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OLG / LG Köln, Urteile vom 28. Mai 2002 / 5. Okt. 2001, 15 U 221/01 - Steffi Graf-Fotos II (Haftung für Nacktfotos)

Leitsätzliches

Wer eine Domain als Inhaber hält und auch auf der darunter erreichbaren Website im Impressum genannt wird, ist für die unter der Domain veröffentlichten Inhalte einschließlich fremder Beiträge in Foren, Chatrooms oder Gästebüchern grundsätzlich verantwortlich. Der Haftungsausschluss eines Diensteanbieters iSd § 5 TDG kommt dann nicht in Betracht, wenn News-Groups oder Chat-Foren moderiert und vor der Veröffentlichung kontrolliert werden. In diesem Fall erweckt der Anbieter den Anschein, sich mit den fremden Inhalten grundsätzlich zu identifizieren und sich diese zueigen zu machen.

OBERLANDESGERICHT KÖLN

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

Aktenzeichen: 15 U 221/01

Datum: 28. Mai. 2002

 

 

OBERLANDESGERICHT KÖLN

 

IM NAMEN DES VOLKES

 

URTEIL

 

Aktenzeichen: 15 U 221/01

Entscheidung vom 28. Mai 2002

 

 

 

In dem Verfahren

 

betr. den Erlaß einer einstweiligen Verfügung

 

hat der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichtes Köln auf die mündliche Verhandlung vom 23. April 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Jährig sowie die Richterinnen am Oberlandesgericht Dr. Diederichs und Scheffler

 

für R e c h t erkannt:

 

Die Berufung der Verfügungsbeklagten gegen das Urteil der 28. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 05. Oktober 2001 – 28 0 346/01 – wird zurückgewiesen.

 

Die Kosten des Berufungsrechtszuges trägt die Verfügungsbeklagte.

 

Das Urteil ist rechtskräftig.

 

- Von der Darstellung eines Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO a.F. abgesehen. –

 

 

 

Entscheidungsgründe

 

Die an sich statthafte, in der gesetzlichen Form und Frist eingereichte und begründete Berufung der Verfügungsbeklagten (fortan: Beklagte) ist zulässig. In der Sache indes bleibt sie ohne Erfolg. Im Ergebnis hält die angefochtene Entscheidung den gegen sie geführten Rechtsmittelangriffen stand.

 

Das landgerichtliche Urteil unterliegt nicht etwa deswegen der Aufhebung oder Abänderung, weil die Kammer – wie die Beklagte meint – einen zu unbestimmt gefassten Verfügungsantrag eigenständig konkretisiert und sich dadurch über die Grenzen insbes. der §§ 308 Abs. 1 S. 1, 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hinweggesetzt hat. Grundsätzlich räumt § 938 ZPO dem Gericht ein Ermessen ein, welche Anordnungen es zur Erreichung des verfolgten Verfügungszwecks für geboten hält. Wenngleich ein Untersagungsbegehren so bestimmt wie möglich formuliert werden sollte, ist das Gericht dennoch nicht gehindert, einschränkende Konkretisierungen anzubringen, wie dies hier geschehen ist.

Die vorgenommene Eingrenzung präzisiert das zu beachtende Verbot auch so hinlänglich, dass dessen Befolgung notfalls zwangsweise mit den Mitteln des Vollstreckungsrechts durchgesetzt werden könnte. Da das Unterlassungsgebot in die Zukunft gerichtet ist, kann es zwangsläufig noch keinen individualisierten Verletzungsfall bezeichnen, sondern sich lediglich an der in der Vergangenheit bereits verwirklichten Verletzungsform orientieren. Dem trägt die Tenorierung des landgerichtlichen Urteils gebührend Rechnung. Diese ist auch nicht – wie die Berufung moniert – unter Berücksichtigung dessen zu weit gefasst, dass die Beklagte „keine Herrschaft über das gesamte Internet“ besitzt. Ihre Argumentation lässt außer Ansatz, dass es speziell der Beklagten verboten worden ist, Abbildungen und inkriminierten Art zu veröffentlichen oder veröffentlichen zu lassen. Dieses Unterlassungsangebot kann sich naturgemäß allein auf Sachverhalte beziehen, auf deren Realisierung die Beklagte Einfluss nehmen kann, weil sie eine dazu gehörige Rechtsmacht innehat.

 

Ebensowenig wie die Fassung des Urteilstenors gibt die Begründung, mit der das Landgericht zur Bejahung der Passivlegitimation der Beklagten gelangt ist, berechtigten Anlass zu Beanstandungen. Die Beklagte war – was sie schlechterdings nicht in Abrede stellen kann – im maßgeblichen Zeitraum (September 2000 bis Juni 2001) Inhaberin der Domain. Dass sie insoweit lediglich eine formalrechtliche Position gehalten haben will, weil die Registrierung des Namens im Auftrag und für Rechnung der M.C. beantragt worden sei, lässt ihre Passivlegitimation nicht entfallen. Sie hat nämlich nach außen hin einen anderen Anschein als den eines bloßen „Statthalters“ gesetzt. So hat sie die Homepage unter M. Deutschland geführt, im „Impressum“ sind ihre Firmenbezeichnung und ihre Geschäftsadresse angegeben und als Ansprechpartner für die im einzelnen umschriebenen Bereiche sind Mitarbeiter ihres Unternehmens namentlich benannt. Dass irgendwo kleingedruckt auch einmal der Name „M.C.“ zu lesen steht, enthebt sie nicht ihrer Verantwortung für die unter ihrer Domain ins Internet eingestellten Inhalte.

 

Zu eben diesen Inhalten gehörte bis zu der Sperrung am 21.06.2001 auch die Community „F.o.S.“, die ein mit dem Pseudonym „E.“ versehener privater Nutzer in die Homepage „M.. de“ eingebracht hatte. Dass die dort veröffentlichen Bilder, jeweils mittels technischer Manipulation hergestellte Kombinationen aus den Köpfen Prominenter und den in abszöner Pose abgebildeten Körpern anderer Personen, das Persönlichkeitsrecht der Betroffenen – hier speziell der Verfügungsklägerin (künftig: Klägerin) – gröblichst verletzen, steht außer Frage und wird auch von der Beklagten nicht in Zweifel gezogen. Demzufolge hat die Klägerin in entsprechender Anwendung von §§ 823, 1004 BGB Anspruch darauf, dass derartige Rechtsverletzungen künftig unterbleiben. Dieser Inanspruchnahme ist auch die Beklagte ungeachtet dessen ausgesetzt, dass es sich bei ihr um eine Diensteanbieterin im Sinne des zur „Tatzeit“ geltenden Gesetzes über die Nutzung von Telediensten (TDG) handelt, worunter nach der Legaldefinition in § 3 Nr. 1 TDG natürliche oder juristische Personen oder Personenvereinigungen zu verstehen sind, die eigene oder fremde Teledienste zur Nutzung bereithalten oder den Zugang zur Nutzung vermitteln. Solche Diensteanbieter haften zwar nur nach Maßgabe des § 5 TDG, der eine Filterfunktion erfüllt, um im Blick auf die spezifischen Umstände des Internet bestimmte Fälle von der verantwortlichen Zurechnung auszuschließen (vgl. etwa Köhler/Arndt, Recht des Internet Rdz. 419). Es besteht aber schon ein Meinungsstreit darüber, ob die dort geregelten Haftungsbeschränkungen nur auf die verschuldensabhängigen Haftungstatbestände anzuwenden sind (Koch CR 1997, 193, 198) oder ob sie auch für den – hier angesprochenen – Bereich der Störerhaftung gelten (so Köhler/Arndt a. a. O.; insow. wohl verneinend Spindler NJW 1997, 3193, 3195, dort Fn. 25; offenlassend OLG Köln – 6. Zivilsenat – OLG-Report 2002, 80, 81 m. w. N.). Eine Entscheidung, ob dieser oder jener Auffassung zu folgen ist, fordert der zu beurteilende Sachverhalt indessen nicht heraus, weil keine der in Abs. 2 und 3 des § 5 TDG vorgesehenen Haftungserleichterungen zum Zuge kommt, vielmehr dessen Absatz 1 einschlägig ist, der besagt, dass Diensteanbieter für eigene Inhalte nach den allgemeinen Gesetzen verantwortlich sind.

