Einzelnen wird auf die in der Akte befindlichen Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II. Beide Berufungen sind form- und fristgemäß eingelegt und daher zulässig. Die Berufung des Antragstellers ist begründet, diejenige der Antragsgegnerin ist jedoch nicht begründet.

1. Die Berufung der Antragsgegnerin ist zurückzuweisen, da die Verbreitung der Äußerung Frau B.… den Antragsteller bei bestehender Wiederholungsgefahr in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt, so dass der geltend gemachte Unterlassungsanspruch besteht (§§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 S. 2 analog BGB in Verbindung mit Artt. 1, 2 Abs. 1 GG).

a) Bei der Äußerung Frau B.… handelt es sich um eine Tatsachenbehauptung. Mit ihr wird im Anschluss an die Berichterstattung der Antragsgegnerin über ein in „ich-Form“ abgefasstes Dokument, welches sich auf ein Treffen des Antragstellers mit den Eheleuten H.… am 9.7.1979 bezieht, die Behauptung aufgestellt, über dieses Treffen habe der Antragsteller wissentlich und willentlich an die Stasi berichtet. Im Zusammenhang mit dem zuvor ausschnittsweise eingeblendeten Dokument ist die Äußerung Frau B.… nur so zu verstehen, dass der Antragsteller dieses Schriftstück für den Staatssicherheitsdienst der ehemaligen DDR gefertigt und diesem zugeleitet habe.

b) Dass diese Behauptung zutreffend ist, macht die Antragsgegnerin auch mit ihrer Berufung nicht geltend. Wie bereits in dem Beschluss des Senats vom 31.7.2008 unter Ziffer 1. dargelegt, hat hingegen der Antragsteller glaubhaft gemacht, dass es sich bei dem Dokument nicht um einen Bericht für den Staatssicherheitsdienst handelt, sondern um Auszüge aus einem Vermerk, den er selbst für seine Handakte diktiert hat, und der auf ihm nicht bekanntem Wege in die Akte des Ministeriums für Staatssicherheit gelangt ist.

c) Das Verbot der Verbreitung der Behauptung Frau B.… ist allerdings nicht schon deshalb begründet, weil die Behauptung prozessual als unzutreffend anzusehen ist und weil die Antragsgegnerin sich von dieser Behauptung nicht hinreichend distanziert hätte. Wie das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 25.6.2009 (1 BvR 134/03 ) klargestellt hat, genießt auch die Information über den Meinungsstand in einer aktuellen Auseinandersetzung in einer die Öffentlichkeit berührenden Frage den Schutz der Meinungsäußerungsfreiheit, so dass die eindeutige Kennzeichnung als Fremdbericht als hinreichende Distanzierung ausreichen kann, um eine Haftung des Verbreiters auszuschließen. Daher wird auch die Verwendung eines Zitats im Rahmen einer Verdachtsberichterstattung über einen die Öffentlichkeit interessierenden Vorgang jedenfalls dann zulässig sein, wenn diese ansonsten ausgewogen ist, so dass für den Rezipienten deutlich wird, dass das verbreitete Zitat nur ein Element eines ansonsten als offen dargestellten Verdachts ist.

d) An der Frage, ob der Fraktionsvorsitzende einer im Bundestag vertretenen Partei zu Zeiten der DDR für den Staatssicherheitsdienst tätig war, besteht ein hohes Interesse der Öffentlichkeit. Dies erstreckte sich insbesondere auch auf die Darstellung der aktuellen Verdachtslage, wie sie sich nach Freigabe der drei Dokumente darstellte, die Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens waren. Die von der Antragsgegnerin ausgestrahlte Berichterstattung zeichnet sich jedoch dadurch aus, dass sie auf nicht hinreichender Recherche basiert und in ihrer Darstellung unausgewogen zu Lasten des Antragstellers ist. In diesem Zusammenhang erscheint das beanstandete Zitat als wichtiges Element einer von der Antragstellerin geführten Beweiskette gegen den Antragsteller, die den Zuschauer unweigerlich dazu veranlasst, den Antragsteller als praktisch überführt anzusehen.

