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LG Hamburg: Fremder Personenname als Meta-Tag

Leitsätzliches

Die Verwendung des Namens einer natürlichen Person im Meta-Tag einer Internetseite ist unzulässig jedenfalls dann, wenn diejenige Seite, die bei Eingabe des Namens in einer Suchmaschine im Rechercheergebnis angezeigt wird, keine Inhalte aufweist, die sich mit dem Namensträger befassen. (Markenrecht)

LANDGERICHT HAMBURG

 

IM NAMEN DES VOLKES

 

URTEIL

 

Aktenzeichen: 406 0 16/01

Entscheidung vom 6. Juni 2001

 

 

 

Aus dem Tatbestand

 

1) Der Kläger ist Rechtsanwalt in Hamburg. Nach eigenem Vortrag verfügt er über einen Bekanntheitsgrad von ca. 60% der bundesdeutschen Bevölkerung, was vornehmlich auf seine Mitwirkung in verschiedenen Werbespots der Firma M. zurückzuführen sei; darüber hinaus sei er aufgrund seiner anwaltlichen Tätigkeit für die Firma M. auch über die insoweit betroffenen Verkehrskreise hinaus bekannt geworden.

 

Der Kläger ist Inhaber der Internet-Domain »s.«. Auf dieser Internet-Seite bietet der Kläger Zugriff auf verschiedene von ihm erstrittene Entscheidungen des BGH, aber auch auf Presseveröffentlichungen zu seiner Person.

 

2) Bei dem Beklagten handelt es sich um einen in Hamburg ansässigen Verein, dessen Vereinszweck »die Förderung der Integration der Neuen Medien in die Gesellschaft, insbesondere die Wahrung der Meinungsfreiheit, der Rechtsstaatlichkeit sowie auch der Menschenrechte und des Verbraucherschutzes in EDV-Netzwerken« ist.

 

Der Beklagte betreibt unter der Domain »f.« eine eigene Internet-Seite. Diese dient nach eigenem Vortrag der kritischen Auseinandersetzung mit rechtlichen Fragen, die durch die Nutzungsmöglichkeiten des Internets sich Politik, Gerichten und Bevölkerung, insbesondere den Internet-Nutzerinnen und -Nutzern, stellen. Nach seinem Vortrag informiert er fortlaufend über neue Urteile betreffend die Haftung für Wettbewerbsverstöße und die Konsequenzen von Abmahnungen für die Betroffenen, bietet diesen Möglichkeiten der Information und des Austauschs und betreibt im Allgemeinen Öffentlichkeitsarbeit.

 

3) Der Beklagte verwendet auf seinen Seiten den Namen »s.« als sog. »Meta-Tag«, unsichtbare Schlüssel, die, ohne Bestandteil der Internet-Adresse bzw. der Bezeichnung der Web-Page zu sein, für eine Suchmaschine erreichbar sind, so dass der Internet-Nutzer, der diesen Namen bei einer solchen eingibt, automatisch sämtliche Internet-Seiten des Beklagten als Suchergebnis angezeigt erhält.

 

Der Kläger legt einen auszugsweisen Ausdruck von Suchergebnissen vor. Danach wurden unter dem Suchbegriff »s.« zahlreiche Internet-Seiten des Beklagten »gefunden«. Auf keiner dieser Seiten wurde eine Thematik behandelt, die einen Zusammenhang mit der Person des Klägers aufwies.

 

4) Mit Schreiben v. 18.9.2000 mahnte der Kläger den Beklagten ab; er beanstandete, dass der Beklagte bei seinem Internet-Auftritt im HTML-Code Meta-Tags und dabei ersichtlich systematisch auch »s.« verwende. Nach einer vorformulierten Unterlassungserklärung sollte sich der Beklagte verpflichten, es zu unterlassen, »s.« als Meta-Tag im HTML-Code der eigenen Homepage zu benutzen. Der Beklagte hat die geforderte Unterlassungserklärung nicht abgegeben.

 

 

 

Aus den Entscheidungsgründen

 

1. Die Klage ist begründet.

 

1) Zu Recht verlangt der Kläger von dem Beklagten, es zu unterlassen, den Namen »s.« als Meta-Tag im HTMLCode der eigenen Homepage zu benutzen, soweit diese Seiten keinen Bezug zur Person des Klägers haben. Der Unterlassungsanspruch findet seine rechtliche Grundlage unbeschadet weiterer Anspruchsgrundlagen aus §§ 5, 15 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG - in §§ 12,823 Abs. 1, 1004 BGB. Nach § 12 BGB kann der Berechtigte, wenn sein Interesse dadurch verletzt wird, dass ein anderer unbefugt den gleichen Namen gebraucht, von dem anderen Beseitigung und Unterlassung verlangen. Der Schutz des § 12 BGB erstreckt sich auf jede beliebige Art der Verwendung des Namens einer Person, und zwar im Privat- wie im Geschäftsleben. Erfasst ist die Anmaßung fremden Namens zur Bezeichnung eines Unternehmens, einer Ware oder bestimmten Einrichtung, mit der der Namensträger nichts zu tun hat, (für alle: Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl., Allgemeine Grundlagen Rz. 201 mit zahlreichen Nachweisen). Es genügt jede Benutzung, durch die im Verkehr eine erkennbare Beziehung zu einem bestimmten Namensträger hergestellt wird, gleichgültig, ob mithin ein rechtlich beachtlicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise hierin einen namensmäßigen Hinweis auf den Berechtigten erblickt. Diese Voraussetzungen sind erfüllt.