 

„Eigene“ Inhalte meint nicht ausschließlich diejenigen, die von dem Provider herrühren, die er selbst verfasst hat und deren Schöpfer bzw. Urheber er ist, sondern darüber hinaus auch fremd erstellte Inhalte, die der Dienstanbieter sich zueigen macht (vgl. BT-Drucks. 13 / 7385 S. 19), die er so übernimmt, dass er aus der Sicht eines objektiven Nutzers für sie Verantwortung tragen will. Dazu bedarf es wertender Betrachtung aller Umstände des Einzelfalles (Pelz ZUM 1998, 530, 532; Spindler NJW 1997, 3193, 3196). Entscheidend ist insoweit die Art der Datenübernahme, ihr Zweck und die konkrete Präsentation der fremden Daten durch den Übernehmenden (Köhler/Arndt a. a. O. Rdz. 420). Allein die Tatsache, dass der Anbieter einen fremden Inhalt als solchen kenntlich gemacht hat, kann noch nicht in jedem Fall seine Haftung wegen eigenen Inhalts ausschließen. Als Abgrenzungsrichtschnur kann die Rechtsprechung zur erforderlichen Distanzierung von Presseorganen gegenüber wiedergegebenen Zitaten oder Informationen vorsichtig und mit Modifikationen herangezogen werden (Spindler NJW 1997, 3193, 3196; in diesem Sinne auch Pelz ZUM 1998, 530, 532). Diese setzt eine eigene und ernsthafte Distanzierung des Erklärenden von den Äußerungen eines Dritten voraus. Hierzu reicht es beispielsweise nicht aus, dass der Anbieter bei Wiedergabe ehrverletzender Äußerungen lediglich auf die eigene Verantwortung ihres Urhebers verweist. Besitzt jemand die Urheber- und Nutzungsrechte an einem online bereitgestellten Werk, so wird dies regelmäßig als Indiz für einen eigenen Inhalt angesehen werden können (Müller-Terpitz in Kröger/Gimmy, Handbuch zum Internet S. 193).

 

Legt man diese Maßstäbe an, so spricht zunächst gegen ein Zueigenmachen, dass die Fremdheit für den Nutzer erkennbar war, die Anonymisierung offengelegt und ausdrücklich darauf hingewiesen worden ist, dass die Beklagte bzw. Microsoft für den Inhalt dieser Web-Seite nicht verantwortlich zeichne. Bei gesamtschauender Betrachtung indes reichen angesichts des Maßes an Einflußnahme und Steuerung durch die Beklagte sowie der Art der Präsentation

und des damit verfolgten Zwecks die voraufgeführten Umstände nicht aus, um aus der Sicht eines objektiven Nutzers eine ernsthafte und genügende Distanzierung des Diensteanbieters von den auf seine Web-Seiten eingestellten Inhalten deutlich werden zu lassen. So schließt – wie bereits dargelegt – allein die Kenntlichmachung eines fremden Inhalts als eines solchen dessen Zurechnung zu dem Anbieter keineswegs zwingend aus. Bei moderierten News-Groups oder Chat-Foren ist in aller Regel ohne weiteres erkennbar, dass es sich um Beiträge handelt, die nicht vom Provider, sondern von Dritten stammen. Dadurch jedoch, dass dieser eine an den gestellten Anforderungen ausgerichtete Vorkontrolle – hier durch Einforderung einer Beschreibung des Inhaltes der geplanten Commuity und Einschätzung ihrer altersbezogenen Eignung – ausübt und den Beitrag in sein eigenes Diensteangebot integriert, erweckt er den Anschein, sich mit den fremden Inhalten grundsätzlich zu identifizieren und sich diese zueigen zu machen (vgl. Pelz ZUM 1998, 530, 533).

Die Beklagte gibt, wenn auch nur grob strukturiert, die Infrastruktur der Communities vor, indem sie Themenschwerpunkte bildet und eine bildliche oder textliche Ausgestaltung der Beiträge vorschreibt. Auf diese Weise wirkt sie initiierend und lenkend auf die Schaffung überhaupt wie auch auf die Inhalte der Communities ein. Diese sind in die übrigen – eigenen – Internetseiten der Beklagten vollständig eingebettet und werden selbst von werbenden Aussagen der Beklagten für eigene Produktangebote eingerahmt. Es ist im Hinblick darauf wie ferner in Ansehung dessen, dass die Einstellung von Prominentenbildern ins Internet wenig mit der Eröffnung eines Diskussionsforums gemein hat, nicht ersichtlich, welchem anderen Zweck als dem der Förderung eigener wirtschaftlicher Interessen die Hereinnahme der Communities zu dienen bestimmt sein soll. Obschon auf „E.“ als den anonymisierten Urheber der Beiträge hingewiesen wird, ist doch nicht zu verkennen, dass aus der Sicht des unbefangenen Betrachters der einstellende „Manager“ im Vergleich zu der Beklagten als gänzlich untergeordnet erscheint, dieser ihr gegenüber vollständig in den Hintergrund tritt.

Ob dieser in seiner Eigenschaft als „Manager“ einen Anspruch auf Geheimhaltung seiner Identität für sich reklamieren kann oder nicht vielmehr seinerseits als „content provider“ anzusehen ist, sei hier nur als Frage in den Raum gestellt. Ihr kommt unter dem Aspekt Bedeutung zu, dass die Begrenzung der deliktsrechtlichen Verantwortlichkeit der Telediensteanbieter und ggfls. auch ihrer Störerhaftung zu keiner Aushöhlung des Persönlichkeitsrechtsschutzes führen darf. Letztlich käme es dazu aber, wenn sich der Telediensteanbieter dahin zurückziehen könnte, selbst – mangels Kenntnis vom Inhalt – gemäß § 5 Abs. 2 TDG von der Haftung frei zu sein, weil es sich um einen fremden Beitrag handele, der „Fremde“ jedoch nicht zur Rechenschaft zu ziehen ist, weil dessen Identität vom Provider unter Berufung auf datenschutzrechtliche Bestimmungen nicht preisgegeben zu werden braucht. Dieser Interessenwiderstreit verlangt nach einer so klaren und weitreichenden Distanzierung der Dienstanbieters vom Inhalt der in seine Web-Seiten übernommenen Communities, dass nicht mehr er, sondern nur noch der wirkliche Verfasser des Beitrages als der keines Datenschutzes bedürftige Urheber in Erscheinung tritt, der dafür zivil- und strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden kann.

 

Haben schon die gegen eine ausreichende Distanzierung sprechenden vorstehend behandelten Gesichtspunkte ein deutliches Übergewicht im Vergleich zu denen, die die Beklagte zu ihren Gunsten ins Feld führen kann, so tritt noch als ein dieses Ergebnis bestärkender Umstand hinzu, dass sich die Beklagte als ein Microsoft angeschlossenes Unternehmen in den Nutzungsbedingungen (vgl. Anlagen AS 9, AH Bl. 20, bzw. AG 10, AH Bl. 56, dazu Bl. 165 GA) das Recht „zur Nutzung“ bzw. „zur Verwendung Ihrer Sendung in Verbindung mit dem Betrieb Ihrer Internettätigkeiten“ ausbedungen hat. Dies ist ein zusätzliches Indiz dafür, dass sich die Beklagte den an sich fremden Inhalt zueigen gemacht hat, so dass sie in Ansehung von § 5 Abs. 1 TDG nach den allgemeinen Gesetzen haftet.

 

Am der Störereigenschaft der Beklagten ist nicht nachhaltig zu zweifeln. Sie muss sich eine adäquat kausale Veranlassung der Rechtsgutsverletzung zurechnen lassen, hat sie doch durch ihre Initiative und ihre Themen-/Gestaltungsvorgaben die Einstellung – auch manipulierter – Prominentenbilder ins Internet herausgefordert. Worin sonst sollte der Anreiz für die Veröffentlichung von Fotos gefunden werden, wenn es sich dabei ausschließlich um solche gehandelt hätte, die regelmäßig in sämtlichen Medien anzuschauen sind ? Eine konkrete Kenntnis vom Inhalt jeder einzelnen Community ist in diesem Zusammenhang nicht vonnöten. Zur Annahme der Störereigenschaft reicht es aus, dass der rechtsverletzende Gebrauch der von der Beklagten angebotenen Möglichkeit, ihre Web-Seiten zu nutzen, nicht außerhalb jeder Wahrscheinlichkeit lag (vgl. Wiebe CR 2002, 54 und die dort. Nachw.).

Deswegen dringt die Beklagte auch nicht mit ihrem Argument durch, im Internet sei es unmöglich, Inhalte der Beiträge eines Nutzers im vorhinein zu filtern, ihr könne folglich die Erfüllung des Untersagungsgebots nicht abverlangt werden. Ihre Haftung gründet auf ihrem eigenen Verursachungsbeitrag zu der Rechtsgutsverletzung. Es ist ihre Sache, dafür Sorge zu tragen, dass ihr fremde Inhalte nicht als eigene zugeordnet werden können. Dafür mag es notwendig sein, dass sie Gestaltung, Thematik und Zweck der Präsentation solcher Communities neu überdenkt und sachgerecht regelt.

 

Der Unterlassungsanspruch, der der Klägerin nach dem bisher Gesagten zuzubilligen ist, scheitert schließlich nicht an fehlenden Wiederholungsgefahr. Für deren Bestehen streitet angesichts der bereits einmal begangenen Rechtsverletzung schon generell eine diesbezügliche Vermutung. Einzelfallbezogen kommt hier noch hinzu, dass die Beklagte geltend macht, sie sei zur Einhaltung des Verbotes faktisch gar nicht imstande, woraus im Umkehrschluss zu folgern ist, dass gleichartige Rechtsverletzungen selbst aus ihrer Sicht jederzeit erneut passieren können.

 

Dem Begehren der Klägerin mangelt es auch nicht an der Dringlichkeit. Spätestens seit Vorlage des „Fan“-Briefes vom 04.06.2001 (Bl. 183 GA) ist glaubhaft gemacht, dass sie unverzüglich nach Kenntniserlangung die gebotenen rechtlichen Schritte in die Wege geleitet hat.

 

Die nach Maßgabe des angefochtenen Urteils bestätigte einstweilige Verfügung ist nach alledem zu Recht erlassen worden; der Berufung der Beklagten muss demnach der Erfolg versagt bleiben.

 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Ein Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ist in Ansehung von § 542 Abs. 2 ZPO n. F. entbehrlich.

 

Gegenstandwert für das Berufungsverfahren:

 

100.000,00 DM = 51.129,19 Euro

 

 

Dr. Jährig Scheffler Dr. Diederichs

LANDGERICHT KÖLN

 

IM NAMEN DES VOLKES

 

URTEIL

 

Aktenzeichen: 28 O 346/01

Entscheidung vom 5. Oktober 2001

 

 

 

Sachverhalt

 

Die Ag. ist Inhaberin einer Domain und wird auch im Impressum der entsprechenden Webseite genannt, auf der in sog. "Communities" Dritte unter Pseudonym Bilder und Texte einstellen können. Dort fanden sich unter dem Titel "So habt Ihr sie noch nie gesehen" u.a. Fotos von Prominenten, die aus Fotomontagen mit pornografischen Szenen bestanden.

 

 

 

Aus den Gründen

 

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist begründet, sodass die einstweilige Verfügung der Kammer v. 26.7.2001 zu bestätigen war. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch der Ast. folgt aus §§ 823, 1004 BGB, § 5 Abs. 1 TDG. Vorliegend ist die Ag. als Diensteanbieterin gern. § 5 Abs. 1 TDG nach den allgemeinen Gesetzen, also auch nach dem BGB, für die streitgegenständlichen Abbildungen auf der Homepage ... verantwortlich.

 

Bei der Ag. Handelt es sich umeine Diensteanbieterin i.S.v. § 5 Abs. 1 TDG, denn die Ag. hält nach der Legaldefinition in § 3 Nr. 1 TDG als juristische Person Teledienste zur Nutzung bereit bzw. vermittelt den Zugang zur Nutzung dieser. Unter Telediensten sind gern. § 2 Abs. 2 Nr. 2, 3, 5 TDG insb. Angebote von Waren und Dienstleistungen, Angebote zur Nutzung des Internet oder Informationen über Waren und Dienstleistungsangebote im Internet zu verstehen. Als Diensteanbieterin ist die Ag. auch hier passivlegitimiert. Soweit die Ag. vorträgt, nicht sie sondern die X ... sei die Betreiberin der streitgegenständlichen Homepage, ändert dies nichts daran, dass die Ag. bereits deshalb für den Unterlassungsanspruch passivlegitimiert ist, als sie zumindest auch Störerin i.S.v. § 1004 BGB ist. Denn zum einen erscheint die Ag. für Dritte erkennbar im Impressum als Ansprechpartnerin für die Inhalte der Homepage. Zum anderen ist sie bei der X als Inhaberin der streitgegenständlichen Domain gemeldet. In diesem Zusammenhang sehen insb. die Vergabebestimmungen vor, dass die beantragte Domain dem Antragsteller (hier: der Ag.) zur Nutzung überlassen wird. Indem die Ag. bei der X die streitgegenständliche Domain erwarb, erwarb sie mithin auch das Recht zur Nutzung. Dass die Ag. die Domain - wie sie vorträgt - wiederum der X zur Nutzung überlässt und von dort die erforderlichen (technischen) Maßnahmen getroffen werden, um auf der Homepage Inhalte erscheinen zu lassen, ändert nichts daran, dass auch dieses Vorgehen der Ag. eine Nutzung der Homepage durch sie darstellt. Dies wird noch dadurch unterstützt, als auch die Ag. vorträgt, dass sie selbst für Eilfälle technische Zugriffsmöglichkeiten besitzt und Personal vorhält, um Inhalte von der Homepage zu entfernen.

 

Die Ag. hält die streitgegenständlichen Inhalte auch als eigene Inhalte i.S.v. § 5 Abs. 1 TDG zur Nutzung bereit. Für die Beurteilung der Frage, ob ein Diensteanbieter eigene oder fremde Inhalte zur Nutzung bereithält, ist auf die Würdigung aller Umstände des Einzelfalls aus Sicht eines objektiv verständigen Nutzers abzustellen (vgl. nur Koch, CR 1997, 193, 197; Spindler, NJW 1997, 3193, 3196). Dabei ist davon auszugehen, dass die Haftungsprivilegien des § 5 Abs. 2 TDG zwar den Besonderheiten elektronischer Kommunikation Rechnung tragen sollen. Nicht beabsichtigt und auch nicht mit dem Sinn und Zweck des TDG vereinbar ist jedoch eine Besserstellung elektronischer im Verhältnis zu traditionellen Medien. Vorliegend ist dabei insb. zu berücksichtigen, dass das TDG nicht das gesetzgeberische Ziel verfolgt, den Persönlichkeitsrechtsschutz zu verkürzen.

 

Vorliegend ist die Ag. für den Inhalt der streitgegenständlichen Community und die streitgegenständlichen Bilder nach § 5 Abs. 1 TDG verantwortlich, denn es handelt sich um Inhalte, die sich die Ag. vorliegend zu Eigen gemacht hat, und damit um eigenen Inhalt der Ag. Unstreitig hat zwar nicht die Ag. die streitgegenständlichen Fotos in das Netz gestellt, sondern ein Dritter. Die Kammer verkennt auch nicht, dass die Ag. es versucht, diesen Inhalt als fremden kenntlich zu machen - etwa durch den Zusatz "Hinweis: [Die Ag.] ... ist für den Inhalt dieser Web-Community nicht verantwortlich." Entscheidend ist jedoch, dass bei der streitgegenständlichen Community und den Bildern aus der Sicht des Nutzers eine Verquickung derart stattfindet, dass Diensteanbieter und Fremdinhalt als Einheit erscheinen und sich der Diensteanbieter den Fremdinhalt damit gleichsam zu Eigen macht.

 

Der private Anbieter, hier mit dem Nick-Name A, der die streitgegenständlichen Bilder in der Community ... eingestellt und angeboten hat, bekommt von der Ag. eben diesen Nick-Name als Pseudonym zugewiesen. Damit tritt der Manager der Community nicht erkennbar in Erscheinung. ... Damit verschwindet der anonyme Anbieter praktisch hinter der Ag., die allein durch die Verbindung von Nick-Name und nur bei ihr vorrätig gehaltener Namens- und Anschriftenangabe des Managers eine Individualisierung desselben vornehmen kann. Auch wenn ein interessierter Nutzer der Community darum weiß, dass ein dritter privater Manager existiert Lind sich hinter dem in der Community kenntlich gemachten Pseudonym verbirgt, ist sein Partner zunächst allein aus seiner Sicht die Ag., da er keinen anderen kennt und auch keinen anderen ausmachen kann. Dies belegt eindeutig auch die Impressumangabe auf der Homepage der Ag., die dem Nutzer allein Aufschluss über den Ansprechpartner gibt - die Ag. Ferner nimmt allein die Ag. Anträge auf Mitgliedschaft zu einer ihrer "... communities" entgegen und kann die Mitgliedschaft herbeiführen. Sie unterrichtet auch das neue Mitglied einer "...-community" über das Zu-Stande-Kommen der Mitgliedschaft. Auf Grund dieser Verquickung stehen die Ag. und der Manager einer Community einem Nutzer als untrennbare Einheit gegenüber, sodass sich die Ag. die jeweiligen Inhalte der Community i.S.v. § 5 Abs. 1 TDG zu Eigen macht.

 

Zu der von der Ag. beabsichtigten und ermöglichten Anonymisierung des jeweiligen Managers einer Community kommt für das Zu-Eigen-Machen der Inhalte der Community hinzu, dass die streitgegenständlichen Bilder innerhalb des Frames der Ag. mit entspechendem Logo und Werbebanner erscheinen und sich die Ag. die Nutzungsrechte an den eingestellten Inhalten einräumen lässt. Für die von der Ag. vorgetragene Distanzierung von den Inhalten der Community reicht auch der unter den Bildern erscheinende Hinweis: "[Die Ag.] ... ist für den Inhalt dieser Web-Community nicht verantwortlich" nicht aus. Denn trotz dieses Hinweises ermöglicht die Ag. es nicht, den hinter der Community stehenden Manager auszumachen.

 

Die Ag. kann sich auch nicht dadurch entlasten, dass die Vorgänge im Internet automatisierte und massenhafte Vorgänge darstellen, die hinsichtlich ihrer Inhalte im Einzelnen nicht zu kontrollieren und zu überprüfen seien. Hierzu ist anzumerken, dass die technischen Möglichkeiten, die das Internet zweifellos bietet, den Persönlichkeitsrechtsschutz nicht verkürzen können. ... Schließlich können auch der von der Ag. mit den Managern einer Community in den Nutzungsbedingungen vereinbarte Haftungsausschluss sowie die ausführlichen Hinweise auf die eigene Verantwortlichkeit der Manager und Mitglieder einer Community hier zu keinem anderen Ergebnis führen. Denn diese vertraglichen Bestimmungen können nur Rechtswirkungen innerhalb des Vertragsverhältnisses zwischen der Ag. und den jeweiligen Nutzern einer Community entfalten, nicht aber ggü. unbeteiligten Dritten. Da auf Grund § 5 Abs. 1 TDG die allgemeinen Haftungsregeln gelten, steht der Ast. ein Unterlassungsanspruch aus §§ 823, 1004 BGB zu.

 

Unstreitig stellen die auch innerhalb der "...-community" veröffentlichten Fotomontagen, auf denen das Gesicht der Ast. zu sehen ist, Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes der Ast. dar. ... Die Wiederholungsgefahr i.S.v. § 1004 BGB ist bereits dadurch glaubhaft gemacht, als die Ag. sich gegen die Abgabe einer Unterlassungserklärung gewandt hat.