e) Auch wenn die Redakteurin der Antragsgegnerin vor Ausstrahlung der Sendung nicht nur mit Frau B.… und Herrn K.… gesprochen hat und wenn sie das rechtskräftig gewordene Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin sowie den Abschlussbericht des Ausschusses für die Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung des 13. Deutschen Bundestages vom 20.5.1998 vorliegen hatte, ist sie ihrer Recherchepflicht nicht in dem erforderlichen Maße nachgekommen. Sie hat es nämlich verabsäumt, den Antragsteller konkret zu der von Frau B.… gemachten Äußerung zu befragen. Wie sich aus den eidesstattlichen Versicherungen der Redakteurinnen S.… und Z.… vom 16.6.2008 ergibt (Anl.  AG 11,12), war dem Antragsteller über seinen Pressesprecher ein Interview angeboten worden zu der Frage, warum er seine Berufung zurückgenommen habe, was dieser trotz erneuter Nachfrage abgelehnt hat. Die Zurückweisung des Interview-Angebotes enthob die Antragsgegnerin indessen nicht der Pflicht, dem Antragsteller Gelegenheit zu geben, auf anderem Wege zu dem Sachverhalt Stellung zu nehmen. Gerade im Zusammenhang mit einer Berichterstattung über den Verdacht einer Straftat oder eines sonstigen Standesvergehens ist es für den Betroffenen nicht zumutbar, sich der Öffentlichkeit in einem Interview zu präsentieren, um den Vorwürfen zu begegnen. Hinzu kommt, dass dem Antragsteller nicht bekannt gemacht worden war, dass sich Frau B.… in der zitierten Weise geäußert hatte und dass man über den Verdacht gegen ihn über die Vorgänge aus dem Jahr 1979 berichten werde. Zwar lag es in Anbetracht der drei durch das Verwaltungsgericht freigegebenen Dokumente nicht ganz fern, dass auch deren Inhalt Gegenstand der Berichterstattung sein würde. Dennoch zielte die von der Redakteurin S.… dem Pressesprecher T.… genannte Frage, warum der Antragsteller die Berufung zurückgezogen habe, nicht unmittelbar auf die Vorgänge aus dem Jahr 1979 und erst recht nicht auf die Behauptung Frau B.…

Auch nachdem der Pressesprecher das Angebot zu einem Interview abgelehnt hatte, wäre es daher angezeigt gewesen, schriftlich konkret gezielte Fragen zu stellen und dem Antragsteller insbesondere Frau B.… Äußerung vorzuhalten, um ihm Gelegenheit zu geben, seine Interpretation der gezeigten Dokumente mitzuteilen.

f) Der Rechtmäßigkeit der Berichterstattung steht ferner insbesondere die tendenziöse und unausgewogene Form der Darstellung entgegen, wie der Senat bereits in den Gründen des Beschlusses vom 31.7.2008, auf die Bezug genommen wird, ausgeführt hat.

Die hiergegen und gegen die Urteilsbegründung des Landgerichts mit der Berufung vorgebrachten Beanstandungen der Antragsgegnerin vermögen nicht zu überzeugen.

Der Beitrag der Antragsgegnerin präsentiert im Ganzen nur wenige den Antragsteller entlastende Umstände, die zudem durch ihre Formulierung oder den Kontext praktisch entwertet werden.

aa) So wird zwar bereits in der Anmoderation deutlich gemacht, dass der Antragsteller jede Zusammenarbeit mit der Stasi bestreite und behaupte, nie IM gewesen zu sein und nie jemanden verraten zu haben. Dieses Bestreiten wird aber bereits dadurch als im Grunde unglaubhaft entwertet, indem der Antragsteller zuvor als „äußerst gewiefter Anwalt“ vorgestellt wird, der jeden, der anderes behaupte, verklage. Das Attribut „gewieft“ hat nach allgemeinem Verständnis die Bedeutung von listig und raffiniert, somit von Charaktereigenschaften, die es ermöglichen, nicht berechtigte Ansprüche erfolgreich durchzusetzen.

Die zuvor genannte pauschale Darstellung seines Bestreitens wird zudem unmittelbar danach durch die Erwähnung der als „interessant“ bezeichneten Protokolle praktisch widerlegt, ohne dass seine Version über Qualität und Herkunft dieser Dokumente auch nur angedeutet wird. Die Wiedergabe der Einwände des Antragstellers zumindest in Grundzügen wäre der Antragsgegnerin auch ohne dessen konkrete Stellungnahme schon anhand der Urteilsgründe des Verwaltungsgerichtlichen Urteils möglich gewesen, das sich mit dem Vortrag des Antragstellers ausführlich auseinandersetzt. Stattdessen werden die ausschnittsweise eingeblendeten Schriftstücke als geradezu erdrückendes Beweismaterial vorgeführt, das nur von dem Antragsteller dem Staatssicherheitsdienst zugeleitet worden sein kann, so dass der Zuschauer, zumal nach der Äußerung Frau B.…, nur zu dem Schluss kommen kann, dass der Antragsteller überführt sei.

bb) Die Zusammenstellung der Dokumente und die auf sie gestützte „Beweisführung“ ist darüber hinaus irreführend. Das erste eingeblendete Dokument, worauf sich die Äußerung Frau B.… bezieht, betrifft ein Treffen vom 9.7.1979. Auf die im Anschluss daran gestellte Frage, ob G.… wirklich der Informant gewesen sei, wird Herr K.… vorgestellt, der „1979 auch dabei“ gewesen sei, ohne dass dem Zuschauer wahrheitsgemäß vermittelt wird, dass das Treffen, an dem K.… teilgenommen hat, an einem anderen Tag, nämlich am 3.10.1979, stattgefunden hat. Zwar mag der alsdann berichtete Umstand, dass K.… über seine Heimfahrt mit dem Antragsteller später einen Bericht in seinen Stasi-Akten fand, ein Indiz dafür darstellen, dass der Antragsteller auch bezüglich des 9.7.1979 Informant gewesen sein könnte, wenn er auch über das Treffen vom 3.10.1979 berichtet haben sollte. Dennoch hätte dem Zuschauer vermittelt werden müssen, dass der Vorgang, von dem K.… berichtet, zu einer anderen Zeit stattgefunden hat, als derjenige, auf den sich Frau B.… bezieht, und dass das Treffen mit K.… und der Vermerk in dessen Akte lediglich als Indiz in Betracht gezogen werden könnte. Soweit die Antragsgegnerin hier diese unzulässige Vermischung beider Treffen durch die Berichterstattung leugnet, ist dies nicht nachzuvollziehen. Die nach Frau B.… Äußerung gestellte Frage lautet nämlich: „War G.… wirklich der Informant?“. Der Artikel „der“ in diesem Fragesatz zeigt an, dass sich die Frage allein auf den vorausgegangenen Bericht (über den 9.7.1979) bezieht. In diesem Kontext kann auch die Einführung K.…s mit der Erklärung, er sei 1979 auch dabei gewesen, nur so verstanden werden, dass dieser bei dem zuvor genannten Treffen (vom 9.7.1979) dabei gewesen sei.

cc) Auch bezüglich des eingeblendeten Dokuments, welches sich auf K.… bezieht, hat die Antragsgegnerin es unterlassen, die ihr aus dem Verwaltungsprozess bekannten Erklärungen des Antragstellers zumindest anzudeuten. Folglich gewinnt der Zuschauer den Eindruck, der Antragsteller habe als einziges Argument hiergegen nur den Einwand, eine Spitzeltätigkeit im Jahr 1979 sei ausgeschlossen, weil erst im Herbst 1980 ein IM-Vorlauf angelegt worden sei. Die Verfügung der Staatssicherheitsbehörde, wonach er als IM ungeeignet sei, wird im Anschluss daran zwar erwähnt, sie wird indessen im Unterschied zu den belastenden Dokumenten nicht eingeblendet, so dass aus der Berichterstattung nicht eindeutig hervorgeht, ob es auch hierfür Belege gebe. Dieses einzige mitgeteilte Entlastungsargument des Antragstellers wird zudem unmittelbar im Anschluss daran durch die weitere Äußerung Frau B.… entkräftet, die darauf hinweist, dass es unerheblich sei, ob eine offizielle Registrierung erfolgt sei.

dd) Zusammenfassend kommt die Berichterstattung als eine Beweisführung gegen den „gewieften“ Antragsteller daher, bei der wesentliche Erklärungen des Antragstellers zu dem belastenden Material unterdrückt werden, nicht zusammengehörende belastende Beweisstücke als Einheit verbunden werden und belastendes Material im Bild auszugsweise gezeigt wird, entlastendes hingegen nicht. Weitere Entlastungsmomente aus der vom Antragsteller herausgegebenen Presseerklärung vom 22.5.2008 (ASt 7) werden zudem nicht erwähnt, wie etwa die erfolgreiche Vertretung R.… H.… durch den Antragsteller sowie die spätere Einleitung einer operativer Personenkontrolle gegen den Antragsteller.

In diesem Zusammenhang dient die Verbreitung der beanstandeten Äußerung Frau B.… nicht als Mitteilung einer Darstellung von mehreren Sichtweisen, sondern als Bekräftigung des von der Antragsgegnerin vermittelten Ergebnisses, wonach der Antragsteller Spitzel gewesen sei. In diesem Kontext ist die Verbreitung der Äußerung daher rechtswidrig.

2. Die Rechtswidrigkeit der Äußerung ergibt sich aus ihrer Verwendung im Gesamtkontext. Da es zu den Aufgaben Frau B.… als Bundesbeauftragter für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik gehört, sich über den Inhalt in den Akten befindlicher Dokumente zu äußern, liegt es nicht fern, dass die Verbreitung der beanstandeten Äußerung in einem anderen Kontext im öffentlichen Interesse liegen und daher von der Meinungsäußerungsfreiheit gedeckt sein kann. Es handelt sich hierbei um einen Vorbehalt, der jeder Berichterstattung immanent ist und der in der Zwangsvollstreckung zu beachten ist. Der Senat hat daher das Verbot der erneuten Verbreitung ausdrücklich auf eine solche im Zusammenhang mit der hier vorliegenden oder einer kerngleichen Berichterstattung bezogen. Dieser Ausspruch enthält jedoch lediglich eine Klarstellung der ohnehin bestehenden Rechtslage und keine Einschränkung, so dass keine Kostenteilung zu erfolgen hat.

3. Die Berufung des Antragstellers ist begründet, da das Landgericht ihm einen Anspruch auf Unterlassung der Erweckung eines Verdachts zugesprochen hat, den der Antragsteller nicht beantragt hatte (§ 308 Abs. 1 S. 1 ZPO). Der Ausspruch im erstinstanzlichen Urteil ist auch nicht durch das durch § 938 Abs. 1 ZPO dem Gericht eingereichte freie Ermessen gedeckt. Der Antragsteller hat sich erkennbar gegen die Verbreitung des konkreten Zitats gewandt und nicht gegen die sonstige Berichterstattung oder den mit ihr erweckten Verdacht. Der beanstandete Satz stellt isoliert eine Tatsachenbehauptung und keine Verdachtsäußerung dar. Es ist erkennbar, dass sich der Antragsteller nur gegen die Verbreitung dieser ihn belastenden Tatsachenbehauptung wenden wollte, so dass das vom Landgericht erlassene Verbot auch nicht teilweise seinem Antrag entsprochen hat.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 97 Abs. 1 ZPO.

(Unterschriften)