 

Der Beklagte hat den Meta-Tag »s.« in seine Website eingestellt. Wer den Namen »s.« in das Suchformular einer Suchmaschine eingibt, dem werden Websites des Beklagten mit einem Link, der direkt auf diese Seite führt, nachgewiesen, und zwar - auch - auf Seiten, die - insoweit entscheidungserheblich - mit dem Kläger nichts zu tun haben. Der Beklagte hat sich den Namen des Klägers angemaßt. Dem Beklagten ist einzuräumen, dass nicht jede Nennung eines fremden Namens ein Gebrauch i.S.d. § 12 BGB ist, sondern nur eine solche, die geeignet ist, eine namensmäßige Zuordnungsverwirrung hervorzurufen (vgl. Althammer/Ströbele/Klaka, MarkenG, 6. Aufl., § 15, Rz. 24; Palandt/Heinrichs, BGB, 59. Aufl., § 12 Rz. 20). Er verkennt jedoch, dass damit die Voraussetzung des Gebrauchs eines fremden Namens im Rahmen des § 12 BGB nicht zu verneinen ist. Wer den Namen »s. « als Suchwort eingibt, erwartet, Seiten aufzufinden, die mit dem Namen »s.« etwas zu tun haben, sei es die Homepage des Klägers, sei es eine Seite, die sich mit dem Kläger und seinen beruflichen Aktivitäten als Rechtsanwalt oder sogar als Schauspieler bzw. Gesangsinterpret (»Ich bin doch nicht blöd«) befassen. jedenfalls wer die Homepage des Klägers erreichen will, gibt den Namen des Klägers ein; die Zuordnungsverwirrung ist in dem Augenblick eingetreten, in dem er den Namen »s.« aufruft, Jedoch eine Seite des Beklagten erreicht, die er aufgrund der Namenseingabe nicht hat erreichen wollen, nämlich eine Website des Beklagten, die nichts mit dem Kläger zu tun hat. Unerheblich ist, dass die nachgewiesenen Websites selbst nicht die Bezeichnung »s.« tragen; entscheidend ist, dass dem Namen des Klägers als Suchbegriff die streitgegenständlichen Seiten zugeordnet sind. Die Zuordnungsverwirrung wird in dem Augenblick hervorgerufen, in dem der Suchende das Suchwort »s.« eingibt und nunmehr auf Websites landet, die mit dem Kläger nichts zu tun haben; entgegen der Auffassung des Beklagten kommt es nicht mehr darauf an, ob der Nutzer aufgrund dessen, was sein Browser anzeigt, davon ausgeht, dass es sich um eine Seite des Klägers handelt. Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass der Beklagte den Namen »s.« unbefugt benutzt. Letztlich nutzt er die Bekanntheit des Klägers aus. Der Name »s.« wird allein deshalb von den Nutzern als Suchbegriff eingegeben, weil der Kläger eine gewisse Bekanntheit genießt, wobei es dahingestellt sein kann, ob - wie er vorträgt - 60% der erwachsenen Bevölkerung seinen Namen kennen. Ohne die Bekanntheit des Klägers läge es für den Verkehr fern, den Namen »s.« in eine Suchmaschine einzugeben; der Suchende will gerade Informationen über den Kläger erhalten, möglicherweise auch von dem Beklagten, nicht aber sonstige Inhalte des Beklagten.

 

Der Einwand des Beklagten, es sei üblich und zulässig, Schlüsselworte zu verwenden, die den Inhalt der kompletten Internetpräsenz einheitlich mit bestimmten Schlagworten - unabhängig vom jeweiligen Inhalt der jeweils einzelnen HTML-Seiten - kennzeichnen, trifft nicht den Kern. Soweit der Beklagte auf das Online-Angebot des (...) - der Beklagte versteht sich als Mediendienst - und die dort aufgeführten Schlagworte zur Beschreibung des gesamten Dienstes verweist, übersieht er, dass dort keine Namen genannt sind. Sollten darin als Suchbegriff auch Namen, etwa des Bundeskanzlers Schröder, genannt werden, so ist der Verweis etwa auf Artikel über Korruption oder sonstige Kriminalität in Deutschland, wenn dieser Artikel nichts mit der Person des Namensträgers zu tun hat, nicht hinzunehmen. Der Beklagte verkennt, dass das Namensrecht Gegenstand des nach Art. 2 Abs. 1 GG geschützten allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Namensträgers ist. Wie die Rechtsfrage zu entscheiden wäre, wenn der Suchende auf Seiten verwiesen wird, die sich mit dem Kläger in irgendeinem Zusammenhang befassen, braucht nicht entschieden zu werden, weil der Kläger sein Unterlassungsbegehren ausdrücklich auf solche Websites beschränkt hat, die sich nicht mit seiner Person befassen.

 

2) Der Antrag festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin jeden Schaden zu ersetzen, der dieser durch die Handlungen gern. Ziff. 1 des Tenors entstanden sind und künftig noch entstehen werden, ist zulässig und begründet. (Wird ausgeführt.)

 

(